Demokratische Kontrolle von elektronischen Zahlungmitteln

Inwieweit unterliegen unsere Bezahlsysteme einer demokratischen Kontrolle? Die Deutsche Kreditwirtschaft betreibt derzeit das System „girocard“. Sicher zum Nutzen von uns allen aber auch unter Festlegung einer Marge die sich aus den Transaktionskosten ergibt, die der Handel für jede Zahlung an den Dienstleister zu entrichten hat. Diese Kosten trägt am Ende natürlich immer der Verbraucher. Aber weder Handel noch Verbraucher (also die eigentlich Handelnden!) haben Einfluß auf die Festlegung der Marge. Auch sind diese Margen in der konkreten Transaktion, alos bei Abschluss des Geschäftes mindestens für den Konsumenten nicht transparent. Da das System eingepielt ist und als „günstig/preiswert“ für die Handelnden gilt (z.B. ggü. der sog. Kreditkarte), wird keine Kritik laut obwohl hier m.E. eklatant gegen den Grundsatz der Transparenz und der öffentlichen Kontrolle verstoßen wird. Eine Überprüfung dieser Aussage ist mir leider nicht möglich.

Derzeit steht Mastercard „maestro“ vor dem Ende. Dieses Ende könnte durch die Hintertür auch bedeuten, dass das Deutsche Bezahlsystem Girocard durch das System Mastercard Debit ersetzt wird. Dies würde bedeuten, dass auch im nationalen Zahlungsverkehr die Bezahlvorgänge von einem amerikanischen Dienstleister abgewicklet werden. Wer entscheidet dann über die Margen? Wird es dann überhaupt noch eine Möglichkeit der Einflußnahme geben?

Es geht also um die grundsätzliche Frage, wer Einfluß auf die Art der Abwicklung unsere Bezahlvorgänge nimmt, wer Margen festlegt und auf welcher Grundlage dies erfolgt. Inwieweit funktioniert hier demokratische Kontrolle derzeit und was bleibt davon, wenn die Deutsche Kreditwirtschaft „giorcard“ preisgibt? Wo geraten die Abrechnungsdaten hin, wenn diese von einem amerkanischen Konzern wie Mastercard agewicklet werden?

Hintergrund:

Girokarten stellen als Debitkarten den derzeitigen Kern des privaten direkten Zahlungsverkehrs neben dem Bargeld dar. Girocard ist das Standardsystem in Deutschland (häufig und fälschlich noch als sog. „EC-Karte“ benannt). Laut Wikipedia mit der Aufgabe: (Die) „Girocard soll den sicheren und einfachen Einsatz von Debitkarten unter Verwendung der Persönlichen Identifikationsnummer garantieren.“ Dahinter steht die Deutsche Kreditwirtschaft (DK). Der „Arbeitskreis der Electronic Cash-Netzbetreiber“ betreibt das System „Girocard“ unter der Aufsicht des Bundeskartellamtes. In ihm sind alle in Deutschland von der DK zugelassenen Netzbetreiber zusammengeschlossen. Soweit so gut.

Aktuell erfolgt nach meinem Eindruck eine massive Einflussnahme von außen. Mastercard ist bisher Gewährsgeber und quasi die Verlängerung der Girocard ins Ausland indem dieses System sicherstellte, dass die Karte mit dem System „maestro“ auch im Ausland akzeptiert wird. Nun kündigt Mastercard den Service zum 1.7.2023 auf indem keine Karten mit der Maestro-Funktion mehr ausgegeben werden. Stattdessen wird von Mastercard das System Mastercard Debit neu angeboten. Dieses soll auch im nationalen Zahlungsverkehr die Girocard ersetzen. Wesentlicher Vorteil ist, dass damit auch der Zahlungsverkehr im Internet möglich ist der mit der bisherigen girocard/Maestro nicht möglich war. Einige Banken innerhalb der DK sind nach meinem Eindruck bereits dabei giropay aufzugeben und das System Mastercard Debit einzuführen. Ich vermute, dass Mastercard hier mit den neuen Möglichkeiten ködert und Banken gleichzeitig die Chance sehen sich von den Kosten des girocard-Systems zu entlasten.

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Dabei ist anzumerken, dass die „Deutsche Kreditwirtschaft“ eine Interessenvertretung der Banken und Sparkassen ist und kein staatlicher Akteur, der in irgend einer Form demokratisch legitimiert wäre, auch nicht indirekt.

Ich sehe hier wenig Unterschied zum vorherigen Zustand.

Das „Girocard“-System war schon immer eine schlechte Idee, weil es nur in Deutschland funktionsfähig war und für die Funktionsfähigkeit außerhalb Deutschlands seit jeher Maestro (Mastercard) oder V-Pay (Visa) benötigt wurden. Wir waren daher nie von den amerikanischen Anbietern unabhängig. In einer immer stärker zusammen wachsenden Welt, in der internationaler Zahlungsverkehr (z.B. bei Bestellungen innerhalb der EU) immer größere Bedeutung gewinnt, ist eine rein deutsche Lösung einfach nicht mehr zeitgemäß.

Die Höhe der Margen bestimmt sich letztlich durch den Markt. Zum einen gibt es eine starke Konkurrenz zwischen Visa und Mastercard, zum anderen wäre es auch für jeden anderen Zahlungsanbieter möglich, ein weltweites Bezahlsystem aufzubauen. Tatsächlich gibt es ja auch mehr Systeme als nur diese zwei. Würden Visa und Mastercard sich absprechen und absurd hohe Transaktionsgebühren verlangen wäre das zum einen illegal, zum anderen wäre es nur eine Frage der Zeit, bis ein anderer „global Player“, z.B. Paypal, den Markt aufmischt.

Der Grund, warum Girocard selbst innerhalb Deutschlands nicht wirklich konkurrenzfähig ist, sind ja gerade die höheren Kosten, die es mit sich bringen würde, den gleichen Service wie Visa und Mastercard anbieten zu können (dh. weltweites bezahlen, online bezahlen…).

Auch Visa und Mastercard arbeiten unter der Aufsicht von Kartellamt und Bankenaufsicht.

Das ist das eigentliche Problem. Wie bei allen Dingen, die mit dem Internet zu tun haben, ist Europa einfach etliche Jahre rückständig. Deshalb sind alle diese Tech-Konzerne (Google/Youtube, Facebook/WhatsApp, Amazon/Twitch, Steam, Visa, Mastercard) eben amerikanisch.

Und ja, das führt letztlich zum Abfluss von Devisen aus Europa in die USA und das ist grundsätzlich eine schlechte Idee. Aber deshalb nun auf Visa und Mastercard rumzuhacken ist keine Lösung. Visa und Mastercard machen es richtig - es ist Europa, das es nicht gebacken bekommt, eine konkurrenzfähige Alternative aufzubauen.

Das ist eine Sache, die China gezwungenermaßen richtig macht - dort werden jeweils eigene Lösungen aufgebaut, die teilweise nur blatante Kopien der amerikanischen Vorbilder sind, aber immerhin wird dort eine eigene Infrastruktur aufgebaut. Natürlich klar mit dem Ziel, die Kontrolle über diese Bereiche zu behalten und die eigene Bevölkerung vor der bösen Meinungsfreiheit des Westens zu „beschützen“, aber auch, um die Devisen im Land zu halten.

Gerade im Bereich der Zahlungsdienstleister sollte Europa alles daran setzen, einen eigenen weltweit agierenden, zu Visa und Mastercard konkurrenzfähigen Zahlungsanbieter aufzubauen. Der geplante Digitale Euro der EZB könnte die nötigen Grundlagen für private Anbieter schaffen, ein solches System auf Basis eben dieses digitalen Euros aufzubauen.

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