Liebe Marie-Luise,
ich habe hier noch zwei Antworten aus den Fragen & Antworten von Greenpeace zur Zukunftsklage rauskopiert, die Dir zu Deiner Frage vielleicht Antworten liefern.
Gruß Natalie
Warum legen wir eine Verfassungsbeschwerde ein?
Wir erheben eine Verfassungsbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Bundesregierung und Bundestag, also den Gesetzgeber. Die Grundlage dafür liefert die mangelhafte Klimaschutzpolitik der Regierungskoalition: Besonders wegen fehlender Maßnahmen im Verkehrssektor wird Deutschland seine verfassungsrechtlich gebotenen und auch gesetzlich vorgeschriebenen Klimaschutzziele langfristig verfehlen. Verkehrsminister Wissing weigerte sich bisher, entsprechende Gesetzesvorlagen einzubringen und auch aus der Mitte des Bundestags wurde dieses Versäumnis nicht korrigiert. Wir klagen gegen dieses gesetzgeberische Unterlassen. Das neue Klimaschutzgesetz ist zudem verfassungswidrig. Es verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht bereits anerkannten Freiheitsrechte junger Menschen.
Zudem stützen wir uns auf das jüngste Klimaurteil des Europäischen Menschengerichtshofes (EGMR) vom April 2024: Im Verfahren der KlimaSeniorinnen gegen die Schweiz stellten die Richter:innen fest, dass die Schweiz das in Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) enthaltene Recht des Einzelnen auf wirksamen Schutz durch die staatlichen Behörden vor „schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf sein Leben, seine Gesundheit, sein Wohlergehen und seine Lebensqualität“ verletzt. Der Staat muss „seinen Teil dazu beizutragen, wirksamen Schutz zu gewährleisten“. Dabei wäre es Pflicht der Staaten, zum einen verbindliche Vorschriften und Maßnahmen zu erlassen, die in der Lage sind, die bestehenden und potenziell unumkehrbaren künftigen Auswirkungen des Klimawandels abzumildern, und diese zum anderen in der Praxis wirksam anzuwenden und umzusetzen.
Geht unser Plan auf, könnte das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung und den Bundestag dazu verpflichten, ausreichende Maßnahmen zu ergreifen und das alte Klimaschutzgesetz wieder aufleben zu lassen.
Eine Sammelklage vor dem Bundesverfassungsgericht - geht sowas denn überhaupt?
Mit der Zukunftsklage bieten Greenpeace und Germanwatch Menschen die Möglichkeit, eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde für mehr Klimaschutz einzureichen. Formell gibt es eine Sammelklage beim Bundesverfassungsgericht nicht. Mit dem Klimabeschluss von 2021 hat das Bundesverfassungsgericht aber anerkannt, dass es um die Freiheit eines jeden Einzelnen geht – deswegen meinen wir als Verbände und die Beschwerdeführer:innen von 2021, dass wir auch jedem einzelnen ermöglichen sollten, an der Verfassungsbeschwerde teilzunehmen und seine Rechte einzuklagen.
Eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde vieler hat es in dieser Form erst einmal in der deutschen Rechtsgeschichte gegeben. 2016 hatte das Bündnis “Mehr Demokratie” zusammen mit Foodwatch, Campact und rund 200.000 Menschen eine erste Verfassungsbeschwerde gegen das vorläufige Inkrafttreten von CETA, einem umstrittenen europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen, eingelegt. Sie war teilweise erfolgreich.