Altruistische Leihmutterschaft

Laut diesem Artikel in der Süddeutschen wird in der Regierung darüber nachgedacht die „altruistische Leihmutterschaft“, also die „nicht-kommerzielle Leihmutterschaft (…) wenn die Frau aus Nächstenliebe heraus handelt und nicht aus finanziellen Motiven“ zu legalisieren.

Meine Gedanken dazu:

Aus Sicht der Kinder

  • Für die von Leihmüttern ausgetragenen Kinder würde sich die Situation verbessern, denn heute ist es sehr stigmatisieren und sie wurden alle aus dem Ausland „importiert“.
  • Die Bürokratie, die mit der Eintragung ins Geburtenregister einhergeht würde wegfallen. Heute sind „Leihmütterkinder“ quasi „illegal geborene Kinder“.
  • Für Kinder die bereits in Betreuung leben verschlechtert sich eventuell die Chance eine Pflegefamilie zu finden?

Aus Sicht der Paare

  • Gibt es zu wenig Waisenkinder? Der Link zur Primärquelle ist tot, aber in der Wikipedia heißt es: „2016 wurden, laut Bundesamt für Statistik, 95.582 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen betreut“. Hieraus kann man aber nicht ablesen, wie viele dauerhaft betreut werden.
  • Ist die Adoption in Deutschland zu bürokratisch? Wäre es möglich Adoptionen zu vereinfachen, ohne ein Kind durch flapsige Prüfung der Adoptiveltern zu gefährden?
  • Mir ist bewusst, dass Menschen gerne ihr eigenes Erbgut weitergeben möchten, aber überwiegt nicht das Interesse der Waisenkinder?
  • Ihr seht ich persönlich sehe die Leihmutterschaft skeptisch.

Aus Sicht der Frauen

  • Würde man hiermit nicht einen Schwarzmarkt schaffen in dem Frauen offiziell aus „Nächstenliebe“ handeln, aber in Wahrheit Schwarzgeld annehmen?
  • Ansonsten würde sich doch wenig ändern, denn um sich für eine Leihmutterschaft zur Verfügung zu stellen ist vermutlich nicht strafbar, oder? Ich meine eine Frau die das möchte könnte in die Niederlande fahren und das tun?
  • Dieser Gedanke entkräftet auch das Argument mit dem Schwarzgeld. Altruistische Leihmutterschaft ist bereits in einigen Ländern der EU erlaubt. Die Frage müsste eigentlich lauten, gibt es so einen Schwarzmarkt bereits?
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Eine enge Verwandte von mir betreut (alleinerziehend) ein Pflegekind seit dem Kleinkindalter mit der Absicht das Kind zu adoptieren (die Mutter hat das Kind zurückgelassen ist Ausländerin, nicht mehr auffindbar und vermutlich auch nicht mehr in Deutschland).

Aus ihren Erzählungen ist das Verfahren um Pflegemutter zu werden nicht unangemessen bürokratisch oder aufwendig – es geht hier immerhin darum, das der Staat einer Person die Verantwortung für ein Kind übergibt.

Probleme kommen eher nach der Übernahme der Pflegeelternschaft: in dem spezifischen Fall das Ausländerrecht (Anerkennung der Staatsbürgerschaft, formal staatenloses Kind, Anrecht auf deutsche Staatsbürgerschaft), Adoptionsrecht (praktisch unmöglich wenn die biologische Mutter nicht zustimmt, die kann aber nicht aufgefunden werden) und die ziemlich sinnbefreiten (weil nicht besonders bedarfsgerechten) aber vorgeschriebenen Workshops und Seminare, an denen Pflegeeltern teilnehmen müssen.

Ansonsten wäre ich vorsichtig, „Pflegekinder“ als alleinige Lösung für den Kinderwunsch von Eltern die selber keine Kinder zeugen können anzusehen. Viele Pflegekinder tragen erhebliche Traumata mit sich herum. Diese Kinder zu betreuen, zu fördern und zu lieben verlangt in vielen Fällen mehr als nur einen „Kinderwunsch“.

Insofern habe ich auch total Verständnis für Menschen, die gerne Eltern werden wollen aber ein Pflegekind nicht als Option für sich sehen.

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Auch ich kenne aus meinem persönlichem Umfeld Freunde, die gerne ein Kind adoptiert hätten.

Das ganze Verfahren dabei erschien mir extrem kompliziert, unkoordiniert und mit Hürden, deren Sinn zumindest Zweifel bei mir aufwarf.

Im Konkreten ging es um ein Paar (Sie verbeamtete Lehrerin, er selbstständiger Handwerker).

Erfahrungen:

  • Adoptionen sind (auch wenn es offiziell wohl auch anders möglich wäre) nur von verheirateten Paaren möglich, die mindestens 1 Jahr verheiratet sind. Sie hätte nach Auskunft der Behörde quasi keine Chance, ein Kind alleine zu adoptieren. Die haben nur geheiratet, um ein Kind adoptieren zu können.
  • Besteht der Wunsch, ein Kind zu adoptieren, so muss der Antrag (ein langwieriges Verfahren) in der Regel bei jedem Landkreis einzeln gestellt werden, inkl. der Eignungsprüfungen, Gespräche etc. Es gibt keine bundesland- geschweige denn deutschlandweite Stelle, die sich darum kümmert oder Adoptionen koordiniert.
  • Der Altersabstand der Eltern zum Adoptivkind ist ein hartes Kriterium. Mit 40 war es schon vielerorts kaum noch möglich, einen Baby adoptieren zu können, da der Altersunterschied als zu groß erachtet wurde.

In Anbetracht der Tatsache, dass wirklich viele Menschen, die keine Kinder bekommen können, gerne ein Kind adoptieren würden und es dem Kind in den meisten Fällen sicherlich mindestens so gut wie im Heim gehen würde, halte ich die derzeitige Praxis für zumindest zweifelhaft.

Aus Erfahrung aus dem Bekanntenkreis ist es wohl auch so das ein Pflegekind zu bekommen sehr viel leichter ist und zurzeit sogar vielerorts stark Menschen gesucht werden hierfür. Natürlich ist das eine ganz andere Hausnummer als ein Baby zu adoptieren. Hier ist die Chance quasi Null, sobald man alleinerziehend ist, und selbst mit Partner nicht sehr hoch. Nachfrage und Angebot. Wenn oben geschrieben wird 95.500 Kinder in Einrichtungen, werden da auf längere Zeit 0 gesunde Babys dabei sein vermute ich mal. Insofern ist Leihmutterschaft und Adoption/Pflegekind nicht wirklich vergleichbar.

Hier möchte ich einmal einhaken. Meine Frau ist Sozialpädagogin und arbeitet sowohl in der stationären Jugendhilfe als auch bei ihrem Arbeitgeber, einem größeren freien Träger der Jugedhilfe, in übergeordneten Aufgaben und hat dadurch einen profunden Einblick in das deutsche Jugendhilfesystem.

In der stationärer Jugendhilfe, auf die sich obige Zahlen beziehen, leben quasi keine „Waisenkinder“ - Kinder, deren „einziges“ Trauma der Verlust der leiblichen Eltern ist, werden nahezu ausschließlich in Pflegefamilien untergebracht (sofern sie nicht schon älter sind, aber dann würde sie vermutlich auch kaum noch jemand adoptieren wollen…). Babys werden ebenfalls nicht in stationären Einrichtungen untergebracht sondern in Pflegefamilien - oft auch als sogenannte Adoptionspflege (also mit dem klaren Ziel der Adoption).
Generell ist das Bild von „Waisenkindern“, die in der stationären Jugendhilfe leben würden, völlig falsch. Es gibt sehr viele Gründe für ein Aufwachsen in der stationären Jugendhilfe, aber ein alleiniger Waisenkindstatus ist kaum einer davon. Vielmehr geht es um Gewalt- und Missbrauchserfahrungen, Vernachlässigung und mehrfache (psychische) Erkrankungen mit einem erhöhten Betreuungsbedarf - und diese Aufzählung ist nicht vollständig. Der Staat hat alleine aus finanziellen Gründen ein hohes Interesse daran, Kinder und Jugendliche nicht in der stationären Jugendhilfe unterzubringen - je nach Betreuungsschlüssel kann ein Platz dort bis zu 10.000€/Monat kosten. Wer trotzdem dort untergebracht wird, der lebt dort, weil ein entsprechender Bedarf besteht und nicht, weil ihn eben niemand adoptieren will.

Bitte lasst also die Zahl der Kinder und Jugendlichen in stationärer Jugendhilfe aus euren Argumentationen zur Leihmutterschaft heraus - sie sind dafür schlicht irrelevant.

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Aus eigener Erfahrung in Bezug auf Adoption.

  1. Man muss verheiratet sein und ein sehr hohes geregeltes Einkommen haben
  2. Man wird bevorzugt, wenn schon ein leibliches Kind in der Familie ist
  3. Beide Ehepartner sollten die Deutsche Staatsangehörigkeit haben
  4. Das keiner der Eheleute darf die 40 Jahre überschritten haben

Wir haben uns damals 2014 mit dem Thema auseinander gesetzt und uns beraten lassen.
Die oben aufgeführten Anforderungen sind alle legitim, meiner Meinung nach.
Der bürokratische Aufwand ist die wirkliche Hürde. Und darum haben wir auch schnell Abstand davon genommen.