Bezahlkarte - Verfassungsmäßigkeit der Bargeldgrenze

Das Sozialgericht Hamburg hat im Eilverfahren in einem Fall vorläufig die pauschale Bargeldgrenzen auf der Bezahlkarte für Flüchtlinge gekippt - SG Hamburg v. 18.07.2024

Die Hamburger Bezahlkarte (SocialCard) sieht wie die weiteren Bezahlkarten (z. B. die Bezahlkarte der PayCenter GmbH in Bayern) ein Barabhebelimit von 50 € pro Leistungsempfänger vor.

Die Presse Augsburg schreibt dazu:

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Pro Asyl hatten die schutzsuchende Familie bei der Klage unterstützt. „Die Einführung einer Bezahlkarte mit erheblichen Beschränkungen missachtet die Grundrechte der Betroffen. Die Entscheidung aus Hamburg bestätigt, dass eine pauschale Bargeldobergrenze von maximal 50 Euro für Schutzsuchende nicht haltbar ist, ohne das menschenwürdige Existenzminimum zu gefährden“, sagte Lena Frerichs, Verfahrenskoordinatorin und Juristin bei der GFF. „Existenzsichernde Leistungen müssen sich an den konkreten Bedürfnissen und Umständen des Einzelfalls orientieren. Eine Mammutaufgabe für die Verwaltung – aber unabdingbar zur Wahrung der Grundrechte.“

Wie seht ihr die Verfassungsmäßigkeit?

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Da ich kein Verfassungsrechtler (noch irgendein sonstiger Jurist) bin fällt mir hier eine rechtliche Beurteilung schwer. Moralisch finde ich es schwer, dass Konzept der Bezahlkarte zu verteidigen. Diese Karten werden ganz offensichtlich nicht aus sachlichen Gründen eingeführt, sondern um Menschen für ihre Migration nach Deutschland zu bestrafen, unabhängig davon, ob diese Migration rechtens ist. Das an sich ist schon verwerflich. Noch dazu sind sie der offensichtliche Einstieg in eine weitere Drangsalierung von den deutschen Empfängern staatlicher Leistungen durch ähnliche Maßnahmen.

Anstatt Menschen ständig für ihre Armut zu bestrafen sollten insbesondere „konservative“ und „liberale“ Politiker endlich mal die Bedingungen dafür schaffen, dass Menschen nicht bei dem Versuch Arbeit zu finden Steine in den Weg gelegt werden und der Bürokratieabbau nicht nur für Unternehmen sondern auch für Bürger ernsthaft betrieben wird.

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Denke, dass Verfahren wird alle Instanzen durchlaufen und damit zählt dann die höchstrichterliche Entscheidung.

Als Diplomjurist ohne sozialrechtliche Kenntnisse finde ich diese Entscheidung des Sozialgerichts sehr schlüssig. Dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum durch die Bargeldbegrenzung gefährdet sein könnte, hatten mehrere Forist:innen hier schon angerissen. Meiner Meinung nach könnte das angesichts des sehr geringen Betrags auch über besondere Lebenslagen (Mehrbedarfe) hinaus verallgemeinert werden. Ähnliche, aber nuanciertere Einschätzungen von Expert:innen hier: Braucht es Einzelfallentscheidungen für die Bezahlkarte? | tagesschau.de

Erwartbar war, dass die Grenze umgangen werden kann: Leistungen für Geflüchtete: Bezahlkarte ausgetrickst - taz.de
Schönes Beispiel dafür, dass Selbstorganisation und Solidarität in diesem Bereich notwendig und hilfreich sind. Leider hilft das den Betroffenen in Regionen ohne solches Netz noch wenig - ließe sich aber grundsätzlich auch mit Online-Transaktionen darstellen, vermute ich.

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Es ist schön zu sehen, dass diversen „Allmachtsfantasien“ und punitiven Gelüsten einiger Politiktreibender hier ein Riegel vorgeschoben wurde.

Das war auch schon bei BVerfG-Entscheidungen zum soziokulturellen Existenzminimum so.

Es beruhigt ungemein, dass der Rechtstaat populistischen Politiken Schranken setzt.