Ergänzung zu Ist das Mietrecht

Dann verstehe ich nicht warum selbst aus Kreisen der Wiener Kommunalpolitik Kritik bezüglich eines Sanierungsstaus zu hören ist, wenn doch die Einnahmen so hoch sind, dass zeitgerechte Sanierungen überhaupt kein Problem darstellen.

Ich rede von Wien. Dort sind im Gemeindebau in der Tat die neumieten ebenso niedrig, aber mit Wartezeiten von oft über 10 Jahren verbunden.

Wohnungsüberschuss hat man ihn Wien jetzt aber nicht gerade. Wer nicht im Gemeindebau unterkommt ist auch in einem umkämpften Mietmarkt.

@ThomasAnderson hat da schon den entscheidenden Hinweis gegeben, aber nochmal ausführlich aus meiner Perspektive:

Angenommen, ich baue ein tolles neues Mietshaus mit mehreren Wohnungen mit Baukosten von 3.500 Euro/m2 Euro (Die Kosten für den Baugrund spielen in der Rechnung erstmal keine Rolle, ich gehe davon aus, dass mir das Grundstück schuldenfrei gehört oder entgeltfrei zur Verfügung gestellt wird).

Meine akzeptable Mindest-Kaltmiete setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:

  1. Rendite
  2. Instandhaltung und Ersatz

Jeder Bestandteil des Gebäudes hat eine bestimmte Lebensdauer. z.B. geht man bei Heizungsanlagen i.d.R. von bis zu 25 Jahren aus, bei einem Badezimmer von ca. 15 Jahren, gute Böden ca. 20 Jahre, etc. Ein gutes Dach dagegen hält ein vielfaches davon. Habe vor kurzem geholfen ein altes Scheunendach von Grund auf zu erneuern. Da wurde der Dachstuhl im wesentlichen auf 150 Jahre geschätzt, die ältesten Teile der Eindeckung waren deutlich über 100 Jahre alt. Im Mietrecht gibt es auch eine Tabelle mit der wirtschaftlichen Lebensdauer vieler Bauteile.

Ich würde vereinfacht bei einem soliden Neubau von einer Lebensdauer von insgesamt ca. 50 Jahren ausgehen. D.h. ich rechne damit, dass ich im Laufe der 50 Jahre die (inflationsbereinigten) Baukosten wieder investieren muss, um den Ursprungszustand zu erhalten. Dabei sind natürlich auch neue Vorschriften, etwa zur energetischen Ertüchtigung zu berücksichtigen. Wie gesagt: Alles nur quer über den Daumen gepeilt.

Wenn ich also die Rendite mal kurz ignoriere und nur die Instandhaltungs- und Ersatzkosten berücksichtige, dann komme ich bei 3.500 Euro/m2 Baukosten, abgeschrieben über 50 Jahre Lebensdauer, auf eine Mindest-Kaltmiete von 5,83 Euro/m2 (inflationsbereinigt) um meine Kosten zu decken.

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Da ist aber ja noch kein Cent für Finanzierung, Instandhaltung, Verwaltung, etc. eingerechnet.

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Ich kenne die Details in Wien nicht. Einerseits muss da die Rechtslage nicht genauso wie in Deutschland sein (bezüglich Mietspiegel usw.). Andererseits ist dort der Mietpreis sicher auch ein Politikum und wird nicht allein aufgrund der Rechtslage oder wirtschaftlicher Notwendigkeiten festgelegt. Der Staat als Vermieter kann sich durchaus dazu entscheiden, mit seinen Wohnungen Verlust zu machen (oder notwendige Sanierungen aufzuschieben), wenn ihm das aus Sicht gesellschaftlicher Interessen angemessen erscheint.

De Facto wird das in Deutschland mit dem Wohngeld für Bürgergeldbezieher so gehandhabt: Der Staat zahlt hier viele Milliarden Euro im Jahr (noch dazu an private Vermieter), weil wir als Gesellschaft der Meinung sind, dass die Menschenwürde es nicht zulässt, Menschen einfach auf die Straße zu setzen. Jedenfalls bisher.

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Die gesamte Erläuterung dreht sich um Instandhaltung, den Punkt verstehe ich nicht.

Was Finanzierung und Verwaltung angeht: Ob das eine Rolle spielt, hängt von der konkreten Immobilie ab. Wenn ich von meinen Eltern ein abbezahltes Mietshaus erbe, dann gibt es keine Finanzierungskosten. Und die meisten privaten Vermieter kalkulieren keine Verwaltungskosten, wenn sie die Verwaltung selber machen. Im kleineren Umfang verursacht das auch keine Kosten, eine Excel-Tabelle und ein Aktenordner reichen völlig.

Nochmal: die Rentabilität einer Immobilie bei einer gegebenen Kaltmiete lässt sich immer nur am konkreten Beispiel errechnen. Ein Mietspiegel von 5,5 bis 6 Euro/m2 ist aber nicht grundsätzlich zu niedrig, wenn ansonsten günstige Bedingungen herrschen, oder der wirtschaftliche Nutzen primär in der Wertentwicklung des Grundstücks gesehen wird.

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Und in Fällen wie Wien wohnen so Verdiener der oberen 5% subventioniert.

Ich habe deshalb nie gefordert, dass sich solche Mieten an Neuvermietung, Mietspiegel oder was auch immer orientieren müssen, sondern lediglich gesagt, dass ein anheben der Miete auf Niveaus welche auch rechtzeitige Sanierung ermöglichen nachhaltiger wäre.

Solche noch immer günstigen Mieten könnte man ja mit Wohngeld für die schwächsten der Mieter kombinieren, falls das dann nötig wäre.

Solange in der Praxis aber Städte Grundstücke zum Höchstpreis verkaufen ebenso wie eigene Immobilien, reden wir ja eher von einer gezielten Maximierung der Mieten.

Dem würde ich im Grundsatz zustimmen.

Was mich interessieren würde, ist ob der sehr hohe Anteil des Wohnraums in öffentlicher Hand bei gleichzeitig niedrigen Mieten in Wien Effekte auf die Mietpreise in Wohnungen im Privatbesitz hat und wie stark dieser Effekt ist.

Ja, es ist ziemlich absurd wenn sich (Kommunal)Politiker über zu hohe Mieten echauffieren aber die Erschließung neuer Baugebiete der Sanierung des Haushalts dient. Das ist aber bei weitem nicht in allen Kommunen so.

Eine sehr bedenkliche Spielart, die mir jetzt vermehrt untergekommen ist: Kommunen erschließen Baugebiete nicht selbst, sondern lassen die Bauplanung und Erschließung komplett durch private Investoren durchführen (formal trifft natürlich weiter der Stadtrat die Entscheidung über den B-Plan, dieser wird aber von privaten Investoren erarbeitet und bereitgestellt).

Dadurch geben die Kommunen einen wesentlichen Teil ihrer Gestaltungsfähigkeit im Wohnungsmarkt auf. Entwickelt und gebaut wird dann im Prinzip nur noch, was irgendeinem Investor in den Geschäftsplan passt.

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Finanzierungskosten ist der falsche Begriff. Es geht eigentlich um Opportunitätskosten für das gebundene Kapital.

Das können im Einzelfall Finanzierungskosten sein, nämlich wenn ich gar kein Kapital binde und alles fremdfinanziere. Im anderen Einzelfall, in dem das gesamte Haus abbezahlt oder komplett aus Eigenmitteln bezahlt wurde, sind es einfach die entgangenen Renditen für dieses gebundene Kapital, die man hätte einfahren können, wenn man es anderweitig angelegt hätte.

In der Höhe sind die beiden Varianten gar nicht so unterschiedlich. Immobilienfinanzierung ist ja quasi risikoarmer Zins auf lange Anlagezeiträume plus Verwaltungskosten der Bank plus bisschen Rendite der Bank.

Jedenfalls hast du auch dann, wenn du eine Bude komplett cash bezahlst, Kosten. Oder du belügst dich halt selbst.

Ah, alles klar, du setzt entweder das Selbst-Belügen voraus, oder Verantwortungslosigkeit.

Natürlich machen auch nur ein paar Wohnungen Aufwand. Sogar eher mehr als bei hunderten - natürlich nicht absolut, sondern relativ pro Einheit, aber das ist halt das einzig relevante - weil du bei vielen Einheiten Skaleneffekte heben kannst.

Wir wollen ja auch von verantwortungsvollen Vermietern ausgehen, also solchen, die den “Job” ernst nehmen und ihre Mieter als Kunden betrachten. Natürlich ist mir auch klar, dass ein großer Teil Privatvermieter leider denkt, Vermietung sei wie ein ETF, und sich echauffiert, wenn der Mieter die Dreistigkeit besitzt, sich wegen irgendetwas das nicht funktioniert zu beschweren und auch noch zu erwarten, dass der Vermieter sich zeitnah drum kümmert. Aber sorry, ich weigere mich, das als Norm zu betrachten, und die privaten Vermieter einfach aus der Pflicht zu entlassen mit “verursacht ja keine Kosten (und somit auch kein Aufwand)”.

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Klar, das würde ich bei einem konkreten Objekt auch immer mit berücksichtigen. Aber verallgemeinern lässt sich das nicht so einfach. In Städten mit sehr niedrigen Mieten sind vermutlich auch die erzielbaren Verkaufserlöse sehr niedrig oder gar nicht vorhanden. Hängt immer sehr von der Situation des Eigentümers, der jeweiligen Risikobereitschaft und sogar nicht-monetären Elementen ab. Wie bewerte ich beispielsweise, wenn ich das Elternhaus im Familienbesitz halten möchte?

Mir ist aber natürlich bewusst, dass es diese Erwägungen in der Praxis gibt, sonst hätte ich ja nicht explizit erwähnt, dass ich sie bei der Berechnung nicht berücksichtige. Ich empfinde sie aber für den diskutierten Punkt ("die Altmieten sind an manchen Orten viel zu niedrig, um noch Investitionen in die Substanz zu ermöglichen”) nicht grundsätzlich (sondern nur im konkreten Einzelfall) relevant.

Ich verstehe nicht so recht, wo die Vehemenz gegenüber meinem Beitrag herkommt, aber geschenkt.

Erstmal finde ich persönlich es eigentlich angemessen, Mieter nicht als “Kunden”, sondern zuerstmal als Menschen zu betrachten, denen man als Vermieter das grundlegende Bedürfnis “Wohnraum” erfüllt. Daraus erwächst eine gewisse soziale Verantwortung, kein reine vertragliche Leistungsverpflichtung. Ich denke also, dass wir da mit unserer Einstellung zu dem Thema nicht sonderlich weit auseinanderliegen.

Ich persönlich verwalte eine nach meiner Einschätzung mittlere Zahl Wohnungen, sowohl mein eigenes Eigentum, als auch das von Familienangehörigen. Ich habe auch langjährige Erfahrung als Mieter bei “großen” und “kleinen” Eigentümern und kenne andere Vermieter. Sich “selbst belügen” tut da eigentlich niemand.

Aber ob und wie der eigene Zeitaufwand bei der Berechnung der verlangten Kaltmiete veranschlagt wird, wird aus gutem Grund sehr unterschiedlich gehandhabt. Für mich sind Mietwohnungen beispielsweise in erster Linie Teil eines Vermögensaufbaus für meine eigene Absicherung und die meiner Kinder (ich werde kaum gesetzliche Rente kriegen und eines meiner Kinder ist schwerbehindert). Aus verschiedenen Gründen sind Immobilien für uns deutlich zugänglicher als andere Kapitalanlagen. Wenn ich für Immobilien Kapital habe, aber für andere Anlagen nicht, dann gibt es da auch keine Opportunitätskosten. Da macht es für mich in der Gesamtschau wenig Sinn, für meine Arbeitszeit einen genauen Stundensatz anzusetzen und gegen die Miete aufzurechnen.

Entscheidend ist für mich nicht der Profit im laufenden Jahr, sondern der Vermögensaufbau über Jahrzehnte. Und da spielt die Miete als solche nicht die einzige und bei manchen Objekten nicht mal die Hauptrolle.

Und ja, wenn man nur die andere Hälfte des eigenen Doppelhauses langjährig vermietet, dann ist der eigene Arbeitsaufwand so niedrig, das man ihn in der Wirtschaftlichkeitsrechnung vernachlässigen kann. Wir haben im Freundeskreis Leute, deren Interaktion mit ihrem Vermieter sich auf’s nett Kaffetrinken alle paar Wochen beschränkt. Ich verwalte WG-Wohnungen, bei denen ich aufgrund der dort aufgebauten Strukturen ca. 2 Stunden Arbeitsaufwand für eine Neuvermietung habe und dann höre ich ein paar Monate nichts mehr.

Das heißt nicht, dass alle Vermieter Engel sind. Da gibt es auch viele Idioten. Und manch einer macht mit Sicherheit auch eine Fehlinvestition. Aber mein Punkt war, dass man die Verwaltungskosten einer Wohnung kaum seriös verallgemeinern kann. Die Instandhaltungskosten sind dagegen maßgeblich von den allgemeinen Bau- und Handwerkerkosten abhängig, die sich von Objekt zu Objekt verhältnismäßig wenig unterscheiden. Nicht mehr, nicht weniger.

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Strohmann. Es gibt das Gesetz nicht und auch die Forderung nicht.

Im jetzigen Gesetz steht nicht, dass du deine Mieter erhöhen musst. Dort steht, dass du deine Ausgaben nicht mehr voll von der Steuer absetzen / anrechnen darfst, wenn du unter 50% der ortsüblichen Miete bleibst.

Wäre im Fall von Ped 3€/m².

Der Eingangspost bezieht sich auf eine Aussage von @Slartie der durchaus die Frage in den Raum stellt, ob die zu niedrigen Altmiet-Verträge abgeschafft werden sollten. Und das ist eine legitime Diskussion, die man führen darf und kann, auch wenn derzeit kein derartiges Gesetz in der Pipeline ist.

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Also ich habe die Diskussion von Anfang bis Ende verfolgt. @Slartie hat nicht gefordert, dass Altverträge abgeschafft werden sollen, sondern der These widersprochen, dass es gesellschaftlich wünschenswert wäre, dass Mieten dauerhaft nicht steigen.

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Ja, stimmt. Er hat “nur” eine Diagnose gestellt.

Und wenn die Diagnose “du isst zu viel Zucker” ist, diskutiert man danach Ob und Wie Zucker reduziert werden kann.

Aber wir werfen hier inzwischen zahlreiche Dinge durcheinander… “ICH habe nur eine Diagnose gestellt und schlage nichts vor” - “Ich rede aber von Wien” - “ich rede von Berlin mit jetzigen Gesetzen”.

Da hat jeder für seinen Ausschnitt wahrscheinlich Recht und denkt sich dazu, was der andere gemeint haben könnte.

Vielleicht lassen wir es jetzt ruhen. Wie gesagt halte ich die “Diagnose” schon für fehlerhaft.

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Diese Frage ist dann natürlich die nächste, aber dagegen, dass viele Mieter mit günstigen Altverträgen selbst Alleinstehend große Familientaugliche Wohnungen blockieren könnte man ja noch andere Mittel finden als die Mieten auf den Wert von Neuverträgen anzuheben.

Es gibt z.B. Konzepte mit flexiblen Grundrissen (die wären natürlich eher im Neubau umsetzbar), es gäbe die Möglichkeiten einfach proaktiv kleinere Wohnungen mit gleichem Preis pro qm anzubieten oder sogar eine Umzugsprämie auszuzahlen (die wäre aber am leichtesten Finanzierbar wenn der Nachmieter dann mehr zahlt). Und das jetzt nur mal so auf die schnelle.

Mieterhöhung auf Neuvertragsniveau als einzige mögliche Lösung anzunehmen und dem Fragesteller somit quasi in den Mund zu legen dagegen halte ich für wenig zielführend.

Seine Diagnose endet halt nicht damit, dass eine zu geringe Unzugsbereitschaft besteht und man Wege finden muss, diese zu erhöhen. Sondern (aus meinem Eingangspost):

Damit ist alles was du vorschlägst (und was ich auch unterstützen würde) völlig ungeeignet, um die von ihm gestellte Diagnose zu behandeln.

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Der effektivste wirtschaftliche Anreiz gegenüber Eigentümern, für eine möglichst effiziente Nutzung des vorhandenen Wohnraums zu sorgen, wäre wohl eine hohe Bodenwertsteuer anstatt der aktuell praktizierten Grundsteuer (die ja zu einem großen Teil den Wert des Gebäudes besteuert).

Für eine Stadtvilla mit Garten in guter Lage würden dann pro m2 Wohnfläche auf einmal sehr hohe Steuern anfallen. . In einem Mietsblock auf gleicher Grundstücksfläche aber mit 20 kleinen Wohnungen wäre die Steuerlast pro m2 dagegen deutlich niedriger.

Für die Mieter entsteht so ein Anreiz, in kleinere Wohnungen auf möglichst effizient genutzten Grundstücken zu ziehen. Für Eigentümer entsteht ein Anreiz, nicht mehr kostendeckend vermietbaren großzügig geschnittene Wohneinheiten in kleinere Einheiten mit einer höheren Dichte an Mietern umzuwandeln.

Das sehe ich als so ziemlich einzige mögliche Maßnahme, mit der die Regierung auf effiziente Art und Weise und ohne massive Regulierungs-Bürokratie den gesamten Wohnungsmarkt in diese Richtung beeinflussen kann.

Die zweite sinnvolle Maßnahme wäre eine viel stärkere Eigenaktivität der Kommunen im Wohnungsmarkt, durch bedarfsgerechten und sozial abgestimmten Neubau und den Aufkauf und die bedarfsgerechte Umwandlung von Bestandsbauten. Kommunen könnten außerdem u.U. durch die Überarbeitung von Bebauungsplänen und die (Nicht-)Genehmigung von Bauanträgen darauf hinwirken, dann private Eigentümer die Verfügbarkeit von relativ günstigem, klein geschnittenen Wohnraum priorisieren.

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Zum Thema Mieter in Deutschland:

Wird nicht besser…

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