Framing Verbrennerverbot vs Flottengrenzwert

Ich fände es überzogen, dem Großteil der hier Berichteden Medien eine gezielte Kampagne oder „Fake-News“ vorzuwerfen. Wohlwissend, dass hier ja bei weitem nicht nur FDP nahe Medien so berichten. Dass es ungenau ist, ist sicher richtig. Ich finde auch, dass man bei solchen massiven Strafzahlungen nicht mehr von einer Steuerungswirkung, wie bei vergleichbaren Abgaben sprechen kann.

Was soll ich dir auf diese Frage antworten? :slight_smile: Ich habe die Gesetzestexte und eine Pressemitteilung der EU-Komission verlinkt. Viel mehr geht halt nicht.

Und was die Presse angeht, die hat auch mal anders darüber berichtet(Sommer 2022):

Zitat:

Demnach würden die Autohersteller verpflichtet, die CO₂-Emissionen ihrer Neuwagenflotten bis 2035 um 100 Prozent zu senken. Danach wäre ein Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nur noch unter hohen Strafen möglich.

Aber dieser Rest journalistischer Genauigkeit ist irgendwann in den letzten Monaten verloren gegangen.

edit:

Aber warum?
Ich kann mir nur vorstellen, dass SPD und Grüne der FDP diesen Scheinerfolg quasi als kleine Sanierungsmaßnahme ihrer Umfragewerte, mit Hinblick auf die Landtagswahl in Bremen, zugestehen wollen.

Nein, das ist bei weitem nicht so. Es betrifft faktisch alle Medien, privat wie öffentlich-rechtlich. Das sieht man ja ganz gut an den Reaktionen hier im Forum, z.B. an der Frage von @TilRq oben im 1. Post dieses Themas.

Sehe ich auch anders.
Das sind alles Profijournalisten, die wissen wie man recherchiert. Sie haben sich aber ganz bewusst dagegen entschieden, ihre Leser über die genauen Sachverhalte aufzuklären.
Damit schreiben sie vorsätzlich und wieder besseren Wissens die Unwahrheit. Ob du das dann „Fake-News“, Falschberichterstattung oder Lügen nennst, ist, meiner Meinung nach, zweitrangig.

Und welches Motiv haben die Medien (liberal, grün und konservativ gleichermaßen), ihre Leser bei diesem Thema gezielt in die Irre zu führen?

Das hatte ich auch nicht. Ich interpretiere das eher als mangelnde „handwerkliche Sorgfalt“ von Journalisten, die dabei billigend das Framing einer „mangelnden Technologieoffenheit“ und einer „Verbotspolitik“ durch die „grüne Verbotspartei“ in Kauf nehmen.

Angesichts der anhaltenden Berichterstattung von Verbrennerverbot et al hatte ich mich gefragt, ob es bei der Aktion von Wissen eventuell um etwas anderes geht als diese Gesetze.

Ich denke eher, Habeck hat sich wg. „too long, didn’t listen“ gegen eine Korrektur entschieden. Er spricht ja ohnehin schon nicht „in Überschriften“, sondern detailliert, konkret und klar. Wenn er dann auch noch Fake News und Framing korrigieren würde, würde er noch mehr Zuschauer verlieren. Die Aufmerksamkeitsspanne wird ja immer kürzer …

Das hat nach meinem Verständnis mit dem Medienalltag wenig zu tun. Journalisten haben oft viel zu wenig Zeit, sich in die Materie wirklich „reinzuknien“. Da müssen die Artikel schnell raus. Oft wird nur von der dpa abgeschrieben oder die Informationen aus Artikel marktbegleitender Medien übernommen, ohne sie selbst prüfen zu können.

Außerdem vermute ich, viele Journalisten machen sich wenig Gedanken, ob ein Framing vorliegt bzw. welche Wirkung ein solches haben könnten (oder setzen es gezielt ein, z.B. Medien aus dem Springer Konzern). Zudem verstehen sich viele als neutral, was viele immer noch als „Balance“ missverstehen. Bei der Berichterstattung über die Klimakatastrophe wird immer immer wieder sehr deutlich.

Es handelt sich um ein „de facto“ Verbrennerverbot, da die in Aussicht gestellten Strafzahlungen den Verkauf von (großen Zahlen von) Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (ausgenommen H2-Verbrenner) komplett unrentabel machen.

Es ist allerdings deswegen nicht technologieoffen, da sich die CO2-Emissions-grenzwerte (0 g/km) alleine auf die lokalen Emissionen beziehen. Ein Verbrenner mit 100% eFuels hätte also die volle Strafzahlung zu tragen (obwohl global annähernd klimaneutral) während ein Elektroauto welches zu 100% mit Kohlestrom geladen wird keine Strafzahlungen verursacht.

Auch nach der „FDP-Korrektur“ bleibt die Konstruktion der Flottengrenzwerte aus Perspektive der Technologieoffenheit also fragwürdig.

So argumentiert wäre alle Ordnungspolitik, die das Verbrennen von fossilen Energien verteuert oder eine CO2-neutrale Energiegewinnung verbillig, immer eine de-facto-Verbotspolitik.

Ja, da habe ich auch schon in früheren Beiträgen hier gelesen (vielleicht von Dir?).

Zum allgmeinen Verständnis: Verbrennungsmotoren, die mit eFuels fahren, emitieren „lokal“ CO2 in genau dem Umfang, in dem bei der Erzeugng des eFuels CO2 gebunden ist. D.h, über den Produktlebenszyklus (d.h. „global“) sind eFuels klimaneutral. Da Wissing den Gesetztestext nun doch so akzeptiert hat, wie vorher, diskriminiert auch die neue Regelung die eFuels. Inwieweit der Prüfauftrag an die EU-Kommission dies noch ändern könnte, weiß ich nicht.

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Das kann ich dir auch nicht beantworten.

Ging mir am Anfang auch so. :slight_smile:

Das mag für einen Teil der Medien stimmen, aber normalerweise gibt es immer noch die ordentlichen Medien, die dagegenhalten.
Als Beispiel hier mal einige Artikel, mit denen seriöse Medien im vergangenen Herbst der Blackout-Panik der Atomkraft-Befürworter entgegengetreten sind:
Stromausfall: Darum ist ein Blackout in Deutschland unrealistisch – spiegel (Podcast)
Ist der Strom-Blackout Panikmache? - taz.de
Ist der Blackout eine echte Gefahr? - faz.net

Aber Überschriften im Sinne von „Will die EU wirklich Verbrenner verbieten?“ habe ich nirgendwo gesehen.

Darüber kann man streiten.
Denn die Emissionsabgabe orientiert sich ja am CO2-Mittelwert aller Fahrzeuge (auch E-Autos) eines Herstellers. Der Porsche 911 stößt heute etwa 239 g/km g CO2 aus. Das wären bei 95 € pro g CO2 also: 95 * 239 ~= 22.700 € Emissionsabgabe für einen Porsche 911.

Das Ding kostet aber heute bereits mindestens 110.000 Euro. Die Emissionsabgabe wären also höchstens 20 % Aufschlag.

Aber:
Jetzt hat Porsche ja angekündigt, bereits ab 2030 einen E-Auto-Anteil von 80 % zu haben.

Damit kämen beim Flottenmittelwert auf einen 911er, mit 239 g CO2, also vier E-Autos mit 0 g CO2 und das senkt den CO2-Ausstoß des 911er auf ein Fünftel. Dementsprechend müsste Porsche für einen 911er auch nur ein Fünftel der Emissionsabgabe abführen, also statt 22.700 € nur noch 4540 €.

Der Porsche 911 würde in 2035 demnach statt 110.000 € ohne Abgabe, dann 114.540 € mit der Emissionsabgabe kosten. Und bei so einem moderaten Preisanstieg kann mir doch niemand erklären, dass das ein de-facto Zulassungsverbot wäre.

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Die Rechnung nimmt an, dass die Kosten vom Hersteller auf alle verkauften PKW umgelegt werden. Konsequent wäre es ja aber, sie nur auf die Verbrenner umzulegen, oder?
Gerade bei nicht so teuren Modellen dürfte damit der Verbrenner gegenüber dem E-Auto unrentabel werden. Klar - bei dem durchschnittlichen Porsche eher nicht.

Dann hatte ich das falsch verstanden. Aber dann verstehe ich diesen Paragraph nicht:

Wenn wir uns hier einig sind, dass es sich um ungenaue Berichterstattung und nicht um eine Fake-News Kampagne geht, umso besser.

Am Ende ist es vielleicht nur ein juristischer Unterschied. Bei einem Parkverbot könnte man auch sagen, dass sich reiche Menschen problemlos die 10€ Verwarngeld leisten können und es für sie nur ein teurerer Parkplatz ist.
Ich denke die Grenze zum De-facto Verbot wird u.a. durch die Höhe der Strafzahlung gesetzt.

Nein, das stimmt nicht.
Nur die CO2-Ausstoßwerte werden über alle Fahrzeuge gemittelt, also auch über die E-Autos und sonstige emissionsfreie Fahrzeuge. Daher auch die EU-interne Bezeichnung „Flottenmittelwert“.

Die 4540 € würden, in meinem Beispiel oben, nur die Verbrenner-Kunden bezahlen.

Würde Porsche die fällige Emissionsabgabe der Verbrenner auch noch über alle Fahrzeuge verteilen, würde sich der Betrag pro Auto in meinem Beispiel (mit 20% Verbrenner und 80 % E-Autos) also noch mal um den Faktor 5 reduzieren, also auf 4540 € / 5 = 908 € pro Fahrzeug.

Diese 908 € müssten dann aber auch die E-Auto-Kunden von Porsche bezahlen, das erschien mir aber nicht sinnvoll, daher habe ich das nicht betrachtet.

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Also du meinst, dass die Abgabe für Verbrenner dem Flottenmittelwert (inkl. E-Autos)? entspricht und die für E-Autos 0 ist?
Das ist dann allerdings eine relativ sinnfreie Regelung. Hast du mal einen Link zu dazu (vmtl. gab’s den schon in anderen Threads). Würde es gerne zumindest mal nachvollziehen.

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Genau, alles was du schreibst ist richtig; aus dieser Perspektive ist jede Ordnungspolitik, die bestimmte Dinge so teuer macht, dass sie sich nicht mehr rechnen, „Verbotspolitik“. Der Unterschied aus meiner Sicht ist aber, was verboten werden soll. Würden sich die Flottengrenzwerte auf die globalen Emissionen beziehen (was ehrlicherweise schwierig umzusetzen ist), wäre es eine technologieoffene „Verbotspolitik“, da im Prinzip die CO2 Emissionen an sich verteuert / verboten würden. Das ist nach meinem Verständnis etwas, was auch die FDP unterstützen würde (oder zumindest sollte).

Da sich die Flottengrenzwerte allerdings nur auf die lokalen Emissionen beziehen, handelt es sich um Ordnungs- / Verbotspolitik, die einzelne Technologien verteuert / verbietet, unabhängig davon, ob sie klimaneutral sind oder nicht. Das ist etwas, was die FDP meiner Meinung nach zurecht bemängelt.

Im Ergebnis hast du aber recht, Wissings „Korrektur“ ändert an diesem (politisch gewolltem) Konstruktionsfehler der Flottengrenzwerte nichts. Sie bewirkt nur, dass eFuels doch noch eine Hintertür bekommen innerhalb einer Gesetzgebung, die sie eigentlich bewusst ausgeschlossen hat. Die Konstruktion der Flottengrenzwerte aber nochmal aufzumachen steht tatsächlich garnicht zur Debatte, weil die schon heute angewendet werden.

Eine Alternative dazu wäre es gewesen, nicht die Autokonzerne, sondern die Energiekonzerne in die Pflicht zu nehmen; nämlich indem man (über die Zeit sinkende) maximale (globale) CO2 Emissionen pro Liter Kraftstoff festschreibt. Dies hätte zu höheren Beimischungen von Bio- und E-fuels geführt, was wiederum über eine Erhöhung der Kraftstoffkosten ebenfalls zu einer erhöhten Attraktivität von E-Autos geführt hätte. Dieser Weg wäre weniger planwirtschaftlich gewesen, hätte aber sicherlich auch seine Tücken. Vielleicht hätte es eine Mischung aus beidem gebraucht. So oder so ist es allerdings unrealistisch, an der grundlegenden Funktion der Flottengrenzwerte noch was zu ändern. Daher hat Wissing aus FDP Sicht hier schon noch das Maximum rausgeholt.

Nicht ganz.
Es handelt sich ja um eine Abgabe für die gesamte Fahrzeug-Flotte eines Herstellers, also Verbrenner, E-Autos und so weiter.

Wie ein konkreter Hersteller diese Abgabe auf seine Fahrzeug-Preise umlegt, ist natürlich letzten Endes die Entscheidung des jeweiligen Herstellers. Ich habe oben, in meinem 1. Beispiel, die CO2-Abgabe halt nur auf die 911er mit Verbrenner umgelegt, weil nur deren CO2-Ausstoß für die Abgabe verantwortlich ist.
Bei anderen Kosten, die ein bestimmtes Produkt „in der Herstellung“ verursacht, ist das ja auch so üblich.

VW hat seine Ziele bei den CO2-Flottengrenzwerten 2020 schon mal gerissen. Vielleicht erklärt dieser Artikel von damals, das Ganze noch etwas besser:

Schwierig.
Das ergibt sich im Grunde aus dem Gesetz selbst, genauer aus der bisherigen Verordnung in Kombination mit den jetzt beschlossenen Änderungen. Hatte ich beides schon mal in einem Beitrag verlinkt (Link zum Beitrag).

Du könntest dir höchstens noch die Pressemitteilung der Kommission dazu vom Dienstag durchlesen, da wird im Abschnitt „Background and next steps“ das Gesetz nochmal kurz zusammengefasst:

Könnten sich dann nicht auch Tesla und z.B. Ford zusammentun, also einen gemeinsamen Flottenmittelwert bilden? Ford müsste weniger Strafen zahlen und gibt Tesla was davon ab.

Weil die ganzen E-Autos von Tesla, die die Flottenquote auf 0 halten, sich ohne Verbrenner im Portfolio ja gar nicht „lohnen“

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Ja, das ist möglich. Der Begriff dazu ist Pooling: CO₂ emission performance standards for cars and vans.

Bei VW war das meines Wissens mit ein Grund, wieso die Strafzahlung damals geringer ausgefallen ist als erwartet. Man hat da zum einen Teile der Konzernmarken eigenständig bewertet (glaube Bentley) und sich zudem mit anderen Marken zusammengetan.

Mit der Argumentation wären auch Alkohol und Zigaretten verboten, sind sie aber nicht. Leute, die unbedingt einen Verbrenner fahren wollen, können das auch in Zukunft.

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Ich verstehe das Argument, sehe hier aber trotzdem einen Unterschied. Es handelt sich hier eben nicht um einen pauschalen Kostenaufschlag, sondern um eine Strafzahlung für die Missachtung eines gesetzlichen Grenzwertes. Sollte es sich also durchsetzen, dass die Autokonzerne einfach die Strafzahlung mit einpreisen, ist zu erwarten, dass die Strafzahlungen deutlich erhöht werden oder ein anderes Instrument zur Durchsetzung des Gesetzes gewählt wird. In jedem Fall wird kein Unternehmen seine Strategie bewusst entgegen gesetzlicher Bestimmungen ausrichten.

Ich bin da bei Auto-Herstellern nicht nicht so optimistisch, was die Gesetzestreue anbelangt, die haben bisher auch schon bewusst mit Abschaltvorrichtungen und manipulierter Software gegen das Einhalten von Grenzwerten verstoßen.

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Guter Punkt mit den Abschalteinrichtungen, ich ergänze mal entsprechend:

…; solange dies öffentlich einsehbar ist.