In diesem Abschnitt sind m. E. gleich zwei unzulässige Schlussfolgerungen enthalten, die du zudem noch als Suggestivfragen formulierst. Erstens schließt du aus einer Einschätzung einer Darstellung in einem konkreten Artikel auf die generelle Möglichkeit der Einschätzung bzw. Darstellung. Zweitens schließt du von einem punktiellen Vergleich zwischen der Darstellung von CRT und Klimawandel (Stichwort „false balance“) auf eine generelle Vergleichbarkeit beider Theorien bzw. Themenbereiche.
Falsch, ich vertrete da nicht meine Position, sondern fasse den Tenor des zitierten Artikels zusammen.
Ich weiß zwar nicht, was dieser „Dank“ bedeuten oder aussagen soll - aber wenn du etwas der journalistischen Qualität des Tagesschau-Artikel auszusetzen hast, kannst du das ja sicher konkret benennen und begründen. Oder ist „nicht objektiv“ hier lediglich ein Synonym für „gefällt mir nicht“?
Eben. Und um die Differenz nachzuvollziehen zwischen der eigentlichen Forschung und dem, was im Zuge dieses Kulturkampfes daraus gemacht wird, finde ich diesen Artikel gut geeignet. Genau so habe ich es ja beschrieben. Nochmal: Wenn du diese Einordnung falsch findest, nenne doch gerne deine konkreten Kritikpunkte und Argumente.
Wenn du davon ausgehst, dass das grundsätzlich so ist, dann ist ja der von mir verlinkte Artikel keine Ausnahme, sondern bestätigt die Regel. Warum kritisierst du dann genau diese fehlende „Objektivität“?
Nochmal: Das Kriterium Objektivität kam aussschließlich von dir, nicht von mir. Du kritisierst hier also im Grunde nur dich selbst. Ich habe lediglich gesagt, dass der von mir verlinkte Artikel die Differenz zwischen Forschung und Kulturkampf gut auf den Punkt bringt.
Ich verbitte mir den unterschwelligen Vergleich mit AfDlern. Antworte offen oder gar nicht.
Na dann,
Ich habe nicht behauptet, dass es eine monolothische Ideologie ist. Das hast du getan. Natürlich besteht sie aus verschiedenen Strömungen, Soziologie, Untersuchung v.a. des amerikanischen Rechts, philosophische Strömungen der kritischen Theorie. Später kam noch der Intersektionalismus dazu (Crenshaw). Du vereinfachst und baust damit den Strohmann, den du mir unterstellst. Das ist ein feiner rhetorischer Trick, sehr hübsch.
Aber jenseits rhetorischer Spiele und unterschwelligen Rechtsunterstellungen noch ein paar Argumente. Spannend sind zum Beispiel zwei liberale Stimmen in den USA, die durchaus Kritik an das Gedankenfundament legen und damit - finde ich -eigentlich spannenden Frage stellen:
John McWhorter ist ein Linguist, Autor und Professor an der Columbia University. Er hat sich auf Themen wie Sprachwandel und Kreolsprachen spezialisiert und ist ein prominenter Kommentator zu Fragen der Rasse und Kultur in den USA. Eine interessante Person. In der New York Times war er regelmäßiger Kolumnist über gesellschaftliche Themen.
Sullivan erlangte breite Bekanntheit als Chefredakteur von The New Republic und schrieb für Medien wie The New York Times, The Atlantic, und New York Magazine. Auch er dem liberalen Lager zuzuordnen und nicht Teil des Kulturkrieges.
Beide Autoren kritisieren die illiberale Grundhaltung von CRT und Intersektionalismus.
Das ergibt sich aus den Axiomen:
Die Critical Race Theory (CRT) basiert auf den folgenden Grundannahmen (Axiomen):
Rassismus ist strukturell und allgegenwärtig: Rassismus ist nicht nur individuelles Fehlverhalten, sondern tief in die Strukturen der Gesellschaft eingebettet.
Intersektionalität: Die Erfahrung von Rassismus überschneidet sich mit anderen Formen der Diskriminierung (Geschlecht, Klasse, Sexualität).
Erfahrungswissen: Die Erfahrungen von marginalisierten Gruppen sind eine wichtige Quelle des Wissens.
Diese Axiome sind theoretische Annahmen, aus denen Ableitungen wie die Notwendigkeit von Reformen in Recht und Bildung folgen.
Ich denke, die Diskussion entsteht daraus, dass die einen die drei Axiome als empirisch validiert behaupten, und andere (unter anderem ich) sie zumindest zu großen Teilen als normativ betrachten und sich daher alle anderen Erkenntnisse davon ableiten.
Die Kernannahmen basieren auf ethischen und moralischen Werten wie Gerechtigkeit, Gleichheit und der Überwindung historischer Unterdrückung. Die Behauptung, dass Rassismus allgegenwärtig und tief in Institutionen verankert ist, geht oft von einer moralischen Verpflichtung zur Beseitigung dieser Ungleichheiten aus, was CRT von rein neutralen, deskriptiven Theorien unterscheidet.
Wenn aber empirische Studien normativ eingefärbt sind, kann man meiner Meinung nach legitim kritisieren, dass die Interpretation von Daten durch eine normative Brille gefiltert wird, da sie tendenziell Ergebnisse priorisiert, die strukturellen Rassismus als zentrale Ursache betonen (anstatt zum Beispiel ökonomische Ungleichheit). Dadurch entsteht ein potenzieller Bias, bei dem empirische Ergebnisse zugunsten der normativen Grundannahmen von CRT interpretiert werden.
Das ist, als ob es die Klimawissenschaft vorher nicht gegeben hätte und diese sich zur Überwindung des Klimawandels neu gegründet hätte, also ein wissenschaftlicher Zweig mit einer inhärenten Agenda. Und so changiert CRT zwischen Wissenschaft und Aktivismus und will je nachdem, wie es kommt, beides sein.
Die BBC bezeichnet Anthony Zurcher, ihren Nordamerikakorrespondenten, als Polemiker. Das wäre für mich wirklich neu, hast du da Beweise?
Und da unterscheiden wir uns, ich sehe den Liberalismus nicht so schwarz-weiß. Ich stimme dir zu, dass, wenn du das meinst, die Liberalismus zunehmend als Wirtschaftsliberalismus bis hin zu libertären Ausrichtungen (die dann schon den Boden des klassischen Liberalismus verlassen) seit den 80ern Überhand gewonnen haben und die eigentlichen Werte zurückgetreten sind (woran auch die FDP krankt, m.M.n., die inhaltlich völlig ausgehöhlt und ohne Wesenskern ist). Das ist bedauerlich, weil gegen die Extreme von Kulturkämpfen von linker und rechter Seite und autoritären Herausforderungen nur eine starke liberale und aufklärerische Haltung helfen kann - und ja, auch gegen eine kritische Theorie, die durch die Infragestellung von allen Fakten ebenfalls zur Beliebigkeit von Informationen und Argumenten geführt hat.
Aber ich würde einmal nach diesem langen Post mutmaßen, dass wir hier nicht zusammenkommen werden. Die Frage ist, ob alle Argumente ausgetauscht sind und ob ein weiteres Hin und Her noch Sinn macht?
Ich habe dich nicht mit AfDlern „verglichen“, ich habe eine Analogie deiner Argumentation zu einem bestimmten Verhalten hergestellt.
Du hast wiederholt undifferenziert von „CRT“ oder „der CRT“ geschrieben (und tust es auch in diesem Post wieder) und damit aus meiner Sicht genau diesen Eindruck vermittelt. Auf die verschiedenen Strömungen und disziplinären Zugänge bist du gerade nicht eingegangen. Aber um so besser, wenn wir da einer Meinung sind.
Zu den Axiomen von „der“ CRT:
Zumindest bei Punkt 1. und 2. läuft die Kritik ja darauf hinaus, etwas was man empirisch feststellen kann, als pures theoretisches Konstrukt darzustellen. Anders gesagt: Wenn sich messen lässt, dass rassistische Denk- und Handlungsweisen in der Gesellschaft so weit verbreitet sind, dass sie einen strukturierenden Effekt auf die Gesellschaft haben (das bedeutet m. E. struktureller Rassismus), dann ist ja nicht die Feststellung dieser Tatsache „illiberal“, sondern die Tatsache an sich, da sie die Handlungsmöglichkeiten von Individuen in unterschiedlicher Weise einschränkt.
Den gleichen Vorwurf der „Iliberalität“ gab es übrigens auch schon mehrfach gegenüber der Frauenbewegung, die Argumentation war ziemlich ähnlich. Die Faktizität der kritisierten strukturellen Ungleichheiten wurde in Abrede gestellt oder als partikulares politisches bzw. „normatives“ Interesse dargestellt, während die bestehenden Strukturen, die diese Ungleichheit hervorbringen, als „Normalität“ legitimiert und affirmiert wurden.
Die moralische Verpflichtung zur Beseitigung von Ungleichheiten geht auf so „normative“ Ideen zurück wie das Konzept der Menschenrechte, die eben für alle Menschen gleichermaßen gelten sollen. Das kann man natürlich als „potenziellen Bias“ bezeichnen.
Wenn man die mit potentiellem Bias entstandenen Theorien entkräften möchte, reicht es aber nicht, Normativität oder Bias zu behaupten. Es reicht nicht mal ihn zu belegen. Sondern man muss die verzerrten Ergebnisse oder Erhebungsmethoden durch bessere ersetzen.
Dein angedeuteter Ansatz, dass vielleicht nicht Schwarze benachteiligt werden sondern nur Arme, löst das Problem jedenfalls nicht, da es dann ja zu erklären gilt, welches die nicht strukturell rassistischen Ursachen sind, dass Schwarze statistisch eher arm sind.
Nein ich habe nur gefragt und faust hat geantwortet. Alles fein.
Ohne Unterstellungen kannst du nicht argumentieren oder? Du hast den Artikel eingeführt mit einer Einordnung an alle zu dem Thema, das er eine Einführung in den CRT-Diskurs gäbe. Das tut er aber nicht objektiv, weil er legitime Kritik ausschließt und den Eindruck erweckt, dass eine wissenschaftliche Theorie Teil eines Angriffs der Rechten ist. Wie ich geschrieben habe, ist der Artikel aus einer Forschungssicht legitim.
Er hat aber mit diesem Thread nichts zu tun und ist schon gar keine Einordnung von CRT im Allgemeinen. Das hat mit „gefällt mir nicht“ wenig zu tun.
Das verstehe ich Nur ist die Struktur „Zitate von Kritikern - Boris Palmer u.a.“, „Kurze Beschreibung von CRT“, „Zitate der extremen Rechten in den USA“. Also nein, kein besonders guter Artikel m.M.n…
Ich habe nicht unterstellt, ich habe gefragt. Also, um es mit deinen Worten zu sagen „Alles fein“.
Die Behauptung „Ohne Unterstellungen kannst du nicht argumentieren“ würde ich aufgrund seiner Generalisierung allerdings durchaus als Unterstellung klassifizieren.
Nein, ich habe den Artikel nicht als „Einführung in den CRT-Diskurs“ eingeführt und auch nicht als „Einordnung von CRT im Allgemeinen“, sondern als Beschreibung des Unterschieds zwischen Forschungsansatz und Kampfbegriff. Kann jeder nachlesen.
Zum dritten Mal: Ich habe nie von „Objektivität“ gesprochen. Und wenn aus deiner Sicht wichtige Aspekte des Themas in dem Artikel unzureichend vorkommen, steht es dir ja frei, darauf hinzuweisen und ergänzend auf andere Artikel hinzuweisen. Wo ist das Problem?
Ich glaube, dass du den Artikel nicht so gut findest wie ich, haben inzwischen alle verstanden. Spannender als die Frage, ob es legitim ist, dass ich einen Artikel verlinke, den ich lesenswert finde, du aber vielleicht nicht so, fände ich ja konkrete Kritikpunkte an dem Artikel.
CRT ist eine Sammlung von Theorien, die sich ergänzen und insgesamt unter CRT zusammengefasst werden. Ich muss jetzt nicht den Wikipedia-Artikel verlinken oder? Den Popanz „Monolith“ hast du aufgebaut. Oder gibt es mehrere CRTs? Dann würde mich das sehr interessieren.
Immer wieder diese Extreme, sehr ermüdend. Niemand stellt strukturelle Ungeleichheit in Frage. Die normative Festlegung besteht darin, dass Rasse (race) das führende Element der Ungleichheit ist. Übrigens anders noch als die marxistischen Analysen.
Wenn du immer extreme Positionen aufbaust und unterstellst, wird das mit einer vernünftigen Diskussion nichts.
Der Sprung von messbarem Rassismus hin zu einer Generalisierung auf eine liberale Rechtsordnung als rassistisches System ist eher eine unzulässige normative Schlussfolgerung. Aus der kann ich dann natürlich vieles ableiten.
In der Abstraktheit vielleicht nicht. Aber es soll ja Liberale geben, die allein schon die Benennung bestimmter strukturereller Ungleichheiten die Faktizität absprechen und diese als vorwiegend normatives Konstrukt beschreiben.
Das ist ein Punkt, den man ja tatsächlich mal kritisieren könnte. Das ist aber etwas völlig anderes, als die Fundamentalkritik an der Feststellung, dass Rassismus ein Strukturmerkmal moderner Gesellschaften ist.
Wenn du schon die Verwirklichung von Menschenrechten als „Aktivismus“ framst, frage ich mich, wie denn deiner Meinung nach eine „pure“ Wissenschaft aussehen soll, die völlig frei von ethischen Grundsätzen und daraus abgeleiteten normativen Vorannahmen ist.
Du schreibst, dass du die Richtigkeit folgender „Axiome“ anzweifelst:
Bleiben wir mal nur beim 1. Punkt: bist du wirklich der Meinung, dass es in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Recht und Arbeit keinen strukturellen Rassismus gibt?
Ja, das ist leider das Problem. So sehr ich als ehemaliger Politologe die Sozialwissenschaften schätze, würde ich ihnen immer mit einer großen Portion Skepsis begegnen.
Sie bringen Diskussions- und Ideenimpulse, aber als Mischung aus deskriptiven, normativen und empirischen Elementen werden sie nie die gleiche Qualität haben wie Mathematik oder Naturwissenschaften. OK, hoffentlich sind keine Sozialwissenschaftler im Forum…
Da kommst du genau zum spannenden Punkt, denke ich. Die Erklärung, dass Rassismus der Primärfaktor ist, aus dem sich alle anderen ableiten, verkennt m.M.n. die klassischen ökonomischen Ungleichheiten, die sich aus Bildungszugang, Schulstrukturen und zum Beispiel Wohnort ergeben. Um nur einige zu nennen. Also in der Tat historisch gewachsene Strukturen.
Diese sind bis 1970 durch Segregation und Rassismus in den USA entstanden, haben aber nunmehr eine „Klassenstruktur“ als Grund der etablierten Ungleichheit denn ein fortgesetzter struktureller Rassismus.
Dazu muss man aber auch das System der USA sehen, bei dem zum Beispiel gute Bildung von Geld abhängig ist.
Das heißt nicht dass es keinen Rassismus gibt, nur sehe ich den Ressourcenzugang als elementarer. Was übrigens PoC genauso betrifft wie LatinX, Asiaten oder unterprivilegierte Weiße.
Wichtig ist, z.B. Chancengleichheit zu schaffen: Gute öffentliche Schulen, fairer Zugang zu weiterführender Bildung etc. Daran krankt das US System schon seit ewig und unser System zunehmend.
Mein Punkt: Rasse und Rassismus als Prädiktor ist einer, aber in der Absolutheit von CRT irreführend. Es ist eine Erklärung und Fortschreibung der Ursachen der Vergangenheit auf die aktuelle Gegenwart. Allerdings haben sich die Faktoren in det Gegenwart gewandelt und CRT verschleiert die ökonomischen Faktoren.
Jetzt bin ich doch etwas verwirrt. Du gibst einer zentralen These von CRT recht - nämlich, dass die vergangene rassistische Ungleichbehandlung bis in die heutige Gesellschaft nachwirkt. Gleichzeitig sagst du aber, der strukturelle Rassismus werde nicht fortgesetzt. Wie funktioniert das zusammen? Offenbar wird doch der strukturelle Rassismus fortgesetzt, wenn Menschen, die aufgrund rassistischer Diskriminierung in Armut geraten sind, weiter in Armut bleiben?
Dieser Absatz erscheint mir in sich widersprüchlich. Du sagst, der Faktor Rassismus hat dazu geführt, dass die Betroffenen, in bei den Faktoren Bildung Wohnort und Arbeit benachteiligt sind. Das heißt doch nichts anderes als dass sich eine benachteiligende Struktur gesellschaftlich gefestigt hat. Ob nun aktuell eine Person aufgrund des Nachnamens, des Wohnviertels oder des Schulnamens oder des Abschlusses diskriminiert wird, ist doch gehupft wie gesprungen, wenn alle diese Faktoren auf die primäre rassistische Diskriminierung zurückzuführen sind.
Dass sich diese Benachteiligungen auch auf die ökonomische Situation auswirken ist klar. Aber ich sage mal so: Wenn die Polizei einen Schwarzen erschießt, gucken die nicht vorher auf den Kontostand.
Ja, ich bin der Meinung, dass der Prädiktor übertrieben ist.
Beispiel Bildung: Einer der großen Gleichmacher in den 1960ern und besonders 1970ern (Brandt) war das Bildungssystem. Ich will jetzt nicht auf die Trennung Gymnasium eingehen. Aber eine große Veränderungswelle waren die Investitionen in öffentlicher Bildung. Dritter Bildungsweg, Absu von Hindernissen. Ein riesiger Erfolg einer damals noch zukunftsoptimistischen SPD.
Und heute? Verfall der öffentlichen Schulen, das Niveau sinkt besonders in ärmeren Stadtteilen. Reiche schotten sich ab und schicken ihre Kiddies auf Privatschulen.
Ein gutes öffentliches Schulsystem auf hohem Niveau nivelliert Klassenunterschiede. Gleiche Chancen auch für Unterprivilegierte.
Die Nachteile treffen alle, egal ob PoC oder arabischstämmig oder weiß. Rassismus führt hier in die Irre, glaube ich.
Beispiel Gesundheit: Der Abbau von öffentlichen Gesundheitsleistungen trifft alle unabhängig von Rasse oder Geschlecht und zementiert ökonomische Unterschiede.
Ich wüsdte zum Beispiel nicht, dass zum Beispiel Arztleistungen aufgrund der Hautfarbe verwehrt würden.
Beispiel Arbeit: Anders als vielleicht noch vor denn 2000ern ist diskriminierendes Verhalten bei den meisten Arbeitgebern zurecht sanktioniert. Wie bei Arbeit sehe ich das Thema sehr stark über Bildung - siehe oben. Je stärker die Basis hier eventuelle Bildungsschwächen im Elternhaus ausgleicht, desto besser.
Beispiel Recht: das ist ein Faktor, der von amerikanischen CRT-Theoretikern auf Basis des amerikanischen Systems stark in den Blick genommen wurde, allerdings haben die USA das System von Case Law, das Geschworenensystem und wenig geschriebenes Recht a la Code Civil. Das ist tatsächlich spezifisch US amerikanisch und baut auf eine gewachsene Struktur. Da kann ich es nicht im Detail beurteilen, ich kann mir vorstellen, dass die Kritik für die USA sogar zutrifft. Das Jury System fände ich unabhängig von Race oder anderen Faktoren absolut scary, da Emotionen jeder Art hineinkommen. Oder das System, dass verurteilte Häftlinge für ihren Aufenthalt bezahlen müssen - nach dem Gefängnis bist du noch verschuldet.
Aber trifft das auf das deutsche Rechtssystem zu, bei dem alles kodifiziert ist bis zum letzten Detailpragraphen? Bevorzugt es Weiße? Sorry, dass sehe ich nicht. Jedenfalls nicht in der Axiomatik der CRT-Theorien.
Nochmal, Rassismus existiert und wird immer existieren. Nur lassen sich die meisten Faktoren mit Chancenungleichheit und ökonomischer Imbalance viel besser erklären, meine ich.
Daraus folgt: Die jetzige Politik in den Bereichen oben schafft Umstände, die Strukturen verfestigen, die Ungleichheit fördern und das trifft die, die kein Vermögen haben. Und das Vermögen liegt bei einigen wenigen Eingesessenen.
Jetzt klinge ich aber mehr links als liberal - sei es drum
Ja, interessant. Weiter unten habe ich geschrieben:
Mein Punkt: Rasse und Rassismus als Prädiktor ist einer, aber in der Absolutheit von CRT irreführend. Es ist eine Erklärung und Fortschreibung der Ursachen der Vergangenheit auf die aktuelle Gegenwart. Allerdings haben sich die Faktoren in det Gegenwart gewandelt und CRT verschleiert die ökonomischen Faktoren.
Mein Dissens besteht nicht darin, dass Rassismus zu ökonomischer Ungleicheit geführt hat. Das ist evident, denke ich.
Ich bezweifle aber die Erklärung, dass aus Rassismus heraus im Hier und Jetzt die Ungleichheit beibehalten wird. Stattdessen sind es klassische ökonomische Faktoren, die durch soziale Schichtung Ungleichheit fortsetzen. Das kann Weißen genauso passieren.
Da halte ich das Axiom des strukturellen Rassismus sogar für schädlich, auch wenn es gut gemeint ist, weil es Gräben produziert und alte Narrative perpetuiert.
Zumal viele der Thesen auf Basis eines ökonomisierten US-Bildungssystems und eines schrägen Rechtssystems erwachsen sind, fie ohne weiteres nicht auf anders kodifizierte Systeme übertragbar sind.
Wenn Du recht hättest, wäre die Durchlässigkeit zwischen den sozialen Schichten für alle gleich. Alle mir bekannten Studien zu Bewerbungen und Leistungsbewertungen mit Deutschen oder ausländisch klingenden Namen widersprechen dem jedoch.
Das Argument, dass auch Weiße mal eine Absage bekommen können, führt hingegen völlig in die falsche Richtung. Es geht ja um eine gruppenbezogene Benachteiligung, die sich statistisch auswirkt.
zu 2.
Mir ist nicht klar, wie eine so banale Beschreibung eines Sachverhalts wie der Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen zu einer fragwürdigen theoretischen Annahme gemacht werden kann.
Der Unterschied ist meiner Meinung nach folgender: Im Hier und Jetzt ist die Situation aber nicht mehr durch ein rassistisches System wie in den 1960ern fortgesetzt, sondern ist ein ökonomisches Problem von Ungleichheit, das gelöst werden muss, unabhängig, ob dort LatinX, PoC oder Weiße wohnen.
CRT sagt (vereinfacht): die Ungleichheit jetzt wird fortgesetzt, weil die Gesellschaft unbewusst strukturell rassistisch ist
Ich behaupte: Die Ungleichheit jetzt ist aus Rassismus entstanden, aber Rassismus ist kein Antreiber mehr, sondern die klassische Chancenungleichheit. Ergo bringt es nichts, eine Chimäre (struktureller Rassismus) zu bekämpfen, sondern die ökonomischen Themen im Heute.
Anders gesagt: die notwendige Aufarbeitung ist eine gemeinsame Aufgabe von Weißen und PoC besonders in den USA.
Aber die Lösung nach vorne liegt in der Schaffung von Chancengleichheit für alle - Iren, PoC, Indigene, Weiße, LatinX. Das Postulat von strukturellem Rassismus ist daher spalterisch und führt m.Mn. Am Problem vorbei.