Liebes Lage-Team
In der letzten Folge habt ihr die Räumung der Versammlung in der Humboldt-Universität thematisiert.
Da ich selbst in diesem Bereich arbeite möchte auf folgenden Punkt hinweisen: Ulf meinte, dass dort (paraphrasiert) " die Polizei gleich in Vollschutz aufgetaucht sei."
Diese Art der Äußerung und Darstellung der polizeilichen Arbeitsweise ist durchaus für Hörerinnen und Hörer irreführend und erzeugt ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit auf der Straße und erweckt den Eindruck einer im voraus eskalativen polizeilichen Strategie durch das Auftreten der Beamten mit besagter Ausrüstung.
Das Tragen des sogenannten Körperschutzanzuges (KSA) mit dem Schutzhelm gehört zur Standardausstattung der Bereitschaftspolizei. Er dient nicht zur Einschüchterung oder dergleichen, sondern lediglich dem Schutz der eingesetzten BeamtInnen. In den meisten Lagen ist man als Polizist/Polizistin zwar in großer Zahl vertreten, dennoch so gut wie immer in der Unterzahl. In dieser Uniform stecken Menschen, deren Haut und Knochen nicht aus Stahl bestehen. Wenn es also auch nur die Möglichkeit gibt, dass es im Rahmen einer Versammlung zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen könnte, so wird dieser Schutzanzug angelegt. Großveranstaltungen und Spontanversammlungen sind oft unübersichtlich, die Informationslage ist dünn und es kann schnell zu Solidarisierungsaktionen mit Straftätern kommen, auch aus dem Grunde, weil die friedlichen Teilnehmer*innen das Fehlverhalten des Täters /Täterin schlicht nicht wahrgenommen haben.
Wenn Kolleginnen und Kollegen in eine Versammlung hineingehen, um unfriedliche Teilnehmer*innen herauszulösen, dann muss der Schutz dieser dort arbeitenden Menschen gewährleistet werden.
Dass die Polizei bei einer Spontanversammlung anrückt ist aus meiner Sicht nicht kritikwürdig. Solche Versammlungen nach außen zu schützen und die Einhaltung des Versammlungsgesetzes nach innen zu gewährleisten ist die Kernaufgabe der Bereitschaftspolizei und bedarf keiner Meldung durch die Leitung der Hochschule. Dass sie ihren dafür vorgesehenen Schutzanzug trägt, um sich selbst zu schützen und souverän agieren zu können sollte von euch daher nicht dargestellt werden, als wolle man die Lage eskalieren. Das Anlegen eines Schutzanzugs dauert seine Zeit und kann nicht in/während der Versammlung erfolgen. Es wäre daher ein komisches Bild (und massiv gefährlich), wenn die Polizei eine Straftat wahrnehmen würde und dann den Saal für mehrere Minuten verlässt um ihren Schutzanzug anzulegen.
Diese kleine Anmerkung ist mir wichtig, da zu oft in den Medien die Standardausrüstung der Polizei als eskalativ beschrieben wird, oder aber auch einer Demo ein zu hohes Gewaltpotenzial zugesprochen wird, nur weil wir einen Schutzanzug tragen.
Alles andere, wie beispielsweise das Vorgehen vor Ort, die Räumung, rechtliche Bewertung des Einsatzes etc. ist natürlich eure unabhängige journalistische Einschätzung und darum soll es hier auch nicht gehen.
Liebe Grüße