Aufhebung der Impfpriorisierung

Hallo zusammen,

Ich würde gerne was hören zur Aufhebung der Impfpriorisierung - was sind die Überlegungen dahinter, wie schätzen Experten diese Entscheidung ein?
Was ich so höre werden bis dahin nicht alle Priorisierten ein Angebot bekommen haben.
Außerdem:
Wie funktioniert eigentlich das ganze System hinter den Impfstoffen? Wie werden innerhalb einer Prio Gruppe Termine vergeben?
Wird irgendwo zentral erfasst nach welcher Indikation eine Impfung gemacht wurde? Warum nicht/ warum nicht veröffentlicht?
Wie könnte man die Verteilung an die dezentralen Stellen (Allgemeinmediziner etc.) zuverlässiger gestalten?

Merci und viele Grüße, Julia

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Der Algorithmus des Bayrischen Impfzentrums soll (verkürzt) folgendermaßen funktionieren:

Dies wird bewerkstelligt, indem jede dieser Angaben mit einer Zahl verknüpft wird, die auf das Alter addiert wird. Diese Zahl ergibt dann ein sogenanntes „Virtuelles Alter“, nach dem die Impflinge in die Schlange sortiert werden. Die freien Impftermine werden dann der Reihe nach in der Schlange verteilt. So will das Gesundheitsministerium laut Sprecher eine Gleichbehandlung der unterschiedlichen Priorisierungsgründe sicherstellen. Anders als manche glauben, spielt die Reihenfolge der Anmeldung dabei keine Rolle.

Ich habe anlässlich des Threads „Schließung der Impfzentren“ auch mal versucht, mehr herauszufinden. Mein vorläufiges Fazit war:

Meinst du die Verteilung des Impfstoffes vom Bundesland an die Praxen, Betriebe, Impfteams? Läuft das denn zurzeit unzuverlässig ab?

Ich halte es für einen Fehler und will versuchen es zu begründen.
Tatsächlich glaube ich, dass die Impfung durch die Hausärzte optimal geeignet ist, die Defizite, die jede noch so komplexe Prioritäten - Regelung hat, zu mildern. Hausärzte können in vielen Fällen gut einschätzen, welche ihrer Patienten gefährdet sind und welche nicht. Sei es aus medizinischer Indikation, also das individuelle Risiko im Falle einer Erkrankung, oder ihr Expositionsrisiko (also zB Kassierer in Supermärkten, Sozialarbeiter, irgendwann die Eltern). Das ganze bedeutet Woche für Woche viel Arbeit und nicht jede Praxis wird da immer bereits sein, das Maximum an Zeit für die optimale Verteilung einzubringen, aber oft werden vernünftige Abwägungeb getroffen.
Wenn nun die Priorisierung fällt, werden die lautesten und nervigsten geimpft, nicht diejenigen, die es am nötigsten haben.

Das System jetzt hat sein größtes Defizit da, wo Menschen sowieso nicht viel Kontakt zu Ärzten oder der Gesellschaft haben. Arme, Kranke, Alte, Ausländer. Die zu erreichen ist unsere große Herausforderung.

Gruß Jakob

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Ich finde die Aufhebung der Impfpriorisierung einfach nur falsch. Das ist widerlichster Wahlkampf von Jens Spahn, damit gefühlt jeder in Urlaub kann. Es sind nicht mal ansatzweise alle Prio-Gruppen geimpft. Meine Schwester arbeitet im Einzelhandel, d.h. die sind dauerhaft einer Flut von menschen ausgesetzt und nahezu niemand kriegt einen Termin zur Impfung, weil nicht mal Priogruppe 2 ganz durch ist. Und da haben wir die Priorisierung auf? Gehts noch? Damit jeder nach Malle fliegen kann? Solange nicht die Priogruppen durch sind, darf die Priorisiierung nicht aufgehoben werden, Ende.

Das ist genauso ein unwürdiges Manöver wie die Verkürzung des Impfintervalls von Astra Zenica auf Kosten der Wirksamkeit, nur damit die Wähler schön in Welt fliegen können und dann am Besten wieder eine neue Variante einschleppen, weil Sie nur zu 50% immun sind. Wenn ich bedenke, dass Giffey wegen Plagiat zurückgetreten ist, wünsche ich mir ehrlich, dass jemand Spahn vor die Tür sitzt wegen Gefährdung der Bevölkerung und absoluter Unfähigkeit.

Und ja ich weiß, dieser Post ist voller Wut und sollte auch so rüber kommen.

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Ich weiss nicht wo Du wohnst, kann Deine Angaben aber nicht teilen.
In meiner Region in Hessen ist es kein Problem, für Personen im Einzelhandel innerhalb einer Woche einen Impftermin (auch wenn es nicht Astra Zeneca sein soll) zu bekommen.
Dann immer diese unsäglichen Argumente wie „Damit jeder nach Malle fliegen kann“. Und nicht jeder, der geimpft ist, fliegt sofort ins Ausland (was er ja auch vorher schon hätte tun können).
Woher kommt denn Deine Angabe, dass aufgrund der Verkürzung des Impfintervalls die Wirksamkeit bei Astra Zeneca „nur noch“ bei 50% liegt? Und was bedeuten diese 50%? Schutz vor Ansteckung? Schutz vor schwerem Verlauf?

Du schreibst, dass Dein Post voller Wut ist und auch so rüberkommen sollte. Auf mich wirkt er haupsächlich unsachlich.

Und es könnte sehr wohl sinnvoll sein, die Impfpriorisierung, wie wir sie momentan durchführen, aufzuheben: Ist die derzeitige Impfreihenfolge optimal? - Ein Simulationsmodell - YouTube

Über eine Aufhebung der Impfpriorisierung könnte man meiner Meinung nach dann nachdenken, wenn die Nachfrage nach Impfungen unter den priorisierten Menschen geringer als das Angebot wäre, oder alle Menschen mit gesundheitlichen oder beruflichen oder der in der Lebenssituation begründeten Risiken bereits einen Termin hätten. Beides ist nicht der Fall. Lt taz werden die 15 Mio Dosen die bis zur Freigabe geliefert werden sollen zu einem großen Teil für Zweitimpfungen benötigt (Baldiges Ende der Impfpriorisierung: Die Geduldsprobe - taz.de).
Ich gehe soweit mit Spahn mit (auch wenn er sich da arg trotzig anhört) dass fließende Übergänge sinnvoll sind (Bund-Länder-Beschluss: Priorisierung bei Impfungen endet am 7. Juni | tagesschau.de), aber es muss gewährleistet werden, dass Menschen in einer Priogruppe auch einen Termin vor dem Großteil der Menschen ohne Priorität erhalten. Darüberhinaus bleiben Eltern von Kindern die nicht geimpft werden können weiterhin unbeachtet, obwohl sie durch ihre Kinder, bzw deren Kontakte, ein deutlich höheres Ansteckungsrisiko haben als kinderlose Menschen in vergleichbarer Position. Dazu haben sich glaube ich u.a. Marina Weisband und Teresa Bücker geäußert.
Experten äußern sich ebenfalls kritisch („Menschen werden um ein knappes Gut konkurrieren“: Aufhebung der Impf-Priorisierung sorgt für Kritik - Politik - Tagesspiegel, Experten kritisieren Beschluss: Impfpriorisierung wird in drei Wochen aufgehoben - Politik - Tagesspiegel Mobil)
Wenn man sich anschaut wer denn so geimpft ist, und wer nicht kann schon der Eindruck entstehen, dass die Maßnahme vor allem Wahlkampf ist. Und leider fehlen überzeugende Argumente gegen diesen Eindruck.

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U.a. Hausärzte fordern zuverlässigere Impfstoff-Lieferungen | MDR.DE
Höre ich auch so aus erster und zweiter Hand von Ärztinnen und Mitarbeitenden in Praxen; sie wissen nicht, wie viel Impfstoff sie geliefert bekommen, ob das Bestellte kommt.
Und natürlich das wenig effiziente System dass Menschen bei etlichen Ärzt
innen anrufen, sich auf Wartelisten setzen lassen etc.

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Das passt zu diesem Artikel vom 19.5.:

So gut steht wohl nicht um die Risikogruppen. Hauptsache Spahn konnte dich wieder auf Kosten anderer profilieren.