ARD-Sommerinterview mit Chrupalla von der AfD

Ich habe gerade gesehen, dass die ARD ein Sommerinterview mit Herrn Chrupalla von der AfD durchgeführt hat und bin einfach nur sprachlos. Alleine, dass Herrn Chrupalla dort gleichgestellt wie Scholz und Merz ein Sommerinterview bekommt, ist ein Riesenerfolg für die AfD.

Das führt wieder zu der Frage, wie viel Raum gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk der AfD einräumen muss, so lange diese noch nicht verboten ist.

Die AfD wurde leider bei der letzten nationalen Wahl (der Europawahl) zweitstärkste Partei noch vor der SPD. Vor diesem Hintergrund ist es sehr schwer für die öffentlich-rechtlichen, der AfD ein Sommerinterview zu verweigern - natürlich hat die zweitstärkste Partei ein Recht darauf, mit den Kanzlerkandidaten der stärksten und drittstärksten Partei gleichgestellt zu werden. Jetzt kann man wieder argumentieren, dass die öffentlich-rechtlichen trotzdem versuchen sollten, der AfD keine Bühne zu geben, aber die AfD würde mit absoluter Sicherheit dagegen klagen, sich wie immer als Opfer inszenieren und mit hoher Wahrscheinlichkeit den Prozess gewinnen. Wie würde das dann aussehen? Das wäre möglicherweise noch schlimmer, als der Partei direkt eine Bühne zu bieten.

In diesem Sinne kann ich auch nur die Forderung nach einer Prüfung eines Verbotsantrags unterstreichen - und Abhängig von dieser Prüfung das Verfahren einzuleiten oder, bei geringer Erfolgsaussicht, eben nicht einzuleiten. Ohne ein Parteiverbot wird es schlicht nicht möglich sein, die AfD im öffentlich-rechtlichen Rundfunk signifikant schlechter zu stellen als andere Parteien. Das ist unbefriedigend - es ist gleichzeitig die Stärke und Schwäche einer Demokratie, dass problematische Parteien nicht ohne weiteres verboten werden können. Letztlich muss das BVerfG entscheiden, ob die AfD die Schwelle zum Verbot überschreitet oder nicht - und nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk.

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Spannender finde ich, dass Markus Söder sein eigenes Interview bekommt.

23.06.2024 Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
07.07.2024 Tino Chrupalla (AfD)
14.07.2024 Friedrich Merz (CDU)
28.07.2024 Christian Lindner (FDP)
11.08.2024 Lars Klingbeil (SPD)
18.08.2024 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
25.08.2024 Markus Söder (CSU)

Aber auch die CSU ist eben eine im Bundestag vertretene Partei.

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So überraschend ist das für mich nicht. Ich wage auch zu behaupten, dass ein Kanzlerkandidat Söder mehr Stimmen auf sich vereinen würde als Merz.

Söder ist ein guter Zuhörer und orientiert sich bei seinen aktuellen politischen Aussagen an der (gefühlten) Mehrheitsmeinung des Volkes ein Schelm wer das Populismus nennen würde.

Auch Alice Weidel hat ihr Sommerinterview bekommen. Sie war im ZDF zu sehen.

Es gibt teilweise interessante Unterschiede zwischen den Aussagen von Chrupalla und Weidel. Die Frage nach einer Kanzlerkandidatur wird von Chrupalla taktisch beantwortet und von Weidel weggewischt.

Ich muss nochmal nachschauen beim ZDF wurde in Faktencheck angekündigt den habe ich noch nicht gefunden und angesehen.

Grundsätzlich wie ja @Daniel_K richtig sagt, handelt es es bei der AfD aktuell um eine gewählte und (noch) nicht verbotene Partei, die teils zweit- oder drittstärkste Kraft in Wahlen ist.
Dem kann sich der ÖRR nicht verweigern, auch wenn es uns evt lieber wäre.

Zum Thema Faktencheck: gilt sowas nur für die AfD oder für alle Interviewpartner?

Interessant wäre solche Faktenchecks tatsächlich während des Interviews einzuspielen…

Zumal genau das wieder die, in Teilen der Bevölkerung, verlorene Glaubwürdigkeit des ÖRR wiederherstellen könnte!
Der ÖRR ist für die Berichterstattung da, nicht um Politik zu machen. Was haben sie also zu verlieren?

Die AfD ist durch und durch abzulehnen - keine Diskussion notwendig. Aber sie verdient keine Extrabehandlung. Alle Politiker und -innen sollten gleichermaßen durch fährige Journalisten/ -innen interviewt werden. Geschulte und erfahrene Journalisten, die keinen Platz für Populismus und Parolen lassen.

Im Idealfall stehen die Antworten neben dem Faktencheck und die Zuschauenden können sich ihr Bild machen.

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Ich habe mal auf tagesschau.de gesucht, und habe keinen Faktencheck zum Sommerinteview von Olaf Scholz gefunden. Das war ja bisher das einzige Interview, dass bereits stattgefunden hat.

Nun ja, das Wissen um einen „Live-Faktencheck“ während des Interviews motiviert die geladenen Politiker/innen ggf auch zu einer optimalen inhaltlichen Vorbereitung.
Ist ja auch gut für das eigene Fachwissen…:wink:

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Mein letzter Stand zu der Forschung beim Thema Faktencheck ist das diese praktisch nichts bringen, solange sie aus dem Interview selbst rausgelöst sind.

Beim Interviewpartner und Zuschauer hinterlässt das nur einen Eindruck, wenn Falschaussagen im selben Moment als solche herausgestellt werden und zur Korrektur aufgefordert wird. Und wenn diese Aufforderung zur Korrektur nicht aufgegeben wird, nur weil der Interviewpartner die Falschaussage mit größerer Hingabe nochmal wiederholt.

Die Moderatoren müssten also einerseits extrem gut inhaltlich vorbereitet sein. Das allein ist menschlich schon kaum zu schaffen, wenn man in so einem Interview wirklich eine breite Palette Themen durchgehen will.

Und dann müssten die Moderatoren auch bereit sein, das Interview im Zweifel zum Abbruch zu führen. Wenn also der Interviewpartner sagt „der Himmel ist Gelb“, dann darf die Antwort darauf nicht sein „also wir sehen doch, dass der Himmel blau ist, aber wenn Sie darauf bestehen, dass der Himmel gelb ist, dann lassen wir das mal so stehen und gehen zur nächsten Frage über“. Alles jenseits von „der Himmel ist blau und entweder Sie gesehen das jetzt ein, oder das Interview ist an dieser Stelle beendet“ hilft niemandem weiter.

Wie schwer sowas ist, durfte ja auch schon in der Lage beobachtet werden.

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Wieso kann sich der ÖRR nicht weigern? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Interview durch eine reichtliche Vorladung entstanden ist. Die Interviews sind auf freiwilliger Basis entstanden. Die Beteiligten hätten sich ja auch weigern können das Interview zu führen.
Aus meiner Sicht wäre das auch die richtige Entscheidung gewesen, denn es geht ja nicht darum, wie viele Stimmen eine Partei hat, sondern es geht um Inhalte. Sowohl ARD und ZDF haben der AfD eine Platform gegeben, alleine die Fotos auf denen AfD Politiker gleichwertig zu den anderen Politikern zu sehen sind, zeigen doch, dass die AfD eine ganz normale Partei ist. Doch die AfD ist keine normale Partei, die Aussagen für die die AfD steht sind in vielen Bereichen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, deshalb sollten diese aus meiner Sicht im ÖRR AfD Politikern keine Sendezeit gegeben werden. Eine Aussage die nicht OK ist, ist nicht OK und wird auch dann nicht OK wenn sie ein paar Millionen Klicks/Follower/usw. bekommt.

Die AfD hätte dann für ein Sommerinterview klagen muss. Ich weiß nicht, ob sie das getan hätte, denn mit der correctiv-Recherche und den Verdachtsfällen gibt es schon eine ganze Menge Gründe ein Interview nicht anzubieten.
Wenn man ein Interview dann anbieten muss, dann und erst dann macht man es. Wichtig dabei ist aber auch, dass man nicht einfach alles 1:1 sendet, denn da kommt man mit einem Faktencheck nicht interher. Man muss das Interview aufbereiten und anschließend darüber berichten und dabei die Aussagen einordnen.

Das wäre aus meiner Sicht das richtige Vorgehen gewesen. Jetzt hat die AfD wieder ein halbes Prozent mehr bei der nächsten Wahl.

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Ich hab mir jetzt tatsächlich mal beide Interviews angeguckt.

  1. inhaltlich war bei beiden nichts. Auf jedes „wie machen sie das konkret?“ kamen nur blasse Schlagwörter oder Schimpfen über andere.

  2. so skurril es klingt, im direkten Vergleich wirkte Chrupalla fast moderater (oder weniger selbstsicher)

  3. Fakten hätten hier tatsächlich unmittelbar geprüft werden müssen mit direkter Konfrontation

  4. für halbwegs faktenbasierte Zuschauer war das sicher keine positive Werbung für die AfD

Hätte man der AfD das Interview verweigert (was sicher möglich war) hätte man damit nicht diesen Opfermythos befeuert?

Nicht einfach…

Wenn die AfD ankündigt, den Medienstaatsvertrag für die Öffentlich-Rechtlichen kündigen zu wollen, wäre es verständlich, wenn diese Interviews ablehnen würden…

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Bin da zugegebenermaßen etwas hin- und hergerissen.

Ja, mir wäre es am liebsten, die AfD würde rechtskräftig und -sicher verboten, das würde einiges im Sinne der Wehrhaftigkeit der Demokratie verbessern.

Aber solange rechtlich kein eindeutiges Verbot vorliegt, auf welcher Basis argumentieren wir dann? Wenn die Beachtung von geltendem Recht ein Standbein der Demokratie ist?

Geht es also entweder darum, Parteien die wir „subjektiv“ für gefährlich halten (genauer kann ich es grad nicht beschreiben) zu verbieten oder richten wir uns eher nach rechtlich verlässlichen Urteilen auf Basis geltender Gesetze?

Nicht falsch verstehen, ich legitimiere nicht die AfD.
Mir sind nur eindeutige Grundlagen wichtig, nach der solche Entscheidungen getroffen werden, weil sie dann verlässlich und rechtlich bindend sind.

In der Argumentationslinie anderer Parteien (AfD, CSU,…) könnte man die Grünen vielleicht auch als verfassungsfeindlich sehen, weil sie dem Wirtschaftsverständnis dieser Parteien zuwiderlaufen. :face_with_raised_eyebrow: Rechtlich zum Glück völlig abwegig, aber eben darum finde ich diese Eindeutigkeit des Rechts so wichtig. Ohne Emotionen.

Daher befürchte ich werden wir solche Interviews bis zu einer juristischen Eindeutigkeit der Verfassungsfeindlichkeit noch ertragen müssen.

Obwohl ich schon finde, das sich die AfD mit solchen Interviews schon selbst entzaubert. Aber das setzt beim Zuhörer schon „Zuhören“ voraus.
leider hapert es da….

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Gehört hier zwar nicht hin, erzeugt bei mir aber soviel Unverständnis dass ich dennoch fragen muss, ob das Sarkasmus war. Die Grünen sind genauso stramm kapitalistisch wie der rest der etablierten Parteien. Ja, sie mögen bei Nuancen wie Schuldenbremse in Teilen eine andere Auffassung haben, aber da hört es dann auch schon auf.

Aber da sitzen doch beim Interview „die Besten der Besten“ unserer Journalisten, findest Du nicht dass Du sie da nicht etwas leicht davonkommen lässt? Die Themen werden von den Journalisten gesetzt, ich finde schon dass man sich dann auch entsprechend auf die zu erwartenden Fehltritte der Gegenüber einstellen kann. Gerade die Pro-Russland Einstelung der AfD kann man vorher ahnen Die Abschiebezahlen, die die AfD da kolpoltiert waren schon immer falsch. Auch die Zahlen der ukrainischen Bürgergeldempfänger wurden schon mehrfach auf AfD Parteitagen genannt, hätte man einfach vorliegen haben können.
Aber scharfes Nachfragen mit Hinweis auf die nackten Daten scheint ja allgemein in diesen Talksendungen (und nichts anderes ist dies hier, nur eben mit nur einem Gesprächspartner) keinen Fokus zu legen. Ist mir auch schon bei Maischberger, Mioska und wie sie alle heißen aufgefallen (und das sicherlich nicht nur bei AfD Gästen).

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Ja, sollte Sarkasmus sein, war wohl nicht deutlich genug

Eine parteienübergreifende Fakten-Prüfung für alle Interviews würde ich spannend finden, auch im Nachhinein. Gerne mit Rangfolge vom ersten bis zum letzten Platz und einer kurzen Vorstellung zentraler Falschaussagen aus jedem Interview. Wie viel Ehrlichkeit und Faktentreue wir für unsere Stimme bekommen, finde ich eine relevante Information.

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Aus dem ZDF-Staatsvertrag:

§ 11 Anspruch auf Sendezeit

(1) Parteien ist während ihrer Beteiligung an den Wah- len zum Deutschen Bundestag angemessene Sendezeit im Fernsehvollprogramm „Zweites Deutsches Fernse- hen (ZDF)“ einzuräumen, wenn mindestens eine Lan- desliste für sie zugelassen wurde. Ferner haben Partei- en und sonstige politische Vereinigungen während ihrer Beteiligung an den Wahlen der Abgeordneten aus der Bundesrepublik Deutschland für das Europäische Parlament Anspruch auf angemessene Sendezeit im Fernsehvollprogramm „Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)“, wenn mindestens ein Wahlvorschlag für sie zugelassen wurde.

(2) Der Intendant lehnt die Ausstrahlung ab, wenn es sich inhaltlich nicht um Wahlwerbung handelt oder der Inhalt offenkundig und schwerwiegend gegen die all- gemeinen Gesetze verstößt.

(3) Den Evangelischen Kirchen, der Katholischen Kirche und den Jüdischen Gemeinden sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten im Fernsehvollprogramm „Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)“ für die Übertra- gung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkei- ten sowie sonstiger religiöser Sendungen, auch solcher über Fragen ihrer öffentlichen Verantwortung, zu ge- währen. Andere über das gesamte Bundesgebiet ver- breitete Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts können angemessen berücksichtigt werden.

(4) Wenn Vertretern der politischen Parteien, der Kirchen, der verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Richtungen und den Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gelegenheit zur Aussprache gegeben wird, so ist ihnen die Möglichkeit der Rede und Gegenrede unter jeweils gleichen Bedingungen zu gewähren.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Sommerinterviews unter Abs. 4 subsumiert werden können. Und dann muss halt jede Partei die gleiche Möglichkeit haben…wenn sie denn will.

Ginge es besser? Sicherlich (habe die Interviews allerdings nicht gesehen). Besser geht immer.

Aber das Problem ist eine nicht abstellbare Asymmetrie in der Diskussion mit notorischen Lügnern und Schwurblern: Ich kann alles, was ich will erfinden aber Fakten muss ich alle einzeln vorab gelernt haben.

Z.B. Thema Migration: wenn ich mich als AfDler hinstelle und behaupte, dass durch die Aufnahme der Syrer ab 2015 die Mordrate in Deutschland massiv gestiegen ist, dann habe ich als Moderator natürlich instinktiv das Gefühl, dass das nicht stimmt. Aber um diese Lüge wirksam zu entkräften muss ich das nicht nur im Gefühl haben, sondern auch die konkrete Statistik parat haben, wie die Zahlen sich tatsächlich entwickelt haben.

Und wenn ich den AfDler Dank exzellenter Vorbereitung in diesem Bereich „gestellt“ habe, behauptet er als nächstes, dass das mit dem Klimawandel schon nicht so schlimm wird. Auch da brauche ich dann wieder konkrete Zahlen und belastbare Quellen, um das überzeugend zu Wiederlegen. In der Summe in ausführlicheren, thematisch nicht extrem reduzierten Interviews ist das einfach schwer zu leisten und der Schwurbler ist immer im Vorteil.