Fortsetzung: Vetternwirtschaftsverdacht im Verkehrsministerium

Der frühere Thread von @Margarete fand sein Ende mit diesem Beitrag von @LightingMcK :

Also die Vorwürfe sind alle scheinbar nichtig.

Diese Korrektur steht unter fast allen Artikeln des Handelsblatt zu Vetternwirtschaftsverdacht im Verkehrsministerium: […]

Jetzt legt Lobby-Control aber mit weiteren Details nach:

…und widerspricht dabei auch dem von @LightingMcK erwähnten Widerruf des Handelsblattes:

Verkehrsministerium nutzt teilweise Widerruf des Handelsblatt aus

Das Handelsblatt hatte als erstes bereits im Juli 2023 über problematische Netzwerke rund um die Fördermittelvergabe im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen-Technologien berichtet. Dabei hatte es auch über Verbindungen zu einem bayerischen Unternehmer hingewiesen. Auch hier wurde von einer angebliche Urlaubsfreundschaft berichtet. Letzteres musste das Handelsblatt allerdings widerrufen. Die Hinweise auf die problematische Geldervergabe an den Brennstoffzellen-Verband erhärteten sich jedoch, wie auch diese Recherche zeigt.

Das Verkehrsministerium forderte daraufhin mehrere Medien auf, ihre Berichterstattung zum Fall Bonhoff zu korrigieren. Auch wir passten unsere Berichterstattung entsprechend an. Allerdings entstanden auch mehrere Presseberichte und Social-Media-Posts, die suggerierten oder sogar explizit nannten, dass jegliche Hinweise auf problematische Verbindungen von Bonhoff sich als falsch erwiesen hätten. Das Ministerium verwies auch immer wieder auf die Korrektur des Handelsblatt. Doch das war irreführend und lenkte letztlich davon ab, dass sich die problematischen Verbindungen zum Wasserstoffverband DWV, über die das Handelsblatt erstmals berichtet hatte, sich letztlich immer weiter verdichteten. Das Handelsblatt berichtete in der Folge nicht weiter über den Fall.

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Recherchen des SPIEGEL erhärten allerdings nun den ursprünglichen Verdacht in zentralen Teilen. E-Mails, eine Aktennotiz und Stellungnahmen des Ministeriums an das Parlament legen den Schluss nahe, dass Wissings Abteilungsleiter seinem Freund beim Lobbyverband einen großen Gefallen getan hat. Und sie erwecken den Verdacht, dass Staatssekretär Schnorr die Öffentlichkeit über den wirklichen Ablauf der umstrittenen Förderbewilligung unvollständig informiert hat.
[…]
Schon vor Monaten hatte der SPIEGEL Dokumente mit Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz beantragt. Am vergangenen Freitag hat sie das Ministerium ausgehändigt. Die archivierten E-Mails belegen, wie Bonhoff gleich zweimal die in vertrautem Ton abgefassten Förderanfragen seines Freundes an einen Untergebenen weiterleitete. Mehr noch: Das Ministerium räumt ein, dass der Beamte vor dem Weiterleiten das Ansinnen des befreundeten Verbandsmenschen gegenüber der Fachebene »mündlich befürwortet« habe.

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https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-02/klaus-bonhoff-entlassung-abteilungsleiter-bundesverkehrsministerium

Ich bin jetzt sehr gespannt, wie sehr die Medien berichten…

Aufgrund interner E-Mails, die den internen Prüfern nicht vorlagen, nun aber vom Ministerium an die Öffentlichkeit gegeben wurden. Ah ja

Bonhoff muss jedenfalls gehen [1]. Bleibt die Frage, warum die interne Ermittlungskommission diesen E-Mail Austausch nicht bemerkt hat. In jedem Fall ein Grund mehr Vorwürfe mit so einer öffentlichen Relevanz nicht rein intern zu untersuchen.

[1]

Finde die Berichterstattung über den Fall bisher relativ zahm. Beim Fall Graichen waren Medien und Opposition deutlich aggressiver gegenüber Habeck.

Hat die BILD schon berichtet? Welt? FAZ? NZZ?

Das liegt daran, dass die Verbindung zwischen Habeck und Graichen eine ganz andere war als zwischen Wissing und Bonhoff. Letzterer hat Bonhoff weder selbst eingesetzt noch handelt es sich um einen Spitzenbeamten. Man könnte sagen es ist ein CSU-Mann. Insofern wird es auch schwierig Wissing einen Skandal nachzuweisen zumindest auf Basis dessen, was wir aktuell wissen.

Der Skandal ist an ganz anderer Stelle.
Offensichtlich wurde Druck auf das Handelsblatt ausgeübt das sich genötigt sah, seine Berichterstattung zu widerrufen und alle bisherigen Artikel mit einem Disclaimer zu versehen. Von wem, in welcher Weise?
Dann wurde die Innenrevision entweder bewusst getäuscht oder sie hat schlampig gearbeitet. Nur durch Nachforschungen des Spiegels kam nun die Wahrheit ans Licht. Die internen Prüfsysteme müssen nun ihrerseits aus den Prüfstand. Was ist schief gelaufen und wie kann man verhindern, dass das wieder passiert? War die Innenrevision nicht unabhängig genug? Hat sie zu wenig Möglichkeiten, selbst zu recherchieren und ist zu sehr davon abhängig, was das Ministerium gnädigerweise zur Verfügung stellt?

Ich finde da braucht es mehr Anhaltspunkte, um hier einen Skandal zu sehen. Nach dem was ich an Medienberichterstattung dazu gehört habe wird immer nur davon gesprochen, dass das Handelsblatt ihren Bericht zurückgezogen hat. Das wäre schlicht auch freiwillig aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung möglich gewesen. Aber natürlich ist grundsätzlich auch möglich dass da jemand Druck gemacht hat. Das kann aber wiederum ganz legitim sein. Z.B. wenn Bonhoff klagt oder das androht. Dass jemand auf nicht legitime Weise Druck gemacht hat ist auch immer möglich, aber um das als Fakt vorauszusetzen bräuchte es m.E. etwas mehr Evidenz.

Das wäre für mich der wesentliche Punkt. Übrigens nichts ungewöhnliches, wenn man sich z.B. mal Ermittlungen von Polizeibeamten gegen andere Polizeibeamte anschaut. Grundsätzlich wäre immer eine externe Ermittlung sauberer, da sind die Hürden (in Form der Widerstände durch die Belegschaft) aber natürlich groß. Aber ich vermute es wäre klüger, sie hätten das hier so gemacht. Ob am Ende wirklich getäuscht oder nur geschlampt wurde halte ich aber dennoch für offen.

Dem Spiegel sagten die Prüfer, dass ihnen die Mails trotz Nachfrage nicht vorgelegt wurden, was natürlich eine Schutzbehauptung sein kann.
Dem Handelsblatt sagte das Verkehrsministerium dass auch die Ermittlungen des Spiegel keinen Einfluss auf das Prüfergebnis hätten.

„Die interne Revision kommt in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass es keinerlei Beeinflussung oder Fehlverhalten gab“, betonte Staatssekretär Schnorr. „Daran ändert sich auch durch die jüngste Berichterstattung nichts.“
Handelsblatt

Mittlerweile scheint Wissing zumindest in einem Fall konkreten Verdacht auf Vetternwirtschaft zu sehen, das unterscheidet den Fall dann doch von Graichen.
Er hat erst mal alle Wasserstoffförderprojekte gestoppt, darunter eines, das Scheuer per Ministeralverfügung durchgedrückt hat.

Und zum Handelsblatt: wenn ich eine Berichterstattung zurückziehe, dann schreibe ich dazu einen Text und damit ist das abgeschlossen. Wenn ich alle bisherigen Artikel revidiere, dann sieht das eher nach Abmahnung aus.

Das schließe ich unter „Druck machen“ mit ein. Der Spiegel hat da natürlich ein wesentlich dickeres Fell und andere Möglichkeiten als das kleine Handelsblatt. Finde ich aber kritisch, wenn man die Berichterstattung kleiner Medien einfach unterdrückt, statt bei der Aufklärung zu helfen. Der Bürger hätte eigentlich ein Recht darauf.