Carbon Capture Storage - letzte Lösung fürs 1,5 Grad Ziel?

Liebes Lage Team,

bei eurer letzten Folge habt ihr die Ergebnisse der Klimakonferenz erläutert. Nur zu erschreckend wird klar, dass wir weit davon entfernt sind, das 1,5°C Ziel zu erreichen. Aktueller Stand wird es auf 2,7°C Klimaerwärmung hinauslaufen.
Das Fass ist voll - bis dato hat die Weltgemeinschaft zu viel Co2 emittiert und die Ausbauziele erscheinen als nicht ausreichend ambitioniert. Bei diesen schockierenden Fazit stellte sich mir die Frage, ob nicht die Carbon Capture Storage Technologie dadurch wieder mehr in den Blick genommen werden sollte. Deutschland hat sich bislang langfristig gegen diese Technologie ausgesprochen. Wesentlichen Gründe waren, dass a) die Technologie zum Green Washing durch die Industrie missbraucht würde, sodass die Transformation auf 100% erneuerbare Energien real verlangsamt wird, und b) das aus der Luft gewonnen CO2 langfristig gespeichert werden muss und es hierfür sichere Lagerstätten (bspw. Untergrundspeicher, Gesteinsschichten etc.) bedarf, deren langfristige Sicherheit unzureichend erforscht oder bewiesen sind. Fakt ist jedoch, dass bislang zu viel CO2 emittiert wurde und bei Überschreitung einer kritischen Temperaturerhöhung Kipppunkte erreicht werden können, die zu irreversiblen Ereignissen führen, die essenzielle Folge für unsere Welt haben (bspw. Versiegen des Golfstroms). Daher wäre zu diskutieren ob es nicht doch sinnvoll sein kann, um diese Kipppunkte nicht zu überschreiten, CO2 aus der Luft zurückzugewinnen und somit die Atmosphere zu entlasten.
Ich fände es sehr spannend, diese Debatte um Carbon Capture Storage aus wirtschaftlicher, politischer und rechtlicher Perspektive im europäischen Kontext in der Lage von euch diskutiert zu hören.

Viele liebe Grüße,
Lotti

Das Hauptargument gegen Lösungen, die CO2 aus der Atmosphäre entziehen ist die Befürchtung, dass damit die Anstrengungen, die Emission von CO2 massiv zu reduzieren, erlahmen könnten.

P.S. Ich hatte bislang „Carbon Capture“ das als Auffangen/Abscheiden von CO2 direkt an der Quelle (Schornstein) verstanden. Das ist m.E. etwas andere als Lösungen, die bereits emittiertes CO2 aus der Atmosphäre entfernen.

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Naja, die Technologie an sich gibt’s ja schon sehr, sehr lange. Nennt sich Baum und ist bloß leider sehr langsam und extrem flächenintensiv.

Die Idee, da technologisch etwas zu schaffen, was diese Nachteile nicht aufweist, ist natürlich naheliegend, aber das Hauptargument dagegen ist meiner Meinung nach, dass wir das ja gerne machen können, und dann können wir nebenbei gleich zusätzlich unsere Energieproduktion komplett auf Kernfusion umstellen.^^

Das ist einfach so eine typische Science-Fiction-Technologie, mit der irgendwelche FDPler und vergleichbare Leute gerne begründen, warum man ja jetzt eigentlich nichts gegen den menschengemachten Klimawandel tun müsse, außer eben so ein paar Technologien zur Marktreife bringen, und dann löst sich das Problem in Luft auf. Dummerweise beträgt die Dauer bis zur Marktreife von Kernfusion seit mindestens einem halben Jahrhundert konsequent immer genau 40 Jahre, und mit CCS Direct Air Capture sieht das ähnlich aus, nur dass man vermutlich noch nicht ganz so lange darüber nachdenkt.

Man muss das nur mal im Kopf durchdenken. Ich bin jetzt weder Wissenschaftler noch Ingenieur, also kann jemand vom Fach mich gerne korrigieren. Aber so weit ich weiß, macht CO2 bloß etwa ein 2000stel der Atmosphäre aus. D.h. um 1 Tonne CO2 der Atmosphäre zu entziehen, müsste man ungefähr 2000 Tonnen Luft filtern. Mal voraus gesetzt, man bekommt die Luft in der Anlage tatsächlich völlig CO2-frei. Und eine Tonne Luft wiederum nimmt erdnah ein Volumen von etwa 800 m³ ein, d.h. wenn ich da keinen Denkfehler drin habe, müsste man selbst wenn die Technologie einwandfrei und unkompliziert funktioniert ungefähr 1,6 Mio. m³ Luft filtern, um der Umgebungsluft eine einzige Tonne CO2 zu entziehen. Die CO2-Emissionen alleine in Deutschland betragen übrigens jährlich meines Wissens deutlich über 500 Mio. Tonnen.

Selbst wenn die Technologie dazu funktionsfähig wäre, und auch das Verbringen des CO2 unter die Erde keine Probleme aufwirft, sehe ich nicht, wo man zeitnah diese gigantische Menge an Anlagen her bekommen und hinstellen soll, um das zu bewerkstelligen, und wo die Energie herkommen soll, um das alles zu betreiben, denn das CO2 wird ja nicht von selber wie von einem Magneten angezogen in diese Anlagen fliegen.

Also: Schön weiter forschen, und wenn wir irgendwann die Sahara mit Sonnenkollektoren vollgestellt haben, und über ein globales Energiegrid von dort unseren 100% klimaneutralen Strom in praktisch unbeschränkter Menge beziehen, können wir dort auch gerne solche Anlagen dazu stellen und damit die Schäden der Vergangenheit versuchen zu beheben. Aber bis dahin müssen wir uns mit den Technologien behelfen, die uns zur Verfügung stehen oder zumindest in den kommenden Jahren einsatzbereit sind.

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Weiß hier jemand, ob Project Vesta vorweisbare Neuigkeiten hat? Die klangen mir immer noch am plausibelsten.

Ich sehe das auch als Zukunftsmusik, muss aber sagen, falls wir eine direct-air-capture Technik finden, hätten wir einen ganz natürlichen Preis für Emmissionsrechte: den Preis für das einfangen derselben Menge CO2 aus der Luft.

Die Technik gibt es schon länger auf dem Markt. Hat eine schweitzer Firma vor Jahren schon auf einer Fachmesse gezeigt.

Hättest du nen link?

Kurz vorab: wir werden nicht ohne CCS auskommen.

Die bisher größte Anlage ist kürzlich in Betrieb gegangen:

Problematisch mal wieder die technologiefeindliche deutsche Gesetzgebung:

Hatte ich auch schon mal angemerkt:

Das hängt ganz vom jeweiligen Speicher ab. Erdgaslagerstätten haben Erdgas seit Millionen Jahren gespeichert. CO2 ist auch nicht ungewöhnlich in solchen Lagerstätten und auch nicht ungewöhnlich im Untergrund (Stichwort Sprudelwasser). Solche Speicher sind zum Teil auch noch ein paar Jahrzehnte als Erdgasspeicher verwendet worden. Von daher ist die Ausgangslage für solche Speicher eigentlich ganz gut. Bei z. B. Aquiferen oder Kohleflözen sieht das anders aus.

@otzenpunk
auch wenn du kein Wissenschaftler oder Ingenieur bist hast du doch alle wesentlichen Argumente sauber auf den Punkt gebracht. Da kann der Ingenieur nichts mehr ergänzen :slight_smile:

Guten Tag,

bei Golem.de findet sich ein übersetzter Artikel zum Thema. Die Autoren schreiben folgendes: „Im Prinzip ist das eine großartige Idee. Leider trägt sie in der Praxis dazu bei, den Glauben [an die Technik als Heilsbringer] zu fördern und gleichzeitig, dass die Emissionen jetzt verringert werden müssen.“ und später „Politiker und Unternehmen scheinen es jedoch ernst zu meinen, wenn sie auf hochgradig spekulative Technologien setzen, um die Zukunft unserer Zivilisation zu sichern. In Wirklichkeit sind das jedoch nichts anderes als Märchen.“

https://www.golem.de/news/klimaforscher-das-konzept-der-klimaneutralitaet-ist-eine-gefaehrliche-falle-2110-159923.html

Gruß

letzte Lösung ist es bestimmt nicht, zur Not können wir immer noch Wolken generieren und manipulieren um den Planeten kurzfristig abzukühlen. Die weiteren Auswirkungen davon sind natürlich nicht bekannt und es nimmt auch die Treibhausgase nicht aus der Atmosphäre.

Auf der Suche nach einem Zeitartikel von 2018 über Speicher in Norwegen (unterm Meer, leider hinter Paywall), bin ich auf diese zum dem Thema super Übersicht gestoßen:

Gruß Jakob

An der Stelle möchte ich zu Bedenken geben, dass wir jetzt aktuell bereits Kohlekraftwerke mit CCS haben könnten. Ja, das wäre keine Dauerlösung, aber der CO2-Ausstoß wäre signifikant geringer. Ich glaube nicht, dass wir durch die Einführung von CCS vor 10 Jahren bei den Erneuerbaren weniger weit wären als heute. Die Kohlelobby hat da ordentlich gebremst. Mit CCS wäre das CO2 aus einigen Verbrennungskraftwerken jetzt zumindest nicht in der Atmosphäre, sondern im Untergrund. Von daher sehe ich das Bremsen von Klimabefürwortern an dieser Stelle als kontraproduktiv. Allein schon, da ja von Anfang an klar ist, dass die Speicher begrenzt sind.

und falsch angewendet machen die Wolken die Sache noch viel schlimmer. Wasserdampf kann ein sehr starkes Treibhausgas sein :slight_smile:

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Schwierig, aktuell sind die Anlagen, die CO2 der Luft entziehen sollen, extrem ineffizient und skalieren nicht mal annähernd.
Selbst wenn man das außen vor ließe, müsste erst mal der reguläre Energiebedarf (nicht nur Strom, sondern auch Heizen, Mobilität usw.) durch erneuerbare Energie ersetzt werden.
Dann könnte man das vielleicht überlegen, aber die aktuellen Anlagen klingen nicht vielversprechend, also ist das nicht technologiefeindlich sondern im Augenblick einfach rational (es ist um vielfache Größenordnungen einfacher auf 870 Verbrennerautos zu verzichten als 15 Millionen in so eine Anlage zu investieren).
Das heißt nicht, das man daran nicht forscht, aber darauf setzen kann man aktuell nicht.

In Island ist die weltweit größte Anlage zur Speicherung von Kohlendioxid aus der Luft in Betrieb gegangen. Wie die Betreiber mitteilten, wird sie nach 15-monatiger Bauzeit nun klimaschädliches CO₂ aus der Luft filtern und in der Erde speichern. […]
Bei Vollauslastung soll die Anlage jedes Jahr rund 4000 Tonnen Kohlendioxid aus der Luft ziehen. Das entspricht den Emissionen von etwa 870 Autos. Die Kosten für die Technik liegen zwischen zehn und 15 Millionen US-Dollar, berichtet Bloomberg.
Island: Weltweit größte Anlage zur CO₂-Speicherung geht in Betrieb - DER SPIEGEL

Was wesentlich effizienter und auch wohl notwendig wäre, ist CO2-Emissionen, die sich absolut nicht vermeiden lässt, direkt an der Quelle abzufangen.

GermanZero schreibt dazu im Maßnahmenkatalog für ein 1,5-Grad Gesetzespaket:

Im Jahr 2015 waren die nicht energiebedingten Prozessemissionen der deutschen Industrie für ca. 7 % der Jahresgesamtemissionen in Deutschland verantwortlich. Nicht alle dieser Prozessemissi-onen, lassen sich jedoch nach dem gegenwärtigen Stand der Technik vermeiden. Zumindest für die derzeit nicht vermeidbaren, nicht energiebedingten Prozessemissionen ist der Einsatz von CCSU (Carbon Capture Storage and Usage) damit gegenwärtig und zumindest übergangsweise notwendig. (S.116)
[…]
Zudem ist ein Vorrang von CCU (Carbon Capture and Usage) vor CCS zu implementieren. Dies allerdings nur, soweit es sich um einen CCU-Prozess handelt, der nach Abschluss einer Lebenszyklusanalyse einen ge-schlossenen Stoffkreislauf bildet. Danach ist nur dasjenige Maß an CO2-Emissionen in einem Untergrundspeicher zu verpressen, das nicht einem entsprechen-den CCSU-Prozess zugeführt werden kann. (S.124)

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Ja, klar. In meiner Schulzeit hieß es auch, es sei technisch nicht möglich, den Energiebedarf aus erneuerbaren Energien zu decken. Wir dürfen erwarten und müssen hoffen, dass sich das noch um einige Größenordnungen verbessern wird.

Wir werden jedenfalls nicht darum herumkommen,

  1. da sich auch in einer idealen Zukunft nicht alle Emissionen werden vermeiden lassen
  2. da wir es bei aller Anstrengung nicht schnell genug schaffen, uns schnell genug zu dekarbonisieren. Die IPCC-Reduktions-Szenarien, die wir aktuell kaum hinbekommen, gehen ja schon davon aus, dass wir CCS einsetzen.
  3. wir bewegen uns wahrscheinlich alleine durch die bisherigen Emissionen (selbst, wenn wir ab sofort nichts mehr emittieren würden) durch verschiedene, sich selbst verstärkende, Mechanismen weiter in die falsche Richtung und müssen die Erde wahrscheinlich aktiv kühlen.

Was wesentlich effizienter und auch wohl notwendig wäre, ist CO2-Emissionen, die sich absolut nicht vermeiden lässt, direkt an der Quelle abzufangen.

Wo das möglich ist, sollte man das unbedingt tun. Das heißt aber nicht, dass man Direct Air Capture nicht auch verfolgen sollte, denn nur das kann die obigen Gründe 2 und 3 adressieren.

Was ich nicht verstehe, ist warum man nicht schnell wachsenden Hölzer pflanzt und die Ernte dann in die stillgelegten Kohleschächte verpresst um sie wieder aufzufüllen.

Entzieht der Atmosphäre CO2 und senkt gleichzeitig die Ewigkeitskosten aus dem Bergbau.

Technisch absolut kein Hexenwerk und zumindest ein Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel.

Ansonsten einfach mal in der Suchmaschine eures Vertrauens nach „CO2 als Rohstoff“ suchen

Gibt interessante Ansätze kurz vor Marktreife.

So einfach würden sie wohl zu viel Platz wegnehmen und außerdem verrotten, wodurch CO2 und ggf. Methan frei würden, vermute ich.

Das ähnliche Konzept des BECCS wurde auch schon erwogen. Allerdings

Bei den vom IPCC erstellten Szenarien mit einer 66-prozentigen oder besseren Chance, den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen, müssten mit BECCS jährlich zwölf Milliarden Tonnen Kohlendioxid entfernt werden. In diesem Umfang würde BECCS immense Anpflanzungsprogramme für Bäume und Bioenergiepflanzen erfordern.

Daher scheint die Idee wieder aus der Mode gekommen zu sein.

https://www.golem.de/news/klimaforscher-das-konzept-der-klimaneutralitaet-ist-eine-gefaehrliche-falle-2110-159923-5.html

(Interessanter Artikel übrigens. Weist auf reale Probleme hin - man sollte aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten…)

Holz ist dafür zu schade. Wenn dann müsste man ein organisches Abfallprodukt nehmen. Bei organischem Material hat man grundsätzlich das Problem, dass das Zeug sich im Laufe der Zeit verändert. Das ist schwer zu prognostizieren was genau passieren wird. Aber bei den möglichen Dingen, die passieren können, ist auch eine Gasbildung nicht unwahrscheinlich. Und wenn sich da Gas bildet, baut sich ein Druck auf. Und der kann ggf so groß sein, dass das unangenehme Folgen haben kann (Hebungen an der Tagesoberfläche oder Bildung von Rissen).

Kann man machen, aber energetisch ist das mit vielen Nachteilen verbunden. Verbrennt man Methan, wird Energie frei. Um aus CO2 wieder Methan zu machen muss auf jeden Fall diese Energie aufgewendet werden. Die Umwandlung in Methanol kostet dann nochmal Energie. Damit CO2 aus der Luft zu entziehen ist daher ziemlich ineffizient, da die Energiekosten dafür viel zu hoch sind.

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Naja, verrotten klar, immerhin ist ja so die Kohle entstanden, aber wieso sollte da CO2 frei werden? Schließlich bleibt ja der Kohlenstoff unten.

Bei der Menge fällst du auf das übliche „die eine Universallösung“ herein.

Die gibt es nicht.

Aber wenn du irgendwann mal anfängst das aus der Erde geholte C dort wieder einzulagern hast du eben einen Beitrag geleistet.

Ahso? Zum einen hab ich irgendwo gehört/gelesen, das Borkenkäfer Holz zu Abfall verarbeiten und zum anderen hast du bei z.B. Buschgewächsen auch Holz, was sich wirtschaftlich nicht wirklich einsetzen lässt.

Es wäre ja schonmal ein Anfang, wenn man bei Baumbeschnitt die Zweige und Äste einsammelt und wieder einlagert statt zu verbrennen.
Ähnliches kann man z.B. mit unbehandelten Holzbohlen aus der Bauindustrie machen, die für einen Einsatz nicht mehr geeignet sind.
Alte Europaletten die nicht mehr zu reparieren sind u.s.w.