Zum Einen, wie andere schon sagten, gibt es aktuell leider drängendere Probleme.
Zum Anderen steckt die klassische Strategie dahinter, ein Thema erst mal abkühlen zu lassen und dann - idealerweise wenn andere Themen die Medien beherrschen (Fußball-WM, Krieg…) - ganz schnell Tatsachen zu schaffen.
Die SPD war dahingehend schon immer gespalten, die Grünen waren damals halt Opposition und sind nun in der Regierung. In einer Energiekrise, aus der uns Kanada heraushelfen soll. Die Zustimmung zu CETA kann durchaus auch im Rahmen des Fracking-Gas-Abkommens mit Kanada zu Stande gekommen sein. Kanada hat - dank der vermasselten Energiepolitik der Vergangenheit - einfach eine gute Verhandlungsposition gegen die deutsche Regierung und die Grünen sind leider Teil dieser Regierung.
Ich sehe die Gefahr und teile die Ansicht, dass privatwirtschaftliche Schiedsgerichte, über die Unternehmen einseitig Staaten verklagen und somit maßgeblichen Einfluss auf die Gesetzgebungsprozesse nehmen können, eine ganz schlechte Idee sind. Es ist halt eine neoliberale Idee, welche die Interessen der Wirtschaft an Profit zumindest den gesamtgesellschaftlichen Interessen und der Demokratie gleichsetzt - wenn nicht gar überordnet.
Andererseits denke ich nicht, dass es so schlimm kommen wird, wie es gerne dargestellt wird. Interessenverbände neigen natürlich - das ist ja auch ihre Aufgabe - dazu, Konsequenzen zu überzeichnen, nach dem Motto: „Der BDA sagt, dass durch die Einführung des Mindestlohnes Millionen Arbeitsplätze vernichtet werden!!!1!!elf“. Dieses Spiel spielen natürlich alle Seiten, auch Greenpeace. Man kämpft gegen ein politisches Vorhaben natürlich dadurch, dass man die denkbar negativsten Konsequenzen an die Wand malt.
Außerdem kann CETA natürlich auch wieder gekündigt werden, wobei eine Kündigungsfrist von 6 Monaten gilt und gerade die kritisierten Investitionsschutzbestimmungen für Investitionen, die bis zur Kündigung getätigt wurden, noch 20 Jahre Nachlauf haben. Kurzum: Man kommt nicht unheimlich schnell wieder raus, aber im Fall der Fälle kommt man wieder raus.
Bei der Auslegung von Gesetzestexten und Verträgen geht es neben dem reinen Wortlaut immer auch um die systematischen, historischen und teleologischen Hintergründe. Eine Interpretationserklärung ist daher keine reine Kosmetik - wenn aus dieser hervorgeht, wie der Vertragspartner (hier: Deutschland) den Sinn dieses Vertrags deutet, muss dies bei der Anwendung der vertraglichen Regelungen auch berücksichtigt werden.
Es ist daher mE in jedem Fall mehr als bloße Kosmetik, aber als wie schlagkräftig sich diese Interpretationserklärung erweisen wird, kann wohl nur die Zukunft zeigen, weil es im internationalen Recht nicht so furchtbar viele Präzedenzfälle gibt, die man hier argumentativ heranziehen könnte.