COMPACT Verbot - juristische Einordnung

Stell dir vor, es gibt sogar die Möglichkeit, verfassungsfeindliche Parteien zu verbieten.

Und das linke Medium Indymedia.Linksunten wurde von Horst Seehofer mit einem Vereinsverbot belegt - dem gleichen, welches hier zur Anwendung kommt.

Aber als ein rechter Innenminister einem mutmaßlich verfassungsfeindlichen linken Medium den Garaus gemacht hat, hast du dich bestimmt ebenso echauffiert, nicht wahr? Oder als PKK-nahen Publikationsorganen („Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH“, "MIR Multimedia GmbH“) mit einem Vereinsverbot begegnet wurde - oder den Islamistinnen und Islamisten von „Die Wahre Religion“.

1 „Gefällt mir“

Wenn ein linkes Medium aktiv für die Abschaffung des Verfassungsstaats agitiert würde ich auch als links eingestellter Mensch ein Verbot unterstützen. Ob die Demokratie von links oder rechts abgeschafft wird ist doch ziemlich egal. Was nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass aktuell und seit langem die Gefahr hauptsächlich von rechts ausgeht.

1 „Gefällt mir“

Diese Fälle sind dahingehend nicht vergleichbar, weil das Problem beim Linksunten-Verbot nicht in der Begründetheit der Klage, sondern in der Zulässigkeit lag. Daher: Sowohl das BVerwG als auch das BVerfG haben sich mit der inhaltlichen Frage, ob das Verbot legitim war, gar nicht auseinander gesetzt, weil sie bereits aus anderen Gründen die Klage als unzulässig verworfen haben.

Das Problem war hier, dass sich, aus Angst vor Strafverfolgung, niemand klar als Urheber von linksunten outen wollte. Also hatten wir den Fall, dass die Leute, die Klagen eingereicht haben, gar nicht deutlich machen konnten, selbst von dem Verbot betroffen zu sein. Das machte es den Gerichten einfach, das Verfahren mangels Zulässigkeit der Klagen einzustellen. Dieses Problem wird Compact natürlich nicht haben, hier gibt es mit Elsässer einen klaren Verantwortlichen im Sinne der Presse, der ganz klar klageberechtigt ist, sodass die Zulässigkeit der Klage außer Frage steht. In diesem Fall wird es daher auf die Begründetheit der Klage hinauslaufen, die beim Linksunten-Verfahren eben gerade nicht geprüft wurde.

—> Man kann aus dem Vergleich beider Fälle wirklich absolut keine Information über den Ausgang des Verfahrens ziehen. Das mag als Nicht-Jurist schwer nachvollziehbar sein, ist aber ganz wichtig, zu verstehen. Es gab im Fall „Linksunten“ keine juristische Klärung in der Sache, sondern nur in der Zulässigkeit der Klage. Hätte sich jemand offen zu Linksunten bekannt und wäre damit klagebefugt gewesen, hätten sowohl das BVerwG als auch das BVerfG möglicherweise das Verbot verworfen, aber dazu kam es eben nicht.

Elsässer hat nun einfach ein neues Magazin aufgelegt und gleich mal nach der Person benannt, die das alte verboten hat.

Hallo,
Kurz vorweg zur Einordnung. Ich habe noch nie einen Artikel dieses Magazins gelesen und kenne deshalb dessen Inhalte nicht.

Da mich das Thema jedoch allgemein und zuletzt auch auf Grund der Diskussion hierzu in den Medien, beschäftigt hat, ich jedoch keine Ausbildung auf juristischem Gebiet habe, habe ich mal einen KI dazu befragt.
Antwort:
…Hass und Hetze sind nicht durch Art. 5 GG geschützt. Art. 5 garantiert zwar die Meinungsfreiheit aber dieses Gesetzt hat Grenzen. Sie endet dort wo die Würde der Menschen verletzt wird oder andere Grundrechte, wie Art. 3 GG, beeinträchtigt werden. …“

1 „Gefällt mir“

Die Meinungsfreiheit endet an zwei ganz zentralen Punkten:

Zum einen dort, wo Hass und Hetze in einem Ausmaß stattfinden, das justiziabel ist (einfache Gesetzesschranke, z.B. bei Beleidigung und Volksverhetzung), zum anderen dort, wo falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden (falsche Tatsachenbehauptungen fallen nicht unter die Meinungsfreiheit!)

Wichtig ist aber, dass die Pressefreiheit mitunter weiter gehen kann als die Meinungsfreiheit. Bei der Pressefreiheit wird das Institut „Presse“ geschützt, und weniger die Meinung, die das jeweilige Presserzeugnis verbreitet. Deshalb führt die Debatte, ob der Inhalt von Compact unter die Meinungsfreiheit fällt, nicht wirklich viel weiter.

Das eröffnet Spielraum für ein Strafverfahren wegen Fortführung eines verbotenen Vereines. Es handelt sich relativ eindeutig um eine Ersatzorganisation, da die gleichen Personen involviert sind (vor allem Elsässer), die gleiche inhaltliche Schlagrichtung vorliegt und vor allem die Namenswahl einen klaren Bezug zum vorherigen Verbot konstruiert.

Wenn das Innenministerium sich sicher ist, dass das Vereinsverbot gegen Compact Bestand haben wird, sollte es strafrechtliche Schritte gegen Elsässer wegen dieser Ersatzorganisation einleiten. Tut es das nicht, kann das nur als Zeichen der Unsicherheit oder gar Schwäche gewertet werden. Aktuell scheint das Ministerium ein Verbot (und dann wohl auch strafrechtliche Schritte) zu prüfen, zumindest berichten das einige mMn weniger vertrauenswürdige Quellen. Warten wir mal, ob es dazu demnächst berichtenswerte Quellen gibt.

4 „Gefällt mir“

Gerhart Baum hat einen Gastbeitrag zum Thema bei der LTO abgeliefert. Er geht davon aus, dass das Verbot halten wird, da es wesentlich besser begründet sei, als es öffentlich kommuniziert wurde. Hoffen wir, das er Recht behalten wird:

2 „Gefällt mir“

Wichtig ist, dass das nur eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz im Sinne der Folgenabwägung ist. Die Argumente für das Verbot waren daher aus Sicht der Richter zumindest nicht so überzeugend, dass das Verbot sicher halten wird - und wenn es nicht hält, ist es im Rahmen der Folgenabwägung sinnvoll, das Verbot bis zum Urteil auszusetzen.

Dass das Innenministerium es nicht geschafft hat, das Verbot bereits im einstweiligen Rechtsschutz „wasserfest“ zu begründen, ist auf jeden Fall kein gutes Zeichen, aber das kann im Hauptverfahren alles noch nachgereicht werden, wie das Hauptverfahren ausgehen wird steht definitiv noch in den Sternen.

3 „Gefällt mir“

Die Innenministerin wird hoffentlich öffentlich hinterfragt. Sie ist leider bisher nicht unbedingt durch erfolgreiche und überzeugende Arbeit aufgefallen.

Die vorläufige Aufhebung ist Wasser auf den Mühlen der Populisten. Wenn das Innenministerium und Frau Faeser sich entscheiden einen solchen Schritt zu wagen, sollten sie vorher gut vorbereitet sein.

Eine Einschätzung des juristischen sowie kommunikativen Handwerks würde mich sehr interessieren.

Es ist und bleibt am Ende eben eine Abwägung mit der Presse- und Meinungsfreiheit, und die erste Einschätzung der Richter*innen ist eben, dass einzelne Texte und Videos verfassungsfeindlich sind, dies aber nicht ausreicht, um Compact zu verbieten.
Ob die Beweislage von Seiten des Innenministeriums noch verbessert werden kann, bleibt abzuwarten, ich bin da eher skeptisch, weil es eben nicht darum geht einzelne besonders krasse Texte und Videos heranzuziehen, sondern das Gericht überzeugt werden muss, dass die Verfassungsfeindlichkeit blattprägend ist.

Ich fürchte, dass diese gerichtliche Niederlage erstmal der Sargnagel für ein AFD Verbot ist, denn dies war sicherlich auch eine Art Testballon dafür.
Da hier sicherlich keine schnelle gerichtliche Entscheidung zu erwarten ist, ich las von bis zu 3 Jahren, würde ich mich sehr wundern, wenn vor der Bundestagswahl, bzw. vor der dem Abschluss des Hauptverfahrens, noch irgendwas Richtung AFD Verbot passiert.

Ein Zivilverfahren ist zu befürworten, denn eigentlich waren sich alle Journalisten, die ich zu diesem Thema hörte, einig, dass das Compact-Magazin journalistischen Standards nicht entspricht.
Ein Magazin, das ganz klar meinungsbildend ist und dessen Besitzer aus seinen verfassungsfeindlichen Bestrebungen keinen Hehl macht und definitiv prägenden Einfluss auf die Artikel nimmt, kann sich darum auf Meinungs- aber nicht auf Pressefreiheit berufen.
Wenn das Bundesinnenministerium also meint, am Ende die Klage zu gewinnen, kann man im Zivilverfahren die Kosten so richtig hochtreiben, denn der Verlierer zahlt.