Allgemeines Feedback zur Lage

Hallo zusammen,

vorneweg: Ich höre euren Podcast seit vielen Jahren sehr gern und finde es super, dass ihr euch die Zeit für die Themen nehmt. Bin ein Fan, obwohl oder vielleicht gerade weil man sich an euren Meinungen inhaltlich oder auch an der Art wie ihr sie präsentiert gerne mal reiben kann.

Insbesondere jetzt (Wahlkampf und so) habe ich jedoch ein Problem mit der „tendenziösen“ Art eures Podcasts. Ich möchte mal ein paar Beispiele anführen:

  1. Interview mit Annalena Baerbock: Dieses Interview war aus meiner Sicht mehr eine Wahlkampfveranstaltung als eine kritische Auseinandersetzung. Das einzig kritische war wohl, Frau Baerbock auf ihre vermeintlich „defensive“ Haltung bei all der Kritik an ihrer Person anzusprechen. Bei einer Frage zum Energiegeld hat Ulf sogar einen Punkt der Kandidatin quasi unterbrochen, nur um ihn mit seinen selbst recherchierten Fakten nochmal zu unterstreichen.

  2. Hängt die Grünen: Eine einfach zu vermeidende verkürzte Darstellung. Man kann/muss die Plakate sicherlich scheiße oder gar rechtswidrig finden, aber bitte erwähnt doch wenigstens den gesamten Kontext. Dann ist nämlich schon eine gewisse Zweideutigkeit gegeben. Sich da auf das VerwG Zwickau einzuschießen wie es gerade alle anderen Medien tun, entspricht nicht eurem Niveau.

  3. Erklärung zum Wahlsystem: Insgesamt gut und informativ. Warum ihr das ganze mit einer so eindringlichen Wahltaktikempfehlung verbinden musstet ist mir unbegreiflich. Ihr habt quasi dem Zuhörer gesagt: Wählt nur die Großen, den Kleinen die Stimme zu geben wäre Verschwendung. Finde solche Aussagen völlig daneben!

Es gibt sicherlich viele weitere Beispiele, die ich aber erst nochmal recherchieren müsste. Ich bekomme zunehmend den Eindruck, dass man die Lage inzwischen auch umbenennen könnte, etwa in „Lage der Grünen“ oder „Bündnis90/Die Grünen - ein Wahlwerbepodcast“. Auch wenn ihr es nicht ausdrücklich sagt, sind eure Empfehlungen, Schlussfolgerungen und Meinungen so eindeutig herauszuhören, dass ich es als unangenehm empfinde.

Ich würde mir wirklich mehr Sachlichkeit und eine offene Faktendarstellung wünschen. Vielleicht an der ein oder anderen Stelle mal eine Gegenposition einholen und diese nicht von vornherein abtun. Oder, wenn noch nicht alle Fakten bekannt sind, sich auf die Fakten beschränken und sich mit einer (auch nur angedeuteten) Schlussfolgerung oder Meinung zurückzuhalten (Bsp. Pimmel-Gate). Wenn ihr die Themen offener präsentiert, können eure Zuhörer ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen.

Eine einseitige Berichterstattung, sei es durch selektive Auswahl von Themen und Argumenten oder tendenziöse Schlussfolgerungen ist meiner Ansicht nach schädlich, weil sie einerseits nicht gerade die politische Bildung fördert und andererseits dem „politischen Gegenüber“ die Möglichkeit gibt, jedes Argument einfach als „Meinungsmache“ abzutun. Das die Themenaufbereitung in eurem Podcast i.d.R. meinem Meinungsbild entspricht, macht es da für mich nicht besser.

Gruß

EDIT: Habe in die aktuelle Folge reingehört. Thema „Hängt die Grünen“ nochmal klargestellt, finde ich super! Ohnehin nehmt ihr Kritikpunkte oder Korrekturen gerne in eure Sendung auf, top!

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Du hörst die Lage offenbar nur sehr selektiv. Wenn die Grünen Fehler machen bekommen sie natürlich ebenso ihr Fett weg wie andere Parteien. Niemand von uns ist Mitglied einer Partei, aber ich war einige Jahre SPD-Mitglied (und bin wegen der Lage ausgetreten).

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Das ist doch der klassische Fall von: Medien wird vorgeworfen, Wahlkampf zu machen, wenn sie sich aktiv für Klimaschutz einsetzen/Klimakrise thematisieren. Aber das ist die komplett falsche Sichtweise, genauso wie es kein Wahlkampf ist, wenn jemand für Gleichberechtigung etc. kämpft.

Nur weil die Bündnis90/Die Grünen die einzigen (Die Linke natürlich auch noch) der großen Parteien sind, die annähernd in Richtung 1,5°C planen, heißt das nicht, dass das Wahlkampf ist.

Solche Vorwürfe sind m.E. gefährlich, weil sie verhindern, dass sich nur zaghaft mit der dringenden Problematik auseinandergesetzt wird. Das sieht man ja jetzt auch in den Triellen und weiterem Wahlkampf.

Zudem hat @vieuxrenard Recht, du kannst wirklich nur sehr selektiv hören, oder hast einiges vergessen. Gerade der Wahlkampf der Grünen wurde reichlich (und zurecht) kritisiert.
Kommt auch häufiger im letzten Video von Rezo vor: Nicht die Berichterstattung ist tendenziös, sondern das System aus ist kaputt.
Die Grünen sind als momentane Oppositionspartei ja auch in einer komfortablen Lage, in denen man ihnen relativ wenig vorwerfen kann.

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An dieser Stelle möchte ich einmal lobend euren Block über den Saarland-fail der Grünen erwähnen. Ich gehöre sonst auch eher zu denen, die sich ab und an am eher linken bias der Lage stören, aber bei dem Block habt ihr meiner Meinung nach wirklich den richtigen Ton getroffen.

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Naja, ihr lest aber offenbar meinen Kommentar auch sehr selektiv :wink:
Der Spruch zum „Wahlwerbepodcast“ war wohl etwas zugespitzt formuliert. Dennoch finde ich in vielen Fällen die Berichterstattung zu einseitig. In meinem Umfeld sind mehrere Lagehörer, die allesamt der gleichen Meinung sind.
Wie gesagt, wir teilen die meißten Schlussfolgerungen ja sogar. Mir wäre aber viel mehr geholfen, wenn mehr auf Gegenargumente eingegangen wird.

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Steile These: Nur weil wir möglicherweise andere Positionen vertreten, als du sie für richtig hältst, sagt das ja über unsere Kompetenz nichts aus. Anderer Ansicht ist ja nicht dasselbe wie inkompetent.

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Dann bräuchten wir da mehr Beispiele, als das eine, das anscheinend ja doch nicht zutrifft.
Dann kann man auch mehr darauf eingehen.

Ich will deswegen keinen neuen Thread aufmachen, aber das sehe ich 100% genauso. Das Portrait von Scholz war auch sehr gelungen, und umso mehr sticht das gefällige Interview mit Baerbock hervor.

Ich finde das insgesamt nicht schlimm oder anrüchig, aber mir hätte ein detailliertes Profil von Baerbock viel mehr gebracht als das typische Politikerinterview mit den immer gleichen Frage- und Antwortfragmenten, die man jetzt zur Genüge aus allen anderen Medien kennt.

Nicht zuletzt, weil das leicht distanziert-zynische Zerpflücken des Lebenslaufs viel mehr Unterhaltungswert bietet :slight_smile:

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Stimmt! Nur findet sich bei Frau Baerbock leider nichts, was ansatzweise mit den Fails von Laschet und Scholz zu vergleichen wäre … wobei das wiederum nicht viel aussagt, einfach weil sie ja im Grunde Polit-Novizin ist. Wer wenig in der Politik gearbeitet hat, hatte auch viel weniger Gelegenheit, Fehler zu machen.

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Die beiden Anderen (Scholz und Lasche) hätten ja ebenfalls die Interview-Form wählen können und wären so vermutlich auch bei entsprechendem Können den ein oder anderen Spitzen entgangen. Ein Portrait ohne Chance auf eine Erwiederung ist eben ggfs unvorteilhaft. Chance vertan.

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Bei Laschet habt ihr ja aber auch nicht nur sein politisches Wirken beurteilt. Ich fand es schon ein ziemlich hartes Stück, ihm als studierten Juristen vorzuhalten, dass er im Grunde in allem Durchschnitt war. Wenn es was schlechtes ist im Studium „nur“ Durchschnitt zu sein, was sollen denn dann nicht-Akademiker sagen? Mit dieser „Herangehensweise“ hätte sich mit Sicherheit auch bei Baerbock was finden lassen.

Übrigens noch ein kleiner Nachtrag zu meinem Feedback (meine Beiträge sind ja sonst eher kritisch hier), ich schätze die Lage sehr und fand die letzten Folgen sehr gelungen!

Für mich ist es immer ein Highlight, wenn die LdN im Podcatcher auftaucht. Vielen Dank für alles :slight_smile:

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Zum Verständnis: Könnte hier mal ein Beispiel dafür gebracht werden was dem Interview mit Frau Baerbock gefehlt hat? Ich hatte eigentlich das Gefühl dass die wichtigen Politikfelder abgedeckt wurden. Wenn das die Fragen reflektiert die aus der Community gestellt wurden umso besser. Das Einzige was sich an Kritik immer wieder findet ist Persönlichkeit, Umgang mit Kritik etc. und das wird schon jetzt viel stärker thematisiert wird als bei den beiden anderen Kandidaten.

Aber vielleicht hatten Ulf Und Philip auch einfach kein Knopf im Ohr - da konnte das Interview ja gar nicht so kritisch werden…

Mein ganz persönlicher Eindruck ist eher dass einige andere Positionen inzwischen recht schwer haltbar sind. Das passt auch zu einem schmutzigen Wahlkampf bei dem mehr mit Feindbildern als eigenen Ideen geworben wird.

Und alle Meinungen gleich gut finden muss man auch nicht. Ich finde es oft spannender zu sehen, wie andere Menschen denken als mich zu ärgern dass sie nicht immer meiner Meinung sind (und das kommt durchaus häufig vor, insbesondere wenn es um juristische Dinge geht die für mich als Laie manchmal nicht sonderlich logisch klingen). Ich habe die letzten Lagen durchaus genossen und endlich passiert auch mal wieder etwas neben Corona…

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Für mich hat beispielsweise gefehlt, wie sie in die Rolle der Kanzlerkandidatin aufgestiegen ist und wer ihr dabei maßgeblich beigestanden hat?
Kann ja auch sein, dass sie das ganz alleine geschafft hat, weil sie entscheidende zukunftsgerichtete Positionen in die Partie eingebracht oder besonders unterstützt hat.

Vielleicht ist es ja auch eine besondere Fähigkeit von ihr, Mehrheiten zu organisieren, was sich aus ihrer Vergangenheit aufzeigen läßt? (Wäre mir beispielsweise wichtig, da sie diese Fähigkeit als Kanzlerin in einer 3er Koalition und auf europäischer Ebene benötigt.)
Dafür sollten sich doch zumindest Ansätze finden lassen, wenn dem so ist.

Ich frage mich auch, welche Entscheidungen mit politischer oder wirtschaftlicher Auswirkungen hatte sie in der Vergangenheit getroffen oder verantwortet?
Die Antwort kann auch sein: Keine! Das wäre kein Makel, sondern lediglich der Hinweis, dass sie als Politikerin nur in der eigenen Partei und den Medien gewirkt hat.

Vielleicht steht sie ja auch für einen ganz neuen Politikstil, in dem nicht die Personen an der Spitze, sondern die gemeinsamen Ziele im Vordergrund stehen. Da passt der eigene Griff nach dem Amt vielleicht nicht ganz so gut ins Bild. Was waren also ihre persönlichen Beweggründe, oder gab es hier keine?

Das alles sind Punkte, die mir gefehlt haben, die ich mir von einem Porträt erhofft hätte.

Das geliefert zu bekommen wäre wunderbar, aber in einem Interview in der gegebenen Zeit wäre es glaube ich nicht zu machen gewesen. Um das zu bekommen, müsste man wohl die Person wirklich über lange Zeit begleiten, wie wenn man eine Biografie schreiben wollte. Ich war mit dem Interview sehr zufrieden.

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Wirklich? Ich höre seit Kurzem „Wohlstand für Alle“, ein ziemlich linker Podcast (absolut zu empfehlen, erstklassig) mit eben Schwerpunkt auf Wirtschaft. Der würde dir schätzungsweise auch nicht zusagen, obwohl ausgesprochen starke Expertise dahingehend. Es gehen halt die Ansichten über „Wirtschaft“ gewaltig auseinander, weil es eben nicht eine Wissenschaft wie Physik ist.

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@rlinner ich glaube wir reden etwas aneinander vorbei, aber schön dass wir uns scheinbar einig sind, dass es relevante Punkte gewesen wären, die durch ein Interview nicht zu leisten sind… ergo haben sie in dem Interview gefehlt.
Deshalb auch die Enttäuschung, dass es kein Baerbock Porträt gab.

Dass jeder statt eines Porträts ein Interview hätte haben können, wurde hier mehrfach in anderen Threads erwähnt. Ist jetzt auch nicht mehr relevant, da am Sonntag die Wahl entschieden wird.

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Das Feedback ist dann doch deutlich zu oberflächlich.

Ich würde dazu zB mal auf den folgenden Link hier im Lageforum verweisen: LdN254 Inflation - Geldpolitik EZB

Kannst Du denn mal 2-3 renommierte Wirtschaftswissenschaftler nennen, die Eure Ansicht zur im oben genannten Sicht zum Mechanismus Geldpolitik - Inflation teilen? In den Wirtschaftswissenschaften hat man ja im Gegensatz zur Physik das Problem, dass man oft empirisch arbeiten muss aber ich würde mich schon sehr wundern, wenn Du mir seriöse Quellen zur Unterfütterung Eurer Position nennen kannst. Und deshalb ist es auch keine Meinung, die ich vertrete sondern ein wissenschaftlich akzeptierter Konsens.

Ein anderes Beispiel ist die Wirkung des Mietendeckels in Berlin, wo man zu 100% die qualitativen Effekte vorhersagen konnte, wenn auch nicht genau die Quantitativen. Auch hier würde es mich wundern wenn es zwei bis drei renommierte Wirtschaftswissenschaftler gibt, die nicht die Verknappung des Wohnraumes vorhergesagt haben. Klar die Bestandsmieter sind happy aber wie so oft in unserer Gesellschaft wird das Problem des knappen Wohnraumes in die Zukunft vertagt und die Verknappung noch beschleunigt, da Investoren abwandern und auf Märkten mit sicheren Renditen investieren. Trotzdem glauben Politiker und Wähler, dass der Mietendeckel eine gute Idee ist. Hier sehe ich seriösen Journalismus in der Pflicht, dies richtig zu stellen.
Wie es richtig geht kann man gut sehen wenn man die Wohnungsmärkte in Münster und Hamburg mit dem in Berlin vergleicht. Die Mietpreisbremse ist nicht Teil der Lösung.

Und diesen Sachverstand für wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Sachverhalte vermisse ich in der Lage, die ich wie gesagt in anderen Bereiche als sehr stark einschätze. Kann mich nur wiederholen: Bitte Verstärkung mit der entsprechenden Expertise dazuholen. Das würde den Podcast auf die nächste Ebene hieven!

Sich hier einfach hinzustellen und wissenschaftlichen Konsens als Meinung abzutun…davon hatten wir zuletzt zu viel in Deutschland.

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Du vertrittst eine bestimmte volkswirtschaftliche Sicht der Dinge, was dein gutes Recht ist - aber abweichende Meinungen schlicht damit abzutun, dass ihre Vertreter inkompetent seien, geht dann doch zu weit.

Schönes Beispiel:

Natürlich treibt die leichte Verfügbarkeit von Geld alle Preise, aber das gilt schon seit Jahren. Der Anstieg der Inflation im Jahresvergleich beruht hingegen auf allerlei Sondereffekten und hat mit den klassischen Gründen für eine Inflation wenig zu tun.

Der Anstieg der Mieten wiederum hat damit nichts zu tun, sondern ist ein ganz eigenes Thema: Die Verfügbarkeit von Geld und der Mangel an ähnlich lukrativen Anlagealternativen spielt eine gewichtige Rolle, aber auch die existentielle Abhängigkeit der Nachfrageseite von der angebotenen Leistung, die bei Wohnungen zu einer strukturell unterlegenen Verhandlungsposition der Mietenden führt.

Abgesehen davon hat Kommentator @Guenter gleich im zweiten Beitrag die These des Ausgangsposts dort treffend zerlegt.

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Finde nicht, daß Baerbock besonders sanft angefasst wurde. Beim Thema Überwachung/Staatstrojaner ist sie ja merklich ins schleudern gekommen. Ein Gefälligkeitsinterview hätte diese Frage nicht gestellt.

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