CCS und Negativemissionen - warum hier unterschieden werden muss!

Vielen Dank für eine wie immer spannende Podcastfolge! Mir ist bei eurer Berichterstattung zu Carbon Capture and Storage eine Ungenauigkeit aufgefallen, die - wie ich finde - ein generelles Problem im Rahmen der öffentlichen Diskussion zu CCS verdeutlicht: nämlich die begriffliche Unschärfe bzw. undifferenzierte Verwendung des Begriffs CCS für Negativemissionen und die Dekarbonisierung von fossilen Prozessen.

Bei CCS (so jedenfalls der überwiegende Begriffsgebrauch) handelt es sich nämlich nicht um eine Negativemissionstechnologie, sondern schlicht um eine Maßnahme der Vermeidung der Freisetzung von weiteren Emissionen. Wird CO2 aus Industrieprozessen oder auch (wenn auch weniger sinnvoll für die erforderliche Transformation der Energiewirtschaft) bei der fossilen Energieerzeugung aus Abgasströmen abgeschieden, entstehen gerade keine Negativemissionen. Da weniger zusätzliches CO2 freigesetzt wird, erhöht sich schlicht die CO2-Konzentration der Atmosphäre nur deutlich langsamer (es lassen sich aktuell ca. 90-95% des CO2 abscheiden und speichern).

Daneben gibt es auch Negativemissionstechnologien, die auf der Speicherung von CO2 beruhen. Das sind die unmittelbare Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre mit anschließender Speicherung (DACCS) und die Verwendung von Biomasse zur Energieerzeugung mit anschließender Speicherung des frei werdenden CO2 (BECCS).

Negativemissionen (wie DACCS und BECCS) und Emissionsrückhaltungsmaßnahmen (CCS) können und müssen aber sehr unterschiedliche Beiträge für den Klimaschutz leisten. Während Rückhaltemaßnahmen ggf. als Brückentechnologie und zeitweise zur Vermeidung von schwer vermeidbaren Restemissionen beitragen können, sind Negativemissionen voraussichtlich unverzichtbar um nachträglich ein Überschreiten der Klimaziele wieder zu korrigieren und in Zukunft Klimaneutralität zu gewährleisten.

Gerade aufgrund ihrer unterschiedlichen Potenziale für den Klimaschutz, ist es wichtig zwischen (fossilem) CCS und Negativemissionstechnologien auch in der öffentlichen Diskussion klar zu unterscheiden. Vor diesem Hintergrund war mir aufgefallen, dass ihr die Berichterstattung etwas unglücklich mit der Erklärung zu Negativemissionen einleitet, dann aber ausschließlich CCS behandelt.

CCS birgt nämlich, wie ihr sehr treffend beschreibt, die Gefahr dass fossile Strukturen verstetigt werden und wir später ggf. noch stärker auf Negativemissionen angewiesen sind. Den extensiven Einsatz von CCS mit der undifferenzierten und unterkomplexen Forderung nach „Technologieoffenheit" zu legitimieren, ist deshalb nicht nur nicht zielführend, sondern für einen langfristig gedachten Klimaschutz ziemlich riskant. Insofern bin ich voll und ganz eurer Meinung!

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Vielen Dank für diesen super Kommentar - ich wollte gerade etwas sehr ähnliches posten.

Ich möchte dem im Rahmen der COP Diskussion nur noch eine Kleinigkeit hinzufügen. Die Gefahr der moral hazard exisitert und ist wichtig - also dass weniger CO2 Vermeidung betrieben werden könnte weil es solche Ansätze gibt. Erst vor kurzem hat der amerikanischer Ölkonzern Occidental eine Firma für DACCS (Carbon Engineering) aufgekauft und recht offen zugegeben dass sie dadurch 70 Jahre weiter Öl fördern könnten (bzw. dass es die social license erweitert).
Genau da ist die Politik gefragt - es MUSS zwei getrennte Ziele für CDR (Carbon Dioxide Removal) und Reduzierung von Emissionen geben. Ein fokussieren auf net-Emissionen ist in dem Kontext nicht hilfreich; da es genau zu eben diesem Problem führt und die Leitplanken für Emissionsreduzierung aufweicht, und zu solchen Vermengungen von CCS mit wirklichem CDR führt.

Bisher gibt es ausschließlich das Zweitere.

Das es die fossilen Strukuren schon gibt besteht keine zusätzliche Gefahr.

Volle Zustimmung, aber andere Beurteilung:
Durch die unqualifizierte Diskussion zu CCS wird auch DAC diskreditiert. Damit wurde der Klimaschutz hier schon 10 Jahre zurück geworfen.
Ähnliches passiert gerade mit Carbon Credits.
Statt alle Hebel sinnvoll einzusetzen werden Vermutungen postuliert.
Befürchte die Demokratie macht es schwierig, weil jeder sein „Expertenwissen“ verbreiten darf.
Siehe Söder oder Aiwanger zum GEG

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