Richtig, das sollten wir, völlig korrekt! Dank Sparkurs des aktuellen Finanzministers Christian Lindner ist das aber eben nicht ohne Weiteres möglich. Wenn also Kürzungen im Haushalt des Familienministeriums unumgänglich sind, dann ist es wohl schon gerechtfertigt, das bei denen zu tun, die auch ohne die Leistung die geringsten Einbußen haben. Noch besser wäre es natürlich, wenn die Kürzungen überhaupt nicht notwendig wären - aber die politische Realität werden wir wohl so schnell nicht ändern können…
Was ich an dieser Diskussion noch nicht ganz verstehe: es braucht also heute finanzielle Anreize vom Staat, um Kinder bekommen zu wollen und diese selbst zu betreuen. Davon ausgehend, daß Paare beide Vollzeit (?) berufstätig sein müssen/wollen.
Damit definiert man Kinder doch schon ein bisschen Richtung „Belastung, die zur Unterbrechung der Arbeitstätigkeit führt und daher entschädigt werden muss“.
Ich weiss, daß Elterngeld als Motivationsanreiz zur Kinderbetreuung durch beide Elternteile gedacht war, es hat aber in der Ausgestaltung ein Geschmäckle.
Zudem, wie war das vor dem Elterngeld? War da das konservative Familienbild noch zu prägend?
Bei meinen Kindern gab es kein Elterngeld, nur ein bescheidenes Kindergeld. Meine Frau ist freiwillig und gerne bei den Kindern geblieben, hat Carearbeit und den wesentlichen Teil der Erziehung geleistet, ich war für die finanzielle Absicherung zuständig. Auch eine umgekehrte Rollenverteilung wäre für uns ok gewesen, nur wirtschaftlich nicht umsetzbar.
Müssen wir jetzt nachträglich ein schlechtes Gewissen haben, weil wir dem Arbeitsmarkt die Arbeitskraft meiner Frau (die in den frühen 2000ern nicht nachgefragt war) vorenthalten haben?
Diese Fokussierung auf eine finanzielle Förderung als Anreiz irritiert mich…
Ich würde es nicht Gießkanne nennen, wenn die Zahlung zweckgebunden - temporäre Aufgabe der Arbeit zu Gunsten der Erziehungsarbeit - und zudem über die Einkommenssteuer je nach Einkommen gestaffelt wird.
Dank progressiver Einkommenssteuer finanziert der Geringverdiener zwar mit, aber der Gutverdiener zahlt aber den Bärenanteil.
Du ignorierst zudem zwei wesentliche Aspekte meines Vorschlags:
-
Alle bekommen 1800€ (oder gerne etwas mehr um Besteuerung und Inflation auszugleichen, der Wert ist ja schon sehr lange fest.)
Ich finde nur Daten pro Haushalt, aber für den Großteil der Menschen dürfte das eine deutliche Erhöhung des Elterngeldes sein. - Es geht (mir auch) um eine Vereinfachung der Verwaltungsprozesse. Das spart nicht nur Geld (bzw. schafft Freiraum für andere Tätigkeiten), sondern beschleunigt auch die Auszahlung. Ich probiere das gerade durch:
Kind wurde vor über 2 Monaten geboren, Beantragung war zügig und bis jetzt ist noch kein Geld geflossen. Das muss man sich erst mal leisten können, da nicht in Engpässe zu kommen.
Wenn du jetzt eine Einkommensmäßige Staffelung oder so verlangst, dann werden exakt 0 Prozesse vereinfacht. Das Einkommen wird nicht mal eben gemeldet, da steckt ne Menge dahinter.
Ein Beispiel: Man hat die Möglichkeit, den Berechnungszeitraum zu verändern (also nicht die letzten 12 Monate), wenn man Corona-bedingt ungewöhnlich wenig in dieser Zeit verdient hatte.
Ich sehe da auch eine Neiddebatte, mit der man sich selbst schadet. Alle wollen Bürokratieabbau und schlanke Prozesse. Aber wenn ein Gutverdiener, der auf sehr viel Geld verzichtet um zuhause Zeit mit seinem Kind zu verbringen, auch Geld bekommen soll (in meinem Vorschlag: weniger als der Geringverdiener), dann nimmt man lieber 8 Wochen Beantragungszeit und zahlreiche Verwaltungsmitarbeiter in Kauf, die sich nur darum kümmern, „soziale Gerechtigkeit“ per Verwaltungsakt zu erzeugen…
Nur weil man ein hohes Gehalt hatte, heißt das übrigens nicht, dass man auch ein hohes Vermögen hat, aus dem man mal eben ~22.000€ (zusätzlich) rausziehen kann.
Das von Dir formulierte Ziel steht so nicht als Ziel in der aktuellen Broschüre des Ministeriums.
Im Gegenteil, im 2. Absatz zu den Zielen wird das 12+2 Monate Modell sogar explizit aufgeführt und es wird eben nicht eine 6+6 oder 7+7 Modell als Ziel genannt, sondern explizit diese 2 Partnermonate für Familienmodelle die diesen Weg gehen wollen.
Ergo ist Deine Schlussfolgerung falsch, dass die 1.800€ keinen Einfluss hatten. Im Gegenteil, es gibt eine Studie aus 2013 (unser Drittes Kind wurde 2014 geboren, daher weiß ich das noch), dass der Anteil der Monate Elternzeit der Väter durch das Elterngeld spürbar gestiegen war und damit dieses Ziel erreicht wurde.
Mathematisch falsch. Diese Eltern haben die höheren Einbußen, da die Differenz zwischen maximalem Elterngeld zu eigentlichem Einkommen größer ist und damit der Verlust = die Einbußen an Einkommen durch die Elternzeit höher.
Die Forderung basiert nur darauf, dass wer in der Bemessungszeit davor über Grenze verdient hat, dass der ja eh genug hat. Also die Forderung ist, dass er 100% der Elternzeit aus eigener Tasche finanziert = „sein Problem“. Es geht aber um die Betrerung und Erziehung des Kindes.
Ist Off-Topic, aber halte ich für schon für wichtig: Möchtest Du vielleicht ergänzen, dass in der von Dir verlinkten Quelle auch steht:
„In der Auswertung schafft Deutschland es als Elfter von 82 untersuchten Staaten nicht in die Top Ten, schneidet unter den G7-Staaten aber am besten ab.“
Also Platz 11 von 82 und Bester der G7 … finde ich nicht so ganz schlecht !! Vielleicht schafft es nicht jeder, was auch niemand behauptet, aber so ganz schlechte Chancen scheint man nicht zu haben, was positives für sich zu bewirken.
Hast du den Link?
Gut, ich formuliere deutlicher: Wenn Einsparungen sein müssen, dann sind sie dort sinnvoll, wo der geringste Bedarf zur Förderung besteht. Ein Kind, das bei Eltern aufwächst, die ein hohes Einkommen haben, hat ein viel geringeres Risiko für Vernachlässigung, Bildungsabstieg usw. als ein Kind, das in Armut aufwächst. Außerdem besteht bei Eltern, die ein zu versteuerndes Bruttoeinkommen über der neuen Grenze haben zwar ein mathematisch höherer „Verlust“, sie sind aber eher in der Lage, diesen Verlust zu tragen als eine allgemeine Absenkung des Elterngeldniveaus (was ja eine mögliche Alternative wäre).
Noch einmal, die Entscheidung zur Streichung des Elterngeldes für Eltern mit hohem Einkommen beruht einzig und allein darauf, dass Herr Lindner entschieden hat, dass das Familienministerium sparen muss. Es geht nicht darum, dass man hier aus umverteilungspolitischen Gründen o.ä. Gelder streicht - sondern schlicht weil das Budget nicht reicht. Wo siehst du alternative Einsparmöglichkeiten in diesem Ministerium, die weniger Menschen und Kinder beeinträchtigen?
Dort wird explizit erwähnt, dass die berufliche Teilhabe von Müttern und Vätern gesichert werden soll. 2 Monate Partnerzeit sind kein wirklich toller Beitrag des Vaters und die Mutter hat weiterhin den Karriereknick.
Mein Vermutung ist weiterhin, dass Lindner dachte Frau Paus würde einfach den prozentualen Leistungsbezug auf beispielsweise 60% des Nettoeinkommens senken. Dadurch hätte es nur die unteren Einkommen getroffen und nicht die, die sowieso bei 1800,-€ gedeckelt werden. Ist explizit nur eine Vermutung, deckt sich aber mit dem Menschenbild, dass mir Herr Lindner vermittelt.
Ein Anstieg von 0 auf 2 Monate ist natürlich mathematisch ein unendlicher Erfolg.
Aber es ist noch lange kein Meilenstein auf dem Weg zur gleichmäßig verteilten Care-Arbeit.
Wäre es nicht sinniger, Carearbeit als gesellschaftlich erwünschte Arbeitsleistung grundlegend finanziell zu fördern?
Dir ist schon klar, dass das wesentlich mehr ist als jetzt und nicht finanzierbar. Insofern schöner Gedanke, aber unrealistisch. Wenn das Geld da wäre, bin ich der erste, der sagt, gebt es für unsere Kinder aus.
Ansonsten noch mal zur Veranschaulichung. Wenn die 1800€ versteuert werden, bleiben noch 1200€ im Monat davon übrig.
Das ist für einen Mindestlohnempfänger ein Monatsgehalt, für jemanden mit 10.000+€ pro Monat aber ein starker Verdiensteinschnitt. Für jemanden, der 20.000+€ im Monat verdient und die Frau, die eh immer zu Hause war, nun mit Kind und Nanny zu Hause ist, sehe ich keinen Grund für schlechtes Gewissen, denen das Elterngeld zu streichen. Und wenn es nur aus Neid ist, ist das für mich auch ok.
Ich meine sogar mich zu erinnern, dass er ihr genau das in einem Brief vorgeschlagen hat.
Ist halt die Frage, was wir diskutieren. Mögliche Änderungen am Elterngeld oder wie zufrieden wir mit der geplanten Anpassung sind. Da finde ich es für die (fast) Beste aller schlechten Lösungen, auch wenn mir die Kurzfristigkeit sehr bitter aufstößt. Gerade in Verbindung mit dem harten Cut-Off. Ein gradueller Übergang wäre hier besser gewesen, hätte aber vielleicht auch früher eingesetzt.
Das Traurige ist ja, dass die 20.000+€-Verdiener mit den Schultern zucken und weiter machen wie bisher. Die sind aber wahrscheinlich die kleinste Gruppe der Betroffenen. Wesentlich häufiger dürfte es das Ärztepaar treffen, die jeweils 80.000€ verdienen und für die dann zusätzlich zu den 80.000€ noch 20.000€ Elterngeld wegbrechen.
Schön, dass wir das geklärt haben.
Das (junge) „Ärztepaar“, das gerade so über der Bemessungsgrenze liegt, kein Vermögen hat und jetzt „getroffen“ wird erinnert mich doch sehr stark an die alleinerziehende Krankenpflegerin, die auf dem Weg zur Kita und zur Arbeit in den Staus stecken bleibt, die die Letzte Generation verursacht.
Hier nochmal der Hinweis auf die durchschnittliche Einkommensverteilung bei vielverdienenden Paaren:
Es sei aber keine Seltenheit, dass bei sehr hohen Haushaltseinkommen die beiden Partner sehr ungleich verdienen. Nach Angaben des IW verdienen Männer in einer Partnerschaft mit einem zvE von mehr als 150.000 Euro im Schnitt 140.000 Euro, Frauen 65.000 Euro.
Wesentlich häufiger als die „20.000+€/Monat&StayAtHomeMom&Nanny“ sind die jungen Ärzte mMn trotzdem. Wenn du also polemisierende Beispiele anprangern willst, dann wende dich an meinen Vorredner.
Selbst die von dir genannten Durchschnittszahlen sind doch genau die von mir beschriebene Gruppe: Paare, die nur gemeinsam (und das evtl. knapp) über die Grenze kommen und jetzt mit 0 zufrieden sein müssen.
Interessanter als der Durchschnitt wären mMn die Mengengerüste in der Nähe der 150k-Grenze oder wenigstens eine Medianbetrachtung, denn bei „ab 150.000 aber nach oben offen“ dürfte der Durchschnitt sehr stark nach oben verzerrt sein.
Nur etwas in diese Richtung die heutige Meldung:
Pflege: Union fordert bezahlte Pflegezeit – ähnlich wie das Elterngeld - DER SPIEGEL
Brutto oder Netto?
Wenn brutto: die haben mindestens 20.000€, die sie als Werbungskosten und Rentenversicherung abziehen dürfen sind also locker unter der Grenze.
Und wenn Netto, sollte man nicht verschweigen, dass die Steuerklasse 3 in dieser Region einen hohen Effekt hat, ich schätze mindestens 30.000€, eher mehr.
80.000€ zvE natürlich.
Mein Beispiel wäre sinnlos, wenn sie entweder nicht von der Regelung betroffen wären (wäre es Brutto) noch knapp an der Grenze wären (wäre es Netto).
zvE 160.000: 48.701,99
zvE 80.000: 15.656
Und da ist der frisch erworbene Kinderfreibetrag noch gar nicht berücksichtigt.
Ja, sie zahlen weniger Steuern, weil sie ja weniger verdienen. Wir brauchen hier jetzt keine Ehegatten-Splitting-Diskussion draus zu machen.
Vor der Geburt: 111.298 € netto
Geburt mit EG: 83.270 € netto (- 28.028 €)
Geburt ohne EG: 64.344 € netto (- 46.954 €)
Also noch mal 18.926 € weniger.