Bundeswehr-Offizier zeigt Schüler wegen Meme an

Ist vielleicht für sich genommen nicht das größte Thema, aber ich finde es schon bemerkenswert, wie sich momentan der gesamte Diskurs um die Notwendigkeit von Militarisierung und Aufrüstung dreht, auch wenn nur ein kleiner Teil der Deutschen für Deutschland in den Krieg ziehen würde. Damit sich dieses Bild nicht noch verschlimmert, versucht man offenbar jede Kritik im Keim zu ersticken und Leute einzuschüchtern. So auch hier:

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Ein Werbevideo der Bundeswehr ist mit dem Nazgul-Thema aus dem Herrn der Ringe unterlegt.

Supergruselig.

Haben wir da nur die eine Quelle? Google bringt zur Suche “Angell-Gymnasium Freiburg” sonst nichts. Aber wenn es stimmt: natürlich wenig souverän von den Kameraden.

Zu meiner Zeit mussten wir uns noch “Soldaten sind Mörder” anhören, und die richtige Antwort war: die Bundeswehr verteidigt auch das Recht dummer Menschen, dumme Dinge zu sagen. …

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Ich glaube was man in diesem Fall bräuchte - wenn man sich denn wirklich damit beschäftigen wollte - wäre vor allem mehr Informationen. Denn die Quelle, die hier genannt ist, kann man wohl als unwesentlich verlässlicher einstufen, als den Reddit Post, den man auf Google nach 3s findet, in dem jemand behauptet, der Schüler wurde eigentlich wegen eines anderen Memes angezeigt, in dem er den betreffenden Offizier mit Hakenkreuz dargestellt hätte.

Edit: Rechtschreibung

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Durchaus wichtiges Thema, aber wir brauchen bessere Quellen, was wirklich geschehen ist. Wir kennen aktuell eigentlich nur die Perspektive des Schülers, und auch die nur indirekt.

Grundsätzlich muss Kritik am Militär möglich sein, auch sehr harsche, populistische Kritik. Das unterscheidet uns von Russland (wo jede Kritik am Militär quasi hochverrat ist) oder den USA (wo Kritik am Militär in weiten Teilen der Gesellschaft ein No-Go ist). Je mehr Macht eine Institution hat (siehe Polizei mit dem Gewaltmonopol, Bundeswehr als Träger der militären Macht), desto offener muss sie für Kritik sein.

Ich würde ein Tucholsky-Zitat jetzt nicht “dummen Menschen” zuordnen. “Soldaten sind Mörder” ist eine relativ unreflektiert-pazifistische Parole, die dem Denken entspricht, dass kein Krieg gerecht sein kann und folglich keine Tötung im Krieg gerechtfertigt werden kann, sondern moralisch wie Mord zu sehen ist. Dem muss man nicht zustimmen (tue ich auch nicht, weil Soldaten eben auch defensiv töten; “Soldaten im Angriffskrieg sind Mörder” (also “Putins Soldaten sind Mörder”) wäre aber durchaus diskutabel…), aber es als “dumm” zu bezeichnen geht zu weit. Andere Meinungen, die auf anderen moralischen Wertesystemen beruhen, sind nicht “dumm”.

Auch nicht auszuschließen. Wie gesagt, wir bräuchten mehr Informationen, um den Fall beurteilen zu können. Die Hakenkreuz-Variante ist jedenfalls nicht ganz fernliegend und in diesem Fall könnte ich es auch nicht wirklich kritisieren, wenn es zur Anzeige gebracht würde. Insofern halte ich mich mit Empörung oder der Bildung einer klaren Meinung zurück, bis ich hinreichende Infos habe.

Der Thread zeigt aber gut das Problem moderner Diskurse in den sozialen Medien, zu denen auch Foren gehören. Auf eine Meldung, die in das eigene Weltbild passt, wird häufig sofort mit Empörung und Verurteilung reagiert. So entstehen schnell Strohmann-Diskurse. Die Springer-Presse (und noch schlimmere Medien wie Nius) machen das auch ganz bewusst.

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Danke für die differenzierte Antwort. Ich würde es auch begrüßen, wenn darüber mal ordentlich recherchiert und berichtet wird.

Auch hier ist der Kontext allerdings entscheidend. Wer einem Soldaten in der Öffentlichkeit begegnet und diesem gegenüber unvermittelt lautstark diese Parole raushaut, der übt keine Kritik am Militär, sondern beleidigt und provoziert einen Menschen. Während ein Zivilist so einer Begegnung relativ kreativ begegnen kann, repräsentiert der erkenntlich Militärangehörige gerade sein Land. Meines Wissens kann eine dadurch eventuell ausgelöste übertriebene Reaktion wesentlich weitreichendere Folgen für diesen haben als für nichtuniformierte.

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Bin mir nicht sicher, ob ich da was falsch verstanden habe, aber ist das das / ein Meme über das wir hier sprechen?

Bitte den Titel korrigieren. Die Aussage, dass die Bundeswehr den Schüler angezeigt hat, ist nach meinem Kenntnisstand falsch. Es war der Betroffene Offizier als Einzelperson, der Anzeige erstattet hat und am Ende geht es um die Frage ob es eine Beleidigung oder Satire war.

Quelle: Schüler nach Meme über Bundeswehr-Offizier angeklagt – Satire oder Straftat? - WELT

Aus der genannten Quelle:

Vorgeworfen wird „Bentik“ demnach, dass er nach der Veranstaltung des Offiziers an der Schule zwei Fotos bearbeitet und verbreitet haben soll. „Diese Darstellungen, so die Staatsanwaltschaft, unterstellten dem Offizier ‚persönliche Verbindungen zur nationalsozialistischen Organisation SS‘ sowie eine ‚verfassungswidrige, menschenverachtende Grundeinstellung‘“, schreibt die [Berliner] Zeitung.

Offen ist allerdings auch, ob das – aktuell bei X vielfach geteilte -Bild vom „Ostfront“-Klassenzimmer überhaupt Teil der Anklage ist, und was sich hinter dem im Zeitungsbericht erwähnten Anklagepunkt der angeblichen „persönlichen Verbindungen zur nationalsozialistischen Organisation SS“ verbirgt.

Klingt für mich eher nicht danach, als würde nur wegen eines gezeichneten Comic-Memes ermittelt. Ich habe jedenfalls genug Vertrauen in unsere Staatsorgane sich nicht wegen eines harmlosen Memes lächerlich zu machen.

Ich halte es, so lange die Informationslage derart dürftig ist, für völlig unangemessen Bundeswehr und Staatsanwaltschaft eine systematische Einschüchterung von Kritikern zu unterstellen.

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Nein, das war nur eine Ergänzung.

https://archive.is/GgtN7

Wie sich hier herausstellt: völlig anders, als ursprünglich behauptet wird, hat es sich zugetragen - kein Comic-Meme, sondern ein Foto eines Jugendoffiziers und ein zweites Slide mit Verweis auf SS-Siggy…

So einfach ist es auch wieder nicht.

Aus dem Stern-Artikel:

Diesen Teil halte ich für ausgesprochen problematisch. Baden-Württemberg hat da generell schon eine kritische Rechtslage (offizielle “Zensur” durch die Schulleitung, siehe den Wikipedia-Artikel zu Schülerzeitungen ; als Vergleich gilt in NRW: “§ 37 Abs. 3 HSGV: Die Herausgabe und der Vertrieb der Schülerzeitung bedürfen keiner Genehmigung. Eine Zensur findet nicht statt.”), aber auch in der fragwürdigen Rechtslage Baden-Württembergs ist diese Form der Drohungen sind einfach inakzeptabel. Ernsthaft, verbotene Schülerzeitungen sind sowas von 1933… (jedenfalls sollten Gerichte über ein solches Verbot entscheiden, nicht Schulleitungen; und ein solches Verbot sollte nur denkbar sein, wenn eklatante Gesetzesverstöße vorliegen und nicht etwa bei offensichtlich überspitzter Kritik)

Das Problem an dem Fall ist eigentlich nur, dass “Bentik” scheinbar das Gesicht des Jungoffiziers in dem Meme verwendet hat. Damit eröffnet er natürlich eine Angriffsfläche für den Straftatbestand der Beleidigung, wenn er ehrabschneidende Dinge behauptet (z.B. eine Verbindung zu SS-Siggi oder auch nur die Intention, Kinder an “die Ostfront” schicken zu wollen). Okay, streng genommen könnte auch eine Beleidigung gegen die Bundeswehr als Behörde strafbar sein, aber hier dürfte Einigkeit herrschen, dass Institutionen wesentlich mehr und wesentlich harschere Kritik erdulden können müssen als Einzelpersonen, vor allem im Bereich der Satire.

Dennoch, auch ein Meme, das impliziert, dass die Bundeswehr eng mit Nazis verbandelt ist, wie es das SS-Siggi-Meme tut, dürfte noch von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckt sein, weil es eine klar überspitzte, politische Meinungsäußerung ist.

Eines ist jedenfalls klar: Die Sache ist maßgeblich aufgeblasen. Realistisch würden Fälle in dieser Größenordnung eingestellt werden (ernsthaft: Anzeigen gegen Heranwachsende wegen Beleidigung sind ein Paradebeispiel für Geringfügigkeit…), wenn es zu einer Verurteilung kommt werden wir vielleicht 20 Arbeitsstunden nach Jugendstrafrecht sehen. Dafür erscheinen die von der Polizei getroffenen Maßnahmen übertrieben. Dem Eindruck, dass hier gegen einen Linken, der sich gegen die Bundeswehr richtet, mit aller staatlicher Macht vorgegangen wird, kann man sich jedenfalls kaum erwehren. Diese politische Aufladung des Falles ist aus meiner Sicht problematisch. Wenn der Richter klug ist, wird er versuchen, das Verfahren - eventuell gegen eine winzige Auflage - einzustellen. Und wenn der Staatsanwalt klug ist, wird er das akzeptieren.

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Gehts vielleicht auch eine Nummer kleiner?

Ich hab früher auch in unserer Schülerzeitung mitgearbeitet, und da war die Regel klar: wenn die Zeitung als “Schülerzeitung der XY-Schule” auftreten und auf dem Schulgelände verteilt oder verkauft werden will, dann muss sie sich an die Regeln der Schule halten. Wem das nicht passt, der kann gerne seine eigene Zeitung aufmachen und vor der Schule vertreiben. Die darf dann aber nicht mehr Schülerzeitung heißen.

Das sehe ich auch so. Aber wenn das Bildchen mit dem Foto einer Person versehen wird, ist es halt kein Meme mehr, sondern eine persönliche Beleidigung. Da hat Bentik mM eine Grenze überschritten.

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Dass eine Regel „klar“ ist, bedeutet eben nicht, dass sie gut ist. Gegenfrage: Mit welcher inhaltlichen Begründung soll das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit für Schülerzeitungen eingeschränkt werden? Auch eine „Schülerzeitung der XY-Schule“ ist ja erkennbar eine Zeitung von Schülern dieser Schule, nicht von der Schule oder ihrer Leitung. Das ist nichts anderes als Zensur, gegen die Jugendmedienverbände jahrzehntelang gekämpft haben - in den meisten Bundesländern übrigens mit Erfolg.
Der geschilderte Fall zeigt ja auch auf anderen Ebenen exemplarisch, dass Schulleitungen gesellschaftliches und politisches Engagement von Schülern nicht fördern - was ihrem Bildungsauftrag entsprechen würden, sondern dieses durch Drohungen etc. bewusst behindern, wenn ihnen eine bestimmte politische Haltung nicht passt. Ein Satz wie „wem das nicht passt“ ist da völlig unangebracht, da eine Schule und ihre Schüler weder das Privateigentum der Schulleitung, noch vom Grundgesetz ausgenommen sind.

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Da frage ich mich, wo dieses Vertrauen herkommt. Erst dieses Jahr wurde jemand für ein offensichtlich bearbeitet Bild, auf dem Nancy Faeser ein Schild mit “Ich hasse Meinungsfreiheit” hochhält, zu einer mehrmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Ja, die Informationslage ist dürftig, aber ich denke, spätestens seitdem man gesehen hat, wie staatliche Organe mit pro-palästinensischen Protesten und Meinungsäußerungen (oder auch der Letzten Generation) umgegangen sind, muss man schon ganz schön blauäugig sein, um nicht wenigstens hellhörig zu werden bei solchen Aktionen wie hier.

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Naja, also das muss man schon relativieren.

Ich halte das Urteil auch - vor allem in seiner Schärfe - für zu hart, zumal der Täter in diesem Fall nicht vorbestraft war. Der Fall schildert sich aber dahingehend anders als der hier vorliegende, dass es sich um eine Fotomontage handelt. Verurteilt wurde daher auch nicht wegen Beleidigung, sondern wegen Verleumdung, weil Frau Faeser nach Ansicht des Gerichts etwas unterstellt wird und das Gericht zu der Einschätzung kommt, dass Menschen diese Fotomontage für echt halten könnten und deshalb glauben könnten, dass Frau Faeser tatsächlich diese Meinung vertritt. Ob das eine sinnvolle Einschätzung ist, darüber kann man sicherlich streiten. Dazu kommt noch, dass das Original auf dem Schild (“We remember”) ein Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus war, sodass man das “Ich hasse Meinungsfreiheit” auch in diesem Kontext betrachten muss (da sind wir dann schon sehr nah an der Verharmlosung des Holocaust).

Ein Schüler, der ein offensichtlich maßgeblich überspitztes Meme im Comic-Stil erstellt und ein politischer Journalist, der eine Fotomontage postet, die einfältige Menschen für echt halten könnten, sind jedenfalls zwei grundverschiedene Rechtslagen.

Dennoch gebe ich Recht, dass die Verurteilung zu hart war für eine Erstverurteilung, eine Geldstrafe i.H.v. 90 bis 180 Tagessätzen wäre völlig ausreichend gewesen. Es handelt sich hier allerdings nur um ein Urteil eines Amtsgerichts, Berufung wurde von beiden Seiten eingelegt (die Staatsanwaltschaft fordert eine noch höhere Strafe, 8 Monate ohne Bewährung, was mir tatsächlich absurd erscheint…). Ein Urteil eines Amtsgerichts ist aber eben erstmal nur das: Ein Urteil, wie es zehntausendfach jeden Tag in Deutschland ergeht, da wird man immer einige Ausreißer finden, Richter sind eben auch nur Menschen. Problematisch würde es erst, wenn ein solches Urteil den Zug durch die Instanzen überstehen würde, wovon ich nicht ausgehe.

In unsere Gerichte habe ich daher durchaus auch viel Vertrauen. In andere Institutionen, vor allem die Polizei und Staatsanwaltschaft, allerdings nicht, denn…

Ja, die Informationslage ist dürftig, aber ich denke, spätestens seitdem man gesehen hat, wie staatliche Organe mit pro-palästinensischen Protesten und Meinungsäußerungen (oder auch der Letzten Generation) umgegangen sind, muss man schon ganz schön blauäugig sein, um nicht wenigstens hellhörig zu werden bei solchen Aktionen wie hier.

… das sind ja auch alles Beispiele für ein fragwürdiges Verhalten von Polizei und Staatsanwaltschaften. Die Gerichte haben in vielen dieser Fälle die Aktionen der Polizeien und Staatsanwaltschaften klar für unrechtmäßig erklärt.

Etwas mehr Differenzierung zwischen “Polizei und Staatsanwaltschaft” (die gerne mal über’s Ziel hinausschießen) und “Gerichte”, die das dann wieder einfangen, wäre daher durchaus angemessen, statt allgemein “der Justiz” zu misstrauen.

Das Schulgesetz NRW (§45 III) sagt dazu:

Die Schülerinnen und Schüler haben das Recht, Schülerzeitungen herauszugeben und auf dem Schulgrundstück zu verbreiten. Schülerzeitungen sind Zeitungen, die von Schülerinnen und Schülern einer oder mehrerer Schulen für deren Schülerschaft herausgegeben werden. Sie unterliegen nicht der Verantwortung der Schule. Herausgabe und Vertrieb der Schülerzeitung bedürfen keiner Genehmigung. Eine Zensur findet nicht statt.

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