Kleine Ergänzung zu Folge 408, Thema CO2 Ausstöße: Ich finde die CO2 Emissionen ganzer Länder miteinander zu vergleichen ist kein fairer Vergleich, da die Einwohnerzahlen der Länder ja doch sehr unterschiedlich sind. Nur als Beispiel: Selbst wenn China und Deutschland die selben Pro Kopf Emissionen hätten, würde China insgesamt 16 mal mehr CO2 emittieren einfach weil dort 16 mal mehr Menschen leben als in Deutschland. Ich glaube Die CO2-Emissionen pro Kopf eines Landes geben hier eine aussagekräftigere Auskunft darüber ab, wie weit ein Land bezüglich Emissionen entwickelt ist. Nach der pro Kopf Rechnung ist China weltweit auf Platz 6 und Deutschland auf Platz 8. G20 verursachen 81 % der globalen CO2-Emissionen - Statistisches Bundesamt
Ich denke, das kommt auf den Zusammenhang an. Wenn es im weitesten Sinne um Klimagerechtigkeit geht, ist die pro Kopf Betrachtung sicher sinnvoll. Wenn es darum geht Emissionen zu reduzieren, macht aber der Blick auf die verantwortlichen Regierungen Sinn. Die Emissionen in China dürfen nicht weiter so steigen, wie bisher und dafür muss primär die dortige Regierung bestimmte Entscheidungen treffen. Ob die sich auf viele oder wenige Menschen verteilen ist für das Weltklima nämlich am Ende egal. Zu viel co2 ist auf jeden Fall tödlich, egal, wie gerecht das verteilt ist.
Aus meiner Sicht stellen die absoluten CO2-Emissionen eines Landes die primäre Größe dar, die den realen Impact auf die globale Erwärmung beschreibt. Sie sind daher zentral für die Bewertung und Planung globaler Klimamaßnahmen. Je grösser der absolute Impact, desto höher die Verantwortung eines Landes. Insofern hat China eine höhere Verantwortung als Deutschland.
Die pro Kopf-Betrachtung liefert ergänzende Informationen, die bei der Formulierung gerechter und praktikabler Lösungen hilfreich sind. Dennoch: Für das Weltklima zählen letztendlich die absoluten Emissionen.
Ich werfe mal eine dritte Betrachtungsweise in den Raum:
Weder der absolute noch der relative (also Pro-Kopf) CO2-Ausstoß sind faire Bewertungen, da sie den Import und Export von CO2 nicht berücksichtigen. China produziert Waren für die ganze Welt, die überall auf der Welt verbraucht werden. Natürlich lässt das Chinas CO2-Bilanz in die Höhe schnellen, aber dieser CO2-Ausstoß müsste eigentlich nicht dem Produktionsland, sondern dem Verbrauchsland angelastet werden, weil deren Bürger letztlich den produzierten Artikel konsumieren (und deren Land diesen Artikel selbst herstellen müsste, wenn es die Chinesen nicht täten…).
In den USA sieht es umgekehrt aus. Die USA sind zwar jetzt schon katastrophal im Hinblick auf den CO2-Ausstoß pro Kopf, würde man hier aber noch den Import berücksichtigen, weil die USA ein Handelsbilanzdefizit haben (also mehr importieren als exportieren) wäre die Situation eigentlich noch drastischer. Die US-Bürger konsumieren wesentlich mehr, als es klimafreundlich möglich wäre, die Chinesen nicht unbedingt.
Auch berücksichtigen diese Daten nicht das Klima vor Ort. Dass es in einem modernen Wüstenstaat (Katar, VAE, Saudi-Arabien) oder in einem eher kalten Land (z.B. Kanada) einen höheren CO2-Ausstoß pro Kopf gibt als in einem Staat mit gemäßigtem Klima sollte eigentlich auch sehr einleuchtend sein - also hier sollte man auch vorsichtig sein, nicht zu vorwurfsvoll zu sein. Generell ist der Heiz- und Kühlaufwand in einem Staat mit überwiegend kontinentalem Klima (z.B. Russland) deutlich größer als in einem Staat mit maritimen Klima (z.B. Westeuropa).
Also das Klima und die Frage, ob viel für Konsum im Ausland produziert wird, muss man eigentlich in jedem Fall berücksichtigen, sonst wird jeder Vergleich, egal ob nach absoluten oder relativen Zahlen, sehr schnell sehr unfair.
Ich denke gerade in Ländern wie China müssen wir dann sogar noch weiter differenzieren. Grundsätzlich hast du mit deiner Betrachtung recht, aber im Fall China ist auch der pro Kopf Ausstoß ein Wert der ein wenig in die Irre leitet. Denn während der Ausstoß von Teilen der Landbevölkerung extrem niedrig ist dürfen die oberen 5-10% eher auf einem Niveau von Deutschland sein. Wobei auch da nochmal ein Gefälle zwischen den superreichen und dem unteren Rand besteht.
Also auch der Konsum im Übermaß findet nicht nur in Europa und den usa statt sondern schon lange auch in Teilen der chinesischen Bevölkerung selbst.
Danke für die ausführliche und richtige Einordnung, @Daniel_K ! Dazu möchte ich auf den Artikel „How do CO2 emissions compare when we adjust for trade?“ von Our World In Data mit guten Kartendarstellungen verweisen.
Ergänzen möchte ich noch, dass natürlich Policies zur Reduktion von Treibhausgasemissionen von Staaten mit hohen absoluten Emissionen besonders wichtig sind. Eine neue Policy zur Einsparung von Treibhausgasemissionen in China hätte einen deutlich höheren Effekt als eine Policy in z.B. Deutschland und auch eine besonders hohe Leitwirkung. ABER eine Policy, die z. B. in China 1 Tonne CO2eq pro Kopf und Jahr einspart, verlangt jeder einzelnen Person deutlich mehr ab als eine Policy, die in den USA 1 Tonne CO2eq pro Kopf und Jahr einspart. Bezogen auf die konsumbedingten Treibhausgasemissionen pro Kopf in China von 7,2 Tonnen und in den USA von 16,5 Tonnen würde dies eine Einsparung von 14 % bzw. 6 % bedeuten.
Vielen Dank für diese wirklich gute Quelle! Das bringt diesen Threads glaube ich wirklich voran. Ich lade jeden ein, sich mal die Zahlen anzuschauen.
Die „handelsbereinigten“ Zahlen pro Kopf zeigen, dass Deutschland mit 9,9t unter den großen Ländern in der EU ziemlich an der Spitze steht und auch deutlich vor China mit 7,2t. Man sieht allerdings auch, dass China gegenüber dem Rest der EU nicht unbedingt besser aussieht. So liegen England und Italien mit 7,2 und 7,4t auf ähnlichem Niveau. Schweden und Frankreich liegen mit 6,5 und 6,2t darunter. Und Spanien mit 5,7t sogar deutlich darunter. Die Türkei liegt bei 4,8t. Und dann muss man beachten, dass in der EU die Tendenz sinkend ist, während sie in China (noch) steigt.
Bei den Zahlen ist folgendes zu beachten:
This data measures carbon dioxide (CO₂) emissions from fossil fuels and industry and does not include emissions from land use change, deforestation, soils, or vegetation.
LULUCF (Land Use, Land Use-Change and Forestry) und Emissionen von Nutztieren machen einen erheblichen Teil der anthropogenen Treibhausgasemissionen aus. Die genannten Zahlen sind daher unvollständig und entsprechend niedrig. Diese müssten natürlich auch konsumbedingt zugeordnet werden. D.h. wenn wir Fleisch aus Brasilien kaufen, müssten uns die Methanemissionen der Tiere und die LULUCF-Emissionen angerechnet werden. Warum diese im Artikel nicht enthalten sind, weiß ich nicht. Vielleicht fehlt die Datengrundlage.
Zu „Environmental Impacts of Food Production“ hat Our World In Data auch einige sehr gute Artikel.
Das ist nicht mehr ganz aktuell. Wahrscheinlich hat China dieses Jahr den Höhepunkt der CO2-Emissionen erreicht. Ab jetzt sollten sie auch in China sinken (geplant war eigentlich 2030)
Wir werden sehen. Ein etwas differenzierterer Beitrag zu China und Emissionen.
Zum Thema Ausstoß/ Verantwortung Chinas könnte man auch die CGD Liste nehmen.
Zitat
" CGD verwendet daher die absoluten Emissionen der Länder seit 1979 und das aktuelle Pro-Kopf-Einkommen, um den „fairen Anteil“ eines Landes an der Klimafinanzierung zu ermitteln. Und siehe da: China liegt dann auf Platz zwei derjenigen Länder, die gemäß Verursacherprinzip (Emissionen) und Leistungsfähigkeit (Einkommen) Klimahilfen bereitstellen sollten.
Angeführt wird die CGD-Liste von den USA. Diese müssten rechnerisch rund 47 Prozent aller Klimahilfen zahlen. Dann folgt China mit acht Prozent. Japan und Deutschland mit je sechs Prozent und Kanada mit drei Prozent runden die Top Five ab.
Unter den Top 20 finden sich dann allerdings weitere Staaten, die beim Klimaschutz bisher nicht zu den Industrieländern gezählt werden: Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südkorea, Taiwan und die Vereinigten Arabischen Emirate sollten gemäß CGD ebenfalls Geld geben."
Ob das so ist, ist hoch umstritten [1]. Wurde ja auch in der Lage thematisiert. China baut mit Hochdruck Erneuerbare aus, allerdings mit ebenso hohem Druck auch neue Kohlekraftwerke. Wenn es einen zeitnahen Peak gibt, dann nur wegen des nachlassenden Wachstums. Emissionen reduzieren und gleichzeitig gigantisches Wirtschaftswachstum würde vermutlich auch kein anderes Schwellenland vermutlich nicht mal ein Industrieland hinbekommen.
Yesss! Das wollte ich auch gerade in den Raum werfen.
Das hat mir tatsächlich auch im Podcast gefehlt.
Der beste Ansatz wäre, es dem Verbrauchsland zuzuschreiben, nicht dem Produktionsland- dann würde „der Westen“ nämlich ganz schnell ganz still werden…
Auch Deutschland als Exportland dürfte dann eher von einer solchen Bewertung profitieren, zumindest was die Relation zu anderen westlichen Ländern angeht.
Naja - nicht wirklich. In der oben diskutierten Quelle kann man ja die Graphen für „territorial“ und „consumption based“ Emissionen vergleichen. Qualitativ geht das tatsächlich in die Richtung, dass z.B. die USA Emissionen auslagern, während China sie aufnimmt. Quantitativ ist der Effekt allerdings nicht gerade groß, nämlich z.B. für diese Länder im Bereich+/- 10%.
Die Daten zeigen, dass Deutschland im Jahr 2022 netto 1,92 Tonnen CO2eq pro Kopf importiert (Imported or exported CO₂ emissions per capita - Our World in Data) und damit im europäischen Mittelfeld vergleichbar mit Italien und Frankreich liegt. Dieser Nettoimport ist darauf zurückzuführen, dass die inländische Wertschöpfung zunehmend CO2-ärmer gestaltet wird. Die deutsche Wirtschaft entwickelt sich immer stärker zu einer dienstleistungsorientierten Struktur, während CO2-intensive Vorprodukte und Technologien wie Grundstoffe und bspw. Batterien zunehmend aus dem Ausland importiert werden. Diese Verschiebung führt dazu, dass ein erheblicher Teil der mit dem Konsum in Deutschland verbundenen Emissionen im Ausland verursacht wird.
Ich finde das China-Bashing nicht ok. Die haben in den letzten 40 Jahren massiv dazu beigetragen, dass ganz viele Menschen aus der Armut befreit wurden. Das diese Menschen jetzt auch etwas Wohlstand haben wollen (Mobilität, Heizen, …) ist doch wohl selbstverständlich.