Kurzer Disclamer: Ich hab die LdN 400 noch nicht gehört, aber in den Kapitelüberschriften die ich sehen konnte, tauchte das Thema nicht auf, sodass ich es hier mal vorschlage. Ich bin vom Thema Canabislegalisierung und -konsum auch persönlich nicht betroffen, mir geht es hier um die politischen Folgen/Implikationen.
Ich bin gestern eher zufällig über die heute-show vom vergangenen Freitag gestolpert und was da zur Canabislegalisierung gesagt wurde, hat mich halbwegs entsetzt. (https://youtu.be/BuszjMMHUlc?feature=shared&t=752) Da die heute-show ein comedyformat ist, habe ich das gestern alles noch zu verifizieren versucht und im Wesentlichen bestätigte sich aber das dort gezeichnete Bild. Die wichtigsten Punkte in Kürze:
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Seit dem 1. April ist die Canabislegalisierung in Kraft. D.h. der Konsum ist legal, 25g darf man mit sich rumtragen, jeder darf 3 Pflanzen zu Hause haben, der Rest des Bedarfs sollte u.a. durch die canabis clubs gedeckt werden. Wichtig ist erstmal: Jeder Erwachsene darf jetzt legal Canabis konsumieren.
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Die „pipeline“ für die Versorgung mit legalem Canabis stockt aber ganz gewaltig. Von 280 beantragten Hanfclubs sind derzeit erst 14 genehmigt. Da 11 von 14 in Niedersachsen genehmigt wurden, sind die genehmigten Betriebe also bundesweit nicht gleichmäßig. Die einseitige Verteilung könnte daher ein Hinweis sein, dass es vom politischen Willen / Ressourcenbereitstellung des Landes abhängt, wie schnell hier die Genehmigung erfolgt. (Die Genehmigungen selbst werden zwar durch die Bezirksregierungen ausgestellt, aber gehen wir mal der Einfachheit halber davon aus, dass die sich auf „Landeslinie“ befinden). (Cannabis-Clubs warten nach Teillegalisierung auf ihre Genehmigung | tagesschau.de)
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Die stockende Genehmigung hängt unter anderem mit komplizierten Genehmigungsverfahren zusammen. Ein Beispiel aus NRW: Jedes Vorstandsmitglied des Clubs muss ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Auszug aus dem Gewerberegister beibringen. Außerdem müssen alle eine Präventionsschulung besucht haben, bevor der Club starten darf - genau diese sind aber in einigen Bundesländern Mangelware. Hier waren die Länder wenigstens unzureichend vorbereitet, könnten aber auch - wenn man ihnen böses unterstellen will - die Genehmigung von Canabis-clubs willentlich verzögern (Söder hatte in Bayern diese Absicht ja sogar öffentlich verlautbart). Ein Düsseldorfer Club hat auf Grund dieser Probleme beim Zulassungsverfahren, bereits aufgegeben. Die Clubs kalkulieren ja teilweise mit mitgliederfinanzierten Investitionen im sechsstelligen Bereich, haben bereits laufende Kosten durch angemietete Hallen etc. - der Start des Projekts lässt sich da halt gegebenfalls nicht beliebig lange aufschieben. (Noch nichts angebaut: Warum Cannabis Clubs in Düsseldorf in der Luft hängen)
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Derzeit besteht im Canabismarkt also ein klares Angebotsproblem: Alle dürfe es konsumieren, aber es gibt kaum legale Bezugsquellen. Die Folge ist derzeit, dass der Schwarzmarkt das Vakuum füllt. Und zwar nicht nur durch mehr freundliche Dealer um die Ecke, sondern wohl vor allem durch organisierte Kartelle, die massiv um Marktanteile kämpfen, weil da derzeit eben richtig Geld zu machen ist. Drahtzieher sind hier mafiöse Strukturen aus den Niederlanden, die dort in großem Stil Drogen nach Europa einführen und dann auf dem Kontinent verteilen. (Stichwort ist in diesem Zusammenhang „Mocro“-Mafia. Der Begriff „Mocro“ ist nicht unproblematisch, deshalb klammer ich den hier aus. Bei Interesse selbst googeln). Laut der Neue Rhein/Neue Ruhr Zeitung gab es seit Juni dieses Jahres in NRW elf (!) Sprengstoffanschläge und mindestens zwei Schießereien, die auf die Ausbreitung dieser Drogenvereinigungen zurückzuführen sind. Der medial bekannteste vielleicht die Explosion in der Kölner Innenstadt vor ein paar Wochen. (Gewalt in NRW eskaliert: Was Sie über die Mocro-Mafia wissen müssen)
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Die Canabislegalisierung hat derzeit also erhebliche kriminelle Folgen. Diese wurden von einigen Beobachtern (und afair auch in der Lage) vorhergesagt. Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass das alles nur Wachstumsschmerzen sind, die mit der Zeit vergehen werden, insbesondere, weil als „zweite Säule“ der Legalisierung ja noch die Canabis-shops kommen sollen, die einen legalen Verkauf ermöglichen und den Kartellen dann doch wieder das Wasser abgraben.