Atomkraftwerke südlich bleiben als Reserve

Hallo,

Ich melde mich hier, weil es offenbar von vielen Seiten ein Missverständnis bezüglich der KKWs gibt. Zum einen scheint es zwischen Ministerium und Betreiber ein Kommunikationsproblem zu geben. Es ist so, dass anscheinend die Information fehlte, dass das KKW (in diesem Fall Isar 2) nach November gar nicht wieder angefahren werden kann. Ein AKW braucht zum starten eine gewisse kritische Masse von seinem Material, abhängig von der Geometrie. Bei einer Kugel U235 sind das 50kg, damit die Kettenreaktion anfängt.

Normalerweise ist genügend davon im Reaktorkern und man muss zum Beispiel Borsäure hinzufügen, damit die Reaktion gebremst wird. Damit wird ein Reaktor normalerweise gesteuert. Die Steuerstäbe sind nur für schnelle Regelungen zuständig. Wenn die Brennelemente jedoch weit runtergebrannt sind, ist der Anteil der Borsäure nahe 0 ppm. Dann kann nicht mehr gebremst werden. Wenn das der Fall ist, kann ein Kraftwerk nicht wieder eingeschaltet werden. Durch Neuanordnung der Stäbe kann man es eventuell noch hinbekommen, aber die Details bei Isar2 kenne ich nicht. Bei Isar 2 scheint die kritische Masse also nicht mehr vorhanden zu sein, laut Betreiberbeschreibung des Leckage-Ventil-Problems. Dieses Bauteil ist übrigens kein Störfall, Leck oder ähnliches, sondern ein normales Verschleißteil, was dann laut Grenzwerte und Regelungen irgendwann getauscht werden muss.

Heißt im Anschluss nach November ist ein Reserve oder Not-betrieb gar nicht möglich, denn wenn es einmal aus ist, dann geht es nicht wieder an ohne neue Brennelemente. So wie Habeck es also geplant hat, funktioniert so nicht. Ein Streckbetrieb als solcher ist schon möglich, da man im Grunde die Kettenreaktion immer weniger werden lässt, wie ein negatives Wachstum. Die Leistung sinkt bis die Brennelemente nicht mehr hergeben.

Das ist zumindest mein aktuelles Verständnis, aus der Physik und aus den Informationen, die ich habe. Am Ende ist die Kommunikation auf jeden Fall seitens Betreiber oder Ministerium katastrophal, was die Planung angeht. Ob sie der ganze Wartungsaufwand, sowie Bemühungen, die dahinter stecken für 2 TWh lohnen (Isar2) sei mal dahingestellt. Neue Brennelemente bekommt man jedenfalls erst 2024, sowie die aktuelle Informationslage es hergibt.

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Hier mal die physikalischen Fakten und ein paar andere Anmerkungen von einem Experten. Denke die sind so nachvollziehbar oder?

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Viele physikalische Fakten kann ich nicht entdecken, da war die Erklärung aus dem Kommentar davor schon erheblich ergiebiger.
Der Bericht ist m.e. tendenziös und das übliche nicht lösungsorienterte Bashing gegen die „grüne Aufräumtruppe“.

Habeck hat ja für den nicht lösungsorientierten Quatsch der Opposition heute deutliche Worte gefunden…

" #Sie sind die ‚Muss weg‘ Opposition# – R. Habeck Grüne wird im Bundestag deutlich"

https://youtube.com/shorts/V5O8MzuWGbc

ich habe mich schon länger gefragt, warum er das nicht endlich so deutlich ausspricht, was schon lange schwelt, aber heute hat er es getan:
Eine Wohltath! S.o. Video…

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Was deutlich mehr zu sein scheint, als wir anderen zusammen vorweisen können ^^

Ich hätte da mal noch eine Frage:

Weiter oben steht, dass man die Kraftwerke auch für die Vorbereitungen zum Streckbetrieb runterfahren müsste, nur halt nicht so lange wie für die Reserve.

Nur abgeschaltet ist abgeschaltet, heißt, wenn die Aussage oben stimmt, wäre doch Isar 2 auch für den Streckbetrieb nicht geeignet.

Hast du da noch ein wenig mehr Erleuchtung für uns?

Kann ja sein, dass die Aussage oben schon nicht ganz korrekt ist.

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Naja, in dem Video ging es ja in erster Linie um
die Gasumlage. Diese in so einer Weise zu „verteidigen“ finde ich alles andere als eine

Im Übrigen: Ist das diese ‚Muss weg‘ Opposition, von der er spricht?

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Das ist nicht unbedingt nötig. Hängt davon ab, wie lange man den Streckbetrieb fahren möchte. An sich gibt es zwei Steuergrößen in so einem DWR (Druckwasserreaktor). Einerseits die Borsäure und andererseits auch noch der Druck (Den habe ich vorher nicht genannt, erschien mir einfacher). Die Borsäure kann Kettenreaktionen aufhalten und wird auch bei Abschaltung auch sehr hoch dosiert (70% oder so). Das andere ist der Druck. Je höher der Druck, desto „dichter“ das Wasser im Reaktor, welches dazu da ist, die Neutronen abzubremsen. Nur langsame Neutronen können für die Kettenreaktion genutzt werden.

Nehmen wir also an, die Borsäure ist schon bei 0% weil die Brennstäbe so ausgebrannt sind, kann ich in der Theorie immer noch den Druck im Kessel erhöhen, um mehr Neutronen zu verlangsamen und die Kettenreaktion kann fortbestehen. Genau das passiert im Streckbetrieb. Dadurch das der Druck im Kessel so hoch ist, kann die Turbine jedoch nicht mehr auf Volllast arbeiten, wodurch die Leistung verringert wird. Um den Reaktor im Streckbetrieb zu fahren, muss also kontinuierlich der Druck erhöht werden, während sich die Leistung verringert. So lässt sich quasi die notwendige kritische Masse verringern.

Das ist natürlich nicht unendlich lange möglich - irgendwann sind die Brennstäbe wirklich hinüber. Was mich etwas wundert sind da die Aussagen von PE, dass sie das Kraftwerk ab November nicht mehr hochfahren können (oder wollen?). Also scheinen die Brennstäbe schon soweit abgebrannt zu sein, dass sie den Reaktor trotz höheren Druck nicht mehr starten können. Oder dies viel zu lange dauern würde. Also nicht mehr 3 oder 7 Tage, sondern e.g. 21 Tage. Vielleicht hat es sogar etwas mit dem Ventil selbst zu tun. Bei höherem Druck werden die zulässigen Leckagemengen eventuell schneller erreicht.

Irgendwas ist da bei PE sehr fishy mMn. Eventuell auch einfach eine politische Frage, weil PE keinen Reservebetrieb machen möchte. Ist geschäftlich vielleicht einfach nicht lukrativ.

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Kurze Ergänzung hierzu. Im Artikel steht, dass das Anfahren aus „kalt/abgefahren“ mit hoher Borsäurekonzentration sehr teuer und aufwändig ist. Das ist soweit richtig. Man könnte die Anlage aber in der Theorie auch in einem Zustand belassen bei dem die Borsäure relativ niedrig ist und innerhalb von wenigen Tagen auf 0 ppm gebracht werden kann bzw. der Druck sehr niedrig ist, den man dann schnell erhöhen kann. Ich verstehe nicht so recht, warum die Anlage im Zustand „kalt/abgefahren“ sein muss und nicht im Zustand „warm/leistungslos“ gehalten werden kann für den Reservebetrieb. An sich sind das nur 2 Steuerparameter.

Das einzige Argument, dass ich dagegen sehe ist: Kosten.

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Hast du da eine Quelle für? In meinem Wortschatz klingt Leckage nämlich nicht wie „normaler“ Verschleiß. Und wenn das „normaler“ und vermutlich bekannter Verschleiß ist, wieso wurde der nicht früher vom Betreiber thematisiert?

Danke für den Link, aber die Kernaussage ist doch eigentlich: Reservebetrieb benötigt eine Woche, oder mehr, zum Hochfahren. Aber das ist doch in der Debatte schon oft erwähnt worden, oder?

Ja sehe ich auch so. Und das dieses Ventilproblem vorher nicht benannt wurde, zeigt wie unredlich die Debatte seitens der Betreiber geführt wird. Daher müssten die AKW alle abgeschaltet werden. Wer weiß was da noch für Probleme schlummern.


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Übrigens ist bereits 2011 beim Atomausstieg ein Reservebetrieb für ein Kraftwerk beschlossen worden. So undenkbar wie die Energiewirtschaft dieser Tage meint, scheint das also nicht zu sein (Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 17/6072, Quelle 2: Altes Gesetz) :

AtG §7, Absatz 1e: (7/2015 gestrichen)
Die zuständige Behörde kann zur Verhinderung von Gefahren oder Störungen der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssytems im Sinne des § 13 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. März 2011 (BGBl. I S. 338) geändert worden ist oder zur Verhinderung einer Gefährdung oder Störung der Energieversorgung für den lebenswichtigen Bedarf im Sinne des § 1 des Energiesicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3681), das zuletzt durch Artikel 164 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, bis zum 1. September 2011 bestimmen, dass eine der in Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 genannten Anlagen, die im Hinblick auf Standort und elektrische Anbindung geeignet ist, bis zum Ablauf des 31. März 2013 in einem betriebsfähigen Zustand zur Erzeugung von Elektrizität zu halten ist (Reservebetrieb). 2 Wird der Reservebetrieb nach Satz 1 angeordnet, lebt die Berechtigung zum Leistungsbetrieb als Berechtigung zum Reservebetrieb für diese Anlage wieder auf. 3 Absatz 1a Satz 2 bis 7, Absätze 1b bis 1d und Anlage 3 finden auf den Reservebetrieb keine Anwendung.

Diese Regelung ist 2015 wieder aus dem Gesetz verschwunden. Leider konnte ich auf die schnelle nicht finden warum. Sollte das tatsächlich an Bedenken am Reservebetrieb gelegen haben, gerne hier posten, aber erst mal gehe ich nicht davon aus, dass das der Grund war.

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Nicht direkt, aber das geht aus den Berichten hervor, die näher ins Detail gehen: Kernkraftwerk Isar 2: Ein Ventil macht Ärger - oder doch nicht? - Bayern - SZ.de
Hier zum Beispiel ganz unten. Es handel sich um ein Ventil, welches den Druck reguliert bzw. den Überdruck abfängt und Wasserstoff entsprechend ableitet. Und zwar in im Grunde als Leckage nach außen. Dabei wird das aber überwacht und die zulässigen Grenzwerte müssen dort auch eingehalten werden. Damit das eingehalten werden kann, muss dieses nun getauscht werden, weil es ein Verschleißteil ist, was nach und nach anscheinend mehr abgibt als es sollte. Die Teile werden häufig haarscharf ausgelegt in so Anlagen, vor allem wenn der Endpunkt bekannt ist, ab wann man abgeschaltet werden muss. Warum sollte man da wieder ein Ventil für eine halbe Million mehr bestellen?

Vor allem scheint das schon lange bekannt zu sein. Irgendwo habe ich das in einem Statement von PE gelesen, dass dies seit April bekannt sei. (Entweder Facebook oder die offizielle Webseite)

Weiß ich nicht, schwierige Schlussfolgerung.

Interessant. Frage mich, ob die Anlagen dafür damals bereit waren und noch genug Brennstoff hatten, oder es einfach keine Debatte gab. Streckbetrieb könnte ich verstehen, aber Reservebetrieb scheint ja ein Problem für die Betreiber zu sein (wie oben erläutert).

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