Debatte um Ursprung von SARS-COV-2 nimmt wieder Fahrt auf

Liebes Lage-Team,
nachdem der Wissenschaftsjournalist Nicholas Wade einen umfangreichen Long-Read im renommierten Bulletin of the Atomic Scientists veröffentlicht hat, gewinnt die wissenschaftliche Debatte um den Ursprung von SARS-COV-2 wieder an Fahrt. Wade schreibt, dass die Indiziden eher auf einen Laborunfall hinweisen würden. Beweise gebe es dafür allerdings nicht - für die Theorie des natürlichen Ursprungs aber genauso wenig.

Eine Gruppe von Wissenschaftler.innen hat im Magazin Science deshalb noch mal eine umfangreiche Untersuchung der Labor-These gefordert. Der Chefredakteur hat sich dieser Forderung angeschlossen.

Im Fokus stehen dabei auch die kontroversen Gain-of-Function-Versuche, bei denen ein Virus gefährlicher gemacht wird, sowie das Sammeln von potenziell gefährlichen Viren in der Wildnis. Der Molekularbiologe Richard H. Ebright bezeichnete diese Programme folgendermaßen: „looking for a gas leak with a lighted match.“ Laut dem Bericht im Bulletin soll das US NIAID über die EcoHealth Alliance solche Forschung in Wuhan finanziert haben.

Tony Fauci, Chef des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), hat dem zwar widersprochen. Das liegt aber woch eher daran, dass die in Wuhan durchgeführten Versuche schlichtweg nicht der Definition des NIAID entsprechen:


Siehe auch in der NYT und im STANDARD:

More Scientists Urge Broad Inquiry Into Coronavirus Origins - The New York Times

Jetzt kommt die Diskussion aus den USA auch in Deutschland an.

Deshalb noch einmal die Bitte, dieses wichtige Thema in der Lage zu besprechen. Hier noch zwei weitere Links:

https://www.washingtonpost.com/politics/2021/05/25/timeline-how-wuhan-lab-leak-theory-suddenly-became-credible/

Hallo,

kurzes Update: Es ist der 8. November 2021 und es wurde noch immer kein intermediate Host gefunden.

Twitter ist zwar keine wissenschaftliche Quelle, aber die von Jesse Bloom beschriebene Wiederherstellung vormals gelöschter Wissenschaftsdaten hier: https://twitter.com/jbloom_lab/status/1407445615248691201 und das Github-repository zu seiner wissenschaftlichen Arbeit sind transparent und offen zugänglich (Repo: GitHub - jbloom/SARS-CoV-2_PRJNA612766: Analysis of early Wuhan SARS-CoV-2 sequences from deleted SRA BioProject PRJNA612766). Ergebnis ist dieses Paper: https://academic.oup.com/mbe/advance-article/doi/10.1093/molbev/msab246/6353034

Lohnende Lektüre.
Besten Gruß

Hallo,
vor einer Woche hat das ZDF eine sehr tendenziöse (beitragsfinanzierte) Reportage zur Labortheorie auf Youtube veröffentlicht (ich weiß allerdings nicht genau wann sie produziert oder im Fernsehen ausgestrahlt wurde):

Zeimlich gutes Timing, denn ungefähr zur gleichen Zeit haben echte Journalisten einen (mittlerweile mehrfach bestätigten) Artikel über die ersten Coronainfizierten in Wuhan herausgebracht. Überraschenderweise waren es Wissenschaftler, die am WIV Gain-of-Function Forschung an SARS-ähnlichen Virenstämmen durchgeführt haben:

cheers, :bat:

Meiner Meinung nach ist es kaum relevant, ob das Virus in der Natur entstanden ist oder aus einem Gain-of-Function-Experiment im Labor stammt.

Ganz klar ist, dass es nicht „absichtlich“ in die Welt entlassen wurde, sondern - wenn die Laborthese stimmt - durch mangelnde Sicherheitsvorkehrungen aus dem Labor entkommen konnte.

Das Problem ist, dass Gain-of-Function-Forschung einfach relativ wertvoll ist. Letztlich versucht man nur, die Evolution des Virus im Labor unter kontrollierten Bedingungen zu beschleunigen, um auf diesem Weg Vorbereitungen treffen zu können, falls diese Mutationen in der Wildbahn auch auftreten. Dadurch lassen sich dann wirksame Impfstoffe schon entwickeln, bevor die Katastrophe kommt.

Unabhängig davon, ob die Laborthese zutrifft oder nicht, sollte Covid uns allen gezeigt haben, wie empfindlich die Welt auf einen neuen Erreger reagieren kann - und wie wichtig es deshalb ist, alle Labore, in denen ähnlich gefährliche Erreger zu Forschungszwecken gehalten werden, einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Wie gesagt völlig unabhängig davon, ob das Virus in diesem konkreten Fall tatsächlich aus dem Labor kam.

Wenn das Virus aus dem Labor kam, wird China in jedem Fall alles tun, um das nach Möglichkeit zu verschweigen. Hundertprozentige Sicherheit werden wir daher wohl nie bekommen. Die USA oder Europa würden das übrigens ähnlich handhaben, einfach weil die Schäden durch Corona so groß waren, dass kein Land hier Schadenersatzpflichtig werden will, etwaige Forderungen, die daraus erwachsen könnten, wären selbst für China vernichtend.

Wow, eine Substack-Publikation von allseits bekannten Akteuren mit starker Affinität zu rechten Verschwörungstheorien (oder wie du sagst: „echte Journalisten“), die gegen ein angebliches Schweigekartell der angeblich staatsnahen Medien („beitragsfinanziert“) anschreiben, um die dubiosen Machenschaften der US-Regierung (es geht um us-finanzierte Impfstoffforschung in China) offenzulegen, die sich dazu auf anonyme Regierungskreise beruft - das kommt mir aus der jüngeren Vergangenheit alles sehr bekannt vor.

Ganz unabhängig vom Inhalt: Die Entgegensetzung des „tendenziösen beitragsfinanzierten ZDF“ mit den „echten“ Substack-Journalisten ist doch selbst maximal tendenziös. Und es würde mich tatsächlich interessieren, in welcher Realität man jemanden wie Michael Shellenberger als „echten Journalisten“ bezeichnen könnte. Shellenberger ist - nur z.B. - derjenige, der mit wilden Falschinformationen versucht hat, den Attentäter auf den Ehemann von Nancy Pelosi von rechtsextremem Gedankengut zu entlasten. Dass Alex Gutentag notorisch berühmt dafür ist, die Reaktionen auf die Covid-Pandemie mit der rechtsextremen Verschwörungstheorie des „Great Reset“ in Verbindung zu bringen, ist dir ja sicher bekannt. Und Matt Taibi, well…

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Da bin ich ganz anderer Meinung. Es hätte selbstverständlich erhebliche Auswirkungen auf die Legitimität der Gain-of-Function-Forschung (GoFF), wenn sich herausstellen würde, dass SARS-CoV-2 aus dem Wuhan Institute of Virology (WIV) kam. Dass es Absicht war, behauptet m. E. niemand Ernstzunehmendes. Aber wenn ein ein Labor Coronaviren züchtet, die sich noch schneller verbreiten und dann just am Standort dieses Labort eine Pandemie mit ebensolchen Coronaviren stattfindet, ist aus meiner Sicht maximale Transparenz darüber, wer dort mit wessen Geld wie an was geforscht hat, das Mindeste, was man erwarten kann. Was wir jedoch ab Februar 2020 erlebt haben, ist eher das Gegenteil. Exemplarisch dafür steht die Person Peter Daszek. Dieser betrieb am WIV GoFF, für die er nach Aussagen Drostens in den USA keine Finanzierung bekommen hatte. Im Februar 2020 verfasste er u. a. zusammen mit Drosten das berühmte Statement in Lancet, das jegliche Zweifel an einem nicht-natürlichen Ursprung der Pandemie pauschal als „Verschwörungstheorien“ abtat. Und wieder später nahm er die Rolle des unabhängigen Gutachters ein - als Teil eines Teams, das für die WHO den Ursprung der Pandemie aufklären sollte. Ein transparenter Umgang mit möglichen Interessenkopnflikten sieht für mich anders aus.

Ein solcher Umgang erleichtert es m. E. zwielichtigen Gestalten (wie hier bei Substack), sich als aufklärerische Kritiker:innen zu gerieren. Daher ist es aus meiner Sicht auch begrüßenswert, dass etwa die Biden-Administration nun vesucht, für etwas mehr Transparenz zu sorgen. Inzwischen hat der DIN die erwähnten deklassifizierten Dokumente veröffentlicht - und sie klingen natürlich nicht halb so reißerisch wie der Substack-Artikel. Es zeigt aber, dass der Ursprung der Pandemie nach wie vor umstritten ist. NIC und andere gehen von einem natürlichen Ursprung aus, FBI und DOE halten die Labortheorie für am wahrscheinlichsten und die CIA will sich nicht festlegen.

Nun, wenn SARS-CoV-2 aus dem WIV kam, hätte man also ein Virus gezüchtet, gegen den es zwar relativ schnell einen Impfstoff gab, der aber die Ausbreitung nicht wirksam verhindert und dauerhaft und zweitens aufgrund privater Gewinninteressen nur einen Bruchteil der Menschheit überhaupt geschätzt hat - mit der „kleinen Nebenfolge“ von Millionen Toten und enormen sekundären und tertiären Folgeschäden. Da dieses Szenario zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, finde ich das Prädikat „relativ wertvoll“ unangebracht.

Vielleicht ist ja genau das auch ein Motiv, die GoFF nach China auszulagern und sie eben nicht in den USA oder in Europa durchzuführen - was an sich schon dem Transparenzgebot widerspricht und m. E. ein klares Argument gegen so eine gefährliche Forschung ist.

Absolute Zustimmung. Um so wichtiger, dass tatsächlich auch renommierte und engagierte Journalist:innen nachhaken. Ich finde die Angelegenheit jedenfalls zu wichtig und zu komplex, um sie irgendwelchen Bloggern und YouTubern zu überlassen.

Erinnert sich noch jemand an Zika? Als das in Brasilien losging, hat man an meinem damaligen Institut an einer Art Impfstoff gearbeitet. Dafür musste man logischerweise mit dem Erreger arbeiten.

Die Arbeiten fanden im S2 Bereich statt. Angemessen wäre wohl eher S3 gewesen, aber darüber verfügte das Institut nicht, so dass die Sicherheitsbeurteilung wohlwollend durchgeführt wurde. Es wurde also schon in einer erhöhten Schutzklasse gearbeitet (aber niedriger als S4 wie bei Corona).

Natürlich kam es zu einem Laborunfall. Die beiden beteiligten Mitarbeiter verhielten sich unprofessionell und infizierten sich. Doch statt sich zu isolieren, hofften sie auf das Beste und gingen nach Hause. Erst als nach etwa 1 Woche deutliche Erkrankungssymptome auftauchten, ging Person A zum Arzt. Person B ging erst als sie von Person A über den positiven Test informiert wurde, gleiches Ergebnis.

Die Mitarbeiter des Instituts wurden wir erst 4 Wochen nach dem Vorfall informiert. In der Informationsveranstaltung wurden wir gebeten nicht mit Medienvertretern oder Außenstehenden zu sprechen, denn das könnte das Institut in Verruf bringen und damit unsere Fördermittel und damit Jobs riskieren.

Erschreckend war auch die Reaktion der Beteiligten Wissenschaftler. Statt eine fixe Information der Mitarbeiter zu veranlassen prüfte man zuerst, ob man das tun müsse und ob man aus dem ausbleibenden Anstieg des Krankheitsstands am Institut Schlussfolgerungen über die Infektionswege (damals noch nicht vollständig bekannt) publizieren könne (konnte man nicht, da statistisch zu kleine Versuchsgruppe).

Tatsächlich scheint nie jemand ernsthaft darüber gesprochen zu haben. Es fand nie eine Berichterstattung statt.

Ich halte, sicher auch wegen dieser Erfahrung, die Laborthese für keineswegs abwegig und fand die vorschnelle Parteinahme gegen diese Theorie für völlig blauäugig. Für mich ist völlig unerklärlich warum man diese Frage so politisiert hat.

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Das dürfte zumindest auch an Trump liegen. Dazu hier ein schöner Artikel der TIME:

Da Trump schon relativ früh über das „China-Virus“ redete und aggressive Forderungen gegenüber China vertreten hat und aus diesem Lager auch der Wunsch kam, China über die Laborthese als Schuldigen benennen zu können, war diese These ein Stück weit „verbraucht“…

Dass „Wahrheitsfindung“ bei den Motiven Trumps vermutlich eine ganz untergeordnete Rolle spielt ist klar, dass gerade weil das Trump-Lager ein starker Vertreter der Labor-These war, die Reaktion darauf erstmal klare Ablehnung war.

Anders gesagt: Wenn ein allseits als solcher wahrgenommener rassistischer Idiot eine ansonsten kredible These öffentlich bekannt macht und mit Rassismus verknüpft (Kung Flu, China-Virus…) ist leider die natürliche Reaktion, dass diese These in der aufgeklärten Öffentlichkeit an Kredibilität einbüßt, weil niemand sich öffentlich an die Seite des besagten Idioten stellen möchte…

Das ist natürlich nicht gut, die Ermittlung der Wahrheit sollte natürlich immer im Vordergrund stehen. Aber Trumps vorwurfsvolle, rassistische Haltung hat auch dazu geführt, dass China natürlich noch weniger Interesse an einer Kooperation hat und komplett „dicht macht“.

Ohne diese Politisierung der Angelegenheit hätte man diese Theorie definitiv besser prüfen können und die entsprechenden Maßnahmen einleiten können, um sowas in Zukunft zu vermeiden. Aber wenn Trump schon früh mit Reparationsforderungen in Richtung China droht, ist klar, dass China eher voll auf Vertuschung schaltet.

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Ich glaube kaum, dass die Rhetorik westlicher Politiker:innen (oder meinetwegen auch Populist:innen oder Demagog:innen) einen großen Einfluss darauf hat, wie transparent das Regime der VR China agiert. Es ist ja nun nicht gerade so, dass dieses in anderen Politikbereichen durch besonders viel Offenheit hervorsticht. Ich würde daher eher die Frage nach der Mitverantwortung westlicher Staaten stellen: Warum finanzieren diese (anteilig) so gefährliche Forschung in einem Land, dem a) nach ihren eigenen Angaben nicht wirklich zu trauen ist, das b) überhaupt nicht transparent agiert und mitunter sehr willkürlich die Spielregeln ändert, in dem c) Sicherheitsstandards, aber auch Rechte Einzelner im Zweifelsfall schnell mal anderen politischen Zielen zum Opfer fallen und in dem d) davon auszugehen ist, dass Unfällt eher vertuscht als aufgearbeitet werden? Ich komme nicht umhin, die pauschale Abkanzelung der Laborthese - gerade durch Personen, die an dieser Forschung teilhaben und/oder finanziell oder karrieretechnisch von ihr profitieren - auch dazu dient(e), dass solche Fragen weniger gestellt werden. Keine Verschwörung, sondern einfach nur knallharte Interessenpolitik oder mit anderen Worten: ganz normaler kapitalistischer Wissenschaftsbetrieb.

Sorry @Daniel_K, aber das kann ich so nicht dastehen lassen. Es ist nicht natürlich, eine solche Rhetorik dafür sorgt, dass die „aufgeklärte“ Öffentlichkeit eine These verwirft. Ich halte das für das Ergebnis, einer in Schwarz-Weiß Bildern denkenden Öffentlichkeit.

Nur weil eine Theorie von einem Idioten unterstützt wird, ist doch nicht die Idee idiotisch. Idiotisch ist, zu vermuten, dass die Unterstützer einer Theorie etwas über den Wahrheitsgehalt der Theorie aussagen. Falls sich Forennutzer bei dieser Kritik angesprochen fühlen, sorry aber das ist Absicht. Auch wir haben hier nicht wenig Diskutanten, die Theorien aufgrund ihrer Unterstützer diskreditieren, statt auf Basis der Fakten. :wink:

Was war in Deutschland los als Donald Trump laut darüber nachdachte die NATO aufzulösen, da die USA die Hauptlast trug, während die Bündnispartner die 2% Verpflichtung konsequent ignorierten. Ich habe Trump stets abgelehnt, aber bei der 2%-Thematik musste ich ihm zähneknirschend zustimmen.

Hätten wir damals auf ihn gehört, die Ukraine stünde vermutlich heute weit besser da. Gleiches gilt für die Nord Stream 2 Pipeline. Es liegt nicht am Speaker, dass wir eine Wahrheit ignorieren. Es ist unser arrogantes Freund-Feind Denken, dass uns den Blick auf die Message verlieren lässt.

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Das wird wohl so sein, wobei die Drohung mit Reparationsforderungen jedenfalls definitiv keine höhere Kooperationsbereitschaft erzeugt. Ob auch vorher schon „Null“ Kooperationsbereitschaft vorlag kann man natürlich ebenso annehmen.

Vertuschung und Aufarbeitung (im Sinne der Vermeidung ähnlicher Fälle) stehen sich nicht unvereinbar entgegen. Ich denke schon, dass weltweit - auch in China - alleine wegen der Existenz der Laborthese die Sicherheitsvorkehrungen noch mal geprüft und gegebenenfalls verschärft wurden. Wie gesagt, egal, ob das Virus nun aus dem Labor kam oder sich in der Wildbahn entwickelt hat: Es ist wegen der Corona-Pandemie jetzt auch dem Letzten klar, welche verheerenden Auswirkungen ein Virus wie das SARS-COV-2 auf die Welt und auch die Weltwirtschaft haben kann. Dass man hier noch mal alle Sicherheitsvorkehrungen in den Laboren einer Revision unterzieht gebietet der gesunde Menschenverstand - und wenn China weiß, dass das Virus aus dem Labor kam, wird man dort wohl besonders bemüht sein, das in Zukunft zu verhindern (der Schaden war schließlich gerade für China immens).

Du hast gefragt, warum es so politisiert wurde und ich habe darauf geantwortet.

Dass es nicht gut ist, dass die Welt so funktioniert, bestreite ich nicht. Aber ich gehe davon aus, dass sie so funktioniert. Die Tatsache, dass Trump der öffentlichkeitswirksamste Vertreter der Laborthese war, war daher der Grund für die große Politisierung und damit auch dafür, dass die Theorie aus politischen Gründen verworfen wurde…

Wie gesagt, das soll keine Wertung sein, ob das „gut“ oder „schlecht“ ist. Ebenso ist eine „natürliche“ Reaktion nicht zwangsläufig gut oder schlecht, sondern schlicht eine Reaktion, die auf Grund unserer biologischen und sozialen Ausstattung zu erwarten ist…

Ich glaube mein vorheriger Beitrag hat deutlich gemacht, dass Laborunfälle zweifelsohne auch an renommierten Forschungsinstituten in Deutschland stattfinden können. Unfälle passieren meist ungewollt, aber unbedacht, völlig egal wo. Das Institut in Wuhan ist sicher nicht schlechter aufgestellt als die meisten S4-geeigneten Institute in Deutschland. Dennoch können solche Dinge halt passieren.

Die Aufklärung ist wichtig um daraus zu lernen. Wie kann man zum Beispiel dafür sorgen, dass bei einem solch gefährlichen Erreger wie Covid19 offizielle Stellen sofort informiert werden und die das nicht unter den Teppich kehren. Keinesfalls sollte man aber daraus ableiten, dass einzelne Staaten oder Institute dafür bestraft werden. Das würde das Gegenteil bedeuten. Es würde dann nämlich mehr unter den Teppich gekehrt. Das war ja durchaus auch der Fall in meinem Beispiel oben.

Meine eigene Antwort auf die von mir gestellten Fragen wäre ja auch, dass es in westlichen Ländern durchaus Interesse an dieser Forschung gibt, dass man sie aber wegen der damit verbundenen Risiken nicht im eigenen Land haben will. Und dass es - zumindest in begrenztem Rahmen - durchaus ein Interesse daran gibt, Sachen unter den Teppich zu kehren. Es geht auch nicht darum, einzelne Staaten oder Institute zu „bestrafen“. Gerade weil diese Forschung mit solchen Risiken behaftet ist, geht es zumindest mir eher darum zu fragen, welchen tatsächlichen Nutzen sie hat.

Nur geht es hier ja nicht um ein abstraktes „Funktionieren der Welt“, sondern um bewusste Handlungen u.a. von politischen Repräsentant:innen und von Menschen, die für sich in Anspruch nehmen, für „die Wissenschaft“ zu sprechen und entsprechend rational zu handeln. Wenn diese Leute sich dann im grunde genommen auf das Niveau Trumps begeben (wenn er „China virus“ sagt, sagen wir „Verschwörungstheorie!“) - sollte zumindest kritisch reflektiert werden, wer hier wie zu einer Politisierung beigetragen hat.

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Also die deutschen Institute wollen schon solche Forschung betreiben. Denn sie ist wichtig und echt fancy. Aber die Bürokratie um S4-Projekte ist oft einfach so heftig, dass man sich gut überlegt, ob der Arbeitsaufwand es wert ist.

Und nicht nur dort. Bei uns gab es auch mal ein Projekt an einem Arzneimittel, dass auch für die Drogenherstellung genutzt werden kann. Einmal und nie wieder. Jedes Gramm Verbrauch musste protokolliert werden, ebenso wie die Reinheit und Masse der Syntheseprodukte. Bei einer größeren Abweichung (einige wenige Gramm eines Versuchs) Bestand die Gefahr juristischer Folgen.

Wissenschaftlich war diese Dokumentation völlig unwichtig, aber die Bürokratie war halt eindeutig. Am Ende des Projekts von den zuständigen Arbeitsgruppenleitern, „Einmal und nie wieder.“.

For what it’s worth:

https://www.science.org/content/article/ridiculous-says-chinese-scientist-accused-being-pandemic-s-patient-zero

Dass Hu jetzt nicht um die Ecke kommt und sagt „Jup, kam aus unserem Labor“, ist wirklich überraschend :wink: Abgesehen davon: Wie schon gesagt keine „smoking gun“ wie die Substack-Schreiber behaupten, aber die gibt es eben bei der Wildtiermarkt-Theorie bisher auch nicht. Und genau auf diese Situation bezog sich mein Wunsch des Nachhakens.