EU-Gesetz/Umsetzung in D? Väter-Anspruch auf Urlaub nach einer Geburt

Ich bin gerade über dieses EU-Gesetz (2019/1158) gestolpert, welches unter anderem beinhaltet,
dass Väter Anspruch auf 10 Werktage ‚Urlaub‘ nach der Geburt ihres Kindes haben sollen, sowie
dass dieser Urlaub mindestens gleichwertig zu der Vergütung im Krankheitsfall bezahlt werden soll.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32019L1158&from=EN#d1e727-79-1
Dieses Gesetz soll von den Mitgliedsstaaten zum 02.08.2022 umgesetzt werden.
Von Seiten des BMFSFJ habe ich folgendes Dokument dazu gefunden

  • dementsprechend bedarf es in Deutschland keiner gesetzlichen Umsetzung.
    Ein Gutachten des DGB von Januar letzten Jahres widerspricht dieser Auffassung.
    Bezahlter Vaterschaftsurlaub auch in Deutschland | DGB
    Ebenso die Argumentation dieser Petition
    https://vaterschaftsfreistellung.de/
    Jetzt wäre meine Frage, wie diesbezüglich der aktuelle Stand ist - offiziell müsste die Richtlinie ja inzwischen in der ein oder anderen Weise umgesetzt worden sein…
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Hallo ich find es schön, wenn ihr das Thema in einer Lage ansprecht. Das Vorhaben wurde ja nun auf 2024 verschoben, obwohl es seit August laut EU-Richtlinie umgesetzt sein müsste. Dass sich Deutschland nicht an eine EU-Richtlinie hält, ist das eine, was ich aber viel erschreckender und bedenklicher finde ist, dass die Familienministerin Lisa Paus sich wohl wesentlich mehr für die Interessen der Wirtschaft interessiert, als für die der Familien und somit in ihrem Amt eine enttäuschende Position vertritt. Wenn man das hört, würde man nicht denken, dass sie bei den Grünen ist. Ich finde ihr habt bei eurer Kritik an der FDP absolut recht, allerdings sind es hier die grünen, die familienfreundliche, linke Politk verhindern bzw. verschieben. Dieser Artikel im Spiegel trifft den Nagel ganz gut auf den Kopf wie ich finde.

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Hi liebes Lage-Team,

ich höre euch seit über 5 Jahren und find euch wirklich super! Danke danke danke! Und weiter so :slight_smile:

Ich finde das Thema oben super, wenn es das mal ins Lage-Pad schafft und aufgenommen wird. Der geplante (aber auf sich wartende) EU-Gesetz bzw. die Richtlinie zum geplanten Vaterschaftsurlaub lässt ja immer noch auf sich warten.

Mögliche Fragen dazu:
Wie genau Funktioniert das? Wie sieht der Zeitplan aus? Wie ist eure Einschätzung, wann es wirklich kommt? Was sind die Schwierigkeiten? Wie ist der aktuelle Stand?

Ich bin Anfang 30 und plane in den nächsten Jahren Nachwuchs zu bekommen und find die Idee einfach super und das Thema daher super relevant!

Ich habe aktuell im Freundeskreis einige junge Väter und/oder werdene Mütter und keiner weiß so richtig darüber Bescheid.

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Warum erfüllt das Elterngeld deiner Meinung nach nicht diese Anforderung? Oder lebst Du gar nicht in Deutschland?

Gegenfrage: Wie kann das Elterngeld, als 15-seitiger, Monate in Voraus zu planender und mit mehreren Stellen abzuklärender Antrag, diese Anforderungen erfüllen?

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Habt ihr den Text überhaupt gelesen?

Die Mitgliedstaaten sollten die Frist, innerhalb der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber melden müssen, dass sie Elternurlaub beantragen, selbst festlegen und entscheiden können, ob der Anspruch auf Elternurlaub an eine bestimmte Betriebszugehörigkeitsdauer gebunden sein soll.

Die Mitgliedstaaten sollten deshalb für den Mindestzeitraum des Vaterschaftsurlaubs eine Höhe für die Bezahlung oder Vergütung festsetzen, die mindestens der Höhe des Krankengelds in dem jeweiligen Mitgliedstaat entspricht.
Anspruch auf zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub haben, der anlässlich der Geburt des Kindes des Arbeitnehmers genommen werden muss. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, ob der Vaterschaftsurlaub auch teilweise vor der Geburt des Kindes oder ausschließlich danach genommen werden kann und ob er in flexibler Form genommen werden kann.

Der Vollständigkeit halber die Korrektur: eine Antragsfrist ist in Artikel 4 nicht erwähnt

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Ja. Hast du es gelesen? Du verwechselst Artikel 5 und 4.

Das habe ich tatsächlich überlesen, weil dort zur Antragsfrist nichts vermerkt ist. Dann hatte ich Punkt 5 auf Punkt 4 mit übertragen. Das hört nichts steht, bedeutet aber, dass der Gesetzgeber bei der Antragsfrist frei ist. Es ändert sich also zu heute nur, dass nicht der errechnete Geburtstermin ausschlaggebend, sondern es der tatsächliche ist.
Ja, da sollte der Gesetzgeber nachbessern. Ob es dieser Punkt wert ist, ein Verfahren anzustrengen?
Der Gesetzgeber hat hier schon einen Punkt, dass er Planbarkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter einen Hut bringen muss. Dass er hier zugunsten der Planbarkeit der Arbeitgeber ein Verfahren riskiert, ist ärgerlich.

Was mich irritiert, ist das Wort „muss“. Für mich klingt es so, dass es wie der Mutterschutz verpflichtend sein soll.

Edit: angenommen, du hast recht, haben wir ganz andere Baustellen: wie bei einer Arbeitnehmerin dürfte der Arbeitnehmer nicht mehr gefragt werden, ob seine Frau in Umständen ist. Er könnte mit der Geburtsurkunde in die Firma marschieren und dem völlig verdutzten Chef erklären, dass er nun für zwei Wochen weg ist, außerdem jetzt seinen Antrag auf Elternzeit einreicht, die letzten kurz vor Ende und darum erst mal Kündigungsschutz genießt. Für die Zeiten, die er zwischendurch da ist, beantragt er Teilzeit und möchte noch kurz anmerken, dass die auch nur wegen besonderem Grund abgelehnt werden kann. Hab ich was übersehen?

Das „muss“ interpretiere ich im Zusammenhang mit „anlässlich der Geburt“. Das ist also kein Urlaub um im Monat 14 Zeit bis zur Kita-Eingewöhnung zu überbrücken, sondern unmittelbar im Zusammenhang mit der Geburt, ggf. noch ein paar Tage davor.

Ja, „nur“. Das „nur“ macht aber einen gewaltigen Unterschied. Ob ich sagen kann: „im Juni ist ET, zwei Wochen nach der Geburt, wann immer die ist, bin ich 10 Werktage weg“ oder ob es ist „im Juni ist ET, wenn das Kind zwei Wochen früher kommt, dann muss sich meine Frau halt alleine durchs Wochenbett schlagen“ macht einen gewaltigen Unterschied.

Du hast übersehen, dass Elternzeit/Elterngeld nicht vom Arbeitgeber bezahlt wird. Wenn der Vater also so eine Nummer bringt, dann kann sich der Arbeitgeber schon mal nach einem neuen Mitarbeiter umschauen. Ob der das abzieht oder sich im 3-Wochen-Rythmus für 2 Wochen und 3 Tage krankschreiben lässt, ist wohl egal: Der Arbeitnehmer hat innerlich gekündigt und das Vertrauensverhältnis ist zerrüttet.

Bei meinem Schwager war der Fall ähnlich, da pochte die Firma auf unbezahlte Überstunden kurz vor der Geburt, da er ja sonst offensichtlich nicht belastbar genug für die Aufgabe sei (andere schaffen es ja auch [was nur bedeutet, dass die die Stunden nicht aufschreiben]). Er hat dann kurzfristig Karenz angemeldet und sie sind getrennter Wege gegangen. Ist doch gut, dass er nicht in Angesicht der neuen Herausforderungen sich genötigt gefühlt hat, den Job gegen seine Überzeugung zu behalten.

Das mag ich es im Einzelfall sicher geben. Bei einem Arbeitgeber, der sich so verhält, will man aber auch nicht arbeiten.

Bei der Geburt meines Kindes oder aller Kollegen in mir bekannten Kollegien war es eher so, dass die Väter mit ihren Chefs absprachen, mit Geburt des Kindes kurzfristig Urlaub zu nehmen.

Mit näher rückender Geburt haben wir Kollegen uns darauf eingestellt auch sehr kurzfristig Aufgaben übernehmen zu müssen und die werdenden Väter haben keine wichtigen Aufgaben mehr begonnen.

Das war so völlig anerkannt und nie gab es böse Worte von Chefs oder Kollegen.

So war es bei mir auch. Aber ich kann nicht von meiner privilegierten Position auf alle schließen. Ich arbeite keine Schichten und muss auch nicht Angst um meinen Job haben, wenn ich mich krank melde.

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Ich hatte es wie du, liegt aber auch daran dass mein Chef weiß dass ich nicht zu ersetzen bin ohne weiteres bei der Arbeitsmarktlage. Dieses Privileg hat leider nicht jeder. Von daher bräuchten wir Studien anstatt uns anekdotisch zu duellieren.

Ich sehe hier schon Ähnlichkeiten zum Elterngeld, mit der Ausnahme, dass mindestens zwei Monate Elternzeit von Vater genommen werden müssen, um Elterngeld zu erhalten.

Bei mir war es so, dass ich angekündigt habe, Lebensmonat 1 und 2 Elternzeit zu nehmen. Die Elternzeit beginnt dann mit Geburt des Kindes, nicht an einem vorher ausgemachtem Termin.

Fun Fact aus dem Öffentlichen Dienst: Für die „Niederkunft der Ehefrau“ gewährt der Dienstherr einen Tag Sonderurlaub. Wohlgemerkt aber nur der Ehefrau. ohne Heirat keinen Tag Sonderurlaub :see_no_evil: