Diebesgut schleunigst zurückgeben! Der Dieb ist der Letzte, dem es etwas angeht, was der Eigentümer mit dem zurückgegebenen Diebesgut macht. Es gab wohl einen Museumsmann, der den afrikanischen Eigentümern „vorgeschlagen“ hatte hierher zu kommen und die Stücke unter erstklassigen deutschen Ausstellungsbedingungen „einmal zu sehen“.
Was macht gerade Herrn Eheneden Erediauwa zum rechtmäßigen Eigentümer der Beninbronzen? Warum müssen sie ihm und nicht dem gesamten nigerianischen Volk zurückgegeben werden? Oder alternativ dem Volk der Edo? Und wenn er der rechtmäßige Eigentümer ist - warum haben die zuständigen deutschen Stellen das nicht gleich mit ihm geklärt? Wäre das nicht viel einfacher gewesen? Hätte man nicht wissen können, dass es da vorrangige private Ansprüche gibt? Es sieht nicht besonders gut aus, wenn aus einem noblen „Wir geben die Bronzen an die Nachfahren derer zurück, die diese Kunstwerke geschaffen haben“ ein schnödes „Wir geben die Bronzen einem privaten Sammler zurück“ wird.
Wir haben die Beninbronzen also dem nigerianischen Äquivalent eines Georg Friedrich Prinz von Preußen oder Ernst August von Hannover zurückgegeben? Und warum ist das jetzt besser?
Was besser oder schlechter ist, hängt von den eigenen Zielvorstellungen ab. Ein „nigerianisches Äquivalent“ zu einem mitteleuropäischen Fürsten ist der Oba von Benin allerdings nur bedingt. Das fällt für mich eher in die Kategorie Eurozentrismus, da es eine Übertragung eines Teils des des europäischen Gesellschaftssystems auf eine Kultur ist, die für seine „Adligen“ möglicherweise ganz andere Rollen vorsieht als unsere es heute tut.
Davon abgesehen bliebe gestohlenes Gut auch dann gestohlen, wenn es einem Ernst August gestohlen würde.
Keine einfache Situation. Es ist halt einfach schwierig Raubgut zurückzugeben, wenn der ursprüngliche Eigentümer nicht mehr lebt oder wenn es eine Gemeinschaft war, diese nicht mehr existiert. Auch die Rückgabe an ein Volk ist schwierig, weil ich mir immer einen Vertreter heraussuchen muss, der für das Volk spricht. Hier hat man die Regierung des Landes gewählt auf dessen heutigen Territorium der Raub erfolgte.
Die Regierung hat es dann nach eigenem Gutdünken an einen Dritten weitergereicht.
Ich denke, dass man sich damit einfach abfinden muss. In dem Moment wo ich es zurückgebe, übergebe ich auch die Verantwortung für den weiteren Umgang damit. Wenn die nigerianische Regierung es für klug hält, die Teile weiterzugeben, sehe ich keine wirkliche rechtliche oder moralische Grundlage sich darüber zu beklagen. Es ist immerhin die anerkannte Regierung eines souveränen Staates.
Auch in Nigeria sind das Erbmonarchien. Der aktuelle Oba von Benin hat seine Position keiner anderen eigenen Leistung zu verdanken, als sich bei seiner Geburt die richtigen Eltern ausgesucht zu haben.
Da hast Du aber Glück, dass der Ernst August 1897 auch schon Ernst August hieß.
Die Rückgabe erfolgte aufgrund moralischer Überlegungen, nicht weil ein durchsetzbarer Rechtsanspruch bestand. Diebstahl verjährt und ob sich die Beninbronzen tatsächlich jemals im Eigentum der Familie von Herrn Erediauwa befanden wäre auch zu klären. Gerade bei Fürsten und Königen gibt es Eigentum, dass mit dem Amt und nicht mit der Person verbunden ist. Mitunter wurde derartiges Eigentum auch von rechtlich eigenständigen Entitäten verwaltet. Wenn die Position obsolet wird - wie im Falle des untergegangenen Beninreiches - fällt dieses Eigentum an die staatsrechtlichen und nicht die privatrechtlichen Nachfolger. Überträgt der staatsrechtliche Nachfolger dann ohne Not (z.B. Gerichtsurteil) Eigentum entschädigungslos an die privatrechtlichen Erben, würde ich eine Veruntreuung von Staatseigentum sehen. Wir hatten diese Diskussion hierzulande gerade erst wegen der Hohenzollern (die Frage, welchen Anteil die Hohenzollern am Dritten Reich und die Oba von Benin am transatlantischen Sklavenhandel hatten, halte ich da durchaus für vergleichbar).
Ich habe gehört sehr viele Deutsche haben Goldschmuck in ihren Safes herumzuliegen. Vieles davon ist von der Stange, aber teilweise sind da auch echte Unikate von wahren Goldschmiede-Meistern dabei.
Wie wäre es also, wenn wir per Gesetz alle Besitzer von kulturell wertvollen Schmuckarbeiten dazu verpflichten, diesen Schmuck an lokale Museen zu verleihen. Wohlgemerkt, nur leihen, die Leute bleiben Eigentümer der Stücke.
Was meinst du wohl, wie so ein Gesetzesvorschlag in Deutschland ankäme?
Da wäre ich dafür. Es ist erschreckend, wie einfach heutzutage historisch, kulturell oder naturwissenschaftlich bedeutende Objekte in privaten Sammlungen verschwinden und damit der Forschung entzogen werden können.
Du meinst, so wie wir die Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden dazu verpflichten, den Zustand, besonders außen, so erhalten, wie es die zuständige Behörde für angemessen befindet?
Können wir gerne so machen. Ich würde das auch auf Bücher und Gemälde ausdehnen. Das Interesse der Allgemeinheit sollte hier Vorrang haben, man kann ja durchaus festlegen, für welchen Teil des Jahres, oder auch eines längeren Zeitraums, eine Leihgabe stattfinden muss.
Genau das! Der koloniale Blick steckt noch tief westlichen (gebildeten) Denken. Wir haben keine Berechtigung, uns ja tatsächlich in nigerianische Angelegenheiten zu mischen, indem wir Bedingungen stellen und aus unserer Sicht die würdigsten Entgegennehmer aussuchen. Der museale Gedanke ist ein Konstrukt des westlichen Konzept von Kultur, nicht einmal 200 Jahre alt. Der passt bestenfalls auf westlich gebildete Eliten in z.B. Nigeria, aber nicht auf dessen eigene Kultur. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, würde ich natürlich das nigerianische Volk als Entgegennehmer am liebsten sehen, aber solche Wünsche spielen keine Rolle.
Das ist traurig, hat aber mit der Rückgabe nichts zu tun. Sonst müsst man alle Sklavenhändlernationen heute noch sanktonieren und in deren innere Angelegenheiten eingreifen, falls aus Sicht der nicht am Sklavenhandel beteiligten Nationen ähnliche Eigentumssachen fraglich sind.
Ich bin von der Moderation um Quellen gebeten worden, die die Verwicklung der Oba von Benin in den transatlantischen Sklavenhandel belegen. Ob das etwas mit der Rückgabe zu tun hat kläre bitte mit nach Nachkommen jener Sklaven, die von Benin an die Sklavenhändler verkauft wurden - viele von denen sind da deutlich anderer Meinung.
Das müssen die Nachkommen der Sklaven mit den Oba von Benin klären. Das ist nicht die Sache der deutschen Regierung oder der deutschen Museen. Ich bin immer für das Volk und nicht für Feudalherren. Aber wie gesagt, wir können darüber nicht zu Gericht sitzen. Wir müssen einfach nur zurückgeben, was unsere Vorfahren gestohlen haben. Wären die Bronzen nicht gestohlen worden, hätten wir da selbstverständlich auch nichts zu bestimmen.