Artikel kritisiert Lockdownstrategie - Novo

Hallo zusammen,

wie immer vorweg: Danke für eure Arbeit. Ich profitiere sehr von eurem Engagement und bin nun seit ca. 4 Jahren Fan!

Ich wurde gestern auf folgenden Artikel aufmerksam gemacht, den ich euch nicht vorenthalten möchte:

Auch auf die Gefahr hin, hier meine eigene geistige Verwirrung einzugestehen: Ich bin/war erstaunt, dass ich der Kernaussage des Artikels wenig bis nichts entgegenzusetzen habe, außer dass ich ihn stellenweise ‚handwerklich‘ kritisieren würde. So erscheint mir die Quellenführung in Teilen intransparent zu sein, wenngleich die entscheidenden Argumente und Zahlen belegt werden (wissenschaftlich vermag ich dies nicht zu beurteilen). Zudem kann ich nicht beurteilen, ob die in den Studien genannten Forscher_innen tatsächlich „anerkannt“ sind.

Mit leuchtet derzeit die Kernaussage des Artikels dahingehend ein, dass wir in der aktuellen Diskussion Korrelation mit Kausalität gleichsetzen - auch wenn dies anhand der dargestellten Fakten (?) in Frage gestellt werden muss.

Über eine Einordnung eurerseits wäre ich sehr dankbar!

Beste Grüße,
klx

Nun, ein Effekt dürfte der in der umstrittenen Standford-Studie beobachtete Effekt sein: wenn die Zahlen steigen (erst recht wenn es dramatische Bilder gibt), handelt ein Großteil der Bevölkerung eigenständig und Regierrungsmaßnahmen hinken dem oft hinterher. Auch in Schweden sind beispielsweise Museums- und Kinobesuche in den ersten Wochen der Pandemie – als es in anderen Ländern einen mehr oder weniger strengen Lockdown gab – deutlich zurückgegangen. Öffentliche Verkehrsmittel werden deutlich weniger genutzt, eingekauft werden vor allem Lebensmittel und Homeoffice ist dort ohnehin verbreiteter als bei uns.

Zu Schweden muss man weiterhin sagen, dass dort die Regeln nicht ganz so locker waren, wie das bei uns in D gerne dargestellt wird. Das fängt beim Versammlungsverbot an (ja, auch die Querdenkerdemos wären so in Schweden wohl verboten gewesen) und geht weiter bei den´m kompletten Besuchsverbot in Alltenheimen über den ganzen Sommer. Und in Schweden hatte man in Schulen bereits Filteranlagen als Folge einer starken Grippewelle eingebaut, trotzdem sind dort höhere Klassenstufen monatelang nach Hause geschickt worden. Insgesamt dürrfte die Bereitschaft Regierungsempfehlungen zu folgen in Schweden höher sein als in vielen anderene Ländern Europas.

Was die Wellenbewegung angeht, es stimmt dass viele Krankheiten einer Wellenbewegung folgen, nicht umsonst wurde ja schon im April 2020 vor der zweiten Welle im Herbst gewarnt. Diese Wellenbewegung kann aber nicht erklären, warum kurzfristige Lockdownmaßnahmen in Europa zu einem starken Abfall der Fallzahlen und deren Aufhebung unmittelbar zu einem Anstieg der Fallzahlen geführt haben - und zwar innerhalb einer saisonalen Welle.

Zur Situation in den USA kann ich weniger sagen, die Beispiele scheinen aber doch sehr gezielt ausgewählt zu sein. Und z.B. Kalifornien mag im Vergleich zu Florida „härtere“ Regeln gehabt haben, aber das bezieht sich wohl im wesentlichen auf das Maske tragen - ansonsten ging das Leben dort wohl mehr oder weniger normal weiter:

Zitat Marcus Schuler: „In vielen Bezirken gibt es keine freien Intensivbetten mehr, doch alles läuft irgendwie ganz normal weiter. Ja, die Menschen tragen Masken, auf Schildern wird darauf hingewiesen, dass man Abstand halten sollte, doch daran wird sich kaum gehalten.“

Das Problem was ich beim Lesen habe ist, dass sie zu pauschal auf staatliche Maßnahmen schauen.

Damit kannst du aber nicht das soziale Verhalten ablesen und auch nicht die kleinteilig getroffenen Maßnahmen.
Kleines Beispiel: bei mir in der Firma wurden Regelungen getroffen die die Abteilungen untereinander in den Kontakten begrenzen.
Physische Meetings wurden digitalisiert.
Pausenzeiten verschoben.
Personal wurde in’s Homeoffice geschickt.

Und das ohne dass es jemals eine staatliche Verordnung gegeben hätte so etwas zu tun.

Ich weiß das andere Firmen andere Maßnahmen getroffen haben.

Nur kommt dann in der Berichterstattung: In Schweden läuft alles normal weiter.

Nix ist normal. Und ein Teil der Maßnahmen wurden noch nichtmal im Sommer aufgehoben.

Mit dem reinen Fokus auf staatliche Anordnungen lassen sich also die Schlüsse aus deinem Artikel gar nicht ziehen. Auch wenn der Artikel sicher einige gute und überdenkenswerte Ansätze hat.

Ich fände eine Einordnung von Philip und Ulf auch sehr interessant, da mir persönlich einige Argumente im Artikel neu waren (und so in der Presse noch nicht diskutiert). Dass als Verfasser des Artikels nur ein Twitter-Account mit „Hobby-Virologe“ in der bio steht, trägt ja leider nicht zur Glaubwürdigkeit bei, aber nichtdestotrotz könnte ja an den Fakten was dran sein (da fehlt mir allerdings der virologische Einblick). Das mit den privaten Maßnahmen finde ich eine logische Erklärung, auch wenn ich nicht weiß, ob die ausreicht. :slight_smile: