Erfahrungsbericht Impftermin

Ich versuche seit dem 27.12. für 3 zusammenlebende Verwandte meiner Frau (93, 92, 85) einen Impftermin in Schleswig-Holstein zu bekommen.

Heute endlich ist mir das endlich gelungen! Dazu folgender Erfahrungsbericht, der deutlich macht, wie die öffentliche Verwaltung in der Lage ist, diese Herausforderung zu organisieren:

  1. Impftermine werden in Schleswig-Holstein über die Kassenärztliche Vereinigung vergeben. Diese nutzt dafür die 116117-Callcenter-Infrastuktur. Nach den mir bekannten Erfahrungsberichten ist telefonisch kein Durchkommen. Unter 116117.de wird man auf eine Terminbuchungswebseite für Schleswig-Holstein verwiesen.

  2. Obwohl der offizieller Impfstart am 27.12. war, verwies diese Terminbuchungsseite für Schleswig-Holstein zunächst nur auf allgemeine Informationen zur Covid-19-Impfung. Erst seit einigen Tagen bekam man die Info, dass alle Termine vergeben seien und man am 5.1. wieder buchen könne. Heute um 0:00 bis heute ca. 8:00 bekam man die gleiche Meldung. Zwischen 8:00 und 8:30 Uhr konnte man dann Termine für die Woche bis zum 17.1. buchen. Danach waren - bis auf Termine in Kiel - alle Termine wieder vergeben und aktuelle ist die Terminbuchungsseite überhaupt nicht mehr zu erreichen (ebensowenig wie die 116117.de) - offenbar sind die Serverkapazitäten auf den zu erwartenden Ansturm nicht gewachsen. Heute um 17:00 Uhr steht dort, dass man erst wieder in einer Woche Termine buchen könne. Wie wir im Nachhinein lesen konnte, waren ganz 7500 Impftermin(paare) angeboten worden.

  3. Mir ist es tatsächlich gelungen, je zwei Impftermine für die 3 Senioren zu ergattern (ja, es werden gleich beide Impf-Termine vergeben, der zweite drei Wochen nach dem ersten). Das Impfzentrum in der Nähe des Wohnorts hatte noch nicht eröffnet. Die Alten müssen jetzt ein ganzes Stück weiter gefahren werden.

Sehr gut ist, dass man Termine für mehrere Personen machen kann. Aber das war gar nicht so einfach: Bei zwei der zunächst ausgewählten Termine war es nicht mehr möglich, die Personenzahl auf drei zu erhöhen - vermutlich, weil dieser Termin sofort ausgebucht war, bevor ich die Personenzahl erhöhen konnte. Ich habe dann den letztmöglichen Termin (Sonntag, 17 Uhr) gewählt, um wenigstens die Zeit zu haben, die Personenzahl zu erhöhen.

  1. Sehr gut ist, dass auch Angehörige Termine für die Alten machen dürfen. Denn ich bezweifele, dass jemand mit 80 Jahren oder mehr in der Lage ist, unter solchen Zeitdruck einen Termin zu ergattern.

  2. Dagegen ist die Anmeldung selbst relativ simple. Zunächst muss man nur seine E-Mail eingeben. Dann bekommt man eine Mail mit einem Link auf eine Webseite, auf die die eigentliche Anmeldung erfolgt. Neben Namen, PLZ und Geburtsdatum muss nichts weiter angegeben werden (nicht wirklich dem Stand der aktuellen GUI/UX-Technik entsprechend verlangt das Geburtstags-Datumsfeld zwanghaft die Eingabe im Format MM.DD.YYYY - Einerziffern bei Tag oder Monat versteht das Feld nicht; aber wenn das das einzige Problem ist …).

  3. Man bekommt dann für jede Person eine E-Mail mit Terminbestätigung, eine Link „Termine verwalten“, eine Erklärung des Ablaufs und fünf Anhänge: Je Termin ein „Impfticket“ (mit Barcode), ein Aufklärungsmerkblatt zur Unterschrift (mit Barcode), Hinweise zur Impfaufklärung sowie ein Blatt zur Anamnese und Impfeinwilligung (ohne Barcode). Ich habe den Verwandten also 26 Seiten Ausdrucke schicken müssen!

Mein Fazit:

A. Die Information, wie man überhaupt als Nicht-Heim-Bewohner an einen Termin kommt, ist sehr schlecht!

B. Das gilt auch für Information, dass und warum die Termine so knapp und so schnell ausgebucht sind und was man als Senior tun kann, um sich einen Termin zu sicher: Angehörige bitten, zu versuchen, um (in Schleswig-Holstein) um Punkt 8 Uhr an dem Tag, an dem wieder Termine „aufgemacht“ werden, einen Termin zu ergattern. Sicherlich hilfreich wäre auch eine Bitte um Verständnis und konkrete Beschreibung des Problems (Knappheit der Impfstoffe, Verfügbarkeit von fachlich qualifiziertem Personal, Vorrang der Heime?, …).

C. Ich zweifele, dass Senioren ohne Unterstützung von jüngeren Angehörigen in den nächsten Wochen einen Termin bekommen werden.

D. Der Umfang des Schriftwerks zeugt mal wieder vom deutschen Bürokratiewahn. Ob es wohl Satire ist, dass es eine Aufklärung zum Aufklärungsblatt gibt mit u.a. einem Hinweis auf den Verbot der Verwendung des Logos des Impfzentrums?

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Ich frag mich auch warum man sich selbst/die Angehörigen buchen muss.
Für die momentanen Kandidaten ist das vom Alter und der Technik Begabtheit nich wirklich sinnvoll.
Ich denke mir das eher als Push anstelle eines Pull Verfahrens. Die Leute werden angerufen bzw. kriegen einen Brief mit ihrem Termin und einer Rückruffnummer für Verschiebungen.

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Ja, genau: wenn es nun mal zunächst sehr viel weniger Termine gibt als nachgefragt, müsste man innerhalb der aktuellen Prioritätsgruppe auslosen und diese Menschen z.B. postalisch zur Terminvereinbarung auffordern oder via Callcenter einen Termin vereinbaren.

Warum müssten Hunderttausende 1x in der Woche um Punkt 8 Uhr am Rechner sitzen, um dann im Zweifel keinen Termin zu ergattern? Undurchdacht …

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Das Gleiche für Brandenburg. Die 116117 ist seit 27.12. nicht zu erreichen. In der Zwischenzeit stirbt man erst nach einer Computermenüfrage, aber kein Durchkommen zu keiner Tageszeit. Ein Hoch auf die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre effektiven und effizienten Beitrag zur Pandemiebekämpfung.