In allen den Wirren um Krieg und Energiekrise zählt unser Gesundheitssystem aktuell (fast) zu den „vergessenen Nachrichten“. Klar, der Pflegenotstand ist – zurecht – präsent. Aber ich hatte gestern ein Erlebnis, das mein Bedauern in unermessliche Höhen getrieben hat, dass es die von GRÜNEN und SPD gewollte Bürgerversicherung nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hat.
Ich bin freiwillig gesetzlich krankenversichert, weil ich sowohl das Solidaritätsprinzip als auch das System der GKV besser finde als das der PKV. Ich will mich auch nicht davon abbringen lassen, aber gestern war ich kurz davor. Ich habe einen Krebsvorsorgetermin beim Frauenarzt (eigentlich jährlich empfohlen) für den 28.9.2023(sic!!) bekommen. Und ich bin sogar dankbar, weil die Ärztin eigentlich keine neuen Patientinnen mehr annimmt und das aus Nettigkeit gemacht hat, weil ich zugezogen bin und quasi um die Ecke wohne (und sie verstanden hat, dass ich sonst die nächsten 10 Jahre zu keiner Vorsorge mehr gehen würde…).
Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass ich keinen Krebs habe (sonst wäre doof…) und warte brav 54(!) Wochen auf den Termin, damit ich bei der Ärztin vor Ort als Patientin reinrutsche. (ich habe auch versprochen, dass ich sicher nicht jährlich zur Vorsorge komme )
Wenn es etwas Akutes wäre, hätte ich natürlich die Möglichkeit, sämtliche Ärzt:innen im Umreis von 50 km abzutelefonieren und würde sicher früher einen Termin bekommen. Das könnte ich sogar an die Krankenkasse auslagern. Die hat einen Terminservice.
Mir geht es um etwas anderes, etwas Grundsätzliches: Ich würde mich sehr freuen, wenn sich Ärzt:innen, die hier im Forum mitlesen, melden und mir den Fehler im System erklären.
Ich weiß, dass Ärzt:innen nur einen bestimmten Anteil von GKV-Patient:innen pro Quartal annehmen dürfen. Wenn dieser überschritten ist, müssen Termine ins nächste Quartal geschoben werden. Bei neuen Patient*innen kann es anscheinend auch mal 4 Quartale dauern… Wie ist das genau geregelt?
Was mich noch mehr interessiert: Was müsste sich aus Ärztesicht ändern, damit es besser wird? Ich bin mir sicher, dass es auch euch keinen Spaß macht, Leuten einen Termin in 54 Wochen anzubieten. Und ich bin mir ebenso sicher, dass sich für eine 10 Minuten dauernden Abstrich (ok, zzgl. Verwaltungskram) auch vorher schon ein Zeitfenster gefunden hätte, das einfach nicht besetzt werden durfte.
Würde die Auflösung der zwei Systeme hin zu einer Bürgerversicherung für alle das Problem lösen? Oder würden die Krankenkassen trotzdem eine Obergrenze von Patient:innen pro Quartal einführen? Ich verstehe den Sinn nicht ganz. Kosten? Ein unentdeckter Krebs ist sicher nicht günstiger…
Ich bin dankbar für ein paar Insights aus Ärztesicht – oder von GKV-Angestellten