Klar.
Grundsätzlich muss man zwischen dem Strafrahmen und der Strafzumessung unterscheiden. Der Strafrahmen ist der Bereich, in dem sich die Strafzumessung bewegen darf.
Grundsätzlich ist „Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe“ der geringsten Strafrahmen, die wir in Deutschland bei einem Strafgesetz haben. Weder gibt es Strafrahmen, die im Maximum unter einem Jahr liegen, noch gibt es Strafrahmen, die nur eine Geldstrafe vorsehen. Als Vergleich: Die einfache Sachbeschädigung hat bereits einen Strafrahmen bis zu zwei Jahren, der einfache Diebstahl und die einfache Körperverletzung bis zu 5 Jahren. Der Strafrahmen, über den wir hier reden, ist identisch mit dem des Hausfriedensbruchs.
Beim Strafrahmen gilt grundsätzlich, dass wenn kein Minimum angegeben ist, das Minimum ein Monat ist, wenn kein Maximum angegeben ist, das Maximum 15 Jahre ist. Ein Strafrahmen „bis zu einem Jahr“ bedeutet daher 1 bis 12 Monate, ein Strafrahmen „nicht unter einem Jahr“ bedeutet somit 1 bis 15 Jahre.
Einige wenige Straftaten haben keinen richtigen Strafrahmen, z.B. Mord, bei dem, wenn keine ganz besonderen Umstände vorliegen, nur lebenslange Haft verhängt werden kann („von“ und „bis“ sind daher identische Punkte)
Nun zur in der Praxis sehr relevanten Strafzumessung:
Der Strafrahmen wird nur in absoluten Ausnahmefällen voll ausgereizt. Bei einer erstmaligen Verurteilung wird er bei geringerwertigen Delikten quasi nie voll ausgereizt (bei wirklich schweren Delikten wie Totschlag hingegen kann das durchaus vorkommen, wenn die Tat selbst für Totschlag-Verhältnisse besonders krass ist…). Relevant für die Strafzumessung soll alleine die Schuld des Täters sein - die Höhe dieser Schuld ist u.a. abhängig davon, ob es sich um eine Wiederholungstat handelt, ob er besonders verwerfliche Beweggründe hatte (z.B. Rassismus), aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse.
Konkret im Fall von Umweltschutzprotesten müsste jeder Richter grundsätzlich von einer relativ geringen Schuld ausgehen, da die Beweggründe gerade nicht verwerflich sind, sondern fast schon im Gegenteil - selbst konservative Richter müssten das anerkennen. Andererseits sind die Aktivisten häufig natürlich extreme Wiederholungstäter, die keinerlei Reue zeigen und klar sagen, dass sie die Tat auch wiederholen würden - das ist eindeutig strafverschärfend.
Dennoch, um für ein Delikt mit einem so niedrigen Strafrahmen tatsächlich eine Gefängnisstrafe zu bekommen, muss man sich schon extrem anstrengen. Bedeutet: Bei der ersten Tat gäbe es in aller Regel eine Geldstrafe, bei der zweiten und vielleicht sogar dritten Tat vermutlich auch noch, irgendwann gibt es dann eine zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe im Bereich von wenigen Monaten, bei weiteren Wiederholungen oft sogar noch eine zweite Bewährungsstrafe… und wenn man dann immer noch weiter macht, kann es sein, dass der Richter dieses Mal eine Strafe ohne Bewährung verhängen wird.
Denn grundsätzlich werden Haftstrafen unter zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt - aber eben nicht, wenn der Täter schon mehrere Bewährungsstrafen offen hat. Wenn dann in einem weiteren Prozess eine Haftstrafe ohne Bewährung verhängt wird, werden alle alten Bewährungen ebenfalls widerrufen, daher: Der Täter müsste alle bisher verhängten Haftstrafen, deren Bewährungszeit noch nicht abgelaufen ist, verbüßen. So kann dann schnell eine kombinierte Haftzeit von deutlich mehr als dessen, was im konkreten Strafrahmen für die eine Tat angedacht ist, zu Stande kommen (z.B. erste Bewährung 4 Monate, zweite Bewährung 7 Monate, dann Verurteilung zu 10 Monaten ohne Bewährung = 1 Jahr und 9 Monate in Haft!)
Als Praxisbeispiel kann hier die Holocaustleugnung von Ursula Haverbeck genommen werden. Obwohl der Strafrahmen für Holocaustleugnung deutlich höher ist als für die hier besprochenen Delikte (bis 5 Jahre) hat die olle Haverbeck 2004 zuerst nur eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen (also 6 Monate Haft umgewandelt in 180 Tagessätze Geldstrafe) bekommen, 2007 dann nochmal 200 Tagessätze, 2009 noch mal eine Geldstrafe, 2010 beim vierten Anlauf dann erst eine Bewährungsstrafe von 6 Monaten, 2015 dann beim fünften Anlauf eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe von 10 Monaten… (und danach noch vieles mehr, die lernt’s halt nicht…)
Das ist ein Beispiel dafür, wie man letztlich dann doch im Knast landen kann, wenn man es darauf anlegt. Man kann jedenfalls in dieser Situation nicht behaupten, nicht gewarnt worden zu sein 