Die sonstigen Ideen der CDU zum Bürgergeld/"Neue Grundsicherung"

Ich greife hier einfach mal die Anregung von @Christoph aus Union und Bürgergeld: Wie hoch ist den der Anteil der Totalverweigerer? - #86 von Christoph auf und mache hier einen Raum auf, um die Details der von der CDU ins Parteiprogramm aufgenommenen Bürgergeldreform („Neue Grundsicherung“) zu sammeln, die nichts mit Sanktionen für „Kooperationsunwillige“ Empfänger zu tun haben.

Hier ist die Zusammenfassung aus Sicht der CDU: Wohlstand ohne Leistung ist eine Illusion

Hier ist das Konzept im Detail wie beschlossen: https://assets.ctfassets.net/nwwnl7ifahow/PBvPDiuBZOaKSvlKSA67h/143b4df38cbce3c66954e98442734d47/Die_Neue_Grundsicherung.pdf

Ein paar O-Töne:

Einen Namen, der Klarheit schafft. Grundsicherung steht nicht jedem zu, sondern ist eine Unterstützung für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Arbeit oder Vermögen bestreiten können.

Wir fordern eine Reform der Hinzuverdienstgrenzen, um die finanziellen Anreize, Arbeit generell bzw. mehr Arbeit aufzunehmen, zu erhöhen, damit die Menschen am Ende des Monats tatsächlich mehr Geld in der Tasche haben.

Es sollte daher mit der Arbeitsvermittlung nicht darauf gewartet werden, bis Integrations- oder Sprachkurse abgeschlossen sind.

Wir wollen die Karenzzeit von zwölf Monaten abschaffen und künftig wieder ab dem ersten Tag in der Grundsicherung eine Vermögensprüfung durchführen. Wir fordern, das Schonvermögen von der Zahl der Arbeitsjahre abhängig zu machen. Ebenso wollen wir die lange Karenzzeit für die Übernahme der Unterbringungskosten in unverhältnismäßig großem und teurem Wohnraum abschaffen.

Auch bei den Vermögen braucht es eine Kurskorrektur: Derzeit können Bürgergeldbezieher 40.000€ Vermögen trotz Arbeitslosigkeit beibehalten. „Bedürftigkeit“ ist hier das falsche Wort.

Die historisch hohen Inflationsraten der vergangenen zwei Jahre haben jedoch zu unverhältnismäßigen Anpassungen und damit Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung geführt. Solche Extreme wollen wir künftig verhindern.

Derzeit existieren in Deutschland zwei unzureichend aufeinander abgestimmte Sicherungssysteme: das Bürgergeld auf der einen Seite und auf der anderen Seite ein System, das Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag und den Unterhaltsvorschuss umfasst. Das Nebeneinander dieser Systeme ist kaum zu durchschauen und führt dazu, dass der Zugang zu den Leistungen für die Menschen in unserem Land erheblich erschwert wird. Wir wollen perspektivisch diese Systeme daher in eine neue und einheitliche Struktur überführen.

Ich denke für die meisten Empfänger von Bürgergeld dürften drei Aspekte der größte Einschnitt sein:

Vermögensprüfung

Aktuell findet bei einem „unerheblichen“ Vermögen eine Vermögensprüfung erst nach 12 Monaten Bürgergeldbezug statt. „Unerheblich“ ist Vermögen, dass 40.000 Euro bei Alleinstehenden zzgl. 15.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht überschreitet.

Die Union will hier scheinbar zurück zu Hartz IV, wo eine Vermögensprüfung gleich mit der ersten Beantragung vorgeschrieben war, der Antragsteller sich also vor der Behörde komplett „nackig“ machen musste.

Schonvermögen

Aktuell beträgt das Schonvermögen 40.000 Euro zzgl. 15.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Zusätzlich sind Verträge zur Altersvorsorge vollständig geschützt. Das sind schon weniger als die 60.000 + 30.000 Euro, die ursprünglich für das Bürgergeld geplant waren und auf Druck der Unionsgeführten Bundesländer gestrichen wurden.

Was die Union jetzt genau will sagt sie nicht, bei Hartz IV war das Schonvermögen allerdings erheblich geringer, je nach Konstellation z.T. weniger als 10.000 Euro.

Anpassung der Bezüge

Die Union will ganz offensichtlich die Bindung an die Inflationsrate aufweichen. Hier dürfte damit zu rechnen sein, dass die realen Bezüge von Bürgergeldempfängern im neuen System stetig sinken werden, die Kaufkraft von Bürgergeldempfängern also nachlässt.

Immerhin dem letzten Punkt der Zitate würde ich zustimmen.

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Punkt 1: Ein Name, der Klarheit schafft.
Klar, bin ich auch dafür, nennt es „Bedingungsloses Grundeinkommen“ und Klarheit ist geschaffen!

Punkt 2: Hinzuverdienstgrenzen:
Zustimmung, hier muss mehr möglich sein. Das unterscheidet das Bedingungslose Grundeinkommen vom Bürgergeld, denn ersteres ist auf „Hinzuverdienst“ ausgelegt.

Punkt 3: Sofortige Arbeitsvermittlung
Auch hier kann man ohne weiteres zustimmen, sowohl Sprache als auch kulturelle Integration kann man „on the job“ lernen. Aktuell ist es ja nicht so, dass die Menschen unbedingt erst Sprach- und Integrationskurse machen wollen würden, sondern i.d.R. nicht arbeiten dürfen. Generell müssen Sprach- und Integrationskurse auch berufsbegleitend ermöglicht werden.

Punkt 4/5: Karenzzeit / Schonvermögen
Hier will die Union wieder zurück zu Hartz IV, das ist keine Reform, sondern das Zurücknehmen einer Reform.

Punkt 6: Anpassung des Bürgergeldes
Die hohe Anpassung war nur nötig, weil der Anpassungsmechanismus in der Vergangenheit zu verzögert war. Das neue System ist genau richtig: Die Bürgergeldsätze werden anhand von Schätzungen für das Folgejahr gesetzt. Wenn dann mal eine Schätzung zu hoch ist (wie möglicherweise für 2024), gibt es halt im Folgejahr keine oder nur eine minimale Erhöhung. So lange wir keine Deflation haben, gibt es keinen Grund, das jetzige, neue System zu ändern. Die Union sagt ja auch nicht, welches System sie bevorzugen würde - zurück zum verfassungswidrigen System vorher geht es offensichtlich nicht.

Punkt 7: Abstimmung der Systeme
Dem wird niemand widersprechen. Dazu muss jedoch nicht das Bürgergeld geändert werden (das ist relativ klar und verständlich!), sondern diese ganzen anderen System von Wohn-, Kinder- und sonstigen Zuschüssen. Alles in eine einheitliche (nicht stigmatisierende!) Institution zu überführen habe ich ja auch schon vorgeschlagen.

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Die Anpassung von Bürgergeld an die Inflation ist erforderlich, da sie einen erheblichen Teil ihres geringen Einkommens für Lebensmittel und ähnlich lebensnotwendige Dinge ausgeben müssen. Wie soll das gehen, wenn die Preise steigen und das Bürgergeld nicht?
Abgesehen davon nützt es auch der Wirtschaft, da Menschen mit wenig Einkommen das meiste ausgeben müssen und damit die Binnennachfrage ankurbeln. Ein bisschen was versuchen sie sicherlich zu sparen für unvorhergesehene Ausgaben, aber das meiste wird zwangsläufig ausgegeben.

Schonvermögen zusammenzustreichen ist eine ziemlich kurzsichtige Maßnahme, da man z.B. auch etwas Geld braucht, um sich für Arbeitsstellen zu bewerben etc.
Das ist doch reiner Klassenkampf von oben.
Wer glaubt, dass das eine gute Idee ist, sollte sich bewusst machen, dass die meisten Menschen unverschuldet arbeitslos werden können. Man sollte so etwas immer so gestalten, dass man auch als Empfänger mit den Regeln leben könnte…

Liebe CDU, wie wäre es mal mit Mietendeckel, damit endlich Schluss ist mit der unangemessenen, unverdienten Subventionierung von Vermietern mittels Bürgergeld/Grundsicherung? Deshalb müssen doch viele Geringverdiener aufstocken.

Einschränkung der Wohnfläche schön und gut. Ob die CDU sich wohl mal die Wohnungsnot und die Mietpreise angesehen hat? Oft dürften neue Verträge für kleinere Wohnungen teurer sein als Altverträge für größere.

Sorry, aber mich macht das so wütend. Die CDU soll endlich das C aus ihrem Namen streichen. Es ist der reinste Hohn. Millionär Merz hat doch keine Ahnung von der Lebensrealität armer Menschen.

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Ich war heute (als Bildungsträgervertreter) auf einer Bildungsträgerkonferenz eines wirklich sehr umtriebigen und guten JobCenters in NRW.

Dort heute interessante Vorgaben, welche das Jobcenter nun umsetzten will und wird.

Es soll einen JobTurbo geben, um insbesondere Flüchtlinge (aus der Ukraine und 8 weiteren Herkunftsländern) schnell in Arbeit zu bringen. Dazu gibt es nur noch einen „Grunderwerb Deutsch“ bis maximal Niveau A2, ggf B1.
Laut dem JobCenter liegt die Herausforderung darin, Unternehmen zu finden, die Menschen mit teils sehr rudimentären Sprachkenntnissen einstellen.
Dazu eine Vermittlungsoffensive, die Minister Laumann sehr forciert.
Der JobTurbo ist Teil davon.
Ziel ist es, das JobCenter sich auf arbeitsmarktnahe erwerbsfähige Leistungsbezieher (eLB) zu konzentrieren.
Es soll Leistungsminderungen geben bei Pflichtverletzungen.
Das besagte JC hatte nun konkret etwa 10600 eLB gesamt , davon rund 5600 arbeitsmarktnahe eLB, inklusive Jugendliche unter 25.
Für diese soll es 1 Präsenzgespräch pro Jahr geben. Viel zuwenig, sagt dieses JC, da werde man deutlich engmaschiger arbeiten.
Für Frauen mit Flüchtlingsstatus sind die Herausforderungen Spracherwerb, Kinderbetreuung und niederschwellige Angebote auf dem Arbeitsmarkt zu finden.
Dazu eine verstärkte Ausbildungsvermittlung Jugendlicher ohne Ausbildung.
Geld sei aktuell nicht das Problem. Sofern es nicht wieder im laufenden Jahr gekürzt wird.

Also dem Jobcenter würde ich da jetzt keine bremsende Haltung unterstellen. Die Arbeitgeber zu überzeugen scheint das Problem zu sein, die Ansprüche sind da noch recht hoch.

Mal aus dem CDU-Land NRW…