Daniel Günther exp.Wachstum

Hallo,

Mich stört die Häme, die Daniel Günther entgegenschlägt, wenn er über „wirkliches exponentielles Wachstum“ spricht. In diesem Zusammenhang muss man sich die Zahlen und auch auch die Maßnahmen in Schleswig-Holstein anschauen. In Flensburg nahm die B117-Variante sehr früh die Oberhand. Das exponentielle Wachstum war deutlich sichtbar, dies auch in dem angrenzenden Kreis Schleswig-Flensburg. Auch die Belastung der Krankenhäuser entwickelte sich bedrohlich. Bei einer Inzidenz von über 180 wurde die Notbremse gezogen. Flensburg verschärfte die Maßnamen und verhängte eine nächtliche Ausgangssperre. Schulen wurden geschlossen, auch die im Kreis Schleswig-Flensburg, die viele Flensburger Schüler beschulen. Heute hat Flensburg eine Inzidenz von 77,6, der Kreis SL-FL 20,4. Das exponentielle Wachstum wurde vorerst gestoppt. Die Maßnahmen, die in der MP-Konferenz beschlossen wurden, werden auf Kreisebene umgesetzt. Das heißt im Kreis SL-FL gelten andere Bestimmungen, wie in Flensburg.

In diesem Zusammenhang sehe ich auch die Aussage von Günther. Ob die vergleichsweisen niedrigen Inzidenzen in Schleswig-Holstein ein Erfolg der Politik sind, mag ich nicht beurteilen. Viele werden sagen, dass es an der geringen Bevölkerungsdichte liegt. Aber auch in Schleswig-Holstein stehen wir nicht auf unserem Quadratkilometer und winken uns zu.

Herr Günther offenbart mit seiner Aussage, dass er keine Ahnung über exponentielles Wachstum hat. Dies gilt jedoch auch für fast alle anderen Berichterstatter. Üblicherweise wird der Begriff „exponentielles Wachstum“ als Synonym für „überraschend starkes Wachstum“ genommen. Exponentiell hat damit aber nichts zu tun. Exponentielles Wachstum kann auch langsam sein. Dazu muss man nur auf sein Sparbuch gucken (wenn man da überhaupt Zinsen kriegt). Rein mathematisch breitet sich Corona exponentiell aus und zwar eigentlich immer! Ein Mensch steckt durchschnittlich R andere an. R > 1 heißt exponentielles Wachstum, R < 1 heißt expontentieller Rückgang. Die Inzidenzen, egal wie hoch sie sind, wachsen oder fallen also immer exponentiell, sofern nicht der grundsätzliche Mechanismus dahinter ausgehebelt ist (das wäre z. B. der Fall, wenn die Bevölkerung nahe der Durchseuchung wäre).

Wenn man von wirklich exponentiellem Wachstum redet, dann gibt man einen falsch verstanden Zusammenhand noch falscher wieder…

3 „Gefällt mir“

Ich hab leider das Original nicht mehr wiedergefunden, hatte aber irgendwo auf Twitter mal einen Screenshot dieser „korrigierten“ Version gemacht.

4 „Gefällt mir“

Hallo Jan,

Aber wenn der R-Wert um 1 pendelt. Kann man dann von exponentiellem Wachstum sprechen. Bei einer über einen längeren Zeitraum relativ konstanten Inzidenz handelt es sich das doch um lineares Wachstum, oder verstehe ich das verkehrt. Günters Formulierung ist natürlich falsch, aber ich glaube nicht, dass er die fragile Situation nicht versteht.

Hi Ellen,

der Cartoon ist ja erstmal nur ein Cartoon. Man muss das in der öffentlichen Debatte begrifflich vielleicht nicht ganz so streng sehen wie @FlorianR in seinem Kommentar (auch wenn er in der Sache natürlich völlig recht hat!) und dabei ging es bei Günther ja auch nur am Rande.

Das Problem damit ist m. E. eher, dass er zum Einen die ja nun wirklich lange genug bekannte zeitliche Verzögerung unterschlägt und niedrige Inzidenzen leichter stabil zu halten sind als hohe (vgl. „Wellenbrecherlockdown“ vor Verschärfung, Anfang November bis Mitte Dezember). Ein R-Wert der über einen langen Zeitraum genau bei 1 läge würde zu gar keinem Wahstum führen, da die Zahl der Infizierten gleich bliebe, das ist aber ziemlich theoretisch. Bei jungen Infizierten, die auf Intensiv sehr lange „durchhalten“, könnte das auf zu hohem Niveau trotzdem zu einer Kummulation und damit Überlastung führen.

Ich kenne die Situation in S-H nicht im Detail, aber deutschlandweit haben wir steigende Inzidenzen, auch schon wieder steigende Intensivbelegung. Ersteres würde bei heute greifenden Maßnahmen noch zwei Wochen weiter steigen, zweiteres drei bis vier Wochen. Vor diesem Hintergrund finde ich solche Aussagen irgendwie schwierig, bin aber auch generell kein Freund von dieser Oszillation durch Öffnung und Verschärfung um die 100, die sich als schwer zu halten und mit hohen gesundheitlichen und ökonomischen Kosten verbunden erweist.

2 „Gefällt mir“

Ich bin mit dir völlig einer Meinung. Jeder COVID-Fall ist einer zuviel . Man muss sehr schnell auf negative Entwicklungen reagieren. Hier im ganz hohen Norden hat es irgendwie geklappt. die Inzidenz von Flensburg ist von über 180 auf 59 gesunken. Im Kreis Schleswig-Flensburg liegt die aktuelle Inzidenz bei 29. im Süden Schleswig-Holsteins sind die Zahlen Im Moment eher steigend aber keines über 135. (Ziel sollte allerdings eine Inzidenz unter 10 sein, um wirklich Herr der Lage zu bleiben) Ich frage mich einfach warum das hier trotz B117 geklappt hat und in es in Thüringen, Bayern und Sachsen Inzidenzen über 300 gibt.

1 „Gefällt mir“

Ja, muss man nicht so streng sehen. Das kann ich nachvollziehen, bin aber trotzdem der Meinung, dass man das zumindest strenger sehen sollte. Exponentielles Wachstum bedeutet, dass es nicht immer gleich viel wächst, sondern sich das Wachstum beschleunigt. Das entscheidende daran ist, dass wir als Menschen an so etwas aus dem Alltag nicht gewohnt sind. Daher ist es für uns nicht intuitiv solch ein Wachstum vorherzusagen. Beispiel: Bakterien verdoppeln sich innerhalb eines Tages. Nach 100 Tagen ist die Petrischale voll. Wann ist sie halb voll?

… bitte kurz selber schätzten …

Die Antwort ist nach 99 Tagen ist die Schale halb voll. Man selbst neigt aber dazu aus dem Bauch eher 50 Tage und ein bisschen mehr, also vielleicht 70-80 Tage zu sagen. Und der Comic drückt das sehr gut aus - Zahlen niedrig - steigen ein bisschen - unter Kontrolle - Oh Schreck nein, jetzt explodieren sie, das konnte ja keiner erwarten. Deshalb bin ich an dieser Stelle dafür genau zu sein. Denn wenn man das mit den exponentiellen Wachstum verstanden hat, weiß man auch, wo man am besten bremst: Ganz am Anfang, wenn es los geht.

4 „Gefällt mir“

Das ist definitiv eine gute Frage. Generell weiß man ja, dass die Varianten durch die gleichen Maßnahmen einschränkbar sind, sie verzeihen nur weniger Fehler, wenn man so will.
Aber das ist ein anderes Thema und die Aussage bestimmte Maßnahmen erst bei „wirklich exponentiellem Wachstum“ zu unterstützen kann man m. E. aus mehreren, hier und in der Folge genannten Gründen trotzdem irgendwo zwischen dumm und gefährlich einordnen, auch wenn in „seinem“ Bundesland einige Sachen gut laufen.

Ja, da gehe ich voll mit! Bezog mich eher auf den Bereich rund um R=1 und die Abnahme. Insgesamt wird da echt viel zu oft unsauber kommuniziert und getrennt und eben zu lange so getan, als sei alles in Ordnung.

1 „Gefällt mir“

Hallo Ellen,

vielleicht erzähl doch mal etwas mehr, was Du für ein Gefühl hast wie das bei Euch geschafft wurde?
Hattet Ihr besonders strikte Maßnahmen? Ausgangsbeschränkungen?
oder besonders gute Kommunikation durch glaubwürdige Politiker:innen?
Unaufgregte Regionalzeitungen oder besonders aufgeregte Regionalzeitungen?
Oder einfach eine Bevölkerung, die sich intensiv einschränkt?
Wenig produzierendes gewerbe?

Hallo,

Die Situation nahm nach Silvester Fahrt auf. Ursprung waren nach offiziellen wohl illegale Deutsch dänische Silvesterpartys von Leiharbeitern, die in der Lebensmittelverarbeitung tätig sind. Diese Betriebe befinden sich in Flensburg und auch im anliegenden Kreis. Das Infektionsgeschehen entwickelte sich zunehmend diffus. Die Flensburger Bürgermeisterin wollte bei einer Inzidenz von über 180 eine Ausgangssperre und die Schulen schließen, was auch in Absprache mit dem Land umgesetzt wurde. Schulen im Kreisgebiet, die viele Flensburger Schüler haben, wurden auch geschlossen. Das verlief alles sehr unaufgeregt. Scharfe Kritik an den Maßnahmen habe ich nicht mitbekommen. Die Ausgangssperre wurde schon nach einer Woche aufgehoben, da die Zahlen sehr schnell sanken. Ob das an der Ausgangssperre lag kann ich nicht beurteilen. Ich habe den Eindruck, dass die Gesundheitsämter eine ganz gute Arbeit machen. Schleswig-Flensburg hatte bei einer Inzidenz von 50 Überforderung angezeigt und Hilfe durch die Bundeswehr bekommen. Dazu sind sie auch vom Land ausdrücklich aufgefordert worden. Freunde waren in Quarantäne und wurden täglich vom Gesundheitsamt kontaktiert. Allgemein habe ich auch den Eindruck, dass die Regeln akzeptiert werden. Das ist natürlich nur mein ganz persönlicher Eindruck. Große Industriebetriebe sind hier oben natürlich nicht so viele. Bis heute sind die Regeln in der Stadt Flensburg anders als im Kreisgebiet.

Hi Ellen,

danke fürs erzählen ! :slight_smile: