Einordung § 188 Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung

Über meine Twitter Timeline habe ich mitbekommen, dass ein gewisser Timm Kellner (kein unbeschriebenes Blatt) einen Strafbefehl zu 8 Monaten Haft auf Bewährung wegen „gegen einer Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung und Verleumdung“ erhalten hat.

Laut seinem eigenen Video handelt es sich hierbei um Annalena Baerbock, aber das tut denke ich nichts zur Sache.

An sich finde ich es positiv, dass Menschen in Deutschland nun auch wegen Beleidigungen gegen Politiker verurteilt werden, aber dieses Fragment fügt sich in kein klares Bild.

Wurde dieser Paragraph, neben der Hinzunahme von Kommunalpolitikern 2019, irgendwie anderweitig verschärft? Wie fügt sich diese nun geahndete Beleidigung in die nicht geahndeten Fälle von Renate Künast und Jan Böhmermann ein?

Ich denke, bei dem Thema ist grundsätzlich aktuell noch vieles in Bewegung. Die letzte Änderung war zum 03.04.2021, sodass es noch dauern wird, bis sich hier eine Rechtsprechung festigt, vor allem in den höheren Instanzen.

In der Vergangenheit war es leider schon so, dass gerade bei Beleidigung öffentlicher Personen oft seitens der Justiz eher nicht sehr entschlossen gehandelt wurde (der Fall Künast wurde diesbezüglich ja auch sehr kritisch diskutiert, das Urteil wurde auch unter Juristen oft als krasses Fehlurteil gewertet, welches völlig falsche Signale aussendet), derartige Fälle waren letztlich auch der Grund, warum der Gesetzgeber § 188 StGB zum 03.04.2021 noch mal erweitert und dort die Beleidigung aufgenommen hat.

Dies ist als klarer Ausdruck des Willens des Gesetzgebers zu verstehen, dass die Strafjustiz bei solchen Fällen in Zukunft entschlossener handeln solle. Daher sind Vergleiche zu Fällen aus der Zeit vor dem 03.04.2021 natürlich schwierig, einfach, weil wir jetzt eine geänderte Rechtslage haben.

Wie du an dem Link oben sehen kannst, wurden folgende Dinge geändert:

  1. Die Strafbarkeit von Beleidigung wurde neu hinzugefügt mit einem Strafrahmen bis 3 Jahren (statt 2 Jahren wie bei der „normalen“ Beleidigung).
  2. Die Strafbarkeit von übler Nachrede wurde in Absatz 2 verschoben
  3. Die Strafbarkeit von Verleumdung bleibt gleich (6 Monate bis 5 Jahre) und weiterhin in Absatz 2.
  4. Für alle drei Straftatbestände wird klargestellt, dass die Norm auch auf kommunaler Ebene einschlägig sein sollen, das war zuvor unklar und wurde von den Gerichten unterschiedlich bewertet.

Der Anwendungsbereich der Norm wurde daher in mehreren Dimensionen erweitert und klargestellt.

Der Grund, warum die Strafrahmen in der Vorschrift höher sind als in den normalen Vorschriften (§ 185-187 StGB) kann damit begründet werden, dass der Schutzbereich des § 188 StGB nicht nur die persönliche Sphäre des Opfers betrifft, sondern auch die Funktionsfähigkeit des politisch-demokratischen Gemeinwesens (das Argument, dass niemand sich mehr traut, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren, hört man nicht erst seit dem Fall Lübcke immer wieder…). Wer sich da vertiefen will, kann diesen sehr ausführlichen Artikel lesen.

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