Interessant ist, worum es geht: Förderung der Innovation durch eine Technologie. In diesem Zusammenhang sei in erster Linie Vertragssicherheit in Abwesenheit eines Dritten genannt, was weitreichende Konsequenzen für den Finanzsektor (DeFi, Digitale Identität, Transparenz) hat, aber auch für viele andere Bereiche Bedeutung erlangen kann, wie bspw. die Politik. Andererseits geht es aber auch um notwendige Regulierung dieses Marktes zum Schutz der Nutzer (bspw. vor Cyberangriffen oder Marktmanipulation) oder der Finanzstabilität (Stichwort „Stablecoins“). Die Erkenntnisse der Kommission sind detailliert und zeugen von einer akribischen Aufarbeitung des Kontexts seit 2018. Die resultierenden Vorschläge zur Regulierung insbesondere von „Stablecoins“ bzw. E-Geld-Token sind eine exzellente Diskussionsgrundlage, wie die EU diese neue Technologie im Sinne ihrer Bürger nutzen könnte, indem der einzelne Nutzer bestmöglich geschützt wird, ohne dass die Innovationsfähigkeit des Produkts unverhältnismäßig eingeschränkt wird. Das verdient definitiv ein eigenes Thema!
Interessant ist aber auch, worum es nicht geht: Energiepolitische Implikationen durch die Nutzung Bitcoins.
Umso überraschender ist es, wenn nun bekannt wird, dass am 28.02.2022 ein Kompromiss einen Bann für alle Proof-of-Work (im folgenden PoW) basierenden Kryptowährungen in Europa bedeuten könnte. Der Grund dafür ist, dass diese auf „ökologisch nicht nachhaltigen Konsensmechanismen“ zurückgreifen. Bevor ich dazu einige Anmerkungen machen möchte, sei festgehalten, dass hier offensichtlich eine ausführliche Untersuchung für eine vollkommen andere politische Agenda missbraucht und die umfangreiche Arbeit der europäischen Kommission ad absurdum geführt wird. Vergleichbar ist das möglicherweise mit dem in der Lage diskutierten Netzwerkdurchsetzungsgesetz, unter dessen Deckmantel weitreichende Privilegien für Geheimdienste ermöglicht wurden. Der hohe Energieverbrauch insbesondere von Bitcoin ist definitiv diskussionsbedürftig, verlangt aber nach einer eigenen sorgfältigen Aufarbeitung und verdient es nicht, in Form eines Kompromisses um eine nur dem übergeordneten Gebrauchsgegenstand vergleichbare Verordnung in einer Nacht und Nebel Aktion unterdrückt zu werden.
Ich finde das oben genannte ist ausreichend genug, um sich unter diesen Vorrausetzungen gegen diesen Vorstoß unserer – wie in dem Artikel von btc-echo impliziert wird – Regierungsparteien zu stellen.
Trotzdem noch einige Einwände gegen den Vorwurf des zu hohen nicht ökologischen Energieverbrauchs bei PoW-Chains. Der Vorstoß der Parteien ist so formuliert als sei Bitcoin-Mining von nicht nachhaltigen Energien abhängig. Das ist allerdings Unsinn. Ein Gesetz, das beispielsweise nur grünes Mining zulässt (oder besser fördert) ist vollständig ausreichend. Das häufig als Konkurrenzprodukt stilisierte Gold (es ist ebenfalls ein Wertspeicher und der Energieverbrauch sogar noch höher als bei Bitcoin) kann beispielsweise nicht auf nachhaltige Energien ausweichen und die Förderung ist ein umweltunfreundlicher Prozess.
Reduziert man das Argument auf den lediglich unverhältnismäßigen Stromverbrauch dieser Technologie, sei eingewendet, dass das eine eigene Aufarbeitung verdient. Diese Reduzierung würde mindestens einen Präzedenzfall schaffen, in dem eine Technologie allein aus diesem Grund gegenüber vergleichbaren Technologien das Nachsehen erlangen würde. Vergleichbar wäre es das Autofahren zu verbieten, weil es im Vergleich zu Zug- oder Schifffahrt unverhältnismäßig viel Energie verbraucht, ohne die Vorteile des Individualverkehrs in Betracht zu ziehen.
In diesem Zusammenhang ist ein häufiges Argument in dieser Debatte, dass PoW deswegen verschwenderisch sei, weil es mit PoS (Proof of Stake) bereits eine energieschonende Alternative gäbe und die Nutzung „älterer“ Blockchains nicht mehr notwendig sei. Auch das stimmt nicht. Selbst in der Szene ist die Diskussion PoW vs. PoS zwar heiß geführt, an die Redundanz von Bitcoin glaubt dort aber im Grunde nahezu niemand. Der Grund dafür ist, dass das Maß an Dezentralität unvergleichlich ist, das durch die inhärenten „Arbeitsnachweise“ erreicht wird. PoS oder andere Konsensus-Mechanismen mögen in der Theorie ähnliche Ergebnisse versprechen, praktisch ist Bitcoins Erfolg in dieser Hinsicht aber unangefochten. Ganz im Gegenteil könnte die gebotene Sicherheit und Transparenz in Zukunft Grundlage für viele neue Innovationen innerhalb von PoS-Chains sein, die darauf aufbauen.