Ich hab mal die KI mal gefragt und es gibt so durchschnittlich 20 „erfolgreiche“ Mordversuche die Woche in Deutschland und das ist eine der niedrigsten Mordraten weltweit, Tendenz sinkend. Also ja die Berichterstattung ist äußerst selektiv und nicht verhältnismäßig. Ich schließe mich Eurer Meinung an, dass dies nur zu mehr Angst im öffentlichen Raum und zu Nachahmung führt. Auf der anderen Seite erwische ich mich selber dabei, dieser Clickbait-Skandal-Geilheit auf den Leim zu gehen. Wo wir schon bei der Antwort wären, warum so vermehrt darüber berichtet wird
Das halte ich für wahrscheinlich. Nun stellt das ganze ja ein komplexes System da:
Medien rushen bei solchen Anschlägen hin, weil sie in ihrer Kundschaft einen Bedarf nach schnellen Informationen vermuten. Werden die Artikel und Newsticker geklickt können sie sich in dieser Vermutung bestätigt fühlen.
Die Medienkonsumenten scheinen einen Drang zu verspüren, diese Informationen zu konsumieren. Aus Sensationslust? Besorgheit und Angst? Aus Zynismus? Das dürfte individuell sein.
Die Feeds und Informationen bekommen dann in den Sozialen Medien und Kommentarsektionen einen starken Auftrieb, mitunter gepusht von Akteuren mit einer klaren Agenda. In unserem heutigen System erzeugt Aufmerksamkeit noch mehr Aufmerksamkeit, weil jeder Klick, Upvote und Kommentar dafür sorgt, dass der Inhalt weiteren Menschen ausgespielt wird.
Einige politische Vertreter sehen sich zu schnellen Statements und Aktionismus gedrängt, widerrum weil sie ein Bedürfnis danach in der Bevölkerung vermuten.
Von Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks habe ich gehört, dass sie sich in solchen Situationen in einer Zwickmühle wägen: Berichten sie schnell unvollständige Informationen, so besteht die Gefahr, dass diese sich später als falsch herausstellen. Berichten sie nicht beschweren sich Leute, dass sie dann zu den privaten Medien gehen müssen und dort ebenfalls tendenziell falsche Informationen bekommen oder werfen ihnen Zensur o.ä. vor.
Wo setzt man in diesem System an?
Am ehesten sehe ich einen Hebel beim ÖR: Würde hier eine Regel implementiert, bei der ohne Einschränkung der Pressefreiheit in Anschlagsszenarien keine vorläufigen Informationen berichtet werden und auf diese Regel auch ständig hingewiesen werden, so könnte das dem ganzen Geschehen akut etwas den Wind aus den Segeln nehmen.
Die privaten Medien kann man ohne Einschränkung der Pressefreiheit wahrscheinlich kaum kontrollieren. Der Pressekodex scheint für die schlimmsten Akteure sowieso nur noch ein Witz zu sein.
Wir können an unserer eigenen Gelassenheit arbeiten (ohne die Ernsthaftigkeit solch einer Tat infrage zu stellen) und uns bereits für das jeweils nächste Event mental vorbereiten und die Gelassenheit dann auch in unser Umfeld tragen.
Innenminister Thomas Strobl gibt nun endlich zu, dass man absolute Sicherheit nicht geben kann.
Vielleicht hätte das mal jemand von der Union nach Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg sagen sollen.
Solche Taten erhalten in jedem Fall zu viel Aufmerksamkeit, gepaart mit noch mehr Aufmerksamkeit, wenn der Täter Migrationshintergrund, keinen deutschen Pass oder einen für deutsche eher untypischen Vornamen hat.
Vergleiche: Mannheim: Als die Herkunft bekannt wurde, machte man die Livestreams aus - Volksverpetzer
Anschläge mit klarem Bezug zu Migration: Brennpunkt in der ARD, Forderung nach mehr Sicherheit seitens der Politik,
Heute: Kein Brennpunkt, nach Bekanntwerden der Herkunft und des Vornamens ging die Berichterstattung sofort zurück
Die Medien reagieren auf die Aufmerksamkeit durch die Faschisten und, wenn die auszubleiben droht, wird die mediale Berichterstattung zurückgefahren.
These: Eine bedingt durch den Aufbau des Werbemarktes auf kurzfristige Aufmerksamkeit ausgerichtete Medienlandschaft (soziale Netzwerke genauso wie Nachrichtenmedien und Meinungsblogs), eine (mehr oder weniger) latente Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung und Gewalttaten vorallem durch und gegen Ausländer verstärken sich alle gegenseitig.
Wie kommen wir aus diesem Zirkel wieder heraus?
Indem die Leser / Zuschauer nicht mehr auf diese Artikel / Videos klicken
Aber ihrer These kann ich nur voll und ganz zustimmen. Das ist alles ein sich selbst verstärkender „Teufelskreislauf“ momentan mit den Anschlägen (s. Wahlkampf).
Deutlich besser wäre es natürlich, wenn wir unsere Sicherheits-Behörden so verstärken, dass sowas in Zukunft wieder deutlich seltener passiert.
Das Problem dieser Art von Anschlägen ist aber leider, dass sie nur sehr schwer vorherzusehen sind und der finanzielle Aufwand dafür ziemlich hoch sein dürfte, ganz zu schweigen von einem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den wir so möglicherweise nicht wollen.
Wenn man die Frage „Wie schützen wir Menschen (in Deutschland) vor einem vorzeitigen Tod?“ unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt betrachtet, d.h. man will mit den begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst viele Menschen schützen, hätte die Prävention solcher Anschlage vermutlich eine eher geringe Priorität. Das ist zumindest meine Annahme nach dem, was ich aus Diskussionen und Artikeln herauslese.
Ich nehme jetzt also an, die finanziellen Kosten pro gerettetem Menschenleben wären hier vergleichsweise hoch.
(Die Gesamtkosten übrigens können trotzdem niedrig sein, weil es im Vergleich zu anderen Gefahren wenige Gefährder gibt.
Und natürlich besteht immer noch das Risiko, dass es ein Einzeltäter einmal doch schafft, richtig viele Menschen auf einmal zu ermorden. Bisher war das aber nicht der Fall. Das Verhindern eines solchen Anschlags würde die Bilanz natürlich verbessern.)
In Vergleich dazu gibt es mit Sicherheit andere Gefahren, die sich deutlich kostengünstiger
reduzieren lassen. Nehmen wir mal das Tempolimit (Informationen beziehe ich auch hier aus den Massenmedien): Es erfordert meines Wissens v.a. eine Gesetzesänderung, das Entfernen alter Schilder und Geschwindigkeitskontrollen. Das gibt es auch nicht für umsonst, Gesätzesänderung und Demontage sind aber immerhin nur einmalige Kosten.
(Netterweise gibt es dafür den Zusatznutzen des Klimaschutzes.) Man reduziert die Zahl der Verkehrstoten damit natürlich nicht auf Null, aber sie würde sich verringern.
(Es ist gesellschaftliche Konsens, dass man bei den vielen Vorteilen eines Autos eine gewisse Anzahl von Verkehrstoten hin nimmt. (Oder einfach nicht so genau darüber nachdenkt.))
Insgesamt dürfte die pro-Kopf-Kostenbilanz hier günstiger ausfallen.
Wollen wir unser Geld also lieber für teure Maßnahmen mit wenig Wirkung ausgeben, weil uns der Tod eines Menschen durch die Mordabsicht eine anderen widerwärtiger ist als der Tod durch z.B. einen schnöden Verkehrsunfall?
Das soll nicht heißen, dass ich gegen Maßnahmen zur Anschlagsprävention bin. Mich stört aber gewaltig, dass Diskussionen anscheinend nur noch von hochkochenden Emotionen bestimmt werden, auch wenn sie gelegentlich als (seriöse(?)) Politiker und Experten daherkommen. Das „Sicherheitsgefühl“, das m.E. nur wenig mit einer realistischen Gefahreneinschätzung zu tun hat, ist ja so wichtig.
Was praktisch völlig fehlt ist eine Einordnung in den Gesamtzusammenhang. Was gefährdet Menschen hierzulande am meisten, und wo können wir ansetzen, um diese Gefahren zu verringern. Wenn wir über die Toten der Anschläge trauern, müssen wir uns auch fragen, warum wir den Toten von vermeidbaren Verkehrsunfällen durch zu hohe erlaubte Fahrgeschwindigkeiten und deren trauernden Angehörigen weniger Beachtung schenken. Bestimmt liegt es nicht daran, dass wir durch die größere Anzahl von Fällen emotional völlig überfordern würden und dass wir uns ansonsten schon längst daran gewöhnt haben…
Ich denke, wir sind uns einig: Ja. Ein Grund mehr, den Thread zu schließen.