Danke an Ulf und Philip, dass Ihr immer wieder über dieses Thema berichtet. Sonst hätte ich als Nicht–Berliner die Debatte bis vor kurzem nicht verfolgt. Auch danke für Eure hilfreichen juristischen Einschätzungen.
Leider blendet Ihr die wirtschaftswissenschaftliche Ebene komplett aus. Und diese sagt halt, dass der Mieterdeckel eine ganz schlechte Idee ist.
Ich fasse nochmal kurz die Gründe zusammen: Die mikroökonomischen Standardmodelle zeigen ganz klar, dass eine Mietpreisbremse negative Wohlfahrtseffekte hat. Es gibt auch hier keine konkurrierenden Modelle, die aussagen, dass unter gewissen Bedingungen positive Effekte möglich sind (wie zum Beispiel das Monopsonmodell für positive Auswirkungen des Mindestlohns). Alle Externalitäten sind negativ. (Beispiel 1: Der Vermieter hat keinen Anreiz die Wohnung in gutem Zustand zu halten. Beispiel 2: Die Mietpreisbremse ist diskriminierend. Wenn ich den Mitbieten nicht überbieten kann, dann entscheidet meine Hautfarbe/Herkunft/Netzwerke darüber ob ich die Wohnung bekomme.) Empirische ist das alles gut belegt, nicht zuletzt durch die Berliner Zahlen selbst. Es gibt gute Rent-Control-Literatur, die knapp hundert Jahre zurück reicht; die Schlüsse sind eindeutig (außer ein paar amüsanten Ausnahmen wie die sogenannte „backwards-bending supply curve“ in China).
Mein Hauptargument für diesen Beitrag ist aber ein Autoritätsargument (von mir aus „ad hominem“):
Es gibt keine zwei Meinungen zum Mietendeckel, die wissenschaftlich fundiert sind.
Tatsächlich sind sich eigentlich alle Ökonomen einig, dass ein Mietendeckel eine schlechte Idee ist. Das ist selten, denn meistens gibt es bei regulatorischen Eingriffe positive und negative Effekte, die man gegeneinander abwägen kann (zum Beispiel beim Mindestlohn). Aber bei diesem einen Thema sind sich halt ausnahmsweise ma alle einig. Selbst wenn die Mietpreisbremse positive Effekte hätte, es gäbe keinen Erklärungsansatz warum.
Eine Anekdote hierzu: Im Einleitungskapitel Lehrbuch von Mankiw und Taylor (VWL 1. Semester) wird halt diskutiert, dass bei Ökonomen bei wirtschaftspolitischen Empfehlungen sich oft gegenseitig widersprechen. Zur Illustration gibt es eine kleine Tabelle, wo wirtschaftspolitische Aussagen stehen und daneben, wie viel Prozent der Ökonomen der zustimmen. Die meisten Aussagen lagen bei einer Zustimmung von 40% bis 70%. Der Mietendeckel ganz oben mit fast 100% Zustimmung.
Um den Einwand vorwegzunehmen, dies zeige nur auf wir „marktradikal“ die Mainstreamökonomik sei: Ein anderes Thema wo breiter Konsens herrscht ist die Bankenregulation. Wenn man eine Untergrenze für den Eigenkapitalanteil von Banken vorschreibt, da können lediglich die Banken weniger Gewinne abschöpfen. Die Bänker argumentieren, dass sie dann ihre Dienstleistungen weniger effektiv anbieten können; dafür gibt es keine ökonomische Evidenz.
Ihr habt vor einigen Folgen nochmal erklärt: Wenn es einen wissenschaftlichen Konsens gibt, dann ist es falsch, die Gegenposition als gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Dies gilt aber nicht nur für Corona oder Gefahr durch Handywellen Ihr solltet immer, wenn der Mietendeckel zur Sprache kommt, darauf hinweisen, dass er aus ökonomischer Sicht falsch ist. Stattdessen windet Ihr euch heraus mit, der Mieterdeckel sei „umstritten“ gewesen. Die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes war vielleicht umstritten, die ökonomische Einschätzung ist unumstritten. In einer Folge im letzten Jahr habt ihr die negativen Entwicklung im Berliner Wohnungsmarkt angesprochen („Überraschung“), dieses Mal war das in zwanzig Minuten nicht zu hören.
Klar, der Mieterdeckel wird nach wie vor Thema im politischen Diskurs sein. Ihr solltet Euch aber vielleicht nochmal klarmachen, dass es hier KEINE zwei Lager gibt, wo RRG auf der einen Seite steht und Union/FPD auf der anderen (die „von Mietern ja eh nicht gewählt werden“). Wenn RRG ein solches Gesetz verabschiedet, dann ist das nicht mutig, sondern schlecht. Man kann ja dazusagen, dass FDP und Union auch wenig gute Vorschläge gemacht haben; das ist wiederum eine Frage der Einschätzung und der Meinung, und das erwarte ich ja auch in Eurem Podcast.
Entschuldigt den Rant hier. Vielleicht hätte er auch besser in einem PLURV-Thread gepasst. Bitte hinterfragt nochmal kritisch Eure Einschätzung zu solchen Themen und vergesst nicht, dass auch eine wirtschaftswissenschaftliche Einschätzung dazu gehört.