Allgemeines Feedback zur Lage

V.a. Kleinigkeiten und Kontext.

Bei Scholz und Laschet wurde z.B. der Werdegang beleuchtet, mit welchen Personen sie sich umgeben, was sie (vermutlich) antreibt, wo es Interesenskonflikte geben könnte etc.

Beispiel Scholz, dieses Minidetail, dass er mit Britta Ernst verheiratet ist wusste ich noch nicht. Und die Zusammenfassung des Cum Ex Themas inklusive journalistischer Gewichtung war Spitzenklasse und kriegt man so in keinem Interview raus.

Analog Laschet, da fand ich interessant zum einen die Seilschaften, aber auch so Details wie die gewürfelten Klausurnoten.

Bei Baerbock gibt es sicher weniger Werdegang und damit Angriffsfläche, aber auch bei ihr gibt es bestimmt spannendere Details als die Aussagen zu Hartz 4, die man dann auch im Triell nochmal hört. (z.B. Ehe mit Postlobbyisten)

Das bringt mir viel mehr Unterhaltungswert :slight_smile: Und kriegt man in einem Interview nicht dargestellt IMO.

Ich bin nicht ganz sicher, ob du das nicht nur falsch ausgedrückt hast, aber warum arbeitet die Wirtschaftswissenschaft im Gegensatz zur Physik mit Empirie? Die Basis allen Erkenntnisgewinns in der Physik ist die Empirie! (Oder sie sollte es zumindest sein, man muss aber vielleicht bestimmte theoretische Entwicklungen gerade im Bereich der fundamentalen Teilchenphysik und Kosmologie, z.B. Multiversionstheorie, ausnehmen.)
Vielleicht war deine Aussage darauf bezogen, dass physikalische Systeme „präzise“ sind im Gegensatz zu „chaotischem“, menschlichem Verhalten? Dem würde ich zum Teil Recht geben, würde aber anmerken, dass auch in der Physik bei Weitem nicht alles klar „Fakt“ oder „Unsinn“ ist, und auch hier Konsens nicht mit „wahr“ gleichzusetzen ist.
Als kleine Nebenbemerkung: Die beinahe Gleichsetzung von Konsens mit Wahrheit, die in der Lage vor einigen Monaten im Zuge der Coronaforschung vorgenommen wurde, beschäftigt mich sehr. Ich will hier nicht auf der Wissenschaft herumhacken (ich bin selbst Wissenschaftler), aber wissenschaftliche Konsensbildung und dann noch -vermittlung ist ein äußerst komplexes Thema, das schon von Popper, Kuhn, Lakatos etc. bearbeitet wurde und m.M.n. zu wenig Aufmerksamkeit erhält, in der Öffentlichkeit wie den einzelnen Disziplinen der Wissenschaft selbst. Es gibt zahllose Beispiele, die als Konsens galten, ultimativ aber falsch waren.

In meiner Wahrnehmung gibt es aber zuviel Kritik an der Orthodoxie der ab einem Punkt stark neoliberal geprägten Wirtschaftswissenschaft, als dass man den „Konsens“ als gegeben hinnehmen sollte. Wie in anderen Threads schon erwähnt wurde, scheitert die Theorie ständig an der empirischen Untermauerung, weil idealisierte Systeme verwendet werden, die der Realität nicht entsprechen. Was ist also der Sinn der Wissenschaft, wenn sie keine Vorhersagen machen kann? Nachzulesen zum Beispiel in Nassim Talebs
„The Black Swan: Second Edition: The Impact of the Highly Improbable“
Ich bin nicht sicher, ob das die Kritik an der Inflationshypothese trifft: Zur ewig lang als Faktum hingestellten Behauptung, dass die Neuverschuldung 60% des BIP nicht übersteigen darf, gibt es hier ein Video, das natürlich keinen wissenschaftlichen Standards genügt, aber den Punkt im Ansatz rüberbringt: The National Debt: Last Week Tonight with John Oliver (HBO) - YouTube
Und natürlich gibt es immer auch „die Anstalt“, die heftig kritisiert wird, aber jede Sendung mit 20 Seiten Quellen belegt, die ich gerne mal zerlegt sehen würde, anstatt immer nur das Geraume von extrem-linker Ideologie und Verschwörungserzählung zu hören. (Ich freue mich ernsthaft über Hinweise auf derartige Blogs etc., weil es auch mir immer wieder zu abseitig vorkommt.)

Du bestätigst meine Kritik leider zu 100%.

Warum?

  1. Du nennst keine seriöse Quelle für Deine Position.
  2. Du sprichst von der falschen Inflationskennzahl. Der Warenkorb auf den Du dich beziehst ist der für alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke kaufen. Hier geht es aber um “Asset price Inflation” und ich glaube nicht, dass Du bestreiten möchtest, dass die Preise für zB Immobilien, Aktien, Bitcoin, Oldtimer, etc. deutlich mehr gestiegen sind als die 3,9% des Konsumentenpreisindexes, der in der Tat durch die Mehrwertsteueranpassung verzerrt ist - hier aber nicht relevant.
  3. Die Asset Price Inflation in Deutschland wird im Moment durch zwei Effekte getrieben: Langfristig, die Fehlkonstruktion der EURO Zone, die inhomogene Länder ohne Finanztransfers vereint. Dadurch ist die Refinanzierungsrate der Banken in den nördlichen Ländern zu niedrig und in den südlich zu hoch. Ist natürlich stark vereinfacht aber dadurch sprudeln die Gewinne der Unternehmen auch in Deutschland, da immer mehr Projekte jetzt gewinnbringend sind. Folge: Die Aktienkurse steigen. Kurzfristig hat jetzt die EZB und die Regierung noch mehr billiges Geld in den Markt gepumpt, wodurch der langfristige Effekt nochmal massiv verstärkt wird. Ein gutes einfach zu verstehendes Buch ist hier zB.: Hans-Werner Wohltmann - Grundzüge der makroökonomischen Theorie (Professor für Makroökonomie an der Uni Kiel)
  4. Ich würde bestreiten, dass Immobilien eine lukrativere Anlagealternative sind. Schau mal auf Webseiten wie www.immometrica.de vorbei (Kann man gratis testen.). Du wirst kaum Immobilien finden, die ohne massive Renovierungen eine Rendite von mehr als 4% erwirtschaften. Aber dann kommt der Fremdfinanzierungshebel und das billige Geld, was dazu führt, dass selbst solche Immobilien (2-4% Rendite) wieder interessant werden. Es ist dieser Fremdfinanzerungshebel, der Immobilien so interessant macht und da ist der Zinssatz absolut entscheidend. Und so werden mit fallenden Finanzierungskosten immer höhere Preise bezahlt, da der Verkäufer natürlich die maximale Zahlungsbereitschaft abschöpft. Klar, es gibt Bestandsimmobilien, die heute hochprofitabel sind aber das ist halt der Lohn wenn man vor Jahren gute Investitionsentscheidungen getroffen hat.
  5. Aktien sind mit historisch ca. 8,3% Rendite pro Jahr lukrativer als Immobilien. Quelle: https://i0.wp.com/www.dividendenadel.de/wp-content/uploads/2020/01/MSCI-World-Renditedreieck-2021-Einmalanlage.png?ssl=1
  6. Ich teile auch deine Meinung nicht, dass Mieter “strukturell unterlegen” sind. Wir haben in Deutschland eines der absolut mieterfreundlichsten Mietrechte der Welt. Habe hier jetzt keine Quelle aber persönlich in Singapur, Hong Kong, Peking und Manila zur Miete gewohnt, was mehr oder weniger auf 0 Rechten gegenüber dem Vermieter herausläuft.
  7. Du sprichst bei meiner Position weiter von “Meinung”. Das ist hier eindeutig falsch. Es sind in den Wirtschaftswissenschaften akzeptierte Positionen. Ich mache jetzt mal den provokanten Vergleich, dass ich mich hier ja auch nicht als “Meinung” sage, dass Covid19 nicht ansteckend ist. Deine Position ist hier einfach nicht seriös und wie unter 1) bereits gesagt, nennst Du keine seriösen Quellen für deine Position, die mich zum nachdenken bringen würden.

Der Mietmarkt zB in Berlin wird sich so lange nicht entspannen, wie immer mehr Menschen nach Berlin ziehen wollen und die Nachfrage das Angebot übersteigt. Wenn man möchte, dass Menschen mit niedrigem Einkommen unterstützt werden, geht das nur über sozialen Wohnungsbau. X% in jedem Neubau müssen für Mieten unter Z EUR vermietet werden bzw. für Preise unter Y EUR an Selbstnutzer verkauft werden. Und selbst wenn man das tut, wird es noch Jahrzehnte brauchen bis sich ein Gleichgewicht mit zB stagnierenden Mieten einstellen wird. Dafür wird in Berlin einfach zu wenig gebaut. Ich möchte nochmal auf Hamburg und Münster verweisen, wo schon deutlich besser gearbeitet wird.

Man sollte auch mal anschauen, wie es zB Singapur geschafft hat seine Bevölkerung zu einem Volk von Eigentümern zu machen. Es gibt global viele gute Beispiele, wie erfolgreiche Wohnungsbaupolitik aussehen kann aber man muss es halt anpacken und dabei nicht populistisch arbeiten, wie zB der Berliner Senat, der wie vorhergesagt mit seiner Mietpreisbremse gescheitert ist, wobei ich mich nicht auf das Urteil des Verfassungsgerichtes beziehe, sondern auf den massiven Angebotsrückgang an Mietwohnungen.

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