"Die Ukraine" oder "Ukraine"

Ich möchte anregen folgendes zu thematisieren:

1993 hat Ukraine die russische Regierung darum gebeten die sowjetische Praxis „na Ukraine“ abzulegen und künftig von „v Ukraine“ zu sprechen. Es ist der Wunsch der ukrainischen Regierung ihre Souveränität in der Sprache deutlich zu machen.
Denn „in der Ukraine“ (russ.: na Ukraine) suggeriert, dass das Land eine Region innerhalb eines anderen Landes ist, während „Ukraine“ (russ.: v Ukraine) ohne Artikel deutlich macht, dass es ein unabhängiges Land ist. Bezüglich des Wortgebrauches „v“ gegen „na“ benutzt Präsident Selenskyi stets „v Ukraine“ und Putin stets „na Ukraine“.

Der erste Artikel erklärt den etymologischen Hintergrund und berichtet auch über die Bitte Ukraines an die russische Regierung, die sowjetische Praxis „na Ukraine“ abzulegen und künftig von „v Ukraine“ zu sprechen.

In der Verfassung Ukraines wird es in der kyrillischen Schrift deutlich. Hier wird nur noch von „v Ukraine“ (kyrillisch: в Україні) gesprochen. In der englischsprachigen Übersetzung wurde dem auch entsprochen, in der deutschen leider nicht.

http://www.verfassungen.net/ua/verf96-i.htm

Des Weiteren ist dieser Artikel auch sehr hilfreich. Obama ist auch in dieses „Fettnäpfchen“ getreten.

Die Sprache reflektiert die politische Haltung. In Deutschland und in den deutschen Medien ist dies noch nicht angekommen von „Ukraine“ zu sprechen. Können wir tolerant genug sein auch gegen unsere Gewohnheiten neue Wege zu gehen und gemeinsam ein Zeichen setzen?

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Interessant, ist mir bis gerade noch nie so wirklich aufgefallen :slight_smile:

Das soll jetzt gar keine Gegenfrage oder gar ein Gegenargument sein. Eher eine weitergehende Frage:
Warum sagt man eigentlich im allgemeinen Sprachgebrauch „die Schweiz / in der Schweiz und die Elfenbeinküste“?
Aber z.B. nicht „das Frankreich / das Deutschland“, wo das mit dem Wort Reich oder Land ggf. noch naheliegender wäre?
Und gleichzeitig nennt man Spanien, Ghana oder Portugal stets ohne Artikel :thinking:

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Das vereinigte Königreich
Die USA
Die Fillipinen

Gibt noch ein paar mehr Länder die fast ausschließlich mit Artikel benannt werden.

Muss aber auch sagen, dass sich z.B. in Ukraine oder in Schweiz so ohne Artikel irgendwie falsch anfühlt.

Hab gerade nochmal eine Übersetzungsseite gequält, da mein russisch dann doch eine Weile her ist und gut eingerostet:

на wird demnach im englischen „at the“ und im deutschen „beim“ übersetzt. Also doch anders als es in deinem Beitrag benutzt wird.

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Jetzt ist die Diskussion aus der Twitter-Blase also auch hier angekommen. Ich glaube nicht, dass der Artikel im Deutschen auch nur irgendwas mit der politischen Bedeutung der Ukraine zu tun hat.

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Die Frage habe ich mir auch gestellt. Der Name der Schweiz ist eigentlich die Schweizer Eidgenossenschaft. Mir ist aufgefallen, dass besonders bei Ländern, die eine Republik sind, der Artikel benutzt wird. Aber dies ist auch nicht durchgängig wie bei Frankreich.
Ausschlaggebend darüber nachzudenken ist jedoch für mich vielmehr der Wunsch Ukraines den Artikel bzw im russischen ist es ja eine Präposition weg zulassen.
Das dies für uns ungewöhnlich bzw. gegen unsere Gewohnheit oder Sprachgefühl kann ich natürlich durchweg verstehen.

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Ja, die Sprache ist etwas anders aufgebaut. Im russischen werden anders wie bei uns keine Artikel, sondern Präpositionen verwendet.
So wie ich das recherchiert habe wurde bevor das Land unabhängig war immer von „na Ukraine“ (Ha Україні) gesprochen. Das heißt so viel wie auf (dem Gebiet). Putin sprich immer noch so von Ukraine. Währen Selenskji „v Ukraine“ (B Україні) sagt, was so viel wie „in“ heißt.
Hier kann man es gut nachlesen:

Das Wort „Ukraine“ beinhaltet übrigens etymologisch bereits eine Präposition: „у край(н)а“ bedeutet wörtlich „am Rand“. Aus dieser ursprünglich rein relativen Verortung (wohl am südostlichen Rand des Kiewer Rus) wurde dann der Eigenname Ukraine.

Hallo @RamonaJK

interessantes Thema, ist bisher an mir (zumindest) vorbei gegangen.

Generell sehe ich in der starken Betonung solcher sprachlichen Nuancen immer etwas kritisch, weil ich fürchte, dass dadurch eine unnötige Ablehnungshaltung erzeugt wird und die Ukraine gerade alle Unterstützung brauchen kann, die sie bekommen kann.

Das ist bei uns Deutschland aber mMn gerade nicht so. Den in unserem Sprachgebrauch ist die Formulierung „in der / in den“ eben nicht automatisch gleichgesetzt mit einer Region. Beispielsweise wir sagen ja auch: „in den Niederlanden“ und sprechen damit Holland in keiner Weise seine Souveränität ab.

Daher ist das für mich auch kein stichhaltiges Argument.

Hier liegt hingegen für mich der entscheidende Unterschied.

Weil die Ukraine selbst darum bittet, denke ich, sollten man diesem Wunsch nachkommen und ihn als Ausdruck der staatlichen Souveränität sehen, so wie wir natürlich auch jedem Staat zubilligen seine Flagge und seine Nationalhymne zu wählen.

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Halte das – im Bezug auf das Deutsche – für ziemlich hirnrissig; aus mehreren Gründen.

Zum einen gibt es diesen Zusammenhang im Deutschen nicht; das wurde oben ja bereits erläutert.

Zum anderen muss man damit leben, dass das eigene Land in anderen Sprachen anders heißt und auch die Grammatik drumherum anders funktioniert – und das ist erstmal auch vollkommen in Ordnung. Wer will, kann sich ja mal informieren, wie „Deutschland“ auf Ukrainisch heißt und wie es ausgesprochen wird.

(Etwas anderes wäre es natürlich nochmal, wenn der Name selbst eine abwertende Bedeutung hat – aber darum geht es hier ja gerade nicht).

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Also Ukrainisch kann ich nicht, aber
schwedisch - Tyskland
finnisch - Saksa
isländisch - Þýskalandi (syskalandi)

Am besten ist ja noch finnisch wo dann Deutschland fast auf Sachsen reduziert wird.

Sollten die Deutschen da jetzt auch „protestieren“?

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Moment, dir kann geholfen werden, :slight_smile: :

Sehr interessanter Artikel, sollte man mindestens mal überfliegen, um sich die historische Außenwahrnehmung Deutschlands etwas besser verständlich zu machen.

Kleiner Spoiler: Die ukrainische Bezeichnung für „Deutschland“ leitet sich nicht aus einem der germanischen Stammesnamen ab.

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Ich glaube im deutschen werden grammatisch weibliche Länder immer mit Artikel genannt (im Gegensatz zu den anderen theoretisch männlich oder sächlichen denen man spontan gar kein grammatikalisches Geschlecht zuordnen würde, weil ein Artikel sich sprachlich falsch anfühlen würde…):

  • die Schweiz
  • die Niederlande
  • die USA
  • die Slowakei
  • die Ukraine

Die Niederlande und die USA sind - wie auch z.B. die Philippinen - Pluralformen. Schweiz und Slowakei sind Abkürzungen für die offiziellen Landesnamen, die grammatisch weibliche Bezeichnungen enthalten: Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Slowakische Republik. Beides trifft auf (die) Ukraine nicht zu.

Die Bezeichnung kommt aus einer Zeit, in der die Niederlande auf unterschiedliche europäische Mächte aufgeteilt waren: die spanischen Niederlande, die österreichischen Niederlande, etc. Heute meint man das natürlich nicht mehr, in der Landessprache steht Nederland freilich dennoch im Singular.

Weder grammatisch noch bezogen auf den Landesnamen gibt es einen Grund dafür, warum man zwangsläufig „die Ukraine“ sagen muss.

Der linguistische Widerspruch in diesem Thread scheint mir auf äußerst tönernen Füßen zu stehen.

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Mal was ganz anderes: warum wird gerade im ZDF davon gesprochen, dass Lemberg beschossen wird?

Lemberg gibt’s nicht mehr, die Stadt heißt Lviv!

Und weil wir gerade dabei sind noch ein paar mehr Aufreger:
Mein Geburtsland ist die DDR, nicht Deutschland (steht so in meinem Pass)

Was ist mit all jenen die in Karl-Marx-Stadt geboren wurden?

Warum wird denen erklärt sie wären in Chemnitz geboren?

Es gibt fast gar nichts, was grammatikalisch zwangsläufig wäre…

Im deutschen scheint mir die Verwendung eines Artikels vor einem Landesnamen in keiner Weise die Abhängigkeit oder Unabhängigkeit des jeweiligen Landes zu implizieren. Fast niemandem ist bewusst, aus welchem Gründen es zur Verwendung eines Artikels kam oder eben nicht. In der Wahrnehmung der deutsch sprechenden Menschen ist die Frage welchen Artikel eine Landesbezeichnung hat etwa so politisch wie die Frage ob es der/die oder das Nutella heißt.

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Ich habe mich in meinem Beitrag ja bewusst überhaupt nicht zu der Frage geäußert, welche Form man nun verwenden sollte und ehrlich gesagt habe ich dazu auch überhaupt keine durchdachte Position. Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass mir die vorgebrachten Argumente gegen den Ausgangsbeitrag sehr schwach erscheinen: In diesem Thread wurde vor allem versucht, durch Hinweise auf andere Verwendungen von Artikeln vor Ländernamen zu argumentieren. Für alle diese Namen lassen sich aber zumindest Sachbezüge herstellen, die die Verwendung des Artikels „die“ nahelegen (Pluralformen, weibliche Bezeichnungen wie „Republik“ im Landesnamen). Für (die) Ukraine lässt sich keines dieser Argumente machen. Es scheint mir daher nicht völlig unplausibel, dass die Bezeichnung auch auf Einflüsse der (post-)sowjetischen Territorialpolitik zurückgeht. (Das würde dann auch gut zur Frage passen, ob man in der journalistischen Berichterstattung bei der Transkription von Städtenamen auf die russische oder die ukrainische Variante zurückgreift).

Als (keineswegs schlechtes) Argument bleibt dann halt ein sprachpragmatisches: Es ist eben eine etablierte und deutschen Sprecher:innen vertraute Bezeichnung. Darüber hinaus gibt es eben gerade keine grammatischen Argumente, warum man an dieser Bezeichnung unbedingt festhalten sollte.

Es gibt dann m.E. auch wenig gute Argumente dagegen, dass man (1) durch das Weglassen des Artikels eine Solidaritätsgeste - wie wirkungsvoll sie auch immer sein mag - mit dem ukrainischen Freiheitskampf ausdrücken könnte und (2) durch die Irritation des Alltagssprachgebrauchs eine Veränderung der Einstellung zu(r) Ukraine bewirken könnte.

So ganz stimmt es ja auch nicht, dass Artikel für den politischen Status von Ländern komplett irrelevant wären. Man spricht ja heute u.a. deshalb nicht mehr von ‚der Tschechei‘, weil mit dieser Bezeichnung Ansprüche des NS-Regimes auf fremdes Staatsgebiet assoziiert werden können.

Offensichtlich gibt es keine logische Regel, eher gewohnheitsbedingt aus früheren Epochen übernommen ohne dass jemand später da noch eine Ordnung hineingebracht hätte. „Mongolei“ stammt vielleicht letztenendes aus einer Übersetzung von Marco Polo …

Was ich aber sagen möchte: Egal ob das eine Wirkung hat in der jetzigen Situation; wenn die Ukrainerinnen es wünschen und wie im Eröffnungspost auch sprachlich nachvollziehbar hergeleitet, dann können wir doch einfach mal das Gewohnte lassen und das Neue uns vornehmen.

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