Datenschutz und die Pläne der Schufa

Hallo zusammen,

Ich bin gerade auf diesen Artikel gestoßen:

Kurzfassung: Die Schufa plant ihr Modell wohl so zu erweitern, dass auch konkrete Kontobewegungen Bankenübergreifend gespeichert und analysiert werden können.

Alles angeblich erstmal freiwillig, aber welche Macht die Schufa bereits jetzt hat ist wohl ein Grund mehr sich hier echte Sorgen zu machen.

Wäre das irgendwie vereinbar mit naja - allem was es so an Datenschutz, Bankgeheimnis und sonst persönlicher Freiheit zu bedenken gäbe?

Danke für Input und euer aller Meinungen

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Erschreckend. Besonders interessant finde ich in dem Zusammenhang die Überlegung, wie „freiwillig“ so eine Zustimmung irgendwann in Zukunft einmal sein könnte. Was, wenn die Schufa den Score bspw. derart verändert, dass man ohne Einwilligung (nicht offensichtlich, aber annehmbar) Nachteile bekommt? Mir hilft ja die größte Freiwilligkeit nichts, wenn ich ohne Zustimmung nicht „mitspielen“ darf.

Generell finde ich die SCHUFA und ähnliche Auskunfteien sehr problematisch (wenn auch den Wunsch von Handel/Banken/Vermieter, Bonität einschätzen zu können, nachvollziehbar). Beispiel wird ja im verlinkten Artikel direkt eingangs genannt…

Bin heute bei Zeit online auch auf dieses Thema gestoßen. Mich würde vor allem interessieren, was genau die Finapi GmbH macht, und mit welchen Banken sie bereits kooperieren.

Die Schufa hatte bereits Ende Dezember 2018 den von der Bankenaufsicht BaFin lizenzierten Münchner Kontoinformationsdienst Finapi GmbH gekauft, der nach eigenen Angaben potenziell Zugriff auf mehr als 50 Millionen deutsche Bankkonten hat. NDR, WDR und SZ zitieren aus internen Schufa-Dokumenten, wonach die Finapi GmbH auch deshalb von der Schufa übernommen wurde, um an Kontodaten von Verbrauchern zu gelangen.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-11/check-now-service-schufa-kontoauszuege-auskunft-bankgeheimnis-datenschutz

Moin,
ich finde es ebenso wichtig dieses Thema näher und vor allem kritisch zu betrachten. Ich habe mich selber vor 10 Minuten hier im Forum angemeldet, nur um dieses Thema als Vorschlag zu posten und bin erleichtert, dass es das als Thema schon gibt.

Die Implikationen für Demokratie und Freiheitsrechte sind meiner Meinung gar nicht als zu gering einzuschätzen. Ich bin Mitglied einer Partei und über mein Bankkonto laufen natürlich auch die Mitgliedsbeiträge. Zu allem jetzt schon vorhandenen Wissen über Vermögen, Konsumvorlieben, Einkommensrahmen und und und käme dann auch noch das Wissen über politische Gesinnung.

Schon das Entstehen einer solchen Datenbank im Kern zu ersticken ist meiner Meinung historische Pflicht.

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Nachdem ich jetzt nochmal zwei Tage drüber nachgedacht habe wird es für mich nur schlimmer.
Ich kann es ehrlich gesagt garnicht ausreichend in Worte fassen, was ich empfinde.

Aber nach und nach:

  1. Schufa ist de facto Zwang. Du kannst heutzutage nichts mehr machen (online einkaufen, Vertrag abschließen etc) ohne deinem Vertragspartner zu erlauben haufenweise Infos an die Schufa weiterzugeben.
    —> Wie kann es sein, dass dieses Unternehmen in privater Hand ist? Das ist ein Monopol. Das kommt noch hinzu.

  2. Kampfbegriff ‚Gläserner Bürger‘
    Ich bin ja selber die erste die rummotzt, wenn man nicht mit Karte zahlen kann. Aber alle Daten die irgendwie verfügbar sind bündeln?
    Aktuell hat jedes Unternehmen recht begrenzte Daten über seine Kunden. Jede Bank hat Daten über ihre Kunden, die dürfen damit aber nichts machen (hoffe ich mal schwer !!)
    Wenn wir diese ganzen Daten jetzt bündeln ist nichts mehr geheim. Und damit ist man dann ganz schnell bei der Möglichkeit den persönlichen Lebensstil eines Menschen zu bewerten.

  3. Freiwillig.
    Da glaubt doch keiner wirklich dran oder? Diese Daten sind eine solche Goldgrube für Marketing etc, da wird die Wirtschaft extrem ihre Lobby nutzen um diese Freiwilligkeit de facto auszuhebeln.
    Dann ist das eben das neue Schufa-Scoring. Und nicht mehr das verhältnismäßig oberflächliche, welches aktuell existiert.

Frankly speaking - das macht mir Angst. Da wird meiner Meinung nach ne regelrechte Büchse der Pandora aufgemacht.

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Man könnte sich auch generell fragen ob das Geschäftsmodell von Firmen wie der Schufa überhaupt erlaubt oder toleriert werden sollte. In Ländern wie Frankreich oder Belgien existiert ein Register z.b bei der Banque de France, bei dem alle groben Finanzverstöße gesammelt werden und nicht Lapalien wie einmal vergessene Mobilfunkrechnungen, die am Ende durch entsprechende Schufa Eintragungen dazu führen, das jemand keinen Kredit, keine Wohnung etc bekommt. Generell ist das Geschäftsmodell der Schufa nur de jure freiwillig, aber de facto für die Mehrheit, der an der Wirtschaft partizipierenden, verpflichtend, da ohne Schufa Eintragung so gut wie keine Verträge mehr geschlossen werden können, wodurch ein implizieter Zwang ensteht. Dem kann man sich eig nur als sehr wohlhabender Mensch, dessen Kreditwürdigkeit auf einer ganz anderen Basis angesiedelt ist, enziehen. Für die Mehrheit wird dieser implizite Zwang ständig ausgeweitet. Das neue „Geschäftsmodell“ der Schufa soll sich hier auch vor allem an Menschen mit ohnehin schon niedriger Bonität richten, die weitere Daten weitergeben sollen, in der Hoffnung ihr Schufa eintrag könnte sich verbessern. Verglichen mit facebook, dass sonst im Zentrum der kritik steht, verfügt die Schufa über die Daten die einem Menschen am wirklich Schaden können, scheint aber regulatorisch am wenigsten der Kontrolle zu unteliegen. 2015 hat der BGH entschieden das die Schufa das zustande kommen ihres internen „scorings“ nicht preisgeben muss, da Geschäftsgeheimniss. Diese Allmacht führt dann auch dazu das viele Leute die Schufa für eine staatliche Institution halten. Mit den Konto-Daten werden die Berechnungen der Schufa wahrscheinlich noch obskurer als sie ohnehin schon sind, allein schon aufgrund der signifikant höheren Komplexität die sich aus Daten wie Kontoauszügen ergeben wird. Es erstaunt mich immer wieder das in Deutschland so ein Geschäftsmodell als auch nur irgendwie legitim erachtet wird, glaube die bloße Existenz würde in Ländern wie Frankreich einen Proteststurm auslösen.

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Ich bin selber kein Jurist, aber da frage ich mich - wie ist denn die rechtliche Lage dazu überhaupt?
Dieser „freiwillige Zwang“ der Datenauskunft an die Schufa immer und überall zuzustimmen, das Monopol der Schufa, das „freiwillige Umgehen des Datenschutzes“ bei diesem neuen Konzept.
Vlt kennt sich ja jemand hier ein bisschen besser aus und kann mich ein wenig erleuchten.

Gelinde gesagt verwundert es mich nämlich auch, dass bei derart sensiblen und ehrlich gesagt auch wichtigen Dingen ein privates Unternehmen reich werden darf.

Hallo,

ich habe mich auch extra angemeldet, um hierzu etwas zu schreiben. Thema Datenschutz war bei mir immer eher eines, welches mich nicht so interessiert hat. Ganz nach dem Motto: Was habe ich denn schon zu verbergen? Da ich auf der Suche nach einer neuen Wohnung war, brauchte ich jetzt eine Schufa-Auskunft. Und das Thema schokiert mich einfach wahnsinng und lässt mich nicht mehr los.

  1. Eine wahnsinng chaotische Website, die aussieht, als wäre sie von 2012. Angeblich gibt es eine kostenlose Auskunft. Ich hatte sehr große Schwierigkeiten die kostenlose Auskunft zu finden und habe aus absoluter Verzweiflung die Auskunft für Vermieter für knapp 30 EUR erworben. Auf mich wirkte es, als wollte man es „extra“ schwer und kompliziert machen, damit man die kostenpflichtige Auskunft erwirbt.

  2. Der Score: Teilweise habe ich mich gewundert, warum mein Score nicht bei 100 % ist. Für mich gab es keinen Grund, weshalb er niedriger sein sollte. Also habe ich gesucht, was in dem Score berechnet wird und bin auf dieses Jan Böhmermann Video gestoßen Die Telelupe: Schufa | NEO MAGAZIN ROYALE mit Jan Böhmermann - ZDFneo - YouTube. Das hat mich umso mehr fassungslos gemacht, dass offensichtlich keiner weiß, wie der Score genau berechnet wird. Das VG Wiesbaden hat diese Problematik gestern dem EuGH vorgelegt: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/vg-wiesbaden-datenschutz-eugh-soll-zu-schufa-score-wert-entscheiden.

  3. Dass das ganze nicht staatlich ist. Ich verstehe, dass es einen Bedarf für so einen „Verein“ gibt, aber dann doch bitte staatlich oder zumindest mit einer engen staatlichen Kontrolle. Die schufa entscheidet über Teilhabe am öffentlichen Leben - Girokonto, Mietohnung, Kauf von Sachen im Internet etc. und sammelt so unfassbar viele Daten. Auch wenn es sich bei der Schufa um eine AG handelt, frage ich mich, wie das ganze grundrechtlich einzuordnen ist.

Ich finde das Thema bekommt viel zu wenig Aufmerksamkeit - besonders im Bereich Datenschutz. Zum ersten Mal ist mir klargeworden, wie wichtig das Thema Datenschutz ist und dass es nicht nur ein Thema ist, welches man genervt skippen sollte.

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Ich denke, dass die Schufa durchaus die nötige Aufmerksamkeit bekommt, wobei die Kontrolle möglicherweise verbesserungswürdig ist.
Was aber definitiv zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, ist der Fakt, dass es ca. 20 weitere Auskunfteien gibt, z.B. Creditreform, Bürgel und Infoscore.
Wer seine Daten im Blick behalten und womöglich optimieren möchte, müsste bei allen sich jährlich eine Auskunft über gespeicherte Daten holen. Die anderen können sich durch die Prominenz der Schufa in deren Schatten aber schön verstecken und sind deshalb für einige Unternehmen mittlerweile der interessantere Geschäftspartner.

Und das, was im Eröffnungspost steht, betrifft ja nicht nur die Schufa.
Wer mit sofort von Klarna zahlt, gibt denen Einblick auf die Kontobewegungen der letzten 30 Tage, viele nutzen ein kostenloses Onlinebanking-Programm und haben meist keine Ahnung, welche Freigaben sie dem Anbieter beim verwerten deren Daten gegeben haben.
Onlinehändler bieten monatliche Zahlungsvereinbarungen per Lastschrift an, wenn sie dafür eine PSD2-Freigabe bekommen und haben damit direkt Zugriff auf die Kontobewegungen des Kunden und den Kontostand (im B2B-Geschäft besonders interessant, sieht man doch die Liquidität des Geschäftspartners und dessen weitere Geschäftspartner).
Und wer jetzt sagt: so blöd wird doch keiner sein:
Doch, ohne Not haben viele o²-Kunden ihr Bankkonto verknüpft und das Häkchen gesetzt, dass die Schufa die Daten abfragen und verwerten darf.
Was das Experiment, das die Schufa mit O² durchführte uns also lehrt: der allgemein sorglose und uninformierte Umgang mit den eigenen persönlichen Daten ist weit verbreitet.
Mich würde nicht wundern, wenn Auskunfteien neben der Schufa schon längst Zugriff auf einzelne Bankkonten haben. Da hilft auch nicht, der Schufa mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, im Endeffekt muss der Mensch auch manchmal das eigene Hirn einschalten und sich selbst schützen.

Vorab, ich teile deine Bedenken weitestgehend, dass Thema Schufa ist vor allem im Bereich IT seit Jahren immer wieder Thema (netzpolitik.org, golem.de etc.) und obwohl Böhmermann das Thema aufgegriffen hatte, schafft es die Schufa immer wieder sich ganz schnell aus dem Licht der Öffentlichkeit zu ziehen.

Hier will ich aber doch einhacken, der Bedarf ist absolut gegeben!
Jeder der schon mal auf der Seite des Zahlungsausfall stand wie Händler, Vermieter (aber auch Banken) sind darauf angewiesen, zu wissen mit wem mach ich den Geschäfte und wie zuverlässig ist derjenige.
Und da nicht wie früher, viel innerhalb eines Ortes gehandelt wird wo man die Menschen persönlich kannte bzw. zumindest sein Leumund bekannt war, sondern global und anonym, würde ohne eine Bonitätsauskunft ein Großteil der Geschäfte nicht zustande kommen oder sich in die Länge ziehen.
Klar könnte man jetzt sagen, dann macht man gerade im Versandhandel nur noch gegen Nachnahme, ich möchte dann nicht wissen, wann die Pakete geliefert werden wenn jeder an der Haustür abkassiert werden muss. Wir haben nicht mehr das Versandaufkommen aus den 90er. :wink:

Die Notwendigkeit ist für mich unbestritten, ich würde mir aber auch eine transparente nicht privatwirtschaftliche Einrichtung dafür wünschen, ich bezweifle aber stark das es ersten so kommen wird, und selbst ganz hypothetisch das es dann besser werden würde.
Das was alle Auskunfteien als Dienstleistung anbieten, ist weitestgehend digitalisiert und trotz auch gewisser Fehlerquoten bin ich der Meinung, dass die ihr Handwerk schon verstehen.
Die Wahrscheinlichkeit das man per Gesetzt eine ganze Branche einstampft und den Dienst verstaatlicht, halte ich für ausgeschlossen.

Grüße