In LN420 habt ihr sehr plausibel ausgeführt, dass insbesondere strukturschwache Regionen die AfD gewählt haben. Allerdings scheint dieses Muster für Bayern nicht zu stimmen. Es gibt ausreichend Arbeitsplätze, der Ausländeranteil ist nicht klein und mit der CSU gibt es auch einen stramm konservativen Platzhirsch, der die Migrationsthemen aufgreift. In der BTW ist die AfD dennoch im Schnitt auf 19% gekommen, in der Spitze auf 29,2%. Wäre spannend, wenn ihr das mal beleuchten könntet…
Leider war Bayern schon immer deutlich weiter Rechts als der Rest der Republik. Auch historisch hatte die NSDAP in Ostdeutschland und Bayern ihre ersten großen Erfolge… dass die AfD dort „nur“ bei 19% liegt dürfte tatsächlich daran liegen, dass es für die meisten egoistisch-nationalistischen Bayern noch immer vorteilhafter ist, ihre Lobby-Partei in die nächste Bundesregierung zu wählen und damit einen Repräsentationsvorteil gegenüber allen anderen Parteien zu erhalten.
Bayern muss man daher vermutlich damals (als Hauptsitz der Katholiken) und heute (als Sonderfall dank CSU) anders bewerten als den Rest Deutschlands. Es war aber immer eine Hochburg der Konservativen, daher können AfD-Erfolge dort nicht verwundern.
Die AFD ist stark im Norden an der Grenze zu Thüringen und im Osten an der Grenze zu Tschechien. Die Regionen waren vor der Wende wirtschaftlich abgehängt und sind es heute noch.
Spannende Interpretation. Ich nehme die Bayern als bodenständig und bewahrend wahr, als gesellig und hilfsbereit. Aber gerade die konservativen Einflüsse sorgen hier dafür, dass man sich durch das geschaffene definiert. Übrigens nehme ich das auch in BW so wahr.
Ich frage mich aber auch, wie die AfD hier so stark sein kann. Bspw in meinem Wahlkreis: hier gehts fast allen sehr gut, die Infrastruktur funktioniert, die Schulen funktionieren, die Flüchtlings-Quote in den Schulen ist so gering, dass eine Integration stattfinden kann, keine Überforderung. Die Arbeitslosen Quote ist super niedrig. Und mit der CSU und den den freien Wählern hat man konservative und auch Protest (FW), trotzdem ist die AfD so stark.
Bayern ist sicherlich ein Sonderfall in Deutschland und grad deswegen ein guter Check, ob die üblichen Erklärunsmuster ausreichen. Ja, an der Ostgrenze von Bayern (Deggendorf) war die AfD besonders stark. Aber auch dort ist die Arbeitslosigkeit nur bei 4,3%. In Schwaben, liegt die AfD bei 23% und die Arbeitslosenquote unter 3%.
Ich wohne in Schwaben, und es ist mMn eine Mischung aus mehreren Punkten:
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Weil Schulen, Verwaltung, Kitas im bundesweiten Vergleich noch gut funktionieren, hat man hier eher die Angst, dass man hier auch abrutscht. Selbes gilt für den Job.
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Schwaben besteht aus vielen Kleinstädten und größeren Dörfern, dazu eine Region geprägt von Einfamilien- und Reihenhäusern. Geld ist oft da, man ist sehr stolz auf sein Häuschen, man kennt sich. Ausländische Nachbarn werden daher besonders kritisch betrachtet. Das GEG war deswegen ein großes Thema („was erlaubt sich die Politik mir da Vorgaben zu machen“), und durch diese Struktur sind Autos auch DAS Verkehrsmittel.
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Geiz
Am Vorurteil des sparsamen und knausrigen Schwaben ist mMn durchaus etwas dran. Das Jammern über gestiegene Preise und Vergleiche zu früher ist omnipräsent.
Außer, der stolze sture Schwabe hat sich selbst von einem Produkt überzeugt, bzw. will es unbedingt haben, dann spielt Geld auf einmal keine Rolle mehr.
Und das ist für mich ein wichtiger Punkt. Man reagiert oft sehr allergisch, wenn sich etwas fremdbestimmt anfühlt.
Edit:
4. Das langsame Verschwinden der Wirtshäuser (und Vereine? ).
Ich höre sehr sehr oft das Jammern, dass man ja heutzutage „gut bürgerlich deutsch“ essen gehen kann, da viele Wirtshäuser zugemacht haben, oder die Qualität nicht mehr stimmt. Neu eröffnet haben gefühlt nur Türkische, griechische, italienische und asiatische Lokale. Das könnte als Aussterben der Kultur und Überfremdung wahrgenommen werden.
Beides. Meine Heimat ist zwischen Heidenheim, Dillingen a.d.Donau, Günzburg.
Alles teile ich, was du schreibst. Aber die Angst vor dem Verlust von Wohlstand mit der AfD zu beantworten, ist doch ein Witz. Klar, heizungsgesetz etc, aber die CSU hat sich da doch klar dagegen gestellt. Ich lese gerade das an der Ostsee viele Urlaube storniert werden, weil in idyllischen Urlaubsorten, in denen richtig Geld ist, zu 50% AfD gewählt wurde. Wer ist denn so deppert, seinen eigenen Untergang zu wählen. Der Ausstieg aus der EU, zurück zur D Mark, das ist das wirtschaftliche Ende von uns und trifft doch gerade solch starke Regionen.
Ich werde daraus nicht schlau, und bisher hab ich keine Erklärungen gesehen die ansatzweise logisch klangen.
Hast du schon die Diskussion in LdN 420 | Alternative Erklärung der Erfolge der AfD gelesen? Der Ansatz da ist differenzierter als viele andere Erklärungsmodelle.
Ich teile vieles von dem, was hier geschrieben wird. Bei uns in Bad Tölz-Wolfratshausen ist es ähnlich: wirtschaftlich sehr gut, nahe an der Vollbeschäftigung. Und in manchen Wahlkreisen sehr gute Grünen Ergebnisse, aber auch hier ist in manchen Wahlkreisen die AfD stark. Aus meiner Sicht auch ein Teil befeuert durch Kaufkraftverlust und das beständige Narrativ von CSU, FW und co nur den Grünen die Schuld zu geben. Bis heute gibt es hier noch Montagsdemos…
Ja. Sogar eben nochmal das Interview, dachte vielleicht habe ich Kern Themen überhört.
Aber ich hab nichts herausgehört, was die hohen Ergebnisse in Strukturstarken Regionen begründet. Augsburg-Land, wo ich wohne, hat 19,4% AfD. Hier gibst lauter kleinstädte, nichts über 50.000 Einwohner.
Alle Parameter am Ende der Seite zeigen „keine Gefahr“. Unterdurchschnittliche Ausländer Anteile, unterdurchschnittliche arbeitslose Quote, überdurchschnittliches Einkommen… vielleicht habe ich es im Podcast überhört, aber ich sehe keine Erklärung.
Bzw ich habe verstanden: 99% wählen die AfD wegen der migrationspolitik. Die in meinem Wahlkreis so gut wie keinen Einfluss hat. Klar, in der Schule gibt’s 2-3 nicht deutschsprachige Kinder, die aber gut integriert werden können. Keine Flüchtlingsheime, bzw. problemlos. Das würde ja bedeuten, dass 20% hier so ausländerfeindlich sind, dass sie Ausländer ohne eigene negative Erfahrungen als Bedrohung sehen, die SO groß ist, dass der eigene Verlust von Arbeit durch EU austritt, Euro Austritt etc. als WENIGER wichtig wahrgenommen wird.
Der Umstand, dass sie keinen eigenen Kontakt mit Ausländern haben, macht sie wahrscheinlich anfälliger für Propaganda da sie negative Berichte nicht privat abgleichen können. „Man hört ja ständig, wie schlimm das ist.“ Wenn „der Ausländer“ nicht am Arbeitsplatz neben einem steht sondern immer nur in den Medien Leute überfällt festigt sich dieses Bild. Dass Nachrichten gerade das Ungewöhnliche berichten muss man sich intellektuell erstmal bewusst machen…
Warum haben die Leite Trump gewählt: nicht weil es ihnen besser geht. Aber es geht anderen mutmaßlich schlechter! Und das scheint tief in uns Menschen drin zu sein.
Wenn es uns schon nicht besser geht soll es anderen gefälligst schlechter gehen.
Und das ist bei der AFD auch so.