Die Gründe, warum die AfD gewählt wird: Und bin so schlau als wie zuvor

Meines Erachtens ist genau hier der maßgebliche Denkfehler: wer setzt die Tatsache, dass jede:r ein Häuschen haben kann? Ich glaube, dass wir weg müssen von dem Wunsch, den Status quo erhalten zu können/dürfen/müssen. Das ist doch das Problem der Zeit.
Und die AfD, genau wie andere Parteien, vermittelt , dass das so gesetzt ist. Ich glaube, dass die AfD den Vorteil der „Minderheit“ hat, also Menschen anspricht, die sich ungesehen fühlen (und hier sind wir sicher bei dem Hauptmotor, es menschelt eben auch überall). Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese Partei das „Woodstock“-Gefühl, den „Startbahn-West“-Vibe oder den „Wir-schaffen-das“-Antrieb bedient - etwas, das ansonsten viel zu wenig angespornt wird.
Ich komme hier auch auf den Beitrag im Podcast, in dem es um die neutrale, positive oder negative Berichterstattung ging. Wo sind denn in den anderen „Lagern“, in der Öffentlichkeit die positiven Statements? Wo die Vision? Der Mensch braucht Visionen, ein wofür und wohin - das vermisse ich in unsere demokratischen Gesellschaft. Und ich glaube, dass wir genau dort ansetzen müssen. Der Mensch ist halt nicht nur „Kopf“ und Ratio…

Würde gerne nicht mehr „Osten“ oder „neue Bundesländer“ sagen, weiß aber nicht, welchen Begriff man sonst nehmen sollte.
Dass Deutschland immer noch nicht richtig zusammengewachsen ist, zeigt sich ja leider immer wieder.

Deswegen habe ich es immer für einen grundsätzlichen Fehler gehalten, denjenigen, die über ihre Abstimmung für eine rechtsextreme Partei der Demokratie die Pistole auf die Brust setzen, in irgendeinem Punkt zuzuhören, mitzufühlen oder nachzugeben. Man verhandelt nicht mit Rechtsextremisten und ihren Unterstützern, sondern man bekämpft sie. Denn ganz egal, wie schmerzhaft die eigene Kindheit oder die Familiengeschichte ist: „Man wählt keine Rechtsextremisten“ sollte der unverhandelbare Minimalkonsens einer demokratischen Gesellschaft sein. Wer das doch tut, der muss die deutliche Botschaft zu hören bekommen, dass er damit genau überhaupt nichts erreicht.

Klar. Aber schlag AfD-Wähler:innen mal Frauen- oder Migrantenquoten vor. Da wird es heißen, dass sich schon durchsetzen werde, wer etwas leistet. Und würden die AfDlinge wirklich wieder demokratisch wählen, wenn 15-20% aller Spitzenpositionen mit Ostdeutschen besetzt würden? Ich habe große Zweifel.

kann man sehen oder auch nicht. Aber sie erklärt halt nicht, was in AfDlingen vorgeht, die ihre verletzten Gefühle über was auch immer zum Anlass nehmen, eine rechtsextreme Partei zu wählen.

Klar ist das denkbar. So, wie auch denkbar ist, dass der Gang zu einer Zwangsprostituierten die Antwort von 50% eines Ehepaars auf 35-jährige sexuelle Frustration ist. Das macht die Antwort aber nicht besser und entlässt auch nicht aus der Verantwortung darauf, dass man auf ein tatsächliches oder eingebildetes Problem eine widerwärtige und falsche Antwort gibt.

Wie kommen Sie darauf? Ich hab 10 Jahre in Ostdeutschland gelebt und mag die meisten Menschen, die ich dort getroffen habe, eigentlich ganz gern. Ich würde sagen, zu etwa dem gleichen Anteil, wie bei denen, die ich in Westdeutschland getroffen habe. Mein Problem ist nicht eines mit Ostdeutschen, sondern mit (extrem) „Rechtsdeutschen“.

Völlig egal, warum jemand mit seiner Stimme für eine rechtsextreme Diktatur stimmen will, ist die finale Antwort Teil unserer Verfassung: (auch gewaltsamer) Widerstand. Aber erst, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Für mein relevantes „Umfeld“ würde ich hoffen, dass da keine AfDlinge dabei sind. Da, wo mir die aufgefallen sind, hab ich das Nötige dazu gesagt und letztlich das Umfeld lieber gewechselt, als mich mit sowas weiter abzugeben. Bei Sportvereinen gibt es im urbanen Raum glücklicherweise Alternativen. Trotzdem ist mir das schwer gefallen und ich kann als Dorfkind auch nachvollziehen, wie schwierig es werden kann, wenn das braune Gesindel erstmal nicht mehr als Schande des ganzen Ortes ausgegrenzt wird.

Manchmal hat man den Eindruck:

„Mir geht es gefühlt schlecht, aber so wirklich kann ich keinem die Schuld dafür geben, aber ich wähle dann sowas wie AfD, damit es allen schlecht geht, dann fühle ich mich nicht mehr ganz so schlecht“

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AfD wählen ist eben eher Ausdruck eines charakterlichen Mangels der Wählenden als Folge eines politischen Mangels aller anderen.

Außerdem hat Deutschland wohl gerade nicht allein mit dem Problem des Zulaufs für rechte Parteien zu tun. Da müssen dann schon andere Gründe als die DDR-Sozialisation maßgeblich sein.

Lieber Johannes, darüber, dass das Kreuz bei der AfD auf dem Wahlzettel die falsche Antwort ist, sind wir uns ja einig. Aber ich dachte, wir diskutieren hier über die Ursachen dafür und welche Lösungsansätze es dafür geben könnte, dass diese Entwicklung nicht so weitergeht. Da nützen uns vorgefertigte Meinungsbilder, die immer und immer wieder stereotyp herausgeholt werden, m. E. wenig. Oder bist du am Ende gar nicht daran interessiert? Eine inhaltliche Auseinandersetzung habe ich aus deinen Äußerungen jedenfalls nicht heraus lesen können. Und ich will mich als einer von 80% der Ostdeutschen, die bewusst anders entschieden haben (Kreuz woanders gemacht oder mangels Alternativen gar nicht gewählt) nicht immer wieder rechtfertigen müssen. Und ich glaube auch nicht, dass der „Rechtsruck“ ein rein ostdeutsches Phänomen ist, wenn du dir die Karte der Zweitstimmen anschaust. Ich hoffe nicht, dass diese Stimmen deiner Meinung nach nur von übergesiedelten Ostdeutschen herrühren.

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Die Frage, ob diese Erfahrungen zutreffen, ist für mich eben nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass die Reaktion, Rechtsextremisten zu fördern, so oder so politisch indiskutabel und einfach charakterlich verkommen ist. Mich regt diese Erzählung allerdings tatsächlich wohl aus zwei Gründen besonders auf: Ich arbeite seit Jahren an „Brennpunktschulen“ in nördlichen Ruhrgebietsstädten mit Jugendlichen, die auf einem ganz anderen Level und mit viel härterer Konsequenz Opfer von Diskriminierung aller Art sind. Manche von denen reagieren darauf mit massiv selbst- und fremdgefährdendem Verhalten. Von denen fordere ich selbstverständlich ein, dass sie erstmal aufhören, ihren Frust mit einem Stuhl in ihren Mitschüler hinein zu arbeiten, bevor wir über irgendwas anderes sprechen können. Bei AfD-Wählern, die in Ostdeutschland in meinen Augen im Vergleich deutlich häufiger Opfer ihrer selbstverschuldet unmündigen Erwartungshaltung als tatsächlicher Enttäuschungen werden, mag ich dann nicht so tun, als müssten erstmal andere etwas ändern. Dass eine Umwälzung wie die Widervereinigung quasi gratis, fehlerfrei oder als reine Zugewinngeschichte zu haben wäre, finde ich eine Erwartung, in der die Enttäuschung von Beginn an angelegt war. Zumal die wenigsten der Enttäuschten tatsächlich auf den Demos und sonstwie im Widerstand etwas risikiert haben, würde ich unterstellen und deswegen mit einigen Dekaden Verspätung genauso unverdient und glücklich in den Genuss von (global betrachtet) maximalem Wohlstand und Freiheit gekommen sind. Natürlich kann jeder die positiven Seiten ignorieren und sich auf eigene schmerzliche Erfahrungen berufen. Eine gute Begründung für irgendwas sieht trotzdem anders aus und es ist nicht die Aufgabe von anderen, so jemandem eine bessere Psychohygiene zu ermöglichen, sondern da muss erstmal jemand selbst versuchen, sich auf den Weg zu machen.

Zum anderen regt mich der Rassismus und die Islamophobie auf, die bei AfDlingen so zuverlässig herrschen, wie die Kontakte zu Ausländern praktisch 0 sind: Wenn mal ein islamistischer Jugendlicher zum Messer greift, stehen die Chancen nicht so schlecht, dass es seinen atheistischen Geschichtslehrer erwischt, der sich weigert, den mittelalterlichen Islam als einzige Wahrheit anzuerkennen. Die Chance, das so jemand für seine Messerstecherei erstmal nach Thüringen reist, dürfte dagegen eher 0 sein. Trotzdem schaffe ich es, ohne diesen Mist zu leben und auch keine Faschisten zu wählen. Ist es da wirklich zu viel verlangt, von Menschen, die tatsächlich praktisch kein Problem mit Migration haben können (außer dem Wegzug klügerer und netterer Menschen aus ihrer Region), weil es keine Migranten in ihrem Altag gibt, Rassismus zu überwinden oder wenigstens nicht dauernd die öffentliche Debatte damit zu vergiften, sondern sich als erstes an der eigenen Nase aus dem Sumpf zu ziehen? Wenn einer selbst den ersten Schritt macht, helfe ich immer gern bei allen weiteren (Berufskrankheit), aber den muss schon jeder selbst schaffen, da sollte man nicht hinter Leuten herlaufen, die konsequent und wissentlich in die falsche Richtung marschieren.

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Kein Einwand, davon gehe ich auch aus, Meine Antwort galt eigentlich mr. mucki, der meinte, ostdeutsch Sozialisierte hätten halt aufgrund geschäftlicher Erfordernisse einen historisch bedingten Nachteil, und das sei keine Diskriminierung (aus dem Gedächtnis wiedergegeben, da ich ihn nicht in einer Antwort an Dich zitieren kann).
Nochmal: Es liegt mir fern, AfD-Wähler*innen zu rechtfertigen.

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Es ist ja völlig normal dass man sich selbst eher für „gut“ hält und die anderen eher für „böse“, geht mir ähnlich. Vielleicht sind „rechts“ und „links“ beides gute Menschen, nur die „rechten“ wollen den „eigenen“ Leuten mehr helfen und die „linken“ den „fremden“ Leuten mehr helfen. Beide Seiten sind jedoch davon überzeugt etwas „Gutes“ zu tun, wenn sie den Menschen die Ihnen wichtig sind mehr helfen und den Menschen die ihnen weniger wichtig sind, weniger helfen. Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben also muss man sich ja irgendwie entscheiden, ich kann da nichts schlechtes finden. Wir sind ja ein weitgehend freies Land mit Meinungsvielfalt, daher würde ich keine der beiden Seiten als „böse“ oder „dumm“ bezeichnen. Sollten die rechten Wähler tatsächlich besonders „dumm“ sein, dann müsste die Intelligenz in den letzten Jahren in Deutschland und anderen europäischen Ländern dramatisch zurückgegangen sein, dafür habe ich bisher keinen Beleg gesehen. Ich freue mich über sachliche Antwort/Kommentare ohne subtile Beleidigungen, ansonsten einfach ignorieren. Vielen Dank.

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Kein Einwand, davon gehe ich auch aus, Meine Antwort galt eigentlich mr. mucki, der meinte, ostdeutsch Sozialisierte hätten halt aufgrund geschäftlicher Erfordernisse einen historisch bedingten Nachteil, und das sei keine Diskriminierung (aus dem Gedächtnis wiedergegeben, da ich ihn nicht in einer Antwort an Dich zitieren kann).

Nochmal: Es liegt mir völlig fern, AfD-Wähler*innen zu rechtfertigen. Es geht mir ums Verstehen, um wieder Ansätze zu finden, den Karren aus dem Dreck und in eine zielführendere Richtung zu ziehen bzw. dabei mitzuwirken. Die bloße Distanzierung von diesen Menschen allein bzw. das Warten auf deren Bewusstseinswandel reicht bei den aktuellen Wahlergenissen leider nicht mehr. Mich macht das alles ziemlich verzweifelt und hilflos.

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So hatte ich deine Beiträge auch nicht gelesen.

Mir fehlte im Beitrag der Lage und hier im Forum (und, soweit ich sie kenne, auch in der Studienlage) die entscheidende Verbindung, warum ein Teil der Menschen, die im großen und ganzen ja ähnliche Erfahrungen machen, am Ende AfD wählen und ein größerer Teil der Menschen nicht. Denn weder sind alle AfD-Wähler von den Erfahrungen der Wende geschädigt, noch werden alle, denen damals negative Dinge passiert sind, deswegen heute AfD wählen.

Wie genau wollen die Rechtsextremen den eigenen Leuten helfen und wer sind diese eigenen Leute? Jeder mit einem Migrationshintergrund soll laut Rechtsextremen deportiert werden. Dadurch werden Fachkräfte aus unserer Wirtschaft gezogen und unsere Wirtschaft schrumpft. Die eigenen Leuten bekommen weniger Geld und verarmen. Zeitgleich sollen alle Subventionen und Transferleistungen gestrichen werden, dass heißt die Wirtschaft bricht noch schneller zusammen und die eigenen Leute verhungern auf der Straße.

Die Linken wollen dagegen tatsächlich dafür sorgen, dass es allen Menschen in Deutschland gut geht, nicht nur den Fremden wie Sie populistisch behaupten. Ihr Kommentar ist leider voller falscher Aussagen und dass muss man auch so benennen.

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good people on both sides - war das nicht ein Trump Zitat nachdem Nazis auf black-lives-matter-Demonstranten geschossen haben?

Die Darstellung, dass sich links und rechts quasi nur durch ein fine-tuning bei der Verteilung von Wohltaten unterscheiden ist ein extremer Euphemismus.
In Wirklichkeit unterschreiten rechte Forderungen gegen zu benachteiligende Gruppen immer wieder die Grenzen der Menschenwürde.
zB der Vorschlag die Grenzen mit Truppen mit Schusswaffen zu sichern um ggfs auf Flüchtende zu schießen ist wohl kaum als „weniger helfen“ zu verkaufen.

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Was Du von Deiner Arbeit schreibst, nötigt mir sehr viel Respekt ab und macht mir Deinen Standpunkt nachvollziehbarer. Gut, dass die Jugendlichen, von denen Du schreibst, offenbar eine Bezugsperson haben, die sie mit „fürsorglicher Strenge“ (?) ermutigt.
Ich finde trotzdem schwierig, Gruppen von diskriminierten Menschen gegeneinander zu stellen. Über Charakterschwäche vs. dysfunktional verarbeitete Kränkungserfahrungen als mögliche Auslöser von Radikalisierung hatten wir uns ja schon einmal ausgetauscht. Was soll denn mit 30% der Wählerschaft passieren? Wenn die kein fürsorglich strenges Beziehungsangebot bekommen, was eh schwer genug ist (vgl. z.B. die Anstrengungen des Landrats von Mittelsachsen, Dirk Neubauer, über Social Media, mit Denkwerkstätten und immer wieder neuer Ermutigung bei glasklarer Positionierung gegen Faschismus), sehe ich schwarz (bzw. blau). Die Lösung kann doch nicht sein, dass alle Demokrat•innen aus Sachsen und Thüringen auswandern!

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Danke für Ihre Rückmeldung. Die Beschreibung der „eigenen / fremden“ Leute ist natürlich sehr vereinfachend von mir gewählt und kann bei jedem Wähler etwas anderes bedeuten. Darüber hinaus habe ich nicht von Rechtsextremen oder Linksextremen geschrieben, sondern von Rechten und Linken, daher sehe ich den Link zu den Deportationen auch nicht. Ihren Hinweis bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen von „weniger Migranten / Flüchtlingen“ teile ich nur sehr eingeschränkt. Ja, wir brauchen Fachkräfte und ja wir helfen Menschen die in Not sind, den Umfang der Hilfe mag jeder für sich entscheiden. Ihr Hinweis dass die Linken allen Menschen helfen wollen ist mir auch zu generell. Wenn ich 100 Euro zu verteilen habe, helfe ich auch allen Menschen auch wenn ich Gruppe A nur 1 Euro und Gruppe B 99 Euro gebe. Der Kern des Problems ist nicht die Frage OB ich einer Gruppe helfe, sondern WIEVIEL ich welcher Gruppe helfe. Ich glaube das die „Rechten“ auch den „Fremden“ helfen würden und die „Linken“ auch den Einheimischen / Bio-Deutschen / Whatever.

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Vielen Dank für den Hinweis, ich habe mir kurz ein Video zum dem vermeintlichen Trump-Zitat auf CNBC angeschaut. Ich kenne jetzt nicht den genauen Kontext und meine Aussagen sind davon unbeeinflusst.

Ich habe in meinem Text von Rechten und Linken geschrieben und nicht von Rechtsextremen oder Linksextremen, daher sehe ich auch keinen Link zu „Schüssen auf Flüchtlinge“.

Wäre es nicht so viel einfacher die Feinbilder etwas beiseite zu legen und nicht gleich auf die Extreme zu gehen?

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