In der öffentlichen Debatte generell, im Podcast und auch in der politischen Rechtsfertigung wird immer wieder auf die Wirksamkeit des EU-CO2 Handels verwiesen.
Dabei ist für mich fraglich, ob nicht gerade ein konservatives Bündnis auf EU-Ebene die Emissionsbepreisung beenden oder zumindest stark abschwächen könnte.
Mich würde eine kurze Aufbereitung zur Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios sehr freuen
(Übrigens finde ich den Signalcharakter von einer solchen Argumentation auch schwierig, da es den Eindruck stärkt, das progressive Spektrum würde Akteure zusätzlich finanziell belasten. Aber das ist für mich eine nachgelagerte Diskussion)
Das Umweltbundesamt hat mal einiges zum Status quo zusammengefasst:
Deswegen ist ja auch ein Klimageld sinnvoll und wird auch regelmäßig in der Lage besprochen bzw. angemahnt.
Danke für den Beitrag, ich habe mich auch schon mehrmals beim Hören der Lage gefragt woher die Annahme kommt, dass das nicht einfach wieder abgeschwächt wird wie bei uns die Sektorenziele, wenn es den EU-Ländern irgendwann nicht mehr passt.
Und vielleicht ergänzt interessant: was sind die Durchsetzungsmechanismen, wenn sich nicht daran gehalten wird? Fände ich auch spannend, denn nur weil es geltendes Recht ist heißt ja noch lange nicht, dass es von allen befolgt ist, wie man bei anderen Regelungen der EU sieht.
Und konsequent von allen Parteien verhindert. Es wird nur erwähnt zum Stimmenfang.
Allen würde ich nicht gelten lassen. Aktuell blockiert die FDP am meisten, weil sie im Finanzministerium den Mechanismus bereitstellen muss. Prioritäten scheinen andere zu sein. Wäre ja ein super Wahlwerbebeitrag, wenn 2025 das Klimageld kommen würde. Wird es aber nicht. Zeigt nur, dass es der FDP äußerst egal ist
Die EU sieht Strafzahlungen vor, wenn Klimaziele verfehlt werden (hier glaube ich sogar noch sektorbezogene Ziele). Wenn du zu viel emittierst, musst du bei EU-Ländern, die ihre Ziele übererfüllen Verschmutzungszertifikate abkaufen. Für Deutschland wären das aktuell ca 16 Mrd €. Stichtag ist das Jahr 2030, wenn ich das richtig verstehe.
Offen ist die Frage, was passiert, wenn in Summe mehr CO2 über das Ziel emittiert wurde, als andere Länder unter dem Ziel liegen, also es keinen Ausgleich geben kann. Mit dem Blick auf diesen Mechanismus wäre es sogar wirtschaftlicher Anreiz zu schauen wie viele Länder über dem Ziel sind und in mehr Klimaschutz zu investieren, um am Ende sogar noch Geld dafür zu bekommen.
Was passiert, wenn die Staaten das EU-Klimaziel nicht erreichen?
Die ganze Legislaturperiode kam von niemandem ernsthaft Druck. Auch nicht von den Grünen und besonders nicht von Habeck. Ganz ehrlich wirkt es auf mich so, dass er froh ist mit Lindner den Bösen zu haben und das Geld für anderes teilweise rauszuwerfen(Intel).
Ich würde es nicht so drastisch sehen. Ich sehe es eher so, dass dummerweise recht schnell mit dem Überfall auf die Ukraine und der Energiekrise andere Themen im Fokus standen. Wo sich jeder Partner in der Koalition mehr oder weniger über seine eigentlichen Grenzen bewegen musste. Danach hatten die Grünen die Wärmewende höher Priorisiert und nicht direkt mit einem entsprechenden Ausgleich gekoppelt (da haben wir hier im Forum ausführlich diskutiert, dass möchte ich hier nicht noch mal aufmachen). Nur hat das vermutlich so viel gekostet, dass sie das Risiko entweder nicht mehr eingehen wollen oder einfach nicht die entsprechende Power haben, um noch mal einen wirklichen Ansatz zu wagen. Klar ist davon nun auch viel Geld an anderer Stelle verplant, aber den fehlenden Druck würde ich nicht nur auf den Willen, gerade am Anfang der Koalition schieben. Aktuell sehe ich bei eigentlich keinem Thema in der Koalition, dass noch ein umfangreicheres Projekt angeschoben wird, was am Anfang mal auf der Liste stand.
Ich bin kein Experte, was die genauen rechtlichen Aspekte angeht, daher sind die Angaben eher auf der Erfahrung beruhend, wie der aktuelle ETS zustande gekommen ist. Dort ist es so, dass bisherige, vor allem tiefgreifende Änderungen immer mit sehr viel Zeitaufwand verbunden sind. Hier dürften die Prozesse innerhalb der EU auch mal vorteilhaft sein. Durch die Beteiligung verschiedener Institutionen und eventuell notwendiger Einstimmigkeit der Beschlüsse ist vor allem eine Abschaffung tendenziell aus meiner Sicht schwer realisierbar. Bezüglich der notwendigen Einstimmigkeit oder doch einer qualifizierte Mehrheit bin ich mir nicht sicher. Es gibt Argumente, dass das EU ETS Teil einer grundsätzlichen Reform der EU-Klimapolitik wäre, die eine solche bedarf. Allein diese Diskussion würde es erst mal mindestens stark verlangsamen. Abgesehen davon ist die neue Kommission nicht gegen das ETS und diese müsste erst mal eine entsprechende Initiative ergreifen.
Eine vollständige Abwicklung könnte je nach politischem Willen und Komplexität der Verhandlungen auf jeden Fall mehrere Jahre dauern. Bis dahin wird sicherlich eine neue Wahl in der EU stattgefunden haben und auch nationale können wieder anders aussehen.
Was eher passieren könnte ist eine Abschwächung. Aber auch da wird es vermutlich eher schwer etwas zu erreichen. Es gibt immer noch genug Regierungen, die auf einem anderen Kurs sind und selbst eine Änderung der Regeln zur Marktstabilitätsreservere, die den Marktpreis in einem solchen Fall drücken würde, um das ETS weniger effektiv zu machen, dauert vermutlich recht lange.
Realistischer wäre es, dass ein Land schlicht nicht mehr am ETS teilnehmen will. Ein Land, das sich weigert, am EU ETS teilzunehmen, würde damit gegen EU-Recht verstoßen, was zu einem Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission führen könnte. Das ist dann erst mal unabhängig von den von @longfellow erwähnten Strafen, wenn Klimaziele nicht eingehalten werden (das ist noch mal ein anderer Aspekt der EU Klimapolitik). Die Konsequenzen sind auf jeden Fall nicht klar, weil noch niemand es versucht hat. Aber neben Strafzahlungen, kann ich mir einen Ausschluss von EU-Projekten, Streichung von Mitteln etc. vorstellen (das dauert halt nur, bis es so kommen würde). Was ich mir aber vorstellen kann, ist das die EU von den Unternehmen entweder einfordert die Zertifikate auf anderen Märkten zu kaufen (die werden ja frei gehandelt) oder die Strafzahlungen an die EU zu leisten, die fällig sind, wenn die Emissionen nicht durch Zertifikate gedeckt sind. Da diese Kosten höher sind als der aktuelle Zertifikatspreis würde ich im Moment auch nicht davon ausgehen, dass eine Regierung so ohne weiteres aus dem ETS aussteigen will, wenn es die eigene Wirtschaft schädigt.
Hallo sehr geehrtes Team der Lage,
neuerdings bin ich interessierter Hörer der Lage und möchte mich für die tolle Arbeit bedanken.
Ein Thema, dass ich mich beschäftigt und bei dem die Aufarbeitung bei Ihnen in wiederkehrenden Folgen einen großen Beitrag zum Verständnis leistet ist der europäische Emissionshandel.
Mir bereitet folgendes Sorge. Nämlich, dass es sich hierbei um ein Konstrukt handelt dass veränderbar scheint. Leider muss ich immer wieder schmunzeln wenn Sie sich darauf beziehen als handele es sich dabei um eine Naturkonstante. So nach dem Motto (sorry, etwas überspitzt): die Politik müsse den Leuten ja nur mal ehrlich erklären, dass das Heizen mit Gas demnächt sehr teuer und dann auch irgendwann unmöglich werde. Dann würden die das schon verstehen und schwupps - alle machen bei der Energiewende mit.
Zuletzt hat mich Frau Geywitz in Ihrem Interview über den Wohnungsmangel aufhorchen lassen. In einem der letzten Sätze des Interviews sagte sie sinngemäß: " es handele sich bei den in Zukunft steigenden Preisen fossiler Energienträger ja um eine künstliche (hier war die Pointierung) Preiststeigerung.
Was gibt Ihnen die Sicherheit anzunehmen, dass die Gesetzte und Regeln zukünftig nicht verändert werden?
Populisten quer durch Europa zeichnen sich nicht durch progressiven Umweltschutz aus.
Es wäre schön wenn sie in einem Update zu diesem Thema die rechtlichen Hürden diskutieren würden den Emissionshandel zu entschärfen, auszusetzen oder abzuschaffen:
Was drohen für Konsequemzen wenn ein Mitgliedstaat sich nicht an die Regeln hält?
Zur Zeit scheint es nicht einmal notwendig zu sein, dass eine populistische Partei Regierungsverantwortung bekommt um offen zum Rechtsbruch aufzurufen (Siehe Jens Spahn bei Markus Lanz zum Thema „Schließung von Außengrenzen“ usw.). Auch eine CDU geführte Regierung würde dem Druck einer verschlafenen Umstellung beim Heizen und den sozialen Folgen steigender Gaspreise mutmaßlich nicht standhalten.
Leider habe ich meine Nachricht/Foreneintrag formuliert bevor ich in das Forum geschuat habe und erst dann festgestellt, dass viele Nutzer ähnliche Fragen haben. Insofern Sorry, mein Bei trag verbessert das Gespräch sicher nicht. Dennoch erhoffe ich mir dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Thema bei Ihnen weiter bearbeitet wird zu erhöhen.
Beste Grüße
Das übliche: Strafzahlungen - Populisten sagen dann, dass wir viel zu viel an die EU abführen. Dass wir in dem Fall selbst Schuld sind, wird dann großzügig verschwiegen.
Es gibt durchaus Staaten, die voranschreiten. Teilweise auch, weil sie aufgrund ihrer Struktur weniger Aufwand betreiben müssen als wir und sich Vorteile erhoffen, die sie jetzt auch einbringen wollen.
Und wer es sich leisten kann, passt sich auch in Deutschland bereits an. Wenn die Durchschnittsbürger Pech haben, sitzen alle Vermögenden bis dahin in Villen mit PV-Strom oder eigenem Wasserkraftwerk. Ihr Auto tankt Strom oder ist E-Fuels-Only zertifiziert und die Politik zuckt mit den Schultern und lässt ihn hängen. Er hätte sich ja lange genug darauf einstellen können - und das hätte er. Oder es kommt doch so, und die EU haut rechtzeitig die Bremse rein - die Konservativen konnten bei der letzten Wahl ja einige zusätzliche Sitze gewinnen.
Man kann es riskieren - oder man schwimmt mit dem Strom. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Politik dich auffängt, ist in der zweiten Gruppe jedenfalls größer.