Beispiel für gute Klimakommunikation

Meine Frau hatte eine Vorschau von Dirk Steffens „Geo Show“ mit dem Titel „Wie wir die Welt gesund essen“ gesehen. Läuft am 19.10. auf RTL und ist schon jetzt auf RTL+ abrufbar (irgendwie bin ich vor Monaten an ein kostenloses RTL+ Abo geraten - das hat sich jetzt mal ausgezahlt).

Gestern haben wir sie uns angesehen und ich war sehr beeindruckt

Ich mag Dirk Steffens nicht so sehr. Empfinde seine Reportagen immer als „etwas zu dick aufgetragen“.

Aber hier hat er mal gezeigt, wie man gute Klimakommunikation macht: Über ein Kanal für die Massen, als „Show getarnte“ Dokumentation und eine m.E. sehr gesunde Mischung aus Warnung und Lösung. Ich konnte das leider nicht faktenchecken (vielleicht weiß hier jemand mehr darüber?)

Seine Thesen:

  • Das größte Klimaproblem ist unsere Ernährung (Ob das tatsächlich größer ist als Energieerzeugung oder Heizen, weiß ich nicht)
  • Die Leute davon zu überzeugen, (metaphorisch) auf ihre Bratwurst zu verzichten, ist unrealistisch.
  • Es gibt andere Lösungen: Biobratwurst, alternatives Tierfutter (Insekten, Maden, Algen - industriell und zu gleich naturschonend hergestellt), vertikal Farming, nachhaltige Landwirtschaft).
  • Aber vor allem: Lebensmittelabfall reduzieren. 1/3 der produzierten Lebensmittel werden weggeworfen, angeblich der größte Teil durch die Verbraucher selbst (stimmt das?).
  • Wenn wir nur 10% weniger anbauen würden, würde sich unsere Böden wieder vollständig regenerieren. Ob das stimmt? Wenn ja, heißt das: Allein, wenn es uns gelingt, unsere Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, wären wir auf gutem Weg.

Ein bisschen insinuiert er, dass mit diesen Lösungen wir nix ändern müssen. Das ist natürlich Quatsch: Nur weil wir die Lebensmittelproduktion klimafreundlich gestalten, müssen wir immer noch Energie erzeugen, Heizen, produzieren, etc.

Dennoch hat mich die „Geo Show“ positiv gestimmt, dass wir das Klimaproblem doch mit sehr viel weniger Miesepetrigkeit in den Griff bekommen könnten. Und so wie Dirk Steffens kann man dabei die Massen besser mitnehmen.

https://plus.rtl.de/video-tv/serien/die-grosse-geo-story-899018/staffel-1-899019/episode-1-die-grosse-geo-story-wie-wir-die-welt-gesund-essen-899020

Ich hoffe, das gibt‘s bald auf Kanälen ohne Paywall.

Ist es deswegen gute Klimakommunikation? Wäre es auch noch gute Klimakommunikation, wenn das Fazit gewesen wäre, dass wir alle Vegetarier/Veganer werden müssen? Oder können gute Klimakommunikation nur Wohlfühlnachrichten sein?

Ich weiß, du wolltest mit Klimakommunikation auf dieses heimlich der Masse unterjubeln hinaus. Ich frag mich trotzdem ob der Post derselbe wäre, wenn das Fazit der Show deutlich „negativer“ gewesen wäre.

… (Abs. verschoben)

Und zur ersten These. Nein. Das grösste Klimaproblem ist Energie. Hätte die Menschheit unendlich Energie ohne Nachteile der Erzeugung ließen sich alle anderen Probleme Klimafreundlich lösen. Leider ist an dem Punkt aber die Forschung gefragt und die kann man nur bedingt zu einem Durchbruch zwingen (selbst mit viel Geld) und braucht Zeit. Ernährung ist somit vermutlich die einfachste "Übergangs"lösung. Hier ist „nur“ der Mensch der limitierende Faktor.

Ein Beitrag wurde in ein neues Thema verschoben: Nahrungsmittelverschwendung

Nein, meine Bemerkung, die Du zitierst, darfst Du ruhig so verstehen, wie sie ist: Kritik an dem Beitrag.

Aber was mir besondere gut gefallen hat:

In dieser Doku wird nicht nur „Alarm - es ist ohnehin schon alles zu spät - die Menschheit hat keine Zukunft mehr - es sei denn, wir verzichten, verzichten, verzichten“ geschrien (wobei Steffens durchaus sehr kritisch ist, z.B. mit unseren Soya-Importen oder der industriellen Haltung von zigtausend Holsteiner Kühen in der arabischen Wüste).

Sondern eben Lösungen aufzeigt, die Hoffnung machen. Und alles in einem populären Format liefert, so dass man hoffen kann, dass Menschen, die bei dem Thema sich mit „nicht schon wieder das“ abwenden, vielleicht doch mal hingucken.

Nö. Das hat aber auch niemand gesagt.

Schau Dir bitte erstmal die Doku an, bevor Du mir so etwas unterstellst. Die Doku ist ganz bestimmt keine Ansammlung von Wohlfühlnachrichten.

Vermutlich nicht - selbst wenn das die einzige Option wäre. Denn das ist in einer Demokratie nicht durchsetzbar. Dieses Ziel würde man nur über viele Zwischenziele erreichen. Die Partei, die sich für die sofortige Umstellung auf veganer Essen (oder ähnliche Positionen) stark machen würde, würde schlicht abgewählt. Das ist übrigens einer der Probleme der Grünen: Die sind oft zu transparent und ehrlich.

Ich denke, es war eines der Ziele Steffens, auf ein eben gerade nicht negatives Fazit zu enden.

Ein Beitrag wurde in ein existierendes Thema verschoben: Nahrungsmittelverschwendung

Sprichst du damit nicht von „Lösung“ statt „Problem“? Für mich bezieht sich „Klimaprobleme“ auf eine Art Bestandsaufnahme: Wie sehr verstärken wir den Treibhauseffekt durch unsere Art der Ernährung, wie sehr durch unsere Art der Energieumwandlung (umgangssprachlich „Energieerzeugung“)?

Wo Lösungen liegen mit welchen Hebeln, damit hat das erstmal nichts zu tun.

Ich kann das Video leider noch nicht sehen.
Robert Habeck hat mal in einem Interview (sinngemäß) gesagt, dass ein großer Fehler des letzten Wahlkampfs war, den Eindruck zu vermitteln, dass es Klimaschutz „umsonst“ (also ohne, dass wir groß etwas ändern müssen) gibt. So sehr ich mir den Technologie-Messias wünsche, der uns von unseren historischen Sünden befreit: Wir müssen uns darauf einstellen, dass große Umstellungen kommen. Deswegen wünsche ich mir, dass auch in Formaten bei RTL erwachsen mit dem Thema umgegangen und die Zuschauerschaft nicht infantilisiert wird (mit dem Motto: Wir müssen Klimaschutz der Bevölkerung schmackhaft machen wie man den Brei einem Baby unterjubeln würde).

Zu den Thesen:

Das größte Klimaproblem ist unsere Ernährung (Ob das tatsächlich größer ist als Energieerzeugung oder Heizen, weiß ich nicht)

Das kommt etwas darauf an, wie man Klimaprobleme bemisst. Es ist auf jeden Fall a) ein sehr großes Problem

Auf das globale Ernährungssystem sind bis zu 37 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen zurückzuführen. Das ist mehr als ein Drittel. (WWF-Studie: Das große Wegschmeißen)

und b) von allen Problemen auch das, welches wir theoretisch am schnellsten angehen könnten. Die Heizungen bekommen wir nicht innerhalb von 5 Jahren ausgetauscht, unsere Ernährung schon, wenn wir wollten.

Die Leute davon zu überzeugen, (metaphorisch) auf ihre Bratwurst zu verzichten, ist unrealistisch.

Es wäre aber nun mal die effizienteste Möglichkeit. Am Ende wird eine Reduktion mit unserem gegenwärtigen Konsum nicht machbar sein. Ob Bio oder nicht ist für die Umwelt-Gesamtbetrachtung eigentlich nicht so wichtig, es muss vor allem weniger werden. Wobei Bio natürlich andere positive Effekte hat. Aktuell leben wir auf Pump (zu Lasten der kommenden Generationen).

Hier finde ich, könnte man in der Kommunikation umsteigen: Nicht mehr auf „Verzicht“ pochen sondern auf „Verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen“. Wir müssen mit den Ressourcen, die wir haben, auskommen. Soja aus ehemaligen Regenwäldern zu importieren gehört nicht dazu. Es wird Zeit, den erwachsenen Menschen in Deutschland zu Wahrheit zuzumuten.

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6 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: Vegane Ernährung

Dann können wir uns doch Klimakommunikation gleich sparen, wenn es bedeutet, dass wir uns hier gegenseitig nur was vortäuschen. Da ist es dann einfacher zu sagen, den Klimawandel gibt es nicht. Da sparen wir uns dann zumindest ne Menge Diskussionen.
(Kleine Anmerkung: meiner Einschätzung nach sind die Grünen noch viel zu unehrlich, da sie sich nicht trauen Wachstum und den Kapitalismus in seiner heutigen Form wirklich in Frage zu stellen. Aber das ist eine andere Diskussion)

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Lasst mich erst einmal ein mögliches Missverständnis ausräumen:

Ich bin nicht der Meinung, dass Klimaschutz ohne z.T. massive Veränderungen dessen, was wir gewohnt sind, möglich ist.

In dem Maße, wie das im Bereich Energieerzeugung, Heizen oder Mobilität der Fall ist, ist das aber offenbar im Fall der Ernährung nicht (wohl aber auf die Art und Weise, wie wir sie herstellen).

Mir (und Herrn Steffens) geht es nicht darum, die Bratwurst zu rette (ich mag eigentlich gar keine Bratwurst). Mir geht es darum, Menschen dort abzuholen, wo sie sind und sie nicht durch feine Überforderung in die Flucht zu schlagen.

Das bezog sich vermutlich auf sein Heizungsgesetz. Ich glaube nicht, dass er sich selbst meine oder die Grünen. Sondern er meinte diejenigen, die aus populistischen Motiven dagegen geschossen haben. Weil sie den Fakt wissentlich unterschlagen, dass wir uns es nicht leisten können, noch 30 Jahre lang fossile Heizungen weiter zu betreiben und daher jetzt anfangen müssen, nur noch nicht-fossile Heizungen einzubauen.

Der viel größere Fehler von Habeck und den Grünen war, nicht die Förderung zu klären, bevor man über neue Vorschriften zum Einbau sehr viel teurere Heizungen redet.

Die Bestandsaufnahme zum „Klimaproblem“ ist da. Die meisten Menschen wissen das (auch wenn sie es nicht wahr haben wollen oder ignorieren). Jetzt geht es um Lösungen!

Und in einer Demokrateie, in der solche Lösungen nur eine realistische Chance haben, die von der Mehrheit der wählenden Bevölkerung akzeptiert werden, sind manche Fakten und Erkenntnisse einfach kontraproduktiv (auch wenn sie wahr sind).

Ob es uns gefällt oder nicht: Folgende Thesen (selbst wenn sie stimmen) treiben die Mehrheiten in die Arme von Union, FDP, FW, AFD und schlimmere:

  • Wir müssen alle massiv verzichten. Wir können uns unser heutiges Wohlstandsniveau einfach nicht mehr leisten.
  • Klima- und Umweltschutz ist ohne Änderung des marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems nicht möglich (v.a., ohne dabei zu beschreiben, wie ein nachhaltiges Wirtschaftssystem aussehen soll).
  • Wir alle sollten uns nur noch vegetarisch / vegan ernähren
  • Moralisierende Aussagen über Autos, Fliegen, Fleisch, etc.

Lass uns lieber über eine massive Erhöhung des CO2-Preise (immer verbunden mit Klimageld!), eine Welt mit billigen alternativen Energien, eine wettbewerbsfähige klimaschonenden Landwirtschaft (wie in Steffens Beitrag) und so vieles mehr sprechen: Lösungen, die eine attraktive Zukunft beschreiben.

Da hast du recht, hier ist das Zitat aus dem Transkript der LdN344:

Das Problem des letzten halben Jahres war, dass Deutschland überrascht war, dass wenn wir klimaneutral 2045 werden müssen, wir aufhören müssen, Gasheizung und Ölheizung einzubauen. Das kann ja aber niemanden überrascht haben, denn das ist ja logisch, wenn die Dinger 20 Jahre lang laufen. Aber es hat niemand gesagt. Wir haben den letzten Bundestagswahlkampf geführt mit der Ansage: Wir werden klimaneutral und niemand merkt es.

Das hab ich etwas aus dem Kontext bewegt, die dahinter liegende Nachricht ist aus meiner Sicht aber: Der Bevölkerung wird suggeriert, dass sie nichts machen muss.

Da bin ich teilweise bei dir, wobei die von dir genannten Thesen ja von keiner nennenswerten Partei, zumindest so wörtlich, in der Mehrheit vertreten werden (oder wenn nur teilweise).
Es wird aber insbesondere den Grünen gerne angehangen, dass sie uns alle zwangs-veganisieren wollen.

Daraus schließe ich: es mangelt nicht an den Fakten, sondern es mangelt an einer Erzählung, die diese Fakten in ein schlüssiges Gesamtkonzept einbetten, und es fehlt an Führungspersönlichkeiten, die diese Erzählung auf symphatische Weise in das Volk bringen.

Meine These ist, dass so eine Erzählung nur dann möglich ist, wenn wir uns den Fakten stellen, die sich nicht nur auf die Ernährung beschränken: Der Klimawandel ist da, und er wird nicht mehr besser werden. Unser Konsum ist nicht tragfähig. Flüchtende werden kommen, und solange wir keine Verbrechen begehen wollen, kann Deutschland da auf nationaler Ebene nichts gegen tun. Aber: Wir haben die Macht, das Ausmaß der Katastrophe zu bestimmten. Wir haben die Macht, unsere Gesellschaft weiterzuentwickeln. Wir haben die Macht, ein neues Normal zu finden. Wenn wir die Fakten akzeptiert bekommen bewinnen wir nämlich eine neue Freiheit: Die Freiheit, zu gestalten. Aktuell rennen wir nämlich einer Vergangenheit hinterher, die so niemals existiert hat („Retropie“).

Alles richtige Vorschläge, aber mir fehlt da die Eigenverantwortung. Beim CO2-Preis und der Landwirtschaft bin ich fremdgesteuert, bei der Energie kann ich, außer meinen Verbrauch zu beschränken und vielleicht eine PV-Anlage zu installieren und zu investieren, auch nichts tun. Ich glaube, dass ein Appell an die Verantwortung, in der richtigen Erzählung, Wirkung erzielen kann.

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Aber das ist doch genau das Problem! Nach meiner Überzeugung ist es nativ, zu glauben, die Klimakrise könnte nennenswert gebremst werden, wenn jeder sich anstrengt und verzichtet. Das wird nicht gehen:

Die meisten Menschen sind einfach nicht bereit, sich zu verändert. Sie brauchen dafür Anreize (und teilweise Verbote). Das wäre z. B. ein spürbarer CO₂-Preis und Förderung, wenn die klimaschonende Alternative nicht unerhebliche persönlichen Investitionen erfordern (Heizung, E-Auto, Fotovoltaik, …). Ohne diese staatlichen Weichenstellungen wird das nichts.

Das ist genau der Punkt: Den Grünen, aber auch Klimaaktivisten etc. wird unterstellt, dass die genu solche Thesen vertreten:

Teilweise tun sie das auch, teilweise lassen sie es zu, weil sie dem still und heimlich beipflichten. Einfach auch deshalb, weil es faktisch nicht falsch ist.

Aber damit „lockt“ man nun mal „kein Schwein hinter dem Ofen vor". Schreckensgemälde über wie schlimm alles wird und worauf wir alles verzichten müssen, sind vielleicht sogar wahr - aber völlig kontraproduktiv.

Wir brauchen eine Erzählung über eine attraktive Zukunft - da sind wir uns ja einig.

Das ist kein „Kopf in den Sand stecken“ oder „die Fakten nicht wahrhaben wollen“. Das ist einfach nur ein wenig smarter als die Scheckensgemälde …

Und wann immer Klimaschutzskeptiker diese Schreckensgemälde den Grünen oder Klimaaktivisten etc. i die Schuhe schieben wollen, muss deren Antwort sein: „Darum geht es nicht. Es geht um [motivierende Beschreibung einer attraktiven Zukunft, in der der Mensch im Einklang mit dem planetaren Grenzen handelt]“

Genau das hat Dirk Steffen in dem o.g. Beitrag versucht. Ich finde, der Versuch ist gut gelungen.

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Irgendwo habe ich ein passendes Zitat gehört/gelesen:

„Die Verbote werden kommen, wenn das Essen alle ist“

Das sollte man in die zukünftige Erzählung auch irgendwie einbetten: je länger wir warten um so schlimmer wird es.

Problem: die Beharrungskräfte werden stärker je mehr man auf einmal ändern will/muss.
Die glauben es erst, wenn es zu spät ist.

O.K., halten wir fest: Es gibt viele Veganer, darunter auch einige mehr oder weniger prominente. Können wir bitte diese Seitendiskussion verlassen!?