"Berliner Polizei gibt Sockenfarbe der Tatverdächtigen bekannt"

Es ist zwar noch nicht nachgewiesen, dass die Sockenfarbe etwas mit der Motivation der mutmaßlichen Täter*innen zu tun hat, aber man kann sie ja mal nennen - weil die Bevölkerung und auch einschlägige politische Parteien sich brennend für die Sockenfarbe von Tatverdächtigen interessiert.

Leider war es nicht die Sockenfarbe der Tatverdächtigen, die die Berliner Polizei nach den Gewaltausschreitungen an Silvester bekanntgegeben hat, sondern deren Nationalität.
Dadurch wird ein Zusammenhang zwischen den beiden Tatsachen (ist tatverdächtig und hat Nationalität xy) suggeriert, der, wenn er überhaupt existiert, zumindest zum Zeitpunkt der Veröffentlichung definitiv nicht bewiesen war. Ich halte diese Vorgehensweise für rassistisch und finde es erschreckend, wie selbstverständlich diese Information in vielen Medien weitergegeben wurde, obwohl das Thema bereits bei den Silvesterausschreitungen 2016/2017 diskutiert worden und daraufhin sogar der Pressekodex ergänzt worden war.
Ich fände es schön, wenn im Podcast anhand dieses Beispiels vielleicht nochmal über latenten Rassismus in der Gesellschaft gesprochen werden könnte. Dankeschön!

Habe auch einen Artikel gefunden, der die Problematik gut zusammenfasst

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Ich stimme zu, dass das hochgradig problematisch ist.

Leider haben wir bei dem Thema immer das Problem, dass wir uns von AfD, CDU und co. treiben lassen. Das funktioniert wie folgt:

Wenn keine Nationalität (oder Namen, die auf Migrationshintergrund hinweisen können) angegeben wird, wird von AfD, CDU und co. ganz selbstverständlich angenommen, dass die Täter mehrheitlich keine „Biodeutschen“ seien. Wenn die Polizei das nicht dementiert oder bestätigt, wird das als Beweis gesehen, dass es wahr sein muss. In den wenigen Online-Zeitungen, die noch Kommentarfunktionen haben, sieht man dann genau das: Es wird zum Fakt erklärt, dass die Täter natürlich Migranten waren.

Also sind Polizei und Medien in der Zwickmühle - keine Angaben zu machen führt zu ähnlich negativen Konsequenzen wie Angaben zu machen. Das Problem ist: Bei typisch deutschen Straftaten (z.B. Massenschlägerei auf Schützenfest oder Karnevalssitzung…) wird natürlich nicht nach Bekanntgabe der Nationalitäten oder Vornahmen geschrien.

Da Nationalitäten und Vornamen daher nur bei Straftaten im Raum stehen, bei denen AfD und CDU davon ausgehen, dass ein großer Migranten-Anteil unter den Tätern ist, werden diese auch nur bei diesen Taten gemeldet. Und so entsteht ein falscher Eindruck beim Lesen der Nachrichten.

Diesem Problem ist mit dem Presse-Grundsatz „Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse“ nicht zu begegnen, weil begründetes öffentliches Interesse grundsätzlich nur bei Tätern mit Migrationshintergrund, aber nie bei deutschen Tätern, begründet werden kann. So wird es immer zu einer ungleichen Darstellung kommen.

Das eine Extrem wäre also nun, zu sagen, wir nennen grundsätzlich nie Migrationshintergrund und Nationalität. Dann werden die Konservativen heulen, die Medien würden „diese Information aus politischer Korrektheit zurückhalten“, die Gerüchteküche in Social Media würde überhand nehmen und das Misstrauen gegenüber der Presse würde sich ausweiten, während der Einfluss von alternativen Medien steigen würde.

Das andere Extrem wäre es, stets die Nationalität bzw. den Migrationshintergrund zu nennen. Das wäre zwar „fair“, würde aber dank der selektiven Wahrnehmung, der wir alle unterliegen auch dazu führen, dass bei jedem Täter mit Migrationshintergrund der Eindruck verstärkt wird, es gäbe einen kausalen Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund/Nationalität und Straffälligkeit.

Der einzige Weg, es „besser“ zu machen, wäre, auch häufiger mal gezielt in die Nachricht zu schreiben „der deutsche Täter ohne Migrationshintergrund“, aber wenn man das nur selten macht, würde das zwar für den konkreten Einzelfall die Gerüchteküche einschränken, aber diese Nennung würde quasi wirken, als sei das ein besonderer Einzelfall („Oh, es war ausnahmsweise mal kein Ausländer, deshalb schreiben sie es so deutlich da rein!“). Also ob das das Problem löst…

Also mal ganz konstruktiv gefragt:
Wie sollte die Presse mit diesem Problem umgehen? Gegen diesen Populismus ist einfach kein Kraut gewachsen…

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Entsprechende Formulierungen anwenden ^^

Also z.B. Silvester Krawalle:

Wegen besonderem Interesse in konservativen und rechtsaußen Kreisen unter den Täter befanden sich X Personen mit Migrationshintergrund

Schützenfest:
Auch wenn es in konservativen und Rechtsaußen Kreisen niemanden interessiert unter den Beteiligten befand sich niemand mit Migrationshintergrund.

Einfach das Kind konsequent beim Namen nennen.

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Würde ich ergänzen mit "befanden sich 20 Personen, die in der 4. Generation in Bayern leben :wink: "

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Natürlich wird man den Eindruck, die Nationalität von Tätern sei relevant, nicht beseitigen sondern im Gegenteil noch unterstützen, wenn man sie jedesmal mit nennt.(Selbst wenn das in der Absicht geschieht, die Irrelevanz zu beweisen).

Die einzige „Lösung“, die ich mir vorstellen könnte, wäre gleichzeitig mit der Staatsangehörigkeit andere ebenso irrelevante Eigenschaften auch regelmäßig mit zu veröffentlichen, also zum Beispiel die Schuhgröße, das Körpergewicht oder eben die Sockenfarbe. Damit würden diese Eigenschaften in die angemessene Relation gerückt. Leider ist das nicht praktikabel. Aber vielleicht fällt ja jemandem eine sinnvolle Variante dieser Idee ein.

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Ich finde, die Polizei sollte Ostdeutsche als neue Kategorie einführen. Immer dann, wenn ein Tatverdächtiger ostdeutsch ist, wird das erwähnt. Wenn nicht, werden Polizei und Presse halt in den sozialen Medien gehäuft danach gefragt, wenn die Vermutung nahe liegt, dass die Person ostdeutsch sein könnte. Und wenn es keine Antwort gibt, dann war sie (bzw. in den meisten Fällen wohl er) anscheinend ostdeutsch.

Mal sehen, ob es noch Konservative gibt, die etwas merken. Die meisten werden sich halt lieber tierisch aufregen und damit ihre eigene Heuchelei zur Schau stellen. (Was halt anstrengend ist, sind irgendwelche eher nicht rechts-konservativen „ey, nicht alle Ostdeutschen sind doof, es gibt da auch coole Leute“ Dudes, die einem dann in die Kommentare sliden. Been there, tried that. Da muss man dann aber halt durch.)

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Alternativ ginge auch Bayern, Saarländer, Westfalen… Oder eben eine Zuordnung zum Bundesland. Vielleicht die Postleitzahl des Geburtsortes?

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Ich finde in dieser Folge ab Minute 4:00 gibt es genau auf das Thema auch eine mögliche Antwort, der ich auch eher folgen kann, als der bisher geäußerten Meinung(en) hier im Forum :slight_smile:
→ Man kann es ruhig erwähnen, ohne dabei rassistisch zu sein oder Rassismus zu verbreiten. Wichtig sind die Schlussfolgerungen daraus. Und es nicht zu erwähnen hilft nicht weiter.