Bürgerräte (Ernährung, Verkehrswende, Fake News)

Aktuell werden die Empfehlungen des Bürgerrats Ernährung an den Bundestag übergeben. Vielleicht ein Anlasse den Umgang dieser Bundesregierung mal in der Lage der Nation anzuschauen.
Es gibt außerdem noch einen Bürgerrat Verkehrswende in Stadt und Land initiiertdurch das Bildungsministerium (ja, man fragt sich warum), der wenig kommuniziert wird, und einen Bürgerrat Fake News initiiert duch Bertelsmann-Stiftung und Innenministerium, der durch eine breite Onlinepartizipation ergänzt wird.

Das hat natürlich jeweils Auswirkungen auf die breite der öffentliche Debatte und die Chancen auf Umsetzungen der Ergebnisse.

Das habe ich in diesem Kommentar in der taz aufgeschrieben.

Damit diese Formate wirklich einen Beitrag zur Demokratie leisten, müssen einige Details stimmen. In kaum einem anderen Medium werden demokratiepolitische Themen so tief beleuchtet wie in der Lage. Deshalb wäre es schön, wenn auch Bürgerräte mal genauer angeschaut würden.

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Bürgerräte haben echtes Lösungspotenzial. Ich verstehe nicht, warum sie nicht häufiger genutzt werden.
Allerdings ist es schade, wenn die Ergebnisse wirkungslos verpuffen.

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Wir wählen ein Parlament, um solche Entscheidungen zu treffen, daher sind Ergebnisse der Bürgerräte, die verpflichtenden Charakter haben, in meinen Augen mit unserem Demokratiesystem nur schwer zu vereinbaren.

Kommunikativ ist der Begriff schwierig. Für die Assoziationkette Bürgerrat–>Räterepublik–>Sowjetrepublik–>Kommunismus braucht man keinen Abschluss in Propaganda.

Wer den Ergebnissen des Bürgerrats zustimmt, der wird ihn als tolle Ergänzung zur Demokratie sehen. Als unabhängiges, neutrales und basisdemokratisches Konzept, das uns hilft, gute Entscheidungen zu treffen.

Wer die Ergebnisse nicht mag, der wird sie als demokratiefeindliche Sockenpuppenveranstaltungen begreifen, in denen beeinflussbare Bürger (vielleicht sogar nicht repräsentativ ausgewählt???) von parteiischen Experten zu den Lösungen getrieben werden, die die ökofaschistischen Kommunisten eh durchsetzen wollen.

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Einerseits hast du recht, andererseits ist der Bundestag schon längst keine Abbildung der Bevölkerung mehr. Es gibt viele Gruppen, die kaum repräsentiert sind, und andere, die überrepräsentiert sind. Teilweise sitzen sogar Lobbyisten drin, die zum eigenen Vorteil dort sind, soweit ich weiß. Außerdem viele Lehrer, viele Anwälte…

Ich verstehe, dass das hier nicht deine Meinung darstellen soll, finde die Formulierung trotzdem grenzwertig. Es steht ja eben überhaupt nicht fest, zu welchen Schlüssen die Bürgerräte kommen.

Wenn sich die Politik vollständig über sie hinwegsetzt, ergeben sie jedenfalls auch keinen Sinn. Vielleicht könnte man irgendwie mehr draus machen.

Warum sollten sie nicht repräsentativ ausgewählt sein? Nicht repräsentativ ist nur der Bundestag selbst.

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Ja stimmt, die Kritik die ich hier überspitzt dargestellt habe, ist vorrangig von Rechts. Aber das liegt in der Natur der Sache: Bürgerräte arbeiten Empfehlungen aus, Empfehlungen sind auf Veränderung ausgerichtet. Veränderung widerspricht Konservativen. Also ist die Chance, dass Bürgerräte von Rechts abgeleht werden, wesentlich höher.

Weil Gegner des Konzepts das behaupten werden, um sie zu delegitimieren. Klar, wenn man glaubt, die schweigende Mehrheit wäre auf der eigenen Seite, dann kann ein Bürgerrat, der zu 72% eine Steuererhöhung auf Zucker fordert, und uns damit in deren Lesart den Zucker im Kaffee verbieten will, nur nicht-repräsentativ sein.

Der Bundestag bezieht seine Legitimierung nicht daraus, dass er einen repräsentativen Bevölkerungsschnitt darstellt.

Stimmt, ist aber trotzdem problematisch.

Es gibt einen großen Spielraum zwischen den Optionen
A Bürgerräte treffen verbindliche Entscheidungen (fordern nur ganz wenige)
B die Ergebnisse verschwinden in irgendwelchen Schubladen, bzw man erfährt nie richtig was damit passiert

Verbindliche Rückmeldungen mit begründeten Entscheidungen wären eine Option, die sich unterschiedlich ausdefinieren ließe. Das ist das Mindeste was sich die Teilnehmenden verdient haben.

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Zwischen Bindungswirkung für das Parlament und kompletter Ignoranz gibt es vielleicht noch Zwischenstufen und die Argumentation, dass eine Veränderung des Demokratiesystems abzulehnen ist, weil es eine Veränderung wäre, birgt eine gewisse Paradoxie.
Insbesondere während wir an vielen Stellen gerade der Degradation dieses Demokratiesystems zusehen können, ist der Vorrang des Bestehenden gegenüber dem Neuen schwer zu rechtfertigen.

Die Bürgerräte mit dem real existiert habenden Kommunismus in Verbindung zu bringen ist aber recht nah dran an Propaganda, Abschluss hin oder her.

Das scheint mir eine false balance zu sein. Die erste Position ist der politikwissenschaftliche Stand des Wissens, der zweite antidemokratische Hetze

Und genau diese Legitimationslücke soll und kann der Bürgerrat schließen.

Die Frage nach dem Umgang mit dem Bürgerrat ist doch aktuell weniger eine nach juristischer Legitimation sondern eine nach politischer Klugheit.
Wenn da aus einem sinnvollen Hilfsmittel zur Auflösung gesellschaftlicher Konflikte und gegen Demokratieverdrossenheit ein reines Demokratie-Washing gemacht wird, verstärkt das meines Erachtens die Probleme, die er eigentlich lösen könnte.

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Ich habe nichts gegen Bürgerräte, die Empfehlungen aussprechen.

Ich glaube, sie sind eine gute Ergänzung. Gut dokumentiert können sie für Interessierte eine tolle Quelle an Informationen sein. Sie können Impulse an die Parteien senden, vielleicht einen Gegenpol zum Twitter-Shitstorm bilden.
Wer teilnimmt und dann sieht, dass „seine“ Empfehlungen umgesetzt werden, wird hinter den Entscheidungen stehen und sie entsprechend verteidigen.

Sie werden aber nicht jeden überzeugen und da sie Veränderungen antreiben können, entsprechend bekämpft werden. Trotzdem: Gerne machen. Und gerne in der Lage behandeln.

Ich kann keinen Unterschied zur aktuellen Stimmungsmache von rechts gegen Entscheidungen des Bundestags erkennen. Bürger:innenräte sind da nicht anfälliger als das aktuelle System.