CCS und Direct Air Capture

Das Thema wurde im Forum immer mal wieder angeschnitten, hat aber bisher in der deutschen Öffentlichkeit und Politik keinen großen Stellenwert bzw. ist quasi verpönt. Jetzt investieren wieder die Amerikaner groß:

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Der Artikel ist hinter einer Paywall. So lässt sich da eher schlecht drüber diskutieren.

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Ja, weil’s mal wieder irgendsoeine Zaubertechnologie ist, die es in der Praxis nicht gibt. Das einzige, wozu das vielleicht mal getaugt hat, ist als Ausrede um den Ausstieg aus fossilen Energieträgern weiterhin auf die lange Bank zu schieben. Aber selbst das ist seit dem Ukrainekrieg so langsam vorbei.

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Also wenn ich den Artikel richtig verstehe, dann geht es in erster Linie darum, ein neues Modell zur Förderung von Startups und anderen Unternehmen, die in dem Bereich tätig werden, einzuführen.
Die Technologie ist aber immer noch nicht ausgereift und insbesondere die Speicherung im Untergrund über tausende Jahre ist noch nicht fertig entwickelt.

Liest sich alles in allem nicht so, als wäre das irgendwie ein großer Durchbruch.

CO2 Speicherung ist sicher ein wichtiges Thema. Dass wir zum Erreichen der Klimaziele Methoden für negative Emissionen brauchen werden ist wahrscheinlich Konsens. Die Frage nach der richtigen Methode weniger. Aufforstung, Renaturierung von Mooren etc. sind auch mögliche Ideen. Da fraglich ist, ob das reicht und ob wir nicht am Ende darauf angewiesen sind, CO2 im großen Stil aus der Atmosphäre zu holen, halte ich es persönlich schon für sinnvoll, in alternative Technologien zu investieren, auch wenn damit bzgl. Speicher-Sicherheit potenzielle Risiken zu beachten sind. Hier ein Link zu einem frei verfügbaren Artikel zum Thema [1]. Die vorgestellte Investitionsoffensive scheint mir auf den ersten Blick ein Schritt in die richtige Richtung. Auch die Bundesregierung scheint die Technik entsprechend zu fördern [2].
[1]

[2]

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Es ist weder eine Zaubertechnologie noch verpönt.
Es gibt zu Direct Air Capture eine Versuchsanlage auf Island.
Das Problem an dieser Technologie ist deren enormer Energieverbrauch. Man kann eine solche Technologie gerne nutzen um am Ende des Prozesses die Emmisionen auf Null zu drücken, derzeit sind andere Hebel (CO2 einsparen, natürliche CO2 Senken verbessern) nur einfach deutlich wirkungsvoller.

Ja, genauso wie es Versuchsanlagen für Kernfusion gibt, für die auch seit etwa einem halben Jahrhundert der Durchbruch kurz bevor steht, und die Serienreife seitdem immer konstant 40 Jahre in der Zukunft angekündigt wird.

Es gibt halt zwei riesige ungelöste Probleme für DAC, und das CO2 aus der Luft abzusondern gehört nicht dazu. Das ist technisch sicherlich möglich. Ob man den Energieverbrauch dafür noch deutlich gesenkt bekommt, oder die Energiemengen anderweitig CO2-neutral und günstig aufbringen könnte, wird man sehen.

Das eine Problem ist die oben schon angesprochene Frage, wohin man das ganze CO2 dann überhaupt schaffen will. Daran wird gearbeitet, und vielleicht wird dieses Problem in den nächsten Jahrzehnten irgendwie zufriedenstellend gelöst ohne andere Großbaustellen aufzureißen, vielleicht aber auch nicht.

Als größtes Problem sehe ich aber die Frage, wie man das ganze CO2 überhaupt in die Maschine hinein bekommt. Die kann halt nur aus der unmittelbaren Umgebung die Luft ansaugen und filtern und dann muss durch Wind oder Diffusion erstmal wieder CO2 dorthin geleitet werden. Das meiste CO2 fliegt vorbei. Man kann also solche Testanlagen nicht beliebig hoch skalieren, dass sie dann im Produktiveinsatz auf einmal die 1000fache oder 100000fache Menge aus der Atmosphäre holen.

Das bedeutet, die Technologie muss nicht einfach nur funktionieren, sondern sie muss auch so günstig zu produzieren und instandzuhalten sein, dass man die Fläche abdecken und quasi auf jeden Häuserblock eine Anlage stellen kann, wenn man merkbare Wirkung erzeugen will, und man muss dann die Infrastruktur haben, um das CO2 überall dort einzusammeln und an die o.g. Orte der Problemlösung 1 schaffen.

Insofern bleibe ich dabei, dass das Zaubertechnologie zumindest im Sinne von Clarkes 3. Gesetz ist. Und verpönt ist nicht der Gedanke an die Technologie an sich, oder dass Leute daran forschen, oder dass da gewisse Gelder in die Forschung gesteckt werden. Verpönt ist bei vielen Menschen zu Recht, wenn Politiker sich hinstellen und sagen „das ist die/eine Lösung für das Klimaproblem“, mit dem Hintergedanken, dass man es ja mit Kohle-/Öl-/Gasausstieg nicht so 100% ernstnehmen muss, wie die ganzen linksgrünen Alarmisten immer fordern, denn wenn diese Technik in nur wenigen Jahren erstmal ausgereift ist, holen wir einfach das überschüssige CO2 in kurzer Zeit wieder heraus.

Insofern hat das Thema in der Forschung schon seinen richtigen Platz, aber – um auf den OP zurückzukommen – in Politik und Öffentlichkeit wird es völlig zu Recht derzeit kaum diskutiert, weil es eben derzeit keine seriösen Anwendungsszenarien dafür gibt.

(Das alles bezieht sich jetzt auf Direct Air Capture. Nicht darauf, evtl. CCS direkt in die Abluft CO2-erzeugender Industrie zu verbauen. Da mag es sein, dass es da schneller zur Anwendungsreife kommt, wofür dann „nur“ das Problem der Lagerung gelöst werden müsste.)

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Prinzipiell Zustimmung meinerseits, allerdings will beispielsweise die EU 2050 klimaneutral sein, Kalifornien und Deutschland bis 2045. Soll heißen, laut Politik gehen wir bereits auf das „Ende des Prozesses“ zu. Jetzt müssen eben alle Hebel gleichzeitig bis zum Anschlag umgelegt werden.

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Und genau das wird mit der von Wuffel beschriebenen Technik nicht funktionieren, weil sie karbonisierbares Gestein im Untergrund erfordert, z.B. Basalt. Besteht der Untergrund schon aus Karbonaten (z.B. Kalkstein, Dolomit), oder aus Sanden/Sandstein, ist die Technik nicht einsetzbar. Dafür hat sie aber den schönen Vorteil, CO2 dauerhaft zu binden.

Ich habe hier das Thema schon einmal aufgearbeitet, allerdings ohne direct air capture (DAC). DAC sehe ich als sehr herausfordernd weil es da grundlegende physikalische Hürden gibt, die ein wirtschaftliches Betreiben doch stark erschweren.

Ja CCS (ohne DAC) würde den Ausstieg von fossilen Energieträgern, insbesondere von Kohle, verzögern. Nichts desto trotz ist dieses Argument mit einer der Hauptgründe, warum Deutschland CCS nicht weiter verfolgt hat. Und deshalb wird das CO2 der Kohlekraftwerke heute auch in die Luft geblasen statt es Untertage zu speichern. Wie auch immer, die Kohleindustrie hat sich dadurch sogar die Gelder gespart die Technologie zu erproben.

Covestro stellt schon einiges aus CO2 her, was früher fossile Basis hatte. Es gibt also schon die Möglichkeit Stoffkreisläufe zu schließen

Davon habe ich auch viel gelesen. Hat jemand Zahlen, welchen Anteil des abgeschiedenen CO2 wir zukünftig glauben wieder zu verwerten und welchen wir einspeichern müssen?

Gibt es Quellen zur aktuellen Technologiereife?

Kannst du das näher erläutern?

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  1. Die Konzentration ist sehr gering: 0,04% (Tendenz steigend)
  2. Es liegt gasförmig und damit mit einer geringen Dichte vor. In einem Kubikmeter Luft befinden sich gerade mal 0,75 g CO2.
    => Eine abbauwürdige Rohstoffquelle ist das nicht.
  3. Man muss die Luft also in großem Stil sammeln und zwar ohne dabei Energie reinzustecken (also kein Lüfter). Das heißt man braucht viel Wind oder viel Platz.
  4. Das CO2 muss i. d. R. angereichert werden. Soweit ich weiß nimmt man da etwas was CO2 sorbiert und wenn dieser Zwischenspeicher voll ist, wird das CO2 wieder desorbiert, z. B. durch aufheizen (Energie).
  5. Das CO2 muss gespeichert werden. Das heißt entweder
    a) Chemische Bindung. Das kostet i. d. R. Energie und oft eine Menge Energie, z. B. Methanisierung und Diamanten sehen zwar schick aus, sind aber energetisch sehr, sehr ungünstig.
    b) Verflüssigung und Speicherung Untertage. Kostet auch Energie, aber nicht so viel.

Das sind alles keine KO-Punkte und da wird es auch noch den einen oder anderen Durchbruch geben. Aber das Grundproblem bleibt, dass das Sammeln bereits sehr mühsam sein wird und man zumindest etwas Energie reinstecken muss. Und das ist halt auch eine doofe Startposition, denn man muss erstmal Ressourcen und Energie aufbringen, die sich dann über die CO2 Extraktion wieder amortisieren müssen.

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Ich bin wirklich kein Fan von dieser Methode und glaube es gibt wesentlich bessere. Ich habe aber schon vor etlichen Jahren eine Anlage auf der Hannover Messe gesehen. Und die Angaben die sich bei Wikipedia finden sind ähnlicher Größe mit ca 200 bis 600 €/t CO2. Das ist sehr günstig im Vergleich zu z.B. Effizienz Maßnahmen. Wo liegen den deiner Meinung nach die Kosten?

Wenn ich da halbwegs richtig informiert bin, dann fällt über den gesamten Lebenszyklus gerechnet etwa 1t CO2 an, wenn man 10t lagern will. Das wäre ja ganz OK.

Welche Methode wäre denn sinnvoller?

Als DAC? Jede Methode, die die Emission von CO2 verhindert. Danach so ziemlich jede Methode, die CO2 direkt beim Erzeuger abscheidet. Da ist die Konzentration um ein vielfaches höher und damit der Aufwand geringer. Und was Deutschland angeht: Jede Technik die ohne Gestein vulkanischen Ursprungs auskommt. Das ist bei uns nicht so weit verbreitet.

Was ich mich ja Frage ist: wenn der Ozean ein so großer CO2 Speicher ist: warum nicht dort das Zeug filtern?

Und: es gibt ja bereits DAC in großem Stil, nennt sich Baum ^^
Warum nicht schnell wachsende Hölzer anbauen und danach in der Erde versenken?
Man muss ja nicht erst 20 Jahre warten bis man sowas einlagert.
Man könnte auch z.B. anfangen den alljährlichen Baumschnitt von Obstbäumen oder Straßenbäumen einzulagern, dürfte auch ein paar tausend Tonnen pro Jahr bringen.
Zusammen mit Abscheidern am Produktionsprozess dürfte es damit relativ schnell in Richtung minus Ausstoß gehen.

Ja, ich denke das ist klar. DAC wird ja erst dann notwendig, wenn ich die Treibhausgas Emissionen nicht mehr so einfach beim Erzeuger abgreifen kann. Beispiel: Landwirtschaft und Flugverkehr (solange es noch keine alternativen Technologien gibt).

Würde der Ozean denn signifikant (so dass es sich gegenüber DAC lohnt) mehr CO2 aufnehmen, wenn man es herausfiltert?

Wenn ich es richtig verstanden habe ist hier der Flächenbedarf gegenüber DAC einfach höher.

Wissenschaftlich keine Ahnung, als Laie vermutlich ja.

Auch hier wieder wissenschaftlich belegbar, keine Ahnung, aber wenn DAC rein durch Wind versorgt werden soll dürfte auch hier der Platzbedarf enorm sein, während du einen Baum ja auf extrem kleiner Fläche pflanzen kannst. Da wäre also erstmal die Frage wieviel CO2 zieht man mit einer DAC wieviel Platz und wieviel CO2 nimmt ein Baum auf.

Das deutlich gewichtiger Argument hier ist: wann ist eine DAC in industriellem Maßstab einsatzbereit vs. wie viele Bäume kannst du bis dahin bereits gepflanzt haben.

Du musst ja auch nicht gleich einen Wald anlegen. Jeder Baum tut bereits seinen Jobb.

Da gebe ich dir auf jeden Fall Recht. Die Bundesregierung setzt ja auch darauf, dass DAC gar nicht notwendig wird und nur Aufforstung und renaturierte Moore ausreichen.
Sicher eine gute Idee das beides zu tun. Allerdings würde ich mich bei der Aufforstung klar gegen Monokulturen aussprechen, auch wenn die schnell viel CO2 speichern könnten.
Parallel sollte man aber massiv an CO2 Entfernung aus der Atmosphäre und Speicherung forschen, denn ich glaube kein Stück daran, dass wir das später nicht brauchen werden.
Hier für den groben Überblick mal eine Zusammenfassung von Quarks über die einzelnen Technologien: