Das ist eine sehr populistische Verallgemeinerung. Die meisten Landwirtschaftlichen Betriebe haben keine Erntehelfer sondern sind selbst am ackern. Von 35 h Wochen, wie sie die Lokführer erstreiken, sind viele weit entfernt.
Der niedrige Lohn z.B. für Spargelstecher ist direkt mit den schlechten Verkaufserlösen der Lebensmittel verbunden. Da wird dann einfach zum Spargel aus dem Ausland gegriffen, wenn der deutsche zu teuer ist.
Komisch dann, dass die Umfragewerte der Union so hoch sind, wenn es doch gerade diese Partei ist, die die Landwirte über Jahrzehnte so Subventionsabhängig gemacht hat. Erst kürzlich wieder für weitere 7 Jahre von Frau Klöckner 2020. Zudem ist ausgerechnet die Lobbyorganisation der Bauern sehr CDU CSU nah. Die wählen quasi ihren eigenen Untergang.
Aber gerade haben sie einen gemeinsamen Feind ausgemacht. Und spannenderweise sind es die Grünen, obwohl die an sich der Landwirtschaft so vom Ansatz her ja nahe stehen sollten. Bizarre Welt.
Ich empfinde die Art und Weise, wie demonstriert wird, zu einem guten Teil (Habeck-Mob, Galgen, aggressive Fahraktionen, Proteste einfach gegen alles, was nach „Grün“ oder „Ampel“ aussieht) auch als aggressiv bis teilweise rechtsradikal und daher erbärmlich, ebenso wie viele Proteste von Querdenker:innen.
Ich würde mir in diesem Forum aber im Sinne der demokratischen Freiheiten etwas mehr Gelassenheit und Toleranz auch bei robusten Formen des Protests wünschen. Das heißt für mich, man kann und sollte dieses Auftreten als die Unkultur kritisieren, die es ist. Aber nicht die völlig unangemessene, rechtsstaatlich fragwürdige Präventivhaft fordern, wenn niemandem geschadet wird außer dem kapitalistischen Hamsterrad.
Ungehobelte Demonstrationen und zivilen Ungehorsam muss unsere Demokratie aushalten, ohne zum Schlagstock zu greifen.
PS: Mit einer solchen Toleranz bei gleichzeitiger Konsequenz gegen klare Straftaten und Missbrauch der Freiheit macht man sich auch weniger angreifbar für Vorwürfe von Doppelstandards.
Vielleicht kann das ja jemand aufklären, der sich besser auskennt: Meines Wissens ist der Protest mit dem Traktor auch einfach beliebt, weil damit unmissverständlich klar ist, wer demonstriert. Der Traktor ist einfach DAS Symbol für Landwirtschaft. So gab es auch schon in anderen Jahren Trekkerkorsos (Land schafft Verbindung – Wikipedia) und auch bei anderen Demos mit landwirtschaftlicher Beteiligung wir „Wir haben es satt!“, sollen schon mal (wohlgemerkt eher einzelne) Traktoren gesichtet worden sein. Außerdem eignen sich Traktoren natürlich als Infrastruktur, die man auf Demos braucht.
Klar kann man sich über die Sinnhaftigkeit dieses Auftretens streiten und auch bezweifeln, ob nicht ein Trekkrr auf einen Block von 100 Menschen reichen würde (dann wären wohl nicht viele unterwegs). Aber Fahrraddemos gibt’s ja schließlich auch.
Die Landwirtschaft ist breit gefächertert und die Betriebe die viele Erntehelfer benötigen, sind nicht so stark von dem ganzen betroffen wie andere.
Die Erntehelfer bekommen dieses Jahr 12,41€ die Stunde und können 6 Tage die Woche, im Normalfall 8 Stunden arbeiten. Für die Unterkunft werden ca. 10€ pro Tag verlangt, was im Vergleich zu Montagezimmern (ca. 30€) meines Erachtens günstig ist.
Beispiel: 12,41€ x 8 Stunden x 6 Tage x 4 Wochen = 2.382,72 €. Minus 280€ für die Unterkunft sind wir da bei 2.102,72€ Nettoverdienst.
Erntehelfer müssen keine Abgaben zahlen und wenn dann können sie diese Rückerstatten.
Schwarze Schafe gibt es genug, aber wenn alles legal ist, verdienen die Menschen hier gutes Geld und sind damit sehr zufrieden.
Schwierig wird es in Deutschland in Zukunft noch Obst und Gemüse anzubauen, da der gesetzliche Mindestlohn im EU Ausland nicht mal halb so hoch ist und rund die Hälfte der Kosten Lohnkosten sind.
Der Einzelhandel bietet den Landwirten aber nur den gängigen Preis aus dem Ausland.
Der durchschnittliche deutsche Bürger wollte schon immer wen in der Verantwortung haben, den er einfach doof finden kann. Das ist tatsächlich nichts Neues.
Allerdings nimmt das immer absurdere Züge an. Man gibt wem unschuldigen für alles die Schuld und wählt gleichzeitig diejenigen, die für den bejammerten Umstand verantwortlich sind.
Sehe da echt nur einen kommunikativen Gegenangriff von Mitte links. Das kann man nicht länger so stehen lassen finde ich. Oder welche Strategie wäre angemessen? Durch Politik geht es ja nicht, da blockiert die FDP sämtliche Vorhaben, die gut fürs Image wären.
Das meint auch keiner ernst, sondern ist eine Kritik an der Doppelmoral Letzte Generation vs. Bauern, besonders im Hinblick auf die für die Präventivhaft verantwortliche CSU, aber auch die Berichterstattung.
Selbst Berichte zur Habeck-Fähre weisen am Ende auf die Gründe der Proteste hin.
Genauso könnte man bei Berichten über die letzte Generation enden mit dem Hinweis, dass die Politik ihre national gesetzlich gesetzten und international versprochenen Klimaziele sicher verfehlt und trotzdem nicht ernsthaft handelt und laut Forscher deshalb unser heutiges Klima mit dem in 2050 nicht mehr vergleichbar sein wird und bis 2100 massive Anpassungskosten auf uns zukommen werden, die heute 20 jährige Kinder vermutlich noch miterleben (und finanzieren) werden.
Der konventionelle Bauer ist mit einer Partei, die geltende Grenzwerte hinterfragt, Glyphosat abschaffen und Land-- und Forstwirtschaft diverser machen möchte, nicht glücklich.
Und wenn er es eigentlich wäre, liest er in der Verbandszeitung genug Gründe, an seiner bisherigen Haltung zu zweifeln.
Ich glaube, die Bedrohung durch 15kg Fahrrad vs. 3000kg Trecker ist eine ganz andere, es kommt neben dem Gewicht die Macht der Maschine dazu. Niemand kann so schnell rennen wie ein Traktor fährt.
Gerade der letzte Absatz, wenn es denn so wahr, ist natürlich sehr kritisch. Wenn „rechtsfreie Räume“ geschaffen werden fördert das ja genau die radikalen Tendenzen und ist genau das, was Rechtsradikale für sich nutzen.
Meine private Erfahrung ist, als im ländlichen Bayern aufgewachsen, dass Landwirte anschlussfähiger für ein sehr konservatives bisweilen rechtes Weltbild sind.
Das spielt den „Kräften“ die mir Angst machen, natürlich in die Karten. Denn ob AfD, Der 3. Weg, Freie Sachsen wissen ganz genau, wie sie in den sozialen Medien Stimmung machen und ihre Ideologie mit den vermeintlich legitimen Anliegen der Bauern vermischen.
Ich halte es für eine gefährliche Mischung, die politisch bei Wahlen noch nachwirken wird.
Vermutlich wird das rechtliche i.O. sein, das werden Menschen, die davon Ahnung haben, schon geprüft haben - Ist ja nicht der erste Traktor-Aufmarsch.
Auf mich wirkt es einfach befremdlich
Landwirte allgemein als „kleine Arbeiter“ zu framen ist aber auch eine sehr populistische Verallgemeinerung.
Bei der Aufgabe der Höfe geht es ja oft auch um die sehr einfach Rechnung, dass Pachterlöse plus Einkommen aus Arbeit als Angestellter ein ähnliches, vielleicht sogar höheres Einkommen bringt als das Land selbst zu bewirtschaften bzw. sogar einen niedrigeres Einkommen, aber dafür mehr Freizeit und Flexibilität.
Der Nachbarhof wiederum freut sich über die Flächen zur Pacht, weil mehr Flächen eine effizientere Bewirtschaftung ermöglichen und somit das Einkommen bei moderatem Mehraufwand deutlich steigt.
Letztlich ist das eine knallharte betriebswirtschaftliche Rechnung die da angestellt wird. Nicht zu vergleichen mit der Zeit der Industrialisierung als Bauern in die Fabrik gingen weil sie sich kaum mehr Ernähren können.
Die Landwirte die ich kenne sind keineswegs groß, leben aber auch nicht schlecht, bis teils sogar sehr gut. Die Arbeitszeiten sind dafür natürlich auch eine andere Hausnummer als als Angestellter und einfach mal so Urlaub machen ist auch nicht möglich.
Wie ich immer wieder sage sollte man diese Diskussion allgemein viel differenzierter führen. Hofaufgaben haben oft auch was mit den Arbeitszeiten zu tun, Kleinbauern kann man nicht mit Großbetrieben vergleichen und allgemein muss man z.B. auch von Region zu Region etc. unterscheiden.
Im Jahr 2020 937.900 landwirtschaftliche Arbeitskräfte, davon
46% Familienarbeitskräfte
29% Saisonkräfte
24% ständig Beschäftige
Die Anzahl der Beschäftigen und Betriebe hat sich laut destatis seit 2010 um rund 12-13% reduziert, die bewirtschaftete Fläche ist aber nicht wesentlich kleiner geworden.
Das BMEL nennt etwas andere Zahlen, die Richtung ist aber die selbe: Die Größe der Höfe steigt.
In Ordnung. Aber bitte dran denken, dass Ironie über Schrift schwierig zu vermitteln ist und wir uns hier gegenseitig nicht unbedingt gut genug kennen, um zu wissen, was ernst gemeint ist. Wer weiß außerdem, wer hier mitliest und so etwas in den falschen Hals bekommt? Es sind schon genügend unnötige, kontraproduktive Diskussionen mit Forumsmitgliedern mit liberale konservativerer politischer Grundausrichtung in anderen Diskussionen wegen ähnlich pointierten und missverständlichen Äußerungen entstanden. Ich gehe davon aus, dass nur die robusteren unter ihnen sich die Mühe antun, solche Dinge aufzuklären.
Will hier aber auch nicht die Ober-Spaßbremse spielen. Einfach provokante Aussagen zwei Mal lesen und im Zweifel abschwächen wäre für eine erkenntnisorientierte Diskussion hilfreich.