Ich stimme zu, dass das hochgradig problematisch ist.
Leider haben wir bei dem Thema immer das Problem, dass wir uns von AfD, CDU und co. treiben lassen. Das funktioniert wie folgt:
Wenn keine Nationalität (oder Namen, die auf Migrationshintergrund hinweisen können) angegeben wird, wird von AfD, CDU und co. ganz selbstverständlich angenommen, dass die Täter mehrheitlich keine „Biodeutschen“ seien. Wenn die Polizei das nicht dementiert oder bestätigt, wird das als Beweis gesehen, dass es wahr sein muss. In den wenigen Online-Zeitungen, die noch Kommentarfunktionen haben, sieht man dann genau das: Es wird zum Fakt erklärt, dass die Täter natürlich Migranten waren.
Also sind Polizei und Medien in der Zwickmühle - keine Angaben zu machen führt zu ähnlich negativen Konsequenzen wie Angaben zu machen. Das Problem ist: Bei typisch deutschen Straftaten (z.B. Massenschlägerei auf Schützenfest oder Karnevalssitzung…) wird natürlich nicht nach Bekanntgabe der Nationalitäten oder Vornahmen geschrien.
Da Nationalitäten und Vornamen daher nur bei Straftaten im Raum stehen, bei denen AfD und CDU davon ausgehen, dass ein großer Migranten-Anteil unter den Tätern ist, werden diese auch nur bei diesen Taten gemeldet. Und so entsteht ein falscher Eindruck beim Lesen der Nachrichten.
Diesem Problem ist mit dem Presse-Grundsatz „Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse“ nicht zu begegnen, weil begründetes öffentliches Interesse grundsätzlich nur bei Tätern mit Migrationshintergrund, aber nie bei deutschen Tätern, begründet werden kann. So wird es immer zu einer ungleichen Darstellung kommen.
Das eine Extrem wäre also nun, zu sagen, wir nennen grundsätzlich nie Migrationshintergrund und Nationalität. Dann werden die Konservativen heulen, die Medien würden „diese Information aus politischer Korrektheit zurückhalten“, die Gerüchteküche in Social Media würde überhand nehmen und das Misstrauen gegenüber der Presse würde sich ausweiten, während der Einfluss von alternativen Medien steigen würde.
Das andere Extrem wäre es, stets die Nationalität bzw. den Migrationshintergrund zu nennen. Das wäre zwar „fair“, würde aber dank der selektiven Wahrnehmung, der wir alle unterliegen auch dazu führen, dass bei jedem Täter mit Migrationshintergrund der Eindruck verstärkt wird, es gäbe einen kausalen Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund/Nationalität und Straffälligkeit.
Der einzige Weg, es „besser“ zu machen, wäre, auch häufiger mal gezielt in die Nachricht zu schreiben „der deutsche Täter ohne Migrationshintergrund“, aber wenn man das nur selten macht, würde das zwar für den konkreten Einzelfall die Gerüchteküche einschränken, aber diese Nennung würde quasi wirken, als sei das ein besonderer Einzelfall („Oh, es war ausnahmsweise mal kein Ausländer, deshalb schreiben sie es so deutlich da rein!“). Also ob das das Problem löst…
Also mal ganz konstruktiv gefragt:
Wie sollte die Presse mit diesem Problem umgehen? Gegen diesen Populismus ist einfach kein Kraut gewachsen…