NRW will keinen Automatismus bei Corona-»Notbremse«
12.25 Uhr: In NRW soll die zwischen Bund und Ländern verabredete Corona-»Notbremse« bei Überschreiten einer landesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von 100 nach Angaben des Gesundheitsministeriums nicht automatisch greifen. Zunächst sei zu prüfen, welche Umstände zu der Überschreitung geführt hätten, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann(CDU) der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«. »Wenn alleine durch die vielen zusätzlichen Testungen bei einem ansonsten stabilen Infektionsgeschehen die Zahlen steigen, muss man das bei den weiteren Bewertungen mit einbeziehen.«
Unklar blieb dem Bericht zufolge, ob in NRW-Kommunen mit einer Inzidenz von über 100 die schon ab 22. März in Aussicht gestellten Lockerungen in Kraft treten werden. Man sei »im Austausch mit den Kommunen über 100, soweit dort nicht schon weitergehende Regelungen bestehen oder anderweitige Maßnahmen getroffen wurden«, so das Ministerium. Die aktuelle Corona-Schutzverordnung des Landes sieht vor, dass die Inzidenz stabil oder mit sinkender Tendenz unter 100 bleiben muss, damit ab 22. März unter Auflagen Außengastronomie, Kultureinrichtungen oder Sportangebote geöffnet werden können.
DER SPIEGEL und Zeit Online verwenden jeweils Daten der lokalen Gesundheitsämter/Landkreise und stellen eigene Berechnungen an. Meldeverzögerungen können so umgangen werden (ein Hoch auf die Digitalisierung!).
„Genauso kommt es aber vor, dass ein Fall länger braucht, um die Meldekette zu durchlaufen. Das RKI erfährt dann erst am Folgetag oder sogar noch später davon. So sind die dem RKI vorliegenden Informationen, insbesondere für die unmittelbar vorangegangenen Meldetage, für zahlreiche Regionen unvollständig. Der berechnete Inzidenzwert ist dadurch vielerorts zu niedrig. Ein Vergleich zwischen den Landkreisen ist mit diesen Zahlen nicht sinnvoll möglich.“ […]
„Die auf diese Weise berechnete Sieben-Tage-Inzidenz hinkt dem Geschehen zwar etwas hinterher, beruht dafür aber auf deutlich vollständigeren Werten. Und die Zahlen der verschiedenen Regionen sind untereinander vergleichbar. Im Vergleich zum RKI sind die SPIEGEL-Zahlen häufig etwas höher.“ […]
„In bestimmten Fällen kann unsere Methode zu niedrige Sieben-Tage-Inzidenzen hervorbringen. Einerseits in hochdynamischen Situationen: Steigen die Fallzahlen in einem Landkreis schnell und stark an, hinken unsere Werte dem Geschehen spürbar hinterher. Andererseits bei längeren Meldeverzögerungen: Kommt etwa ein Gesundheitsamt für mehrere Tage nicht mehr hinterher, Fälle zu übermitteln, sind die beim RKI abgerufenen Daten auch nach drei Tagen noch lückenhaft und die berechnete Inzidenz zu niedrig.“
„Die Zahlen von ZEIT ONLINE basieren auf direkten Angaben der Landkreise. Sie sind daher weniger von verzögerten Meldeketten betroffen als etwa die des Robert Koch-Instituts.“
„Bedingt durch den Meldeverzug liefern die Tagesmeldungen des Robert Koch-Instituts kein aktuelles Bild des Infektionsgeschehens. Daher recherchieren wir zusätzlich auch mehrmals täglich auf den Websites der zuständigen Landkreise und Bundesländer die neuen Infektionsfälle und auf Covid-19 zurückzuführende Todesfälle. Aus den Daten berechnen wir die Neuinfektionen der letzten sieben Tage. Oftmals sind unsere Daten deshalb aktueller und überschreiten Grenzwerte, schon bevor dies offiziell gemeldet wird. Wenn die Behörden Angaben rückwirkend korrigieren, passen auch wir unsere Zeitreihen an, sobald wir davon Kenntnis erlangen.“
Ein sehr schönes Interview, das auch viele der hier diskutierten Punkte beinhaltet. Das beantwortet auch die Frage des Vergleichs weiter oben. Und bezüglich Risikoabwägung zur Impfung mit AstraZeneca werden auch interessante Zahlen präsentiert.