Nach dem großen zurückrudern des amerikanischen Präsidenten in seiner Zollpolitik, die Rede ist von einer 90-tägigen „Pause“ in welcher „nur noch“ ein Pauschalzollsatz von 10% verhängt werden soll, lässt sich erahnen dass es Trump doch nicht auf die durchgängige Zerstörung des Weltmarktes abgesehen hat. Aber viel spannender als diese Erkenntnis ist, meiner Ansicht nach, für wen diese „Pause“ nicht gilt - China.
Von der Argumentation dass die US-Regierung diese Differenz nur aufgrund der „mangelnden Verhandlungsbereitschaft“ der Chinesen zurückführt halte ich nichts, denn die EU verhängte nach dem selben Muster wie China dasselbe Zollmaß zurück und kann nun aber aufatmen und möglicherweise sogar etwas aushandeln.
Daraus schließe ich dass es bei den amerikanisch-chinesischen Konflikten nicht nur wie beim Rest darum geht dass Trump persönlich sich stark, mächtig und angsteinflößend in der Welt fühlen kann, sondern ein tatsächlicher Systemkonflikt vorliegt. Falls diese These sich als korrekt erweisen sollte - und die aktuellen beidseitigen Erhöhungen (auf Zollsätze von über 100%!) deuten stark darauf hin - ist davon auszugehen dass im Gegensatz zu anderen Ländern Trump nicht morgens aufwachen wird und seinen Bluff zurückzieht.
Von dieser Prämisse ausgehend entstehen einige große Probleme für den europäischen Markt, schließlich muss die chinesische Überproduktion an Billigprodukten veräußert werden und würde bei einer einfachen Adressenumschwenkung - statt USA Europa - großen Schaden bei den hiesigen Unternehmen anrichten können.
In den letzten Jahren konnten die konkreten Auswirkung dieser Marktflutung bereits in einigen Gebieten beobachtet werden, wie beispielsweise den Elektroautos oder Photovoltaikanlagen. Daher stellt sich mir die Frage wie die EU umgehen möchte mit diesem Problem, man wird ja wohl nicht anfangen 100+% Zölle auf chinesische Produkte zu erheben, vor allem bei der ganzen outsourceden Produktion von beispielsweise deutschen Autos in China.
Diese These der Überschwemmung der europäischen Märkte durch China wurde in vielen Podcasts erörtert, dabei waren die Meinungen der Experten sehr unterschiedlich.
Die Gefahr sehen alle, aber die meisten Experten haben auch gesagt, dass China versteht, dass es jetzt Europa nicht verprellen darf. Im Prinzip buhlen die USA und China um die Gunst Europas - und Trump ist für China die einmalige Chance, näher an Europa heran zu rücken. China weiß dabei genau, dass wenn sie jetzt die europäischen Märkte überschwemmen, die Europäer ähnlich wie die USA Zölle verhängen werden. Und dann hat China ein großes Problem. Der Worst Case für China wäre es nun, wenn die Europäer sich mit den Amerikanern in ihrer Zollpolitik gegenüber China verbünden würden, um China zu ersticken.
Eigentlich sind sich alle einig, dass China den Wirtschaftskrieg gegen die USA gewinnen wird. China ist als Autokratie viel weniger auf die Zustimmung der Bevölkerung angewiesen, China hat es wesentlich einfacher als die USA, die Bevölkerung zum Verzicht aufzurufen (oder gar zu zwingen). Wenn die chinesische Wirtschaft um 20% einbricht wäre das für China schmerzhaft, aber verkraftbar, wenn die US-Wirtschaft um 20% einbricht droht Trump ein Impeachment (Gründe dafür finden sich…). China hat zudem schon lange Vorbereitungen für massive Sanktionen durch den Westen getroffen, für den Fall, dass die Taiwan-Situation eskaliert, es ist daher wesentlich resilenter als die USA. Diese ganzen Vorteile würde China riskieren, wenn es nun Europa gegen sich aufbringt.
Das Autokratie vs. Demokratie Schwert ist in diesem Fall aber in jeder Hinsicht ein zweischneidiges Schwert, denn nach dem selben Muster wie hier erörtert kann man auch argumentieren dass Europa demokratisch ist.
Wenn wir davon ausgehen dass Demokratien nicht „krisenfest“ genug sind um einen solchen Handelskrieg zu durchstehen dann kann man als Europa doch auch nicht chinesische Gegenzölle schlucken.
Und diese Argumentation lässt noch völlig außer Acht dass die allermeisten unserer Produkte auch von deutschen Unternehmen in China produziert werden und folglich könnte man sich als Chinesische Volkspartei sehr wohl erlauben den europäischen Markt zu fluten.
Denn wird die EU-Komission sich wirklich mit der einzigen Supermacht die nicht USA heißt auch noch anlegen? Wir haben doch das Volk im Rücken. Daher finde ich es tatsächlich vorstellbar dass sie es trotzdem machen und selbst in der Unsicherheit würde ich lieber nicht meine Hoffnung auf das wohlwollen einer Diktatur setzen.
Außerdem ist das Verhindern einer solchen Flutung ungemein schwierig, debatiert werden ja auch „Obergrenzen“ an Produkten, alles sehr schwer umzusetzen.
Ich sehe bisher nicht, dass der deutsche Markt von chinesischen Elektro-Autos geflutet wird. Unsere Photovoltaik-Industrie ist nicht nur an China sondern auch an sich selbst gescheitert. Viele wollten da schnell reich werden und haben Investoren schnelle Gewinne versprochen, die so nicht haltbar waren.
Schon jetzt kann jeder bei Shein, Temu und Alibaba einkaufen. Auch das hat nur in bestimmten Bereichen den Markt in Leidenschaft gezogen, aber sicher nicht geflutet.
Hochpreisige Produkte müssen auch mit den europäischen Service- und Sicherheitsstandards mithalten und dann wird das, mangels Serviceinfrastruktur, auch für China teuer.
Wenn die allerdings nun europaweit Servicewerkstätten einrichten, weil sie in Europa den Markt der Zukunft sehen, dann könnte es spannend werden - die kosten allerdings dann auch europäische Preise.
Würde man nur die Ebene des internationalen Handels betrachten, dann würde ich das auch so sehen. Aber es gibt da eben noch die Nato. Und sollte sich Europa beim Thema Handel nicht von sich aus auf die Seite der USA schlagen, dann wird Trump das garantiert mit Sicherheitsfragen verknüpfen, egal wie viel außenpolitischen Schaden er den USA damit zufügen würde.
Und das sich Europa dann gegen die USA entscheidet, das kann ich mir kaum vorstellen.
Hast du dazu Quellen? Da würde mich nämlich wirklich die Begründung der Experten interessieren.
Ja, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Und dann kann die Stimmung schnell kippen, zumindest für uns als Außenstehende.
Ein Beispiel war ja die Corona-Pandemie, als einige Chinesen sogar in ihren Fabriken „wohnen“ sollten. Da hatte die Regierung in Peking tatsächlich mal einen Punkt erreicht, an dem die Bevölkerung das alles nicht mehr mitgetragen hat (Quelle: ARD):
Die Frustration galt der Covid-Politik aber auch ihren Folgen: den wirtschaftlichen Einschränkungen und Wohlstandsverlusten, die viele Chinesen wegen dieser Politik hinnehmen mussten.
Auch deswegen würde ich durchaus sagen, dass es bei den Chinesen inzwischen ein gewisses Anspruchsdenken gibt und das zu harte Einschnitte, die sich aus einem Wirtschaftskrieg gegen die USA ergeben könnten, zu großer Unzufriedenheit führen könnten.
China hat z.B. gerade beschlossen, weniger amerikanische Filme zu zeigen (Quelle), vermutlich um die amerikanische Filmindustrie zu schädigen. Das könnte aber ein Bumerang werden, denn einige (gerade jüngere) Chinesen dürften das als einen gewissen Verlust an Lebensqualität wahrnehmen. Deswegen werden sie natürlich nicht gleich die Regierung stürzen.
Aber es könnte sein, das sich viele solcher „kleinen Eingriffe“, eventuell gepaart mit Lohneinbußen oder gar Arbeitsplatzverlusten aufgrund der Zölle, zu einer gefährlichen Situation für die Regierung in Peking entwickeln werden.
Ich würde das auch von einander trennen zum Thema Autos, sehe ich es auch so:
Allerdings lauert die Gefahr für deutsche Auto Hersteller nicht so sehr auf dem deutschen Markt, sondern vielmehr auf dem chinesischen und Non-Eu Märkten. Dort man kann zustimmen, das deutsche Hersteller zunehmend verdrängt werden.
Bei der Photovoltaik Subvention muss ich ein seltenes Danke an China richten - durch die „Überschwemmung“ unseres Marktes mit Preiswerten, aber zugleich leistungsstarken PV Anlagen hat die Energiewende einen riesen Schub bekommen. (Einzig kritisch, dass fast jedes Balkonkraftwerk in Deutschland über eine chinesische App gesteuert wird und damit theoretisch auch einer schnellen An/Abschaltung durch den Chinesischen Staat drohen könnte)
Ich finde als EU sollten wir besser steuern was wir wollen: polemisch gesagt - Zölle auf Plastikspielzeug und Einwegprodukte und Zollfreiheit für nützliche Dinge wie Solaranlagen.
Ich sehe die Flut tatsächlich im Bereich von klein bis mittelgroßer Elektronik, und bei Haushaltsgegenständen, Spielzeug und Deko.
Man muss nur auf Amazon, Ebay, … gehen und nach Mäusen, Tastaturen, Monitoren, Staubsauger, Headsets, Kabel, Mixer, …… suchen, inzwischen gefühlt 90% von Asiatischen, meist Chinesischen Hersteller, die ich noch nie zuvor gehört habe.
Von Temu oder Alibaba ganz zu schweigen.
Ich würde inzwischen sogar in manchen Bereichen so weit gehen, dass man inzwischen die bekannten europäischen Marken direkt suchen muss, um deren Produkte zu finden.
Ich finde, ja, hier gäbe es durchaus Handlungsbedarf.
In Europa würde ich hier noch feiner unterscheiden in bekannte, europäische Marken wie Volvo, MG, Smart die vollständig oder teilweise in China produzieren, und in „neue“ chinesische Marken (BYD, Lynk, … ).
Von einem Erfolg auf dem deutschen Markt kann man aber definitiv nicht sprechen. Es gab zwar große Ankündigungen, aber die Neuzulassungen sprechen eine komplett andere Sprache.
Man könnte auch sagen: chinesische Hersteller haben ohne einen bekannten europäischen Namen (MG) keine Chance in Deutschland. Und selbst dann wird’s schwer.
Allerdings gibt es auch Widerstand gegen allzu harte Maßnahmen gegen die US-Konzerne. Der geschäftsführende Bundesfinanzminister Jörg Kukies betonte: „Bei den Digitalkonzernen müssen wir einfach vorsichtig sein, weil wir keine wirklichen Alternativen haben.“
Da stimme ich Dir zu. Ich sehe zu, dass ich Waren aus der EU, besser aus Deutschland bestelle. Bei Ebay z.B. nützt z.T. nicht einmal der Filter, um Waren aus China auszuschließen. Da muss man aufpassen, wie ein Schießhund.
Ich fände es gut, wenn das Herstellerland auf den Waren besser gekennzeichnet würde. Nicht nur „hergestellt für xy“.
Außerdem müsste die Flut über die Qualität der Ware eingedämmt werden, hier wird viel Müll angeschwemmt… (verbotene Zusatzstoffe, Kinderspielzeug etc.) Aber dafür müsste das Zollpersonal wahrscheinlich ver10facht werden.
Zölle sind vor allem dann gut, wenn man eine heimische Industrie schützen möchte, damit sie wettbewerbsfähig wird. Bei Plasitkspielzeug oder Einwegprodukten wüsste ich nicht, warum wir hier eine heimische Industrie schützen wollen würden. Wenn es hier um den Kosum geht, wären Steuern besser.
Was Solaranlagen angeht ist das ganze komplizierter denke ich. Aktuell ist unsere Energieversorgung von Ölstaaten abhängig, das heißt diese Staaten können uns immer wieder auf der Nase rumtanzen und wir sind erpressbar. Da Energie so eine wichtige Rolle im Wohlstand einer Gesellschaft spielt, sollten wir mMn hier auf europäischer Ebene versuchen eine nahezu komplette Autarkie zu erreichen. Nun sins Solarzellen im Gegensatz zu Öl langlebiger und man ist weniger abhängig. Trotzdem macht man sich hier gerade sehr abhängig von China.
Auf der anderen Seite würden Zölle unsere Transformation stark verlangsamen. Man könnte auch erst mal die Transformation zu Ende führen und dann mit Zöllen und Subventionen anfangen. Egal wie man es macht, wenn man dieses Ziel hat, wird es Geld kosten.
Stimme dir grundsätzlich zu, ich hab so eine persönliche Abneigung gegen das viele Plastik - deshalb vielleicht ein Maßnahmen Bias.
Ein Zoll auf Plastik / Einweg Produkte würde vor allem die Branchen stärken die Substitute anbieten.
Ich finde, man sollte vor allem an die Versandmethode ran. Das Temu Fabriken praktisch nichts zahlen, um den Schrott nach Deutschland zu schicken, war sicher nicht der Sinn hinter der besonderen Begünstigung von „Entwicklungsländern“. Die (zweit)größte Volkswirtschaft der Welt als Entwicklungsland einzustufen, ist schon absurd.