35er Inzidenz wissenschaftlicher Wert?

Hallo. Im podcast Specht ihr davon das der Wert 35/50 bei der 7 Tage Inzidenz ein wissenschaftlicher Wert ist. Diese Inzidenzgrenzen sind doch aber aufgrund der Leistungsfähigkeit der Gesundheitsämter grob geschätzt worden. Bis zu wie vielen Infektionen kann das Gesundheitsamt die Fälle nachverfolgen, verarbeiten, Quarantänen verordnen…

Oder habe ich das falsch in Erinnerung?

/polemik on Naja, wenn man No Covid zum Konsens „der Wissenschaft“ erhebt, ist ja zwangsläufig jeder Wert >0 „unwissenschaftlich“. /polemik off
Die wissenschaftliche Kritik an dieser Fixierung auf eine Zahl (die kreis- oder landesweite Meldeinzidenz) scheint jedenfalls weder in der MPK noch in der Lage wirklich einen Widerhall gefunden zu haben.

Ich hörte gerade die Lage. An welcher Stelle habt ihr Ulf und Philip so aufgefasst, dass sie 35 für eine wissenschaftliche Zahl halten?
Sie sagten doch, dass das auch nur ein Kompromiss war, aber dass jetzt sogar dieser Kompromiss fast vom Tisch zu sein scheint, weil „ja eh in weite Ferne gerückt“.

Ab Minute 13 etwa wird mehrmals mit „aus naturwissenschaftlicher Sicht“ argumentiert. Das klingt so als hätte die Naturwissenschaft irgendwelche Inzidenz Grenzwerte festgelegt.
Ist das so? (Quelle?)
Auf welche Grundlage wurde der 50er Wert eingeführt? Ich dachte anhand von Schätzungen zur Leistungsfähigkeit der Gesundheitsämter.

Der Wert kann ja zu hoch sein aber er ist ja kein Ergebnis wissenschaftlicher Studien oder Forschungen die einen Grenzwert wir bei Schadstoffen festgelegt hätten der nicht überschritten werden dürfe.
So kommt die Aussage aber im podcast jedenfallsbei mir an.

Ulf ab ca. 12.40: „dann hat die politik beschlossen, ‚nein, nicht unter 10, sondern unter 35‘, was eigentlich schon viel zu hoch ist, jedenfalls aus wissenschaftlicher Perspektive“

Ich glaube, du hast dich verhört.

Ah, in deinem 2. Post argumentierst du ganz anders.
Meine Antwort war an den ersten Post.

Es gibt keine Grenzwerte, ich habe aber auch den Eindruck, dass viele Wissenschaftler aus den relevanten Fachgebieten 35 zu hoch finden. Die no-covid unterzeichner (oder war es zero-covid? Die nicht-Kommunisten meine ich), das leopoldina papier ging in eine ähnliche Richtung.

Wenn du dazu erst Studien möchtest, empfehle ich die Lektüre des Threads Umgang mit Zahlen bei Covid19. Er gleitet aber irgendwann ab.

Dafür war ich verantwortlich :grinning:

Die Grenzwerte für die 7-Tage-Inzidenzen sind, wie hier schon bemerkt, nicht wissenschaftlich, sondern ehemals eingeführt als Obergrenze der Nachverfolgbarkeit der Infektionen durch Gesundheitsämter. Das war nie sonderlich sinnvoll, da ein Großteil der Infektionen nicht durch PCR-Tests nachgewiesen werden sondern im Dunkeln bleiben aber pragmatisch, da man keine anderen bzw. besseren Daten hat um das Infektionsgeschehen zu beschreiben. (Deswegen ja meine Forderung nach einer repräsentativen Datenerhebung.)
Wenn man jetzt einen Wissenschaftler fragt, was er als eine sinnvolle Obergrenze für die 7-Tages-Inzidenz hält, müsste dieser ehrlicherweise Antworten, dass er diese Frage nicht beantworten kann.
Da wir bereits wissen, dass eine Inzidenz von 50 im November nicht verlgeichbar ist mit einer Inzidenz von 50 im März oder dass eine Inzidenz von 30 zu vielen Todesfällen führen kann, wenn vornehmlich alte Leute betroffen sind aber auch nahezu folgenlos bleiben könnte, wenn nur junge Leute betroffen sind.
Wenn man dem Wissenschaftler aber unbedingt eine Antwort abtrotzen will, wird dieser quasi nur argumentieren können, dass die Inzidenz unter 10 muss, da eine „Inzidenzlage“ (unter unendlich vielen möglichen Inzidenzlagen desselben Wertes) mit dem Wert 20 theoretisch vorstellbar ist, die wenige Wochen später auf ein Vielfaches gestiegen ist und viele Menschenleben fordern könnte.
Man kann hier immer nur wieder auf den Schluss kommen, dass man bessere Daten benötigt um die Lage einschätzen zu können. Am Inzidenzwirrwarr, der in ein Regelwirrwarr ausgeartet ist, können wir sehen, dass wir nicht die richtigen Fragen stellen (z.B. wieso arbeiten wir seit einem Jahr mit mangelhaften Daten?) bzw. die Richtigen Schritte gehen, die nötig wären um Herr der Lage zu werden.

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Ich glaube ein großes Problem bei diesen Werten ist, dass nicht ganz klar ist, wofür diese eigentlich verwendet werden sollen: Als Abschätzung für die Leistungsfähigkeit der Gesundheitsämter oder als Allgemeinindikator für die pandemische Lage.

Wenn es um die Leistungsfähigkeit geht, sind diese Werte natürlich erst einmal willkürlich, aber könnten zumindest eine Richtung vorgeben. Hierfür wäre es mE auch okay, die Leistungsfähigkeit alleinig an der Inzidenz festzumachen. Besser wäre es natülich, wenn das in Abhängigkeit jedes einzelnen Amtes abgeschätzt und ressourcenabh. stetig angepasst wird.

Für die aktuellen Beschlüsse & Strategien werden diese Zahlen aber ja schon längst nicht mehr für die Leistungsfähigkeit der Gesundheitsämter verwendet, sondern viel mehr um die pandemische Lage im Allgemeinen einzuordnen. Und hierfür eignet sich eine einzige Variable, wie ja bereits alle hier erläutert haben, sicherlich nicht. Sofern der Hauptkern der Pandemiestrategie nicht Rückverfolgbarkeit jedes einzelnen Kontaktes ist (im Sommer 2020 war das der Fall, jetzt aber nicht mehr), müssen deutlich mehr Parameter (insbesondere R-Wert & Positivquote) berücksichtigt werden. (Dabei bin ich zwar kein riesiger Freund davon, zu stark auf Parameter wie die ITS-Auslastung oder die altersabhängigen Verteilung zu schauen, aber das ist ein anderes Thema.) Vor allem müsste aufgrund der neuen Strategie das Bevölkerungsschutzgesetz, in dem der Bundestag alleinig den Inzidenzparameter als Indikator definiert hat, verändert werden.