Agile Demokratie - Eine Zukunftsvision

In letzter Zeit habe ich mir häufiger die Frage gestellt, wie politische Partizipation in unserer Demokratie funktionieren soll und muss.

Ich habe mir im Rahmen dieser Überlegungen gedacht, dass ich gerne endlich (was ich schon lange wollte) in eine Partei eintreten möchte. Das Antragsformular hatte ich schon ausgefüllt, bis ich auf den Mitgliederbeitrag gestossen bin. Mir ging da erstmal die Kinnlade herunter. Mir war nicht klar, wie teuer es ist, Mitglied in einer Partei zu sein. Dass sich Parteien auch irgendwie finanzieren müssen, ist mir schon klar. Dennoch war ich wirklich überrascht.

Das führt mich zu einer weiteren Annahme: wir wissen, dass der ADAC viel mehr Mitglieder hat als alle deutschen Parteien zusammen. Wo ist denn da das demokratische Bollwerk? Führt das nicht zu zusätzlichen Hürden für politische Teilnahme? Ist es wirklich verwunderlich, dass Lobbygruppen so starken Einfluss haben, wenn eben „kaum jemand“ in einer Partei Anteil nimmt?

Ich habe den Eindruck, dass die Politik unter anderem aus diesen Gründen so weit weg von den Bürgern ist. Irgendwie ist dieses Gefühl des „Politik-Elitismus“ ja genau bestätigt. Es gibt Fälle, wo sich in Deutschland ein fast schon krasser Konsens gebildet hat. Beispielsweise beim Tierschutz („Kükenschreddern“, „betäubungslose Ferkelkastration“), bei Arbeitsbedingungen etc.

Wieso findet man nicht eine Diskussionsplattform für die Bevölkerung, wieso gibt es keine Umfragen, in denen die Bevölkerung nach ihren Vorbehalten und Lösungsvorschlägen gefragt wird, damit man die besten Vorschläge umsetzen kann?

Ich würde mich freuen, mal Ideen zu einer neuen, agilen, allenfalls digitalen und jungen Demokratie zu hören. Gibt es da Organisationen die daraufhin arbeiten?

1 „Gefällt mir“

Das wäre ein Thema, das mich auch interessieren würde. Wie muss sich eine Demokratie weiter entwickeln?
Ich glaube, das wäre mit einem einmaligen Beitrag in einer Folge nicht abgehandelt, sondern müsste öfter aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden.

1 „Gefällt mir“

Um vielleicht mal konkreter zu werden: Im Zug der notwendigen Wahlrechtsreform sollten wir darüber nachdenken, wie das Wahlrecht nicht nur insofern geändert werden könnte und sollte, dass der Bundestag kleiner wird, sondern auch andere Aspekte besser berücksichtigt werden. Ich wäre da erst einmal ergebnis-offen, aber die Fragen, die zu stellen wären, sind z.B.:
Wählen wir zu stark oder zu wenig personenbezogen?
Wählen wir zu stark oder zu wenig parteienbezogen?
Wie können Inhalte besser zur Geltung kommen, ohne gleichzeitig populistische Tendenzen zu unterstützen?
Brauchen wir mehr „direkte“ Demokratie? Auch hier: Wie schützen wir uns vor Populismus?
Wählen wir zu oft oder zu selten? Muss eine Wahlperiode an eine Legislaturperiode gekoppelt sein?
Brauchen wir die Zweiteilung in Erst- und Zweitstimme? Falls nicht, wie können wir sicherstellen, dass Wahlkreise ausreichend repräsentiert werden? Ist überhaupt ein Wahlkreis, d.h. eine geographische Gruppierung gegenüber anderen Gruppierungen zu privilegieren (Geschlechter, Berufe, Alter)?

Und zu guter Letzt noch eine ganz konkrete Idee, die ich in die Diskussion einbringen würde: Wie wäre es, wenn wir nicht nur Stimmen hätten, mit denen wir Personen oder Parteien in die Parlamente wählen können, die wir gerne dort sehen würden, sondern auch Stimmen, die wir denjenigen geben, die wir dort lieber nicht hätten. Wie das genau gehen kann, weiß ich nicht - sicher nicht so, dass die negativen Stimmen einfach von den positiven abgezogen werden, aber vielleicht, indem die negativen Stimmen einen Faktor konstituieren, z.B.: Eine Partei erhält 20% der positiven, aber 50% der negativen Stimmen. Der Faktor wäre dann 0,5. Damit hätte diese Partei im Parlament nur 10% der Sitze.

Ich lasse einfach mal Links da:

https://www.mehr-demokratie.de/

@Justjaythings Es gibt sogar Parteien, die versuchen, das komplett zu anders zu machen. Leider ist die einzige, die mal größer war (die „Piraten“) viel zu sehr in einer Nische verweilt und haben sich nach dem ersten erfolgreichen Schritt nicht mehr richtig weiter entwickelt (auch wenn sie selbst behaupten würden, sie hätten es versucht).

Eine andere Partei versucht es gerade besser zu machen, ich war ihr selbst zweitweise beigetreten (und nein, die Kosten sind mit 10 EUR/Monat bzw. 3 EUR/Monat ermäßigt auch nicht sonderlich hoch). Interessant ist ihr Ansatz allemal und vielleicht genau das, wonach du suchst – es gibt z.B. mit derselben Software wie hier im Forum den sogenannten „Marktplatz der Ideen“, wo man mit einem bestimmten Prozess und 2 anderen Unterstützern neue Initiativen starten kann, über die dann öffentlich einsehbar diskutiert und später abgestimmt wird. Demokratie, Mitbestimmung, Transparenz, Gerechtigkeit, Weltoffenheit, Vielfalt, Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit haben sie sich als Werte auf die Fahnen geschrieben.

Wenn du mehr erfahren willst, hier ihre Webseite mit allen wichtigen Infos:

Der Grund warum ich nicht mehr Mitglied bin ist übrigens der, dass mir ihre Ziele zwar weiter gefallen, ihre Methodik mir aber nicht weit genug gegriffen und zu wenig digital, daher aus meiner Sicht viel zu ineffizient ist, um schnell genug eine Veränderung herbei zu führen. Ich möchte, dass meine Meinung auch in absehbarer Zeit in der realen Politik vorkommt, daher war das mir einfach zu wenig dort, man könnte also sagen, es war meine fehlende Geduld, die mich wieder zurück zu den klassischen Parteien führte. Aber ich habe ihre Arbeit weiter im Blick und bin gespannt, wie sie sich entwickeln.