Definition (Netto-)Investitionen

Vielen Dank, dass ihr euch in E364 so intensiv mit der schwierigen Frage der richtigen Definition von Investitionen beschäftigt habt, und dabei auch schon die wesentlichen Abwägungen diskutiert habt.

Ein zusätzlicher Aspekt, der eine mögliche Öffnung der Schuldenbremse für Investitionen noch schwieriger macht ist der Gesichtspunkt der “Zusätzlichkeit”: Wenn wir von einer Öffnung der Schuldenbremse für Investitionen reden, ist ja die allgemeine Erwartung, dass dadurch insgesamt mehr investiert wird. Dies ist aber nur der Fall, wenn man die Öffnung der Schuldenbremse nicht dafür benutzt, ohnehin geplante Investitionen aus dem ‘regulären Haushalt’ in den die Schuldenbremse umgehenden ‘Investitionshaushalt’ zu verlagern, um damit mehr Platz für Konsumausgaben im ‘regulären Haushalt’ zu schaffen ohne auch nur einen Cent mehr zu Investieren.

Bei einer Öffnung der Schuldenbremse müssten also auch Mechanismen gefunden werden, die eine ‘Verdrängung’ von Investitionen aus dem regulären Haushalt in den ‘Investitionshaushalt’ so gut wie möglich verhindern, um eine Zusätzlichkeit (Additionality) der Investitionen sicherzustellen. Dies stelle ich mir insbesondere über einen längeren Zeitraum hinweg sehr schwierig vor.

Was denkt ihr hierzu?

Bzgl. zur Diskussion was denn genau eine Investition sei und was nicht, frage ich mich, ist das nicht eigentlich eine Nebelkerze?

Ja, was eine Investition ist und was nicht, ist tatsächlich nicht so einfach zu definieren. Bei der Diskussion schwingt immer mit, dass Konsumausgaben „böse“ sind (weil das die Wahlgeschenke der Politiker sind) während Investitionen „gut“ sind, da das reale Dinge sind, die langfristig da sind. Und das ist aus meiner Sicht falsch. Denn genau wie man sagen kann, wir erhöhen jetzt die Renten (Konsumgeschenk für die Rentner), kann man auch sagen wir bauen jetzt für jedes Altenheim ein Schwimmbad. Letzteres sind eindeutig Investitionen, aber noch weniger sinnvoll als die Rentenerhöhung. Anders herum haben Studien gezeigt, das ein Pausenbrot bei Schülern die Leistungen deutlich steigern kann. Konsumausgabe, aber eine sinnvolle.

Das was durch diesen Diskurs was eine Investition ist und was nicht hinten runterfällt, ist eine Diskussion über den Sinn der jeweiligen Ausgaben. Das ist doch das wesentliche. Auch wie der Staatshaushalt in Zukunft belastet wird, kommt in den Diskussionen kaum vor. Dabei wären das aus meiner Sicht das was eigentlich diskutiert werden sollte.

2 „Gefällt mir“

Ich denke, das ist es.

Wenn ein Expertengremium aus 41 Spitzenökonomen es nicht hinbekommt, eine einheitliche Definition für eine Investition aufzustellen, dann sollten wir uns an diesem Begriff nicht weiter aufreiben.

Eine Definition für Investitionen wäre wahrscheinlich auch nur ein weiterer Klotz am Bein, denn dann müsste man den möglichen Gewinn für jede Investition berechnen. Und wenn man es wirklich an Gewinn koppelt, dann wäre jeglicher Infrastrukturausbau in infrastrukturschwachen Gebieten keine Investitionen.
Welchen Gewinn machen wir als Staat mit einer Bushaltestelle in einem Dorf voller Rentner?

Ich denke, die Debatte um die Schuldenbremse ist eine Scheindebatte den letzten Endes führt kein Weg an Steuererhöhungen vorbei. Wenn die Steuern nicht jetzt erhöht werden, dann müssen sie in Zukunft erhöht werden, um die dann fälligen Zinsen zu bedienen.

Bildung wird ja gerne als eine Investitionen in die Zukunft gesehen, aber wenn ich das Beispiel zu Ende denke, dann bedeutet es, dass ich heute Steuern für meine Schulbildung von vor 30 Jahren bezahlen muss.
Ich würde aber viel lieber jetzt Steuern für eine ordentliche Bildung meiner Kinder bezahlen. Aber da ich jetzt beides machen muss: Zinsen bedienen und Bildung finanzieren bekommen meine Kinder jetzt eine schlechtere Bildung als ich vor 30 Jahren.

Nur welche Steuern sollten erhöht werden? Das ist dann doch die Gretchenfrage.